Wann ist ein Stück zu schwer?

Danke für die vielen Antworten und die Hinweise. Aber nochmals zurück zu meiner ursprünglichen Frage, "wann ist ein Stück zu schwer". Ich selbst habe nie Klavier oder Musik studiert. Aber ich frage mich immer noch, lernt man an der Hochschule nicht eine Art Faustregel, wie lange man für ein gewisses Stück brauchen darf/soll, das seinem Nivau entspricht? Wenn meine Tochter ein Stück aus Schumanns Album für die Jugend einübt, sollte sie das in 2-3 Wochen können, wenn sie jeden Tag eine Viertelstunde daran übt. Wenn es nach 3 Wochen immer noch nicht klappt, ist es einfach zu schwer - so der Klavierlehrer.

Ich hätte zwei mögliche Fallgestaltungen als Antwort:

a) ein Stück ist zu schwer, wenn es nicht gelingt, mit dem bereitgestellten Übeaufwand in einem erwarteten Zeitraum ein erwartetes Ergebnis zu erreichen. Wenn ich z. B. auf keinen Fall länger als 4 Monate an einem Stück üben möchte bei täglich 1 Stunde Zeitaufwand für dieses Stück und es am Ende deutlich länger dauern würde, bis ich es auf ein für mich vertretbares Niveau kriege (rhythmisch, Klang, etc.), dann ist es für mich zu schwer (theoretische Betrachtung mit flexiblen Vorgaben).

b) Wenn ich mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln mit dem Stück so viele Schwierigkeiten habe, dass ein Üben keinen Sinn oder keinen Spaß macht. Wenn ich z. B. mit der Notation nicht vertraut bin (z. B. wenn man mit einem LeadSheet eines Jazz-Standards oder der Notation neuer Musik nichts anfangen kann) oder das Stück so hohe technische Anforderungen an mich stellt, dass mir der ggf. vorhandene Unterricht nicht ausreicht, um die dabei aufkommenden Probleme oder Fragen zu lösen und ich mich am Ende überfordert fühle (subjektiv-empirische Beurteilung).

Ein festes Zeitlimit für ein STÜCK (fix-absolute Definition) halte ich für Unsinn, alleine schon, weil die Stücke unterschiedlich lang sein können, der Übeaufwand unterschiedlich ausfallen kann und man manche Stücke einfach schneller in die Finger kriegt als andere und das Ganze noch sehr individuell ist, z. B. je nach Talent und Übeeffizienz.
 
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und nimm dir eine Woche frei. Üb jeden Tag 5-6 Stunden daran.
In der Tat übe ich gerade 2-3 Stunden am Tag die Fantasie von Chopin, weil mich das Stück begeistert. Aber obwohl ich die Zeit hätte, 5-6 Stunden krieg ich nicht zusammen. Ich habe noch nie im Leben 2-3 Stunden am Tag an einem Stück gearbeitet, und auch das geht nur in 2-3 Etappen über den Tag verteilt. Ich könnte sicher 5-6 Stunden Klavier spielen, aber nicht üben. Das ist harte, anstrengende Konzentrations-Arbeit! Das lange Üben muss man wohl erst mal üben...
 
In der Tat! Müsste ich allerdings auf einmal sechs Stunden am Tag medizinische Fachtermini lernen, würde ich mich erstmal umsehen...
 
Wenn es nach 3 Wochen immer noch nicht klappt, ist es einfach zu schwer - so der Klavierlehrer.
Das scheint mir ein didaktisches Konzept zu sein. Er teilt den Stoff in 3-Wochen in Lektionen ein. "Zu schwer" bedeutet dann, dass der Lehrer die falsche Lektion gewählt hat.
Für Unterrichtszwecke logisch, für Privatanwendungen wenig relevant.
 
Die drei Wochen sind wirklich sehr witzig. Wie lang darf denn das Stück dann sein? Gilt das auch für nen 10-seitigen Beethoven- Sonatensatz? :angst:
 
Richtig, es ging um Schumanns Album für die Jugend, an das sich von uns die meisten sicher noch erinnern, nicht an eine Beethoven-Sonate. Und selbst im längst vergessenen Album für die Jugend liegen zwischen einem einfachen Trällerliedchen und dem Knecht Ruprecht oder der Winterszeit 1-2 Jahre Klavierunterricht. Da heißt es schon die richtige Auswahl zu treffen und nicht einfach nach Nummern vorzugehen. Gruß Patrick
 
Und selbst im längst vergessenen Album für die Jugend liegen zwischen einem einfachen Trällerliedchen und dem Knecht Ruprecht oder der Winterszeit 1-2 Jahre Klavierunterricht.
Puh, Du hast mir gerade den Tag gerettet. An dem Ruprecht bin ich jetzt nämlich schon um einiges länger als drei Wochen dran und immer noch weit vom gewünschten Ergebnis entfernt.
 
