Stilblüte in New York

Man darf trotzdem dankbar sein, dass man gesund ist, und einem nicht die falschen Leute über den Weg laufen, kein Flieger abstürzt oder ein Verrückter ins Auto kracht, und man dann ein Leben lang an den Rollstuhl gefesselt ist. Man kann es sogar Glück nennen, wenn einem kein Dachziegel auf den Kopf knallt.

Ein Glück das das Gros vieler Menschen so nicht denkt. Wo wären wir dann, wenn man immer in Ehrfurcht vor dem Unbekannten leben würde. Das sind alles Dinge auf die ich kaum bis gar keinen Einfluss habe.

Lg lustknabe
 
@Lustknabe: Ehrfurcht - Quatsch!!! Dankbarkeit und ein wenig Demut gegenüber denen, die nicht so viel Glück hatten - das genügt.
 
Ne, es gibt mehrere Bedeutungen von Glück! Wenn man im Casino spielt und das Wort Glück verwendet um etwas Ersehntes zu erreichen, oder ob man soeben gemerkt hat, dass man einer Katastrophe nur knapp entkommen ist - Da sind WELTEN dazwischen...

;-)

LG
Michael
 
Ja, andere Sprachen haben dafür mehrere Worte. Im Englischen gibt es ja z.B. Happiness, Luck, Fortune, Joy...
Ihr könnt mir glauben, ich bin sehr, sehr, sehr dankbar für alles und bin mir bewusst, dass ich in einer sehr privilegierten Lebenssituation lebe. Natürlich ist auch viel Zufall, Glück, Fügung, Schicksal, Segen, oder wie man es nenne möchte dabei. z.B. kann ich nichts dafür wer meine Eltern sind, wo ich geboren wurde, wie nützlich für meine Pläne die entsprechenden vorhandenen kognitiven Fähigkeiten sind, wie mein Gesundheitszustand ist etc., das ist einfach so.
Auf dieser Basis kann man aber etwas aufbauen, oder eben nicht. Mir haben sehr viele Leute auf unterschiedliche Weise geholfen, durch Wort, Tat, Geld oder andere Leistungen, ohne die das alles niemals möglich geworden wäre. Ich denke aber dass sich die Menschen überlegen wie sie ihre Zeit, Geld und Energie verteilen und dass sie sich dafür "Ziele" aussuchen, die ein gewisses Erfolgsversprechen ausstrahlen.
Und andererseits hoffe ich auch, dass ich etwas zurückgeben kann, indem ich vielleicht andere inspiriere, an scheinbar unwahrscheinlichen Plänen festzuhalten, sich durchzubeißen und das zu tun, was man will:

Meine Lehrerin hat mir einmal die Hausaufgabe gegeben, auf ein Blatt Papier sowas zu schreiben wie "Ich werde in New York studieren weil ich gut bin und weil ich es verdient habe, und die nötigen Mittel werden irgendwo herkommen." Ich dachte, jaja, die redet schön daher, hab es aber gemacht. Und sie hat zauberhafter Weise Recht behalten...

@Hartwig Der komische Unfall-Schminker Kay hat sich nicht bei mir gemeldet. Was ist jetzt mit dem Vertrag bei der ARD? :D :D :D
 
Gut, dass du in 8 Monaten die Aufnahmeprüfung bestehen wirst- März 2016 ;)

Wie wäre es, den Blog in Englisch zu schreiben - Werbewirksamer Titel - "Pianist Anne - alone in New York" und ihn in einer großen Blogseite öffentlich zu stellen.
Die Rückmeldungen wären doch bestimmt interessant.
 
Ich finde es toll, dass Du uns wieder in Form der so humorvoll und gleichzeitig informativ geschriebenen Blogeinträge an Deinem Aufenthalt so fern von der Wurstburg teilhaben lässt. Und ja, ganz untypisch für die Staaten, braucht man auf Manhattan wirklich kein Auto, man ist im Zweifel sogar zu Fuß schneller unterwegs und die U-Bahn ist auch nicht mehr so furchterregend wie ich sie noch aus meiner Kindheit kenne.

