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(1) Was ich sagen will ist, dass es eine lineare Entwicklung im Sinne Wolters möglicherweise bei entsprechend aufgebauten (gutem!?) Klavierunterricht geben mag, aber eben nicht zwingend und nicht allgemeingültig!
(2) Dazu passt die interessante Aussage von vielen großen Pianisten, dass Mozart besonders schwer sei!?
zu (1) na also, unabhängig von den individuellen Voraussetzungen wie "hatte guten Unterricht" und "hatte keinen solchen, also mus.-techn. mit Mängeln" kann es die linear dargestellte Progression nicht nur geben, sondern es gibt sie auch. Hierbei ist diese allerdings kein Mathe-Lehrbuch, d.h. Stufe 2 ist nicht exakt doppelt so schwierig wie Stufe 1 - es sollte zweierlei für jeden vernünftigen Leser klar sein: erstens dass zwischen ganzen natürlichen Zahlen noch eine Menge vorhanden ist
0,1-0,2-0,3 usw. kurzum gibt es innerhalb jeder Wolterschen Stufe natürlich auch Abstufungen*) und zweitens betreffen individuelle Unterschiede mus.-techn. Art lediglich individuelle "Probleme" (die Terzenetüde wird weder leichter noch schwieriger, wenn irgendwem Terzen liegen und irgendwem nicht) - - ungern wiederhole ich mich: die Einordnung der Klavierliteratur in 15 Schwierigkeitsstufen stellt eine ungefähre, aber überwiegend in sich stimmige und kenntnisreiche
Orientierung dar.
zu (2) das hat nichts mit individuellen
spieltechnischen Fähigkeiten zu tun (im Mephistowalzer finden sich Triller, Tremoli, allerlei Verzierungen, und das innerhalb eines hochvirtuosen Klaviersatzes; die Triller bei Mozart sind gewiß nicht schwieriger!) sondern mit musikalischen. Rein manuell ist alles, was Mozart für Klavier komponiert hat, deutlich leichter als Chopins Etüden. Wer die 24 Etüden
kann, wird nirgendwo bei Mozart vor spieltechnische Probleme gestellt! Es ist nicht jedermanns Sache, Mozart so zu spielen, dass es nicht wie lieblose Spieldose oder missverstandene Romantisierung klingt, was aber keine Frage der spieltechnischen Schwierigkeit ist. Übrigens
@Alter Tastendrücker dasselbe wird auch gerne über Schumanns Träumerei geschrieben: dass dort oftmals diejenigen ins schwitzen kommen, die ansonsten Transzendentaletüden brillant hinlegen - nun ja, das katapultiert weder Mozart noch die Träumerei in eine imaginäre "Stufe 16"
...wie das? Na, wer nur Mozartsonaten und die Träumerei spielen kann, der kann mit diesem "Stufe 16 Können" mal probieren, ob die Griffelchen für das leichtere Stufe 15 Zeugs taugen...
Nochmal zur Einteilung in Schwierigkeitsstufen: wenn man auf falsche solche stößt, kann man ihren Nutzen ex negatione erschließen. Es gab mal eine Einteilung in 6 Stufen (war das Henle oder Schott?) und dort rangierte Chopins Trauermarschsonate in Stufe 5, also dort neben dem cis-Moll Prelude von Rachmaninov - ich möchte nicht wissen, wie diejenigen geplärrt haben, die stolz auf ihr Rach-Prelude waren und voller Eifer die Sonate angingen...
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*) die Annahme, z.B. alle (!) unter Stufe 12 aufgeführten Stücke seien exakt gleich "schwer" und folglich sei es egal, welches man wählt, ist ziemlich beschränkt: der angeblich realitätsferne Wolters
beschreibt die Unterschiede innerhalb einer Schwierigkeitsstufe! Das Buch besteht eben nicht nur aus einer Tabelle mit 15 Spalten, in welcher dann zigtausend Klavierstücke nur genannt wären. Das kann jeder nachvollziehen, der sich einer bei Büchern erfahrungsgