Nun, meine Antwort dort stand ja unter anderem Fokus.. Ein Besuch in dem Wagner-Museum der Villa Wahnfried steht für mich noch offen. Nach dem, was ich nun weiß, wurde der Steinway mit Art-Case (wertvolles Mahagoni-furniertes, schnörkliges Gehäuse) von Wagner intensiv genutzt – Steingräber-Flügel hin oder her, mag sein, dass er als hoch produktiver Komponist mehrere Instrumente intensiv nutzte. Und, wie nicht wenige damalige von den Instrumentenherstellern hofierte Komponisten und Pianisten, nahezu in bald jedem Raum seines Reiches Flügel herumstehen hatte..
Wagner soll ihn 1879 von Steinway zum Geschenk bekommen haben.
Der Flügel sei aber bereits 1876 produziert worden, wird also einer der ersten oder frühen Centennials sein, was anhand der Seriennummer - die ich noch nicht habe - nachvollziehbar werden wird. In der Liste von Bill Shull aus Kalifornien, der die ersten 15 Centennial Grands mit Seriennummern benennt (offenbar in umfassender Kunde der Steinway-Auslieferungsbücher) taucht er allerdings nicht auf. Wenn alles richtig ist, müsste er eine Seriennummer in den 33- oder 34-tausendern haben, dann wäre er ca. in den 20er oder 30er Nummern der damals nagelneuen, erfolgreichen Wettbewerbsklaviere, die die Goldmedaille auf der Jahrhundert-Ausstellung gewonnen hatten. Meiner hat eine der ersten 35.000er Nummern, ist somit plus oder minus ca. der 30. aller jemals 424 gebauten Centennial-Flügel; er wurde im September 1877 ausgeliefert und folglich irgendwann im Spätherbst 1876, ca. in der Schlussphase der Weltausstellung (November 1876) zu bauen begonnen. Denn die Durchlaufzeit zur Fertigung solcher Instrumente liegt - damals wie heute - bei ca. 10-12 Monaten.
Solche Dinge werfen nebenbei ein kleines Licht auf den phasenweise geradezu skrupulösen Geschäftsbetrieb: dass Steinway sich Instrumente möglicherweise zu Ausstellungszwecken gebaut hatte, diese aber seinen Kunden ehrlicherweise nicht "für neu" verkaufen wollte. Z.B. wurde einer der ersten Centennial Grands, ein Instrument, das in Philadelphia auf der Weltausstellung war, erst 1896 (!!!) seitens Steinway weiterverkauft, zwölf Jahre nachdem bereits die Nachfolger, die heutigen Konzertflügel D-274 mit dem Rim-Patent, existierten. Vermutlich als Suuper-Duper-Sonderangebot.., weil Vormodell und "alt"..
<summe hier einen Barbershop-Polecat-Song: "I Was Born Seventy Years too late - Ohh what an awfull fate..">
;)
Und so hat eben vermutlich - mit drei Jahren Versatz - Wagner auch keinen "nagelneuen" Flügel bekommen, sondern einen, der für Steinway irgendwiewo noch "über" war, womöglich zu Ausstellungszwecken? Ein Flügel, der für Wagner uU mit dem kunstvollen Gehäuse "aufgepeppt" wurde? Es sind ja "nur" die Füße und Gehäuse-Applikationen, die sich leicht anbringen und auch entfernen lassen.. Wenn alte Flügel reden könnten..
Vielleicht kann ich an dem Teilchen auch mal irgendwann das originale Sostenuto inspizieren, das meinem fehlt..
On verra. Man wird sehen.. ;) Uralte Flügel gucken ist sooo spannend..