Übrigens: Am Beispiel des Bankservices wird wieder einmal klar, wie weit Europa in manchen Dingen Nordamerika hinterherhinkt, selbst Du hast es innerhalb weniger Tage geschafft, uns um ein ganzes Jahr abzuhängen.:-D
 
Hallo New York mit Anne,

Danke für den 1. Blog. Die Freude von uns ist groß und die Hoffnung auch, noch mehr davon zu erfahren.
Von dem U*-Kay habe ich auch noch nichts wieder vernommen. Da müssen wir wohl an das ZDF herantreten:geheim:.

Marianne schließt sich an, in Gedanken oft bei Dir in Amerika (und Canada) zu sein.
Hast Du schon Jörn und Laurel getroffen? Die sind auch gerade in Amerika :lol: und machen Urlaub.

Liebe Grüße

Marianne und Hartwig
 
Ich habe "Conducting for non-majors" gewählt. Aus den Anforderungen bzw. Tests:

TEMPO TEST
You will be tested during the semester on producing the following six metronome tempi:
60, 80, 100, 120, 144, 160, in any order.

Weiterhin:
Near the end of the semester a one-hour written quiz will be given reviewing all the
transpositions (seven clefs) studied during the semester.
 
Beinahe ein Jahr nachdem ich diesen Faden erstellt habe, gibt es nach längerer Zeit mal wieder ein Update.
Ist das hier zu unübersichtlich? Dann kann ich das Ganze auch in einen neuen Faden verschieben. Aber ich dachte, mehrere Fäden sind noch unübersichtlicher.
Ich berichte gerne ein wenig von meinem Studium, wobei ich schon merke, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll und was ich erzählen soll und was nicht. Darum schreibe ich einfach mal ein bisschen, und wer irgendetwas wissen möchte, kann gerne fragen.


Das erste Semester ist nun schon vorüber. Ich hatte die Fächer Theory Review, Conducting, Keyboard Improvisation, Improvisation Ensemble, Kammermusik und Klavierunterricht. Der Vergleich mit St. Petersburg und Deutschland ist naheliegend und interessant. Generell kann ich sagen, dass meinem Eindruck nach die Ausbildung in St. Petersburg sehr traditionell / konservativ war und in Würzburg / NYC umfassender, zukunftsorientierter und breiter gefächert. Allerdings war ich in St. Petersburg nur Gaststudentin und hatte in viele Fächer keinen direkten Einblick.
Die Ausbildung an der Mannes School in New York bietet im Master viele Wahl-Pflicht-Möglichkeiten, während man in Würzburg hauptsächlich noch Klavierunterricht hat und ansonsten tut oder nicht tut, was man will. In NYC ist das Studium deutlich verschulter - es gibt mehr Druck bei der Anwesenheitspflicht, mehr Prüfungen, mehr Regeln, mehr Organisation "von oben" (z.B. bei der Kammermusikeinteilung). Mir wurde doch allen Ernstes mal in einem Kurs gesagt, ich solle bitte mein Handy weglegen (gestört hat es nicht). Da ich aber alt genug bin, für mein Handeln Verantwortung zu Übernehmen und etwas sehr Wichtiges sofort nachsehen musste, bin ich einfach rausgegangen - was dann komischerweise kein Problem ist.
Ähnlich geht es mir mit der Benotung. Ich denke, Faulheit kann man mir wirklich nicht nachsagen - dennoch muss ich selbst entscheiden, wie ich meine begrenzte Zeit einteile. Ich bereite mich auf Dinge so vor, wie ich eben die Prioritäten gesetzt habe, und wenn ich nicht jeden Tag eine Stunde für Fach X "ausgeben" möchte, sondern mehr üben möchte, ist das einfach so.
Ich habe trotzdem gesehen, dass ich überall ein A bekommen habe (einmal A-). Aber die Noten spielen dort auch keine so große Rolle, die stehen nicht mal auf dem Zeugnis, und außerdem wird sowieso fast nur A oder B gegeben, obwohl es bis F ("fail") geht.

