Soll ich den Klavierlehrer wechseln?

Ich kann übrigens der Ansicht nichts abgewinnen, der Unterricht bei dieser KL soll so toll und weitbringend sein, weil sie so eine tolle Pianistin ist und selbst so viel kann. Auch die enormen Fortschritte, die Timo bei ihr macht, sagen noch nichts darüber aus, ob er bei ihr wirklich was lernt. Wie er selbst erwähnt, zeigt sie ihm einfach, welche Noten er spielen soll. Sagt mir bitte einer, was man dabei außer stupidem Nachahmen lernen kann? Etwas Fingergeschick? Gedächtnis trainieren? Das kann man alles auch anders erreichen und dabei sich mit viel interessanteren und für die Musik relevanteren Sachen beschäftigen.

hallo,

ich habe einen Satz Deines Beitrags durch unterstreichen markiert, weil ich ihm nicht so ganz folgen kann: was, wenn nicht die Fortschritte des Schülers, bliebe denn als Maßstab?

zudem meine ich, dass Timos Beschreibungen ein wenig von seinem Unmut gegenüber seiner Lehrerin geprägt sind und dass diese Beschreibung gemessen an der Qualifikation seiner Lehrerin nicht ganz objektiv ist. Natürlich kann man hier kein audiatur et altera pars einfordern - aber man wird feststellen können, dass einseitig berichtet wurde (also nur aus einer, obendrein derzeit unzufriedenen Perspektive).

ich mache es bei Schülern und Studenten oft ähnlich: ich demonstiere gezielt einen Abschnitt oder eine Maßnahme, erkläre das Vorgehen, lasse sie es dann nachspielen (woran ich sehen kann, ob´s begriffen wurde) und daraus ergibt sich dann das weitere Vorgehen. Mir ist auch lieber, dass ich mit jemandem eine schwierige Stelle erarbeite, als dass ich mich mit dem Beseitigen der Folgen von ungeschickten Übungsweisen plage! Ich nehme an, dass Timos Lehrerin ähnlich verfährt. honi soit qui ma y pense. Stupides Nachahmen nenne ich das nicht.

Gruß, Rolf
 
ich habe einen Satz Deines Beitrags durch unterstreichen markiert, weil ich ihm nicht so ganz folgen kann: was, wenn nicht die Fortschritte des Schülers, bliebe denn als Maßstab?

Vielleicht kann ich dir da etwas helfen:

Ich beobachte immer wieder, dass es Menschen gibt, die auf einem Gebiet höchst überdurchschnittliche Fortschritte im Lernen machen. Und in manchen dieser Fälle hat es nicht viel damit zu tun, wer sie unterrichtet, sondern dass diese Schüler/Lernenden einfach sehr talentierte Menschen sind, die durch Fleiss, Reflexion, Ernsthaftigkeit und natürlich auch Begabung diese Fortschritte machen.

Frage: Wer ist der Trainer von Roger Federer? ;)

Ich zum Beispiel hatte in meinem Leben mindestens 2 wenn nicht gar 3 pädagogisch einigermassen bis völlig ungeeignete & unfähige Lehrer. Und gerade trotzdem wurde ich Pianist und Klavierpädagoge, wobei ich mich als Pädagogen um Kategorien höher einschätze denn als Pianisten.
Wie wurde ich das? Nun, vermutlich habe ich einfach das meiste nicht so gemacht, wie ich es bei meinen Lehrern gelernt hatte. :cool:
Verstehst was ich meine?

[Exkurs on]
Der schlechteste meiner Lehrer war übrigens jener, welcher sicherlich der beste Pianist war und bei grossen Lehrern studiert hatte. Seine Persönlichkeit und seine Unfähigkeit zur Selbstreflexion hinderten ihn jedoch, etwas anderes als sich selber zu sehen. Man kann nicht unterrichten, wenn man jeden Studenten als Prestigeobjekt seines eigenen Ruhmes betrachtet und nur deshalb unterrichtet, um als Pädagoge dem verblichenen Ruhm vergangener Pianistentage hinterherjagen zu können.
[Exkurs off]

Im Umkehrschluss würdest du ja auch nicht behaupten, dass ein toller Pädagoge nur super tolle Schüler hat, oder?
Also ich habe nicht nur gute Schüler. Ich habe einige unbegabte, unseriöse, faule. Von denen trennt man sich von Zeit zu Zeit.

