Verpönte Klassische Musik

Ich könnte mir vorstellen, dass eine geänderte Aufführungspraxis einiges verändern könnte. Ob es nun die Proms sind oder Aufführungen klassischer Musik im Freien usw - vielleicht sogar zugeschnitten auf bestimmte Altersgruppen.
Die Puristen unter den Klassikfans mögen hierüber entsetzt sein. Vielleicht hört man einen leisen Ton nicht mehr. Ok. Aber dafür interessieren sich für diese Veranstaltungen vielleicht Zielgruppen, die sonst nicht in ein klassisches Konzert gegangen wären.
Es ist sicher richtig, daß man mit einer solchen Aufführungspraxis eher Massen mobilisieren kann. Welchen Reiz aber hat klassische Musik noch, wenn soviel Publikum da ist, daß auf Großbildwänden und Lautsprechertürmen übertragen werden muß?

In der Umgebung Berlins gibt es ein schönes Beispiel, wie einem Klassik vergehen kann. Im Kloster Chorin finden seit einigen Jahren Konzerte mit Picknick auf der Wiese statt. Einmal war ich dort, nie wieder. Viele dort hören überhaupt nicht richtig zu. Sie haben ja mit ihrem Picknick-Event genug zu tun.

Nicht daß ich die Idee schlecht finde, im Liegen auf einer Matte Musik zu genießen. Aber: wenn die Musik spielt, sollte das Publikum einfach mal die Klappe halten und auch nicht mit Plastiktüten o.ä. rascheln.

Hier prallen definitiv kulturelle Welten aufeinander.
 
Nicht daß ich die Idee schlecht finde, im Liegen auf einer Matte Musik zu genießen. Aber: wenn die Musik spielt, sollte das Publikum einfach mal die Klappe halten und auch nicht mit Plastiktüten o.ä. rascheln.
Und genau darin liegt auch ein großes Problem der Klassik. Denn wer hält schon freiwillig die Klappe, wenn er zusammen mit anderen seinen "Spaß" hat. Musik hören soll ja auch Spaß machen. Im Popkonzert hört man Musik und kann nebenher so laut sein, mit dem Nachbarn reden (bzw. aufgrund der Musiklautstärke schreien), soviel man will, mit Plastiktüten rascheln, etc...

Würde man ein Konzert eines Popstars so durchführen wie ein Klassikkonzert, also vor bestuhltem Saal, wo man länger als eine Stunde sitzen bleiben muss und mit absoluter Ruhe wo jedes Geräusch des Publikums verpönt ist (die bösen Huster und Nieser während der Aufführung... und Reden ist sowieso verboten), dann wäre das Konzert für die Zuhörer wohl auch stinkelangweilig.

Ansonsten liegen in meinen Augen die Gründe doch recht ähnlich, wie es hier viele schon dargelegt haben: Komplexität und schwierige Verständlichkeit der Klassik, fehlende Identifikationsmöglichkeit mit dem Gesang des Künstlers, sowie Gruppen"zwang" und Gewohnheit. Was man täglich um die Ohren geworfen bekommt (und vor allem in der Jugend ist das nicht Klassik), auf das lässt man sich schneller ein, als auf etwas anderes - besonders wenn mehrere Leute im eigenen Umfeld das auch tun.

Im Endeffekt finde ich es aber nicht schlimm, wenn so wenige Leute Klassik hören, denn einerseits sind die Leute die keine Klassik hören mit ihrem Musikgeschmack ja persönlich zufrieden (sonst würden sie die Musik nicht hören), wie wir es mit unserer Klassikvorliebe auch sind.
Und andererseits ist es doch für uns Klassiker gar nicht so schlimm, wenn die Klassik nicht die beliebteste Musikrichtung ist, denn wäre die Klassik beliebter, dann wäre auch der Kommerz um die Klassik noch deutlich größer (und dem Kommerz können schlimme, schlimme Dinge einfallen...).

Wäre Klassik das Musikgenre Nr.1 in der Gesellschaft, dürften wir uns vermutlich mehrmals täglich "Für Elise" im Radio anhören, auf jeder Party würde mindestens einmal Mozarts Rondo alla turca laufen, etc.
Ob das dann besser wäre, wage ich zu bezweifeln...
 