Heb dir den Rubrecht lieber für November auf, damit du ihn am Nikolaustag spielen kannst. Aber falls du der Reihe nach spielst, nach dem Ruprecht kommt der Mai, und der hat es wirklich in sich. Danach wird's wieder leichter. Gruß Patrick
 
Da wir hier ja im Forum "professionell Klavier spielen" sind:
Stücke für ein Vorspiel oder Konzert werden nicht mal schnell 3 Wochen vorher geübt, gell?
Jetzt ist grade der richtige Zeitpunkt für den Knecht. Dann im November wieder hervor geholt flutscht es zum Fest!
 

Es geht ja nicht nur um die Motorik, die "Technik", sondern das, was man mit dem Stück rüberbringen will. Und da geht´s erst richtig los.

Dinu Lipati verehre ich geradezu - alles klingt von ihm so natürlich, als hätte er es selbst komponiert. Ich habe mal gelesen, dass er sich jahrelang mit den Stücken beschäftigt hat, bevor er sie öffentlich aufführte. Ich mag wetten, dass er diese Stücke schon nach einer Woche Üben so "drauf" gehabt hatte, dass wir schwerlich einen Makel daran entdeckt hätten...
 
Bin ja schon wieder ruhig. Sorry. Hatte das Forum übersehen. :puh:
Ehrlich gesagt ist diese Unterteilung in drei Unterforen eh nicht durchdacht. Es wird letztlich überall dasselbe (Klavierüben) diskutiert und in jedem Thread schwankt das spieltechnische Niveau je nach Beitragsersteller zwischen Anfänger und "professionellem Klavierspielen".
 
Wenn du dich herausfordern willst, teste dich unter extremen Bedingungen. Nimm dir ein anspruchsvolles Stück vor, z.B. eine der Chopin-Balladen, und nimm dir eine Woche frei. Üb jeden Tag 5-6 Stunden daran. Kannst du sie nach einer Woche spielen? Die meisten Profis kämen nach einer Woche Üben mit einem schön anzuhörenden Ergebnis bis zum Ende durch.
Hallo Stilblüte, deine Anmerkung lag bei mir permanent im Hinterkopf. Heute war der Tag, habe fünfeinhalb Stunden lang über den Tag verstreut an meiner Chopin Fantasie geübt. Das war furchtbar anstrengend und jetzt bin ich sehr platt und erschöpft. Aber in der Tat kommt man nach so einem Mamutblock sehr sehr weit. Ich bin selbst beeindruckt, welchen Fortschritt man an einem einzigen Tag erzielen kann, wenn man so lange konzentriert übt.
ABER: Wenn Ihr Konzertpianisten (ich nehme mal an, du gehörst dazu) jeden Tag 5-6 Stunden übt (was ja einer ganz normalen 40h-Woche entsprechen würde), dann habt Ihr einen ganz schön harten Job. Klavier spielen, wie meiner einer es normalerweise als Hobby zur Entspannung nach der Arbeit betreibt, ist das nicht mehr. Oder täusche ich mich da? Viele Grüße, Patrick
 
ABER: Wenn Ihr Konzertpianisten (ich nehme mal an, du gehörst dazu) jeden Tag 5-6 Stunden übt (was ja einer ganz normalen 40h-Woche entsprechen würde), dann habt Ihr einen ganz schön harten Job. Klavier spielen, wie meiner einer es normalerweise als Hobby zur Entspannung nach der Arbeit betreibt, ist das nicht mehr.
:kuscheln:Richtig erkannt, "professionell Klavierspielen" ist mindestens so anstrengend wie jede andere wirklich ernsthaft betriebene "professionelle" Arbeit auch. Aber: Es macht trotzdem (zumindest zeitweise) Spasz. Deswegen aergert und wundert's ja "die Profis", wenn einer mit einer Stunde Ueben am Tag so ganz laessig nebenbei Konzertpianist zu werden glaubt.
Trotzdem, ohne Laien auch kein interessiertes Publikum. Deswegen sollen auch die Laien spielen und sich an ihrem Koennen und Fortkommen erfreuen, ohne dem Groeszenwahn zu verfallen.
 
Wenn Ihr Konzertpianisten (ich nehme mal an, du gehörst dazu) jeden Tag 5-6 Stunden übt (was ja einer ganz normalen 40h-Woche entsprechen würde), dann habt Ihr einen ganz schön harten Job. Klavier spielen

Dabei bleibt es aber nicht - man muss noch andere "Kopfarbeit" leisten, Musik hören / analysieren, sich weiterbilden, nebenbei auch vermarkten, Konzerte organisieren / Termine koordinieren, etc.
 
... Schüler unterrichten
 
Ich finde, wenn man immer nur seine Fähigkeiten danach bewertet, ob man die Noten gut abspielt, ist man noch lange nicht bei der Frage angelangt, wie gut man Musik macht.
Schwer ist nicht nur eine technische, sondern auch eine Inhaltliche Frage, denke ich, mal so in den Raum geworfen.
 

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