Um auf den Satz von Musikanna zurückzukommen, dem du nicht so ganz folgen konntest: Sie hat völlig Recht. Und auch du hast etwas Recht, denn woran sieht man, was ein Pädagoge kann, wenn nicht am Schüler? Falsch.
Muss heissen: an den Schülern! Es gibt immer Negativ- und Positivausreisser in einer Glockenkurve (Normalverteilung). Wenn du sozusagen die Nullstelle triffst, sagst du dann auch, der Lehrer ist eine Flasche?
Ich meine, man sieht an der Klasse der Gesamtheit (oder einer repräsentativen Teilmenge) der Schüler, was der Lehrer kann. Aber dann stellt sich die Frage: wie? Spielt jeder ein Stück vor? Spielt jeder 3 Stücke vor? Höre ich zB 10 Schüler in Abständen von 3-6 Monaten immer wieder?

Hat ein Lehrer aus 40 Schülern einen überragenden, muss es wohl nicht am Lehrer liegen. Was ist bei den andern 39 falsch gelaufen? Nur dumme Menschen?
Hat ein Lehrer aus 40 Schülern 10 ähnlich überragende, dann ist schon eher der Lehrer "schuld".

Pädagogik ist keine Momentaufnahme, sie ist ein Prozess. Zeige mir Schüler jetzt und 6 Monate später, und ich sage dir, wie gut der Lehrer ist.
Das wäre doch ein Kompromiss, um euch beiden Recht zu geben.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Das sind wichtige Aspekte, thepianist73!

Für guten Erfolg braucht es einerseits einen talentierten Schüler, der auch gut übt, zweitens einen guten Lehrer, der den Schüler gut weiterbringt. Aßerdem aber muss es zusammen passen. Der Stil des KLs muss mit dem Lernmuster des Schülers übereinstimmen, korrelieren. Nicht jeder profitiert vom gleichen Lehrstil.

Ein guter Klavierlehrer hat auch nur gute Erfolge mit seinen Schülern, wenn er begabte Schüler bekommt. Manche Klavierlehrergrößen haben nur noch Hochbegabungen, dann ist es auch kein Wunder, das stets neue Solisten hervorgehen aus der Klasse.
 
Um auf den Satz von Musikanna zurückzukommen, dem du nicht so ganz folgen konntest: Sie hat völlig Recht. Und auch du hast etwas Recht, denn woran sieht man, was ein Pädagoge kann, wenn nicht am Schüler? Falsch.
Muss heissen: an den Schülern! Es gibt immer Negativ- und Positivausreisser in einer Glockenkurve (Normalverteilung). Wenn du sozusagen die Nullstelle triffst, sagst du dann auch, der Lehrer ist eine Flasche?

hallo,

hui... so weit ausholen und loslegen :)