Nichtsdestotrotz stellt sich schon die Frage, ob die Krise der klassischen Musik, wenn es denn eine gibt, eine Krise der Musik selbst ist oder nicht doch mit ihrer Form der Darbietung zu tun hat.

Und ob eine Weiterentwicklung der Aufführungsform nicht doch einen entscheidenden Beitrag leisten könnte, größere Bevölkerungsgruppen für die klassische Musik zu interessieren.

lg
Nora
 
off-topic --- Humor!!!

Und ob eine Weiterentwicklung der Aufführungsform nicht doch einen entscheidenden Beitrag leisten könnte, größere Bevölkerungsgruppen für die klassische Musik zu interessieren.

Strawinski: danse russe
Prokovev: suggestion diabolique

beide mit Aerobic-Workout kombinierbar, sind ja sehr rhythmische Stücke - - aber wer würde dazu gerne die Mühe auf sich nehmen, das zu spielen?

:confused: ;)
 
Strawinski: danse russe
Prokovev: suggestion diabolique

beide mit Aerobic-Workout kombinierbar

Schön, dass Du uns Deine geheimsten Träume mitteilst. :cool: Dazu wollte ich Dich eigentlich nicht provozieren.

, sind ja sehr rhythmische Stücke - - aber wer würde dazu gerne die Mühe auf sich nehmen, das zu spielen?

:confused: ;)

Du stehst doch (siehe weiter oben) z.B. verschnarchten Opernaufführungen selbst sehr kritisch gegenüber. Willst wohl ein bißchen provozieren was? :rolleyes:

Aber mal im Ernst, ist eine andere Aufführungsform wirklich so eine Zumutung für Musiker? Es müssen ja nicht immer gleich Extreme wie das von Hans erwähnte Freiluftkonzert sein.
 
Also eine generelle Krise sehe ich für Musik überhaupt nicht. Mit der Musik, die in den meisten Radiosendern läuft, darf man die sogenannte klassische Musik überhaupt nicht vergleichen, denn das sind zwei Paar Schuhe, was ich hier nicht weiter erläutern will, weil das schon ausführlich an anderer Stelle in diesem Forum betrieben wurde; nur soviel, daß beide Richtungen mit völlig unterschiedlichen Zielen betrieben werden. Stattdessen sollte man das Interesse an klassischer Musik lieber mit dem an anderen Künsten vergleichen, und ich glaube nicht, daß es da so schlecht abschneidet. Immerhin kann man sich Musik sogar leicht ins Haus holen, was jedenfalls bei Gemälden, Skulpturen und Theateraufführungen schnell ins Geld gehen kann.

Mir fällt übrigens gerade auf, daß ich mich nicht an vergleichbare Diskussionen über der Literatur ähnliche Diskussionen erinnern kann. Natürlich diskutiert man den Verfall der Sprache, vermißt gute Nachwuchsautoren und bemängelt, daß immer weniger gelesen wird, aber ein krasser Unterschied, wie er in der Musik zwischen Pop und Klassik gemacht wird, bleibt unerwähnt. Und den gibt es dort ja genauso. Gut, immerhin erreichen einige anspruchsvolle Bücher vielleicht wesentlich größere Kreise als anspruchsvolle Musik, nur die Klassiker werden wohl hauptsächlich in der Schule gelesen. Aber es gibt auch weniger Hobbyliteraten als Hobbymusiker, vielleicht ist das ein Anhaltspunkt.

Aber ein Problem gibt es für jede Art von Kunst: Wenn man sie zur Präsentation feierlich auf ein Podium setzt oder mit Personenkult umgibt, leidet sie enorm und kann ihre eigentliche Wirkung nicht mehr erzielen. Aber genau das erleben die weniger Interessierten in den Medien dauernd, denn die tatsächliche Aufführung sehen und hören sie sich ja nicht an, sie erfahren nur, wie wundervoll wieder ein Genie entfaltet wurde oder jämmerlich scheiterte. Dadurch entsteht um die Klassik eine Aura der Unberührbarkeit, die sie einfach nicht verdient hat. Deswegen Berichterstattung und Kritiken über Konzerte abzuschaffen, wäre natürlich unsinnig aber vielleicht sollte man sich bei Ankündigungen mehr auf die Musik als auf die Interpreten konzentrieren und sogar kurz charakterisieren, was den unbedarften Besucher musikalisch erwartet. Ich sehe jedenfalls meistens nur "XYZ kommt nach ABC" und was gegeben wird, steht irgendwo versteckt im Artikel, wenn es nicht vergessen wurde.

