Mir fällt das Üben sehr schwer und wenn ich Literatur spiele bricht irgendwann meine Konzentration zusammen.
zunächst auch von mir ein herzliches Willkommen! Hier gibt es immer interessante Informationen und Ratschläge, von hervorragend über gut gemeint bis liebevoll ironisch.
Du sagst, das Literaturspiel bringt Dich aus der Konzentration. Also beim Improvisieren entsteht das Problem nicht?
Wenn das so ist, dann ist auch die Lösung ganz nah.
Gerade am Tasteninstrument kann man wie bei kaum einem anderen Instrument völlig achtlos üben. Eine Geige gibt Dir sofort eins auf die zwölf, wenn Du den Finger nicht richtig setzt, den Bogen nicht mit dem richtigen Druck führst. Eine Trompete spielt völlig andere Töne - wenn denn überhaupt - als Du möchtest, wenn Du nicht mit Deiner Atemspannung, Lippen- und Mundstellung streng fokussiert bist.
Auf dem Klavier geht das...einfach gemütlich sitzen, die Finger laufen lassen, sich schöne Dinge vorspielen und dann...dann geht das Gehirn spazieren. Und je mehr es das macht, desto unzufriedener wird man. So habe ich es an mir selbst erlebt. Ich bin auch eher ADS, wie die übrigens viele Menschen, die ihre Fantasie zur Berufsausübung brauchen.
Beim Improvisieren passiert das nicht. Dort ist man für jeden Ton verantwortlich, man hört, was war, spürt, was kommen möchte, ist darauf gespannt, wohin sich das Spiel entwickelt.
Diesen Zustand brauchen wir natürlich auch bei der Literatur.
Die einfache Lösung ist: Zuhören. Und zwar kritisch. War der Ton gerade weich genug? Wohin will die Melodielinie gehen? Öffne ich das Crescendo in ein forte, oder setze ich einen negativen Höhepunkt und spiele mein Ziel so weich wie irgendmöglich. Nein, war nix, das geht noch weicher.
Das ist jetzt ja nur ein Beispiel. Wenn man ernsthaft mit sich umgeht, dann verschwindet dieses Unfokussierte. Sobald Du merkst, daß Du doch schon wieder abdriftest. Stopp! Das hat Beethoven nicht verdient. Einmal an´s Fenster gehen und sich mit neuem Mut an´s Instrument zurückbegeben.
Das Dumme am Tasteninstrument ist, daß es dir alles liefert, saubere Töne, Harmonien, Baßlinien, wie ein Fernseher, der dich zumüllt.
Wenn Du mit jemandem zusammen musizierst, achtest Du auf die Musik und darum passiert es Dir dort nicht.
Auch Dein eigenes Spiel ist es wert, daß Du die Musik darin wahrnimmst. Hör hin!