Verwurstet - Joja Wendt

Mit solch' simplen Fakten würde ich mich bei einer so heiklen Angelegenheit nicht aufhalten.

Früher, in anderen grausligen Zeiten, hieß Jazz "Negermusik". Also waren wohl die Musiker - logisch - "Negermusikmusiker", kurz "NMMs". Is' natürlich etwas sperrig, dieser Ausdruck und das "N"-Wort ist außerdem zu einem Tabu mutiert.

Da ist nun Kreativität gefragt.

CW
"Statt dummem Jazz und Negerreigen
Lern Dich vor Bach und Reger neigen!"
 
Mir war es in meiner Jugend auch unangenehm, als welche aus der vorherigen Generation feststellten, ich spiele spiele wieder meine "Negermusik"; rassistisch und abwertend gegenüber meinem musikalischen Interesse. Auf dem Land bleiben solche Begriffe auch etwas länger erhalten. Z.B. steht dort in einem Restaurant wie selbstverständlich noch "Zigeunerschnitzel" auf der Speisekarte.

Umgekehrt muss ich zugeben, dass ich auf deren Vorliebe für Volks- und Schlagermusik auch etwas herabgeschaut habe, was ihnen gegenüber auch nicht ok war.

Beim Zigeunerschnitzel wäre ich nicht so pingelig, aber das mit der Negermusik durchzog auch kirchliche Kreise. Der Ausdruck ist eindeutig rassistisch. Mein Onkel Heinz Umlauff war Kirchenmusikdirektor in Kaiserslautern. Bis er das wurde, war natürlich ein langer Weg. Er spielte neben Kirchenmusik auch Jazz, sodaß ein Kirchenmann sich mal beschwerte, es könne nicht angehen, daß Herr Umlauff Samstag abends Negermusik spiele, und Sonntag morgens in der Kirche. Ich kann leider "nur" Klassik, aber empfinde es nicht als Beleidigung jemanden Jazzer zu nennen, wenn der / die sein Handwerk beherrscht. Leider ist der Artikel zum 20 jährigen Todestag mit einer Bezahlschranke.

 

Aber Amerikaner, Berliner und Hamburger darf man offensichtlich hemmungslos verzehren, ohne saß ein Antiiskriminierungsbeauftragter laut aufschreit …
 
Aber Amerikaner, Berliner und Hamburger darf man offensichtlich hemmungslos verzehren, ohne saß ein Antiiskriminierungsbeauftragter laut aufschreit …
Mit dem Unterschied, dass sich die Amerikaner, Berliner und Hamburger selbst so bezeichnen. Der Begriff „Zigeuner“ stammt dagegen von Nichtangehörigen dieser Volksgruppen. Deshalb ist es problematisch, Menschen so zu bezeichnen.
Anders sieht es mit gewachsenen Bezeichnungen wie „Zigeunerschnitzel“, „Zigeunerlieder“ usw. aus, denn damit werden keine Menschen bezeichnet, sondern Dinge, die mit der Lebenswirklichkeit der betreffenden Menschen wenig bis nichts zu tun hatten bzw. haben.
 
Noch komplizierter wird es bei den Eskimos. Sagt man ja auch nicht mehr, also hätten die Inuit gerne, dass man statt Eskimo eben Inuit sagt. Dumm nur, dass nicht alle „Eskimos“ immer Inuit sind. Und diese fordern, nicht als Inuit bezeichnet zu werden - sondern als Eskimo.
 
Und weil das Leben kein Wunschkonzert ist, sage ich selbstverständlich "Eskimo".
Apropos "Zigeuner": Ein mir bekannter Studienrat hatte wahrhaftig in eine Zigeunerfamilie eingeheiratet. Seine Schwiegermutter sprach von "Zigeunern" und bekundete (Zitat): "Alle Vorurteile stimmen."
 

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