Und jetzt kann ich wieder auf meine Eingangsthese zurückkommen: Wenn man Klassische Musik mit Popmusik vergleicht und dann versucht, sie mit den Marketingmethoden der Popmusik populärer zu machen, muß man meiner Meinung nach scheitern.
 
Aber mal im Ernst, ist eine andere Aufführungsform wirklich so eine Zumutung für Musiker? Es müssen ja nicht immer gleich Extreme wie das von Hans erwähnte Freiluftkonzert sein.

beliebt (weil kostengünstig) sind Großleinwände, auf welchen z.B. Opern gezeigt werden: Bier- & Grillstände sorgen für Erfrischung und Stärkung, man lagert gemütlich auf Decken oder Liegestühlen und man musste keine "teure" Opernkarte kaufen :) --- sowas wird praktiziert, und für die Musiker hat´s den Vorteil, trotzdem am gewohnten Ort zu spielen. Kommt übrigens gut an.

...wenn ein "Event" draus gemacht wird, wenn´s dabei Geselligkeit und Verköstigung gibt, dann stört gelegentlich die Musik gar nicht so sehr - und konsequent kann man den weniger erbaulichen Klang (aus Lautsprechern) im Freien so zu sagen vernachlässigen.

übrigens stammt danse russe ja eigentlich aus einem Ballett (da ist Aerobic nicht ganz so weit enfernt) ;)
 
War das denn früher so viel anders? Wurde nicht jeden Abend in der Oper das gleiche Stück gegeben, derweil in den Logen Schach gespielt wurde und bei besonders beachteten Interpreten nach Ruhe verlangt wurde? Woher kamen denn die Tomaten und Eier, die nach mißlungenen Veranstaltungen auf die Bühne flogen? Sie kamen aus den Picknickkörben der Zuhörer! Und zwar nicht nur von den billigen Stehplätzen des obersten Ranges. Coole Arien wurden mitgesungen und wurden Gassenhauer. Höfische Musik war auch alles andere als Mittelpunkt der Veranstaltung. Im Vordergrund standen Essen, saufen und und und. Dazwischen Verdauungsmusik!?!

Also, why not! Open-Air Opern mit Picknik auf den Wiesn!! Wems gefällt darf doch da hin gehen, niemand muss doch da hin gehen, also kann niemand etwas dagegen haben!

Sowieso merkwürdiger Faden, wo sich Leute überlegen, wie andere Leute Musik hören "sollten". Ich finde, darüber "sollte" sich niemand Gedanken machen - ebenfalls bescheuert, dieser mein Gedanken.

Also, vielleicht "sollten" sich Leute darüber Gedanken mache, wie andere Leute bestimmte Arten von Musik hören oder nicht hören "sollten"!...

;)

AL

V.
 
...ich finde immer noch, dass zum Beispiel Rachmaninoff Symphonien eher zu Traumreisen als zum Picknick einladen....*grummel*
Bei Opern mag das ja lustig sein, die sind sowieso viel zu lang, um aufpassen zu koennen ^^
 
Aber ein Problem gibt es für jede Art von Kunst: Wenn man sie zur Präsentation feierlich auf ein Podium setzt

Hierzu sollte es eine Alternative geben. Vielerorts wird dies ja auch längst anders praktiziert. Ergänzend zum klassischen Konzert in einer akustisch optimalen Konzerthalle gibt es Freiluftkonzerte im Sommer (nicht immer mit Picknick, sondern auch mit Bestuhlung :rolleyes:) und vielleicht noch einem Feuerwerk hinterher.