Ich habe hier nochmal viel in Theorie dazugelernt - vor allem das englische Vokabular (Preisfrage: Was ist auf Deutsch übersetzt der "Parallel Minor" einer Dur-Tonart?) und einen ordentlichen Vierstimmigen Satz. Die Regeln allerdings sind ja nicht so festgelegt wie in der Mathematik, wobei die Amerikaner es durchaus so hinstellen, dass das eine falsch und das andere richtig ist, und auch Begrifflichkeiten und Systeme zu Analysezwecken verwenden, die ich so noch nie gehört habe. Weiß jemand, was ein "Pivot Chord" ist und wozu man ihn braucht?
Außerdem ist dort die Analyse nach Schenker sehr populär, von der in Deutschland kaum jemand je gehört hat. Ich werde mich damit auch nicht näher befassen müssen zum Glück, kommt mir sehr schräg vor.

Ebenfalls neu und besonders waren für mich die beiden Improvisationskurse. Der eine war eher eine Geschichte des Jazz und Analyse von Variationszyklen, was nicht unbedingt das war, was ich erwartete, aber dennoch sehr interessant. Den Kurs gab Uri Caine, der anscheinend ziemlich berühmt ist, was ich natürlich nicht wusste. Jedenfalls ist er ein total bescheidener und netter Kerl, hat uns allen eine CD geschenkt und (auf unser Drängen) ein bisschen was von seiner Musik gezeigt, was absolut Klasse ist. Er hat z.B. die Diabelli-Variationen orchestriert und dazu am Klavier improvisiert, oder in einer Art Combo über die Rhapsody in Blue improvisiert. Auch mit den Goldbergvariationen usw. hat er sich befasst.
Ich hielt Jazz, Klassik und Neue Musik immer für drei getrennte Dinge, aber dieser, wie auch der andere Improkurs haben mir gezeigt, dass dem nicht so ist.

Der zweite Improkurs war mit Anthony Coleman (keine Ahnung ob der auch berühmt ist, ist mir egal, jedenfalls war er ein toller Lehrer). Dort haben wir im Ensemble improvisiert, bzw. improvisationshaltige Kompositionen gespielt. Im Ensemble waren wir (zu Spitzenzeiten): 2x Klavier, Gitarre, Cello, Geige, Klarinette, Sopran (!). Wir spielten Stücke wie "Setz die Segel zur Sonne" von Stockhausen (Anleitung nur in Textform, wie ein Gedicht), A. Luciers "Memory Space" (Man nimmt die Geräusche eines Ortes auf oder schreibt sie auf und spielt sie dann, gleichzeitig, ohne aufeinander zu hören), J. Zorns Hockey (Anleitung in Schriftform, es geht um wiederkehrende Geräusche auf einem Instrument) und einige andere.
Diese Art des Musizierens war für mich völlig unbekannt und neu und auch ganz anders, als mühsam Noten eines Neue Musik-Stückes zu entziffern (denn Noten gab es eher selten). Es macht mir sehr viel Spaß, ich bin nicht aufgeregt, denn richtig und falsch im herkömmlichen Sinne gibt es nicht - obwohl es durchaus gut und schlecht, bzw. vorbereitet / unvorbereitet, erfahren / unerfahren und geprobt / nicht geprobt gibt. Anscheinend improvisiere ich auch nicht so schlecht, denn ich wurde eingeladen, in einem Trio fest mitzuspielen mit Musikern, die sich mit sowas beschäftigen. Besetzung: Klavier, Trompete, Gitarre. Ich bin gespannt! Am Ende des Kurses gab es ein Konzert, das auch gefilmt wurde. Wenn ich den Wust auseinanderklamüsert habe, stelle ich vielleicht mal etwas hier rein.