- - "erden" wir das mal und beziehen wir uns auf die wenigen und sehr perspektivischen Mitteilungen von Timo: ausgehend von diesen, kann man hier nichts über die Erfolgsstreuung der Gesamtschüler/studentenzahl seiner KL sagen. Er teilte mit, dass ihn (ich übersetze es in meine Wortwahl) die Art und Weise des Unterrichtens seiner KL überfordert - zugleich teilte er aber mit, dass er doch auffallende Fortschritte innerhalb von zwei Jahren gemacht hat. Aus diesen wenigen "Daten" meine ich ableiten zu können, dass seine KL eher nicht zu den schlechten zählt. Meine Empfehlung war, diese Art von Unterricht als Chance zu verstehen - aber das muss man natürlich nicht.
Mir kommt hinter Timos Worten, falls ich sie richtig verstehe, manches bekannt vor: sowohl aus dem Unterricht, den ich hatte, als auch aus dem, den ich gebe (ersterer überwiegend russisch/slawisch geprägt).
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nun aber von Timos Zweifeln losgelöst allgemeine Überlegungen anzustellen, ist ein anderes Thema. Du schreibst aus Überzeugung und (teilweise wohl leidvoller) Erfahrung:
Der schlechteste meiner Lehrer war übrigens jener, welcher sicherlich der beste Pianist war und bei grossen Lehrern studiert hatte. Seine Persönlichkeit und seine Unfähigkeit zur Selbstreflexion hinderten ihn jedoch, etwas anderes als sich selber zu sehen. Man kann nicht unterrichten, wenn man jeden Studenten als Prestigeobjekt seines eigenen Ruhmes betrachtet und nur deshalb unterrichtet, um als Pädagoge dem verblichenen Ruhm vergangener Pianistentage hinterherjagen zu können.
sowas ist weniger erfreulich - aber das kann man nicht verallgemeinern!

Es gab und gibt international erfolgreiche Pianisten, die zusätzlich Klavierprofessuren inne haben und sehr gut unterrichten. In aller Regel sind solche sehr geschätzt und es ist nicht leicht, Zugang zu diesen zu erhalten - das ist natürlich auch ein Aspekt, der die Statistik aufhebt: fatalerweise haben die Besten dieser Gattung oft auch die besten der Gattung Klavierstudenten in ihren Kursen...

wenn schon belehrende Sätze mit Anspruch auf Allgemeingültigkeit:
gute Pianisten sind nicht notwendig gute Klavierpädagogen, weil sie gute Pianisten sind - aber es kommt vor, dass gute Pianisten auch gute Klavierpädagogen sind (und das gar nicht mal allzu selten!). Hinzu kommt, dass gute Pianisten in der Praxis mehr vom Klavierspielen verstehen als die weniger guten - vermutlich können zumindest einige von diesen dann genauer erklären oder mindestens demonstrieren, wie man gut spielt, was denen, die es weniger gut können, etwas schwerer fällt.

...Tennisspielen ist nicht so mein Gebiet ;), aber wir können die Terminologie gerne übernehmen: Horowitz wurde zeitweilig von Blumenfeld, Neuhaus und Cortot "gecoacht" :) - das nenne ich mal Gruppe von Spitzentrainern, die auch selber jederzeit "aktive Sportler" waren!

Gruß, Rolf
 
Auf den ersten Blick wirkt der Bericht über deinen Unterricht schockierend. Nach zwei Jahren schon Pathétique, das können sich nur wenige vorstellen. Aber mangels "Beweisen" gibt es eben zwei mögliche Schlüsse, entweder sind die Ergebnisse grauenhaft oder du hast in der Tat eine sehr gute Lehrerin und vermutlich auch Talent.

Was mich noch interessieren würde: Wenn deine Klavierlehrerin von Fortschritten spricht, was genau meint sie damit? Repertoire, allgemeine pianistische Fähigkeiten, musikalische Entwicklung, musikalische Bildung, "Nebenkenntnisse" wie Notenlesen, Auswendig Spielen, Musiktheorie oder Improvisation?

Eine einzige Aufnahme von dir würde es auf jeden Fall leichter machen, die Qualität des Unterrichtes zu beurteilen (ich halte mich dann aber zurück, ich wollte dazu nur ein paar klärende Fragen stellen).

Davon abgesehen mußt du selbst wissen, ob du die Zeit mit deiner Lehrerin für ein späteres Ziel "opfern" willst, oder ob es dir darum geht, jetzt einfach Spaß beim Lernen zu haben - vielleicht auch etwas dazwischen. Allerdings mußt du für diese Entscheidung auch wissen, ob der Unterricht erfolgreich ist.
 