Ist es nicht auch so, dass die klassische Musik sich schon deshalb für andere Aufführungsformen öffnen sollte, weil sie von staatlichen Subventionen, also dem Geld aller Bürger/innen mitfinanziert wird?

oder mit Personenkult umgibt, leidet sie enorm und kann ihre eigentliche Wirkung nicht mehr erzielen.

Aber soll nicht Lang Lang Millionen von Chinesen erst zum Klavierspiel gebracht haben?

Deswegen Berichterstattung und Kritiken über Konzerte abzuschaffen, wäre natürlich unsinnig aber vielleicht sollte man sich bei Ankündigungen mehr auf die Musik als auf die Interpreten konzentrieren und sogar kurz charakterisieren, was den unbedarften Besucher musikalisch erwartet.

Das halte ich auch für eine gute Idee.

Und jetzt kann ich wieder auf meine Eingangsthese zurückkommen: Wenn man Klassische Musik mit Popmusik vergleicht und dann versucht, sie mit den Marketingmethoden der Popmusik populärer zu machen, muß man meiner Meinung nach scheitern.

Die Marketingstrategie muss natürlich auf die Klassik zugeschnitten sein. Aber innovative Wege wären m.E. durchaus hilfreich für die klassische Musik.
 

nicht nur Chinesen

Aber soll nicht Lang Lang Millionen von Chinesen erst zum Klavierspiel gebracht haben?

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Er soll ja auch durch Schulen reisen und dort persönlich KLassik vorstellen.

In diesen Klassen gibt es sicher genau wie bei uns nur eine wenige, die sich als Klassikfans bezeichen würden. Aber nach einemj Besuch von LangLang sind alle wie elektrifiziert.
Das wäre z.b. ein neuer Weg, den man auch hier beschreiten könnte. Und Künstler dafür würden sich sicher finden.

'Auf der Zeil in Frankfurt am Main - es ist ein paar Jahre her - hat mal an einem Sommertag ein Pianist einen Flügel in die Fussgängerzone gestellt. dort sind sonst die El condor Pasa Chilenen und andere Strassenmusiker anzutreffen.

Der Pianist, dessen Namen ich nicht mehr weiss - spielte alles mögliche von BAch bis Liszt aber wirklich gut. Und er war auch bereits Fragen zu ebantworten und hatte einen Stand mit seinen Cd´s dabei.

Er wurde den ganzen Tag belagert und ich fand es faszinierend, welches Interesse ich da beobachten konnte. Einen solchen Auflauf habe ich sonst bei Strassenmusikern noch nicht gesehen.

richtig dargebeoten, scheint doch die Klassik grosse Anziehung zu haben. Es gab eben keine Schranke, die man überschreiten musste. Jeder konnte gehen oder bleiben. aber die meisten blieben. Ich war sicher 2 Stunden da und weiss nicht, wie lang das noch ging.

Es gibt viele Möglichkeiten, Klassik populärer zu machen. Und auch bei einem Picknick oder in der Berliner Waldbühne bleibt doch immer ein gewaltiger eindruck übrig.

Vielleicht geht dann einem Popfan mal nicht nur "smoke on the water" sondern ein Thema aus der "Neuen Welt" durch den Kopf.
 
Faszinierend, ein und derselbe Sachverhalte völlig anders wahrgenommen:

.....Ich habe gerade in der Fußgängerzone einer mittleren Großstadt den Klängen eines mobilen, auf Räder aufgebockten , abgedroschenen alten Bechsteinflügels gelauscht und weiss noch nicht so recht, wer mir mehr leid tut. Der Pianist, der mit viel Pedal und Wucht in die Tasten gehauen hat, , der Flügel oder das Publikum.... Wahrscheinlich alle ein bisschen....

Ich würde auch eher wie klavigen diese Idee, mit einem Flügel in die Fußgängerzone zu gehen und klassische Musik zu spielen, positiv sehen. Die Verkäuferin, die mir von dem Pianisten berichtet hat, der auch bei uns vor einigen Monaten in der Fußgängerzone aufgetreten ist, schwärmte in den höchsten Tönen von diesem Auftritt, sogar die CD hatte sie sich gekauft.
 
Ist es nicht auch so, dass die klassische Musik sich schon deshalb für andere Aufführungsformen öffnen sollte, weil sie von staatlichen Subventionen, also dem Geld aller Bürger/innen mitfinanziert wird?

aus diesem Topf wird doch alles mögliche finanziert - hat/haben der/die Bürger/innen da ein Mitspracherecht??? ;)

in dem Moment, in dem ich über z.B. Diätenerhöhungen, Anschaffungen von Kriegsgerätschaften, nutzlose Bürgschaften etc etc etc wirklich mitabstimmen darf - exakt in diesem Moment befürworte ich auch Abstimmungen, ob Thielemann nicht ab und zu im Gartenpilz von Kurparks Leharpotpourris zu dirigieren angewiesen werden soll :D

Gruß, Rolf
 
aus diesem Topf wird doch alles mögliche finanziert - hat/haben der/die Bürger/innen da ein Mitspracherecht??? ;)

Ich meinte damit, dass Kultur vielfach nur als lästiger Kostenfaktor begriffen wird. Und überall der Ruf nach „Kostendeckung“ laut wird. Viele Leistungen der Länder und Kommunen werden deshalb gekürzt. Die kulturellen Angebote sind hiervon natürlich auch betroffen. Insofern ist eine breite Basis von Interessenten für kulturelle Angebote und damit für die Legitimation von Ausgaben möglicherweise nicht ganz unwichtig.
 
Mir geht immer wieder die Frage durch den Kopf, warum klassische Musik so unbeliebt ist. Ich weiß, wir hatten das Thema schon öfters, aber irgendwie hab ich noch keine zufriedenstellende Antwort auf die Frage gefunden.

Hallo Stilblüte,
dafür wird man sicher keine endgültige Antwort finden.

Ich glaube aber folgendes:

Klass. Musik ist ja meist ältere Musik und wurde für IHRE Zeit geschrieben. Ein Komponist, der mit seiner Musik ein rauschendes Bächlein "beschreibt" haut heute kaum jemandem vom Hocker. Wir Menschen kaum noch wirklich Natur verbunden.

Bei mir war es so, dass ich im Klavierunterricht nur Klassiker spielen musste. Eine Beethoven-Sonate hat sich mir einfach nicht erschlossen. Die Melodien waren mir zu wenig eingehend und ich empfand diese Musik auch als langweilig. Die einzelnen Stücke setzen sich oberflächlich betrachtet zu wenig ab. Man muss bei der Klassik schon mal genauer hinhören und wer kann das heute noch.

Lieber hörte und spielte ich als Jugendlicher (50er und 60er Jahre) Popmusik. "Man" wollte auch modern sein.

Die heutige Musik (Bspl. Michael Jackson) ist wesentlich plakativer, auffälliger, markanter.

Hinzu kommt, dass klass. Musik meist auch schwere Musik ist; die vertragen auch nur wenige. Ein eingehende Schnulze bzw. sich wiederholende Melodie ob bei volkstümlicher oder Popmusik spricht einen Menschen, der nur mal ein bisschen Untermalung braucht besser an.

Sicher spielt auch eine Rolle, dass viele Menschen in ihrer Wohnung und im Arbeitsleben größeren Lärm ausgesetzt sind. Das macht nicht unbedingt haben Untersuchungen gezeigt, musikalischer.

Gruß Sebastian
 
Jetzt möchte ich, nachdem mendelsöhnchen es wieder erwähnt hat, das Thema "klassische Musik ist schwer" ansprechen.