Mein Klavierunterricht ist spannend und neu. Jerome Rose hält sich weniger mit Details auf als ich das gewohnt bin und sagt generell weniger zu den Stücken. Er beschäftigt sich eher mit dem Gesamtbild und -Eindruck, dem Klangeindruck und überhaupt einfach dem, was am Ende herauskommt. Wie man dahin gelangt, also wie man übt und wie man eine Klaviertechnik entwickelt, kann er einem nicht beibringen, das muss man vorher schon wissen. Auch seine Ansichten über die Klavierszene, Wettbewerbe, das Musizieren und Üben und das Leben an sich finde ich interessant und anspornend. Er ist allerdings schonungslos ehrlich, manchmal ein alter Knurrhahn (besonders bei schüchternen Asiaten, die des Englischen nicht gut mächtig sind und nur so dahinspielen) und man muss sich sein Engagement durch gute Leistung "verdienen". Er weiß schon ganz genau, was für einen Namen er hat, und ebenso, dass ihm nur noch begrenzt Lebenszeit bleibt, die er nicht verschwenden will. Im Grunde ist er ein herzensguter Mensch und beeindruckender Musiker. Motto: "Nobody plays better than they want to". Man soll immer so gut spielen, wie man kann, und sobald man ein Niveau erreicht hat, hat man die Verantwortung, es immer beizubehalten und nie mehr schlechter zu spielen.

So, das war schon ziemlich viel, reicht wohl fürs Erste. Der Rest - Manhattan ist laut, dreckig, eng, teuer und hektisch. Anders ausgedrückt - die Stadt schläft nie, ist voller Leben, aufregend und spannend. Auf meinem Weg zur Uni schaue ich jeden Tag, ob das World Trade Center noch steht und bin froh, dass ich nicht am Times Square aussteigen muss. Ich passe auf, dass mich kein Fahrrad über den Haufen fährt oder ich an einer Straßenecke mit gestressten Fußgängern zusammenstoße. Ich freue mich, wenn die U-Bahn nicht stecken bleibt und die Sonne scheint, was beides meistens, aber nicht immer der Fall ist :-)
An Weihnachten hatte es 21 Grad. Ich bin allerdings bis Ende Januar in Deutschland.

Ich melde mich wieder. Vermutlich im Januar - da werde ich in öffentlichen Medien auf sehr unterschiedliche Weise in Erscheinung treten. Mehr verrate ich erst später.

Schöne Weihnachten an alle! Eure Stilblüte
 
Hauptsache du bist wieder in Deutschland (Insider) ;-)
 

Dank Dir schön für den interessante Bericht, liebe @Stilblüte. Die Sache mit der Verschulung des Studiums in den USA finde ich auch etwas nachteilig, aber wir machen es ihnen seit ein paar Jahren mit dem Bologna-System ja nach. Ein wenig Verschulung in Grundstudium konnte tatsächlich nicht schaden, denn da gab es früher viel Orientierungslosigkeit und Zeitverlust, aber weiter oben, finde ich, hat der Mensch das Recht, seine eigenen Schwerpunkte zu setzen und vieles auszuprobieren, was nie in einer Studienordnung stehen würde. Aber ich denke, Du findest schon Mittel und Wege, solchen Zwängen elegant zu entkommen. Was Du über Manhattan sagst, kann ich nur unterschreiben. Nirgendwo sonst findet man vermutlich so viel Leute, die auf der Straße rennen, dabei aus dem Kaffeebecher in der Linken trinken und mit der rechten telefonieren. Mein Schwiegersohn gehört auch dazu, und wundert sich, daß ich rückständiger "Alteuropäer" das nicht ganz normal finde. Aber die Museen sind toll, und ich hoffe, Du hast auch ab und zu Gelegenheit, in die Met zu gehen. Genieße die zweite Runde und hab viel Erfolg. Und ich bin schon gespannt auf Deine Auftritte!

Friedrich


PS. Was ist "Analyse nach Schenker"?
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Blüte,

vielen Dank für Deinen spannenden Bericht! Ich habe ihn natürlich sofort verschlungen.

Mir wurde doch allen Ernstes mal in einem Kurs gesagt, ich solle bitte mein Handy weglegen (gestört hat es nicht). Da ich aber alt genug bin, für mein Handeln Verantwortung zu Übernehmen und etwas sehr Wichtiges sofort nachsehen musste, bin ich einfach rausgegangen - was dann komischerweise kein Problem ist.

Scheint eine Generationenfrage zu sein, aber ich kann sofort nachvollziehen, warum jemand, der unterrichtet nicht möchte, dass die Studies mit ihren Handy's spielen. Rauszugehen ist doch eine super Lösung,

Ich hielt Jazz, Klassik und Neue Musik immer für drei getrennte Dinge, aber dieser, wie auch der andere Improkurs haben mir gezeigt, dass dem nicht so ist.