Auf den ersten Blick wirkt der Bericht über deinen Unterricht schockierend. Nach zwei Jahren schon Pathétique, das können sich nur wenige vorstellen. Aber mangels "Beweisen" gibt es eben zwei mögliche Schlüsse, entweder sind die Ergebnisse grauenhaft oder du hast in der Tat eine sehr gute Lehrerin und vermutlich auch Talent.

... oder ihr seid alle einem Troll aufgesessen:D

Bis ich das gehört habe, mag ich es nicht glauben.

Gruss LA
 
Also ... erstmal vielen Dank für die Antworten. Ich sitze halt nicht jeden Tag vor dem Computer und kann daher nicht jede Frage zeitnah und unmittelbar beantworten.

Meine Leherin hat wiegesagt ca. 10-12 Schüler, darunter mehrere Erwachsene, der älteste ist wohl ca. 60. Bei dem Schülervorspiel in einem Klavierhaus hat dieser 60jährige ein eigenes Werk meine Klavierleherin gespielt, bzw. ihre Variation auf "Toccata Fuge D Moll" von Bach (?). Er hat sich dabei sehr oft verspielt, hatte ein totales Blackout und hat das abgebrochen. Naja. Ein anderer Schüler ca. 40 hat Schönberg gespielt und das war auch gut.

Die letzte Stunde bei ihr war übrigens gut ... wir haben mehr über die Pathetique gesprochen, denn gespielt. Und wir sind Claire de Lune nochmal durchgegangen und haben es besprochen. Daher habe ich erstmal nichts von meinem Problem mit ihr gesagt.

Claire de Lune möchte ich auch mal aufnehmen,morgen vielleicht, und hier dann einstellen. Spielerisch finde ich die Pathetique übrigens nicht so schwer ... lediglich das auswendig lernen ist mühsam. Ich bin gerade an der Stelle wo man die Arme kreuzt und über Kreuz spielt. Das macht auf jeden Fall Spaß.

Meine Klavierleherin meinte, dass die Stücke die ich bislang gelernt hätte, das Claire de Lune, das Chopin Stück, das Mozart KV 545, 1. Satz, die Schumann Lieder, usw. nur "Beiwerk" wären. Das könnte man während eines Konzertes "als Beigabe" spielen, bzw. das wäre alles ja ganz nett für am Rande ..., aber worauf es wirklich ankommt und wo sie mich "hinbringen" will sind Werke wie die Pathetique. Ernshafte Werke, pianistische Werke. Tja ... gucken wir mal.
Ich denke ich werde erstmal weniger zweifeln, denn wiegesagt, bislang hat ja auch alles geklappt, was sie vorhatte.

Sie sagt, es komme auch erstmal nicht darauf an, dass ich die Pathetique in der rasenden "Originalgeschwindigkeit" spiele, sondern dass ich sie flüssig und dann auch noch halbwegs flink spiele. Ich sollte mich nicht an Einspielungen großer Pianisten orientieren, sondern erstmal das Werk als solches für sich sehen. Sie sagt, solche Stücke wie Pathetique sind Stücke die ich mein Leben lang spielen werde und die auch eine Reifezeit brauchen, selbst wenn man sie kann.
 
Sie sagt, es komme auch erstmal nicht darauf an, dass ich die Pathetique in der rasenden "Originalgeschwindigkeit" spiele, sondern dass ich sie flüssig und dann auch noch halbwegs flink spiele. Ich sollte mich nicht an Einspielungen großer Pianisten orientieren, sondern erstmal das Werk als solches für sich sehen. Sie sagt, solche Stücke wie Pathetique sind Stücke die ich mein Leben lang spielen werde und die auch eine Reifezeit brauchen, selbst wenn man sie kann.

na also!

das bestätigt meinen Verdacht, dass Du sehr guten Unterricht hast - da kann ich Dir nur empfehlen: begreife das als Chance und nutze diese!

Gruß, Rolf
 

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