Zunächst behaupte ich mal, daß klassische Musik überhaupt nicht schwer ist, wenn man ihr aufmerksam zuhört. Musik ist eine Universalsprache, für die man, um sie zu verstehen, keine Vokabeln oder Gramattik pauken muß. Ich weiß nicht, wie das tasächlich funktioniert aber der Inhalt der Musik besteht ja aus Gefühlen und nicht aus dinglichen Beschreibungen. So ist das große Tor von Kiew eben eine Echo dessen, was Mussorgsky persönlich beim Anblick dieses Tores empfunden hat und nicht etwa die Beschreibung der Architektur und der Materialien. Sehr viele Stücke haben überhaupt keinen Titel und sind somit vom Inhalt her noch obskurer. Aber ich glaube, daß Musik eigentlich eine konsequente Weiterführung der "Erzählmelodie" ist, also mehr oder weniger darauf beruht, wie Erzähler ihre Stimme einsetzen, um die Atmosphäre in der Erzählung zu verdeutlichen - selbst wenn man kein Wort versteht, kann man eine Liebeserklärung von einem erbitterten Streit leicht unterscheiden. Was natürlich bleibt, ist die Notwendigkeit, hinzuhören.

Sicherlich erschließt sich nicht jede Musik gleich beim ersten Anhören in ihrer ganzen Bandbreite und das Besondere an einem einzelnen Stück kann man nur beurteilen, wenn man genügend Erfahrung mit solcher Musik hat. Aber ich bin fest davon überzeugt, daß höchstens grundsätzliche kulturelle Unterschiede zwischen Hörer und Interpret dazu führen können, daß man irgendwelche Musik - auch klassische - falsch versteht - das könnte vielleicht Marsmenschen so gehen, wenn sie menschliche Musik hören. Jetzt muß ich natürlich einschränken, daß man bei schlecht gespielter Musik eher etwas über den Interpreten als über die Komposition erfährt... Fazit: Nicht die Musik ist schwer, sondern das Zuhören generell - das hat mendelsoehnchen ja schon abgehandelt.
 
Faszinierend, ein und derselbe Sachverhalte völlig anders wahrgenommen:



Ich würde auch eher wie klavigen diese Idee, mit einem Flügel in die Fußgängerzone zu gehen und klassische Musik zu spielen, positiv sehen. Die Verkäuferin, die mir von dem Pianisten berichtet hat, der auch bei uns vor einigen Monaten in der Fußgängerzone aufgetreten ist, schwärmte in den höchsten Tönen von diesem Auftritt, sogar die CD hatte sie sich gekauft.

Vielleicht meinen wir nicht denselben. Am gleichen Tag war auch noch ein anderer zu hören. Der spielte auf einem sehr schön klingenden Förster-Flügel.
Das hat den Leuten sehr gefallen. Ich möchte auch nicht Klassik als Straßenmusik verteufeln. Wenn es "Hemmschwellen" herabsetzen hilft, gerne...
 
Wie wäre es, wenn man sich von dem Gedanken verabschieden würde:

Klassische Musik ist verpönt!

Denn, was wird hier in diesem Faden gerade zum Ausdruck gebracht:

eine Verpönung des Musikkonsums anderer Menschen!

Denn im Grunde genommen hören doch alle Menschen: MUSIK! Durchschnittlich 3-4 Stunden am Tag!

Volksmusikanten gehen auch nicht hin und behaupten: Warum gibt es Leute, die unsere Musik verpönen! Was könnten wir tun, um ALLEN Menschen "endlich" den "richtigen" Zugang zu unserer Musik zu ebnen?!?!

Popmusiker gehen auch nicht hin und fragen sich, warum ihre Musik von speziellen Leuten verpönt ist!

Ich denke, klassische Musik ist keineswegs verpönt, weder von der Jugend, noch von der Masse, noch von sonst wem. Die einzigen, die denken, klassische Musik wäre bei irgend jemandem verpönt, sind komischer Weise die Liebhaber klassischer Musik selbst!

Ich habe noch nie jemanden getroffen, der sich wirklich abfällig über klassische Musik geäußert hat. Grundtenor: Och, da gibt es total schöne Sachen! Aber ich habe viele Klassiker getroffen, die sich abfällig über andere Musikrichtungen auslassen.

Menschen, die sich über andere abfällig äußern denken natürlich zwangsläufig, dass über die eigene Musikrichtung ebenfalls schlecht gedacht wird!


Es gilt zu respektieren, was ein anderer Mensch hört.

Wer Lust hat, mit dem Flügel durch Fußgängerzonen zu ziehen kann das gerne tun - aus Freude an der Musik und nicht aus missionarischem Eifer!!!