Faszinierend find ich Deine Beschreibung der Improvisationskurse. Um so improvisieren zu können, musst Du wohl in Jazz, Klassik und Neuer Musik irgendwie zu Hause sein. Arbeitest Du an diesem Thema weiter? Hast Du ein Beispiel in dem diese drei Stilrichtungen in der Improvisation gespielt werden?

Ich freu mich jedenfalls schon auf Einspielungen von Dir hier auf Clavio!

Manhattan ist wirklich laut und teuer. Aber als dreckig und eng habe ich es nicht empfunden. Im Gegenteil, ich war überrascht, wie großzügig alles wirkte. Ich hatte mir alles viel klaustrophobischer vorgestellt. Friedrich's Tipp kann ich mich anschließen, die Museen und die Carnegie Hall sind sehr empfehlenswert. Ich war im Mai auf einem Klavierkonzert im kleinen Saal der Carnegie Hall und war überrascht, wie locker die Amerikaner sich bei einem Klassikkonzert verhalten. Einige brachten Getränke mit. Eine andere filmte einfach mit ihrem Handy den Auftritt.
:-D

Weiterhin viel Erfolg Blüte!
 
Friedrich's Tipp kann ich mich anschließen, die Museen und die Carnegie Hall sind sehr empfehlenswert. Ich war im Mai auf einem Klavierkonzert im kleinen Saal der Carnegie Hall und war überrascht, wie locker die Amerikaner sich bei einem Klassikkonzert verhalten. Einige brachten Getränke mit. Eine andere filmte einfach mit ihrem Handy den Auftritt.

Tja - manchmal sind sie ein bisserl zu locker, wenn sie z.B. ungeniert anfangen zu quatschen. Meine Tochter hat aus Frust über derlei Publikumsgebaren, das in den letzten Jahren leider zugenommen hat, sogar ihr Met-Abo gekündigt. Als "Tipp" hatte ich das mit den Museen usw. natürlich nicht gemeint, denn diese Stätten sucht ja jeder Kulturinteressierte auf - sofern er erstens Zeit hat, und was Stilblüte da berichtet, klingt nach sehr ausgefüllter Zeit, und zweitens die nicht direkt für ein studentisches Budget gedachten Eintrittspreise bezahlen kann. Übrigens auch kein "Tipp", aber für Mitteleuropäer schon fast ein Muß ist die Neue Galerie unweit des Met-Museums Ecke 5th Av. / 86 St, sofern man auch nur marginal an der deutschen und österreichischen Kunst des frühen 20 Jh. interessiert ist. Seit rund 10 Wochen läuft da die hochinteressante Ausstellung Berlin Metropolis (Titel lehnt sich bewußt an Fritz Langs Film an); aber schon Klimts Frau in Gold alleine rechtfertigt den Besuch.
 
@Nora Das, was meine beiden Lehrer tun (Uri Caine und Anthony Coleman) ist eine Mischung aus Klassik, Jazz und Neuer Musik. Ich bekam z.B. mal eine kurze Unterrichtsstunde darin, wie man einen "Blues" spielt - in Anführungszeichen deshalb, weil das Schema eher als Ausgangspunkt bzw. Grundlage diente, auf der ich dann, beinahe atonal, improvisieren konnte. Das ist schriftlich nicht so leicht zu erklären. Auch im Jazz gibt es ja in der neueren Zeit Musiker oder Richtungen, die beinahe atonal sind, vom Dixie bis heute kann man sich ja alles Mögliche vorstellen. Auch viel Bitonalität (z.B. in A-Dur über G-Dur improvisieren oder zwei "normale" Akkorde verschiedener Tonarten zu einem "schrägen" kombinieren).
Uri Caine verbindet die drei Dinge noch mehr, wenn er z.B. die Diabelli-Variationen orchestriert und dann darüber jazzig improvisiert als Klaviersolist, oder wenn er ein beinahe atonales Streichquartett komponiert und ebenfalls dazu improvisiert.