Sorry, das musste ich nun mal loswerden!

Alles Liebe

Viola
 
Zunächst behaupte ich mal, daß klassische Musik überhaupt nicht schwer ist, wenn man ihr aufmerksam zuhört. Musik ist eine Universalsprache, für die man, um sie zu verstehen, keine Vokabeln oder Gramattik pauken muß. Ich weiß nicht, wie das tasächlich funktioniert aber der Inhalt der Musik besteht ja aus Gefühlen und nicht aus dinglichen Beschreibungen. So ist das große Tor von Kiew eben eine Echo dessen, was Mussorgsky persönlich beim Anblick dieses Tores empfunden hat und nicht etwa die Beschreibung der Architektur und der Materialien. Sehr viele Stücke haben überhaupt keinen Titel und sind somit vom Inhalt her noch obskurer. Aber ich glaube, daß Musik eigentlich eine konsequente Weiterführung der "Erzählmelodie" ist, also mehr oder weniger darauf beruht, wie Erzähler ihre Stimme einsetzen, um die Atmosphäre in der Erzählung zu verdeutlichen - selbst wenn man kein Wort versteht, kann man eine Liebeserklärung von einem erbitterten Streit leicht unterscheiden. Was natürlich bleibt, ist die Notwendigkeit, hinzuhören.

Sicherlich erschließt sich nicht jede Musik gleich beim ersten Anhören in ihrer ganzen Bandbreite und das Besondere an einem einzelnen Stück kann man nur beurteilen, wenn man genügend Erfahrung mit solcher Musik hat.

hallo,

obwohl ich mit der Intention Deines Beitrags übereinstimme, widerspreche ich Dir im Detail:
a) die "klass. Musik" wird auch bei aufmerksamem Zuhören nicht so ohne weiteres "leicht verständlich": es handelt sich um sehr artifizielle Produkte, die sich ohne Kenntnis ihrer Bestandteile nicht erschließen bzw. ohne besagte Kenntnis bleibt man (bestenfalls) an der Oberfäche. Das ist mit der Malerei nicht anders: man kann einen "Impressionisten" wie Monet einfach so schön finden oder ablehen - begriffen hat man den Monet damit noch lange nicht; man kann auch "Schuld und Sühne" nur als Krimi lesen, das Ergebnis ist kein anderes.
b) die "Universalsprache" der klass. Musik ist doch sehr eurozentristisch :) will sagen, sie ist ein Kulturprodukt des "Abendlands" - mehr nicht, also schon mal gar nicht universal... ein Ölscheich in Kuweit benötigt weder diese "universale Sprache", noch hat sie mit seinem kulturellen background zu tun.
c) Mussorgski hat kein "großes altrussisches Tor" gesehen. Er kannte eine historisierende Architekturskizze von Victor Hartmann. Diese setzt er am Schluß des Zyklus "Bilder einer Ausstellung" in einen symbolisch-polemisierenden Kontext: die beiden letzten Bilder, Ziel des zyklischen Aufbaus, betreffen "slawophile, panslawistische" Inhalte: Baba Yaga als Metapher des heidnischen Altrusslands, das große Tor als glorifizierte nostalgische Apotheose des christlich-orthodoxen Altrusslands -- ähnlich "national" in diesem Sinne sind etliche Musikstücke, aber auch Bilder und Literaturprodukte des 19. Jhs. - - - - dergleichen zählt nebenbei zum "verstehen" solcher Musik dazu!
d) "obskure" Inhalte bei "titellosen" Musikstücken? ... da wird ja fast der gesamte Chopin zum Obskuranten... -- das erscheint mir doch sehr übertrieben :D
e) die Notwendigkeit, hinzuhören - leider oder glücklicherweise mit dem angemessenen Hintergrund... da kann man heulen oder jubeln, was egal ist: ohne etwas mehr Bildung, als abc und einmaleins bieten, wird man weder Monet noch Dostojewski noch Beethoven "verstehen" - ärger aber ist: ohne diese wird man kaum den Unterschied zwischen Dan Brown und Dostojewski erkennen...

heikle Gefilde sind das...

Gruß, Rolf
 

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