Die benannten Improvisations-Stücke sind auch eine Mischung aus verschiedenen "Stilen". Zum Beispiel auch "Les moutons de Panurge" von F. Rzewski - für eine beliebige Anzahl Musiker, die ein Melodieinstrument spielen, und eine beliebige Anzahl Nichtmusiker, die irgendetwas spielen. Man beginnt mit einer Tonfolge, spielt erst den 1. Ton, dann 1 2, dann 1 2 3 usw. - der Sinn ist, unterwegs "verloren zu gehen" und sofort außerhalb der Reihe weiterzuspielen, bis ein großes, sich langsam ausweitendes Chaos entsteht.

@sla019 Danke für deine Tipps. In der Tat bin ich natürlich sehr viel beschäftigt, ein Konzert- oder Museumsbesuch fordert einen halben oder ganzen Tag. Ich warte vor allem mit erstem eher auf Besuch, sonst bin ich ja mehrfach drin. Etwas habe ich natürlich auch schon gesehen, vor allem die Außen-Besichtigungen. Ground Zero und One World Trade Center (auch von oben), Brooklyn Bridge, Central Park, Times und Union Square, Strand, Fähre nach Staten Island, New Jersey (sehr schön und ruhig!), Harlem (da wohne ich) und auch ein paar Konzerte. In der Met und Carnegie Hall war ich aber noch nicht, darum muss ich mich nächstes Semester mal kümmern. Bisher war ich noch mit mir selbst und meiner Organisation beschäftigt.

Die Schenker-Analyse könnte @annerose erklären. Grob gesagt reduziert man eine ganze Komposition immer weiter auf ihre Essenz, bis nur noch I IV V I rauskommt, soweit ich das verstanden habe.
 
@Nora Das, was meine beiden Lehrer tun (Uri Caine und Anthony Coleman) ist eine Mischung aus Klassik, Jazz und Neuer Musik. Ich bekam z.B. mal eine kurze Unterrichtsstunde darin, wie man einen "Blues" spielt - in Anführungszeichen deshalb, weil das Schema eher als Ausgangspunkt bzw. Grundlage diente, auf der ich dann, beinahe atonal, improvisieren konnte. Das ist schriftlich nicht so leicht zu erklären. Auch im Jazz gibt es ja in der neueren Zeit Musiker oder Richtungen, die beinahe atonal sind, vom Dixie bis heute kann man sich ja alles Mögliche vorstellen. Auch viel Bitonalität (z.B. in A-Dur über G-Dur improvisieren oder zwei "normale" Akkorde verschiedener Tonarten zu einem "schrägen" kombinieren).
Uri Caine verbindet die drei Dinge noch mehr, wenn er z.B. die Diabelli-Variationen orchestriert und dann darüber jazzig improvisiert als Klaviersolist, oder wenn er ein beinahe atonales Streichquartett komponiert und ebenfalls dazu improvisiert.

Die benannten Improvisations-Stücke sind auch eine Mischung aus verschiedenen "Stilen". Zum Beispiel auch "Les moutons de Panurge" von F. Rzewski - für eine beliebige Anzahl Musiker, die ein Melodieinstrument spielen, und eine beliebige Anzahl Nichtmusiker, die irgendetwas spielen. Man beginnt mit einer Tonfolge, spielt erst den 1. Ton, dann 1 2, dann 1 2 3 usw. - der Sinn ist, unterwegs "verloren zu gehen" und sofort außerhalb der Reihe weiterzuspielen, bis ein großes, sich langsam ausweitendes Chaos entsteht.

Liebe Blüte,

vielen Dank für Deine Erklärungen! Ergänzend dazu habe ich mir Videos von Rzewski und auch die Diabelli-Variationen von Uri Caine auf YouTube angehört. Vor allem letztere gefallen mir ausgesprochen gut.
 
Liebe Stilblüte,
falls dus mal genauer ansehen willst, versuchs doch mal mit "Analysis of Tonal Music: A Schenkarian Approach" von Allen Cadwallader. Der Allen tut wirklich den ganzen Tag nichts anderes, als Studenten von sowas zu erzählen und es ist recht grundlegend, könnte also ganz nett für dich sein.
Bin im Februar wieder drüben... Also vielleicht sieht man sich ja mal... ;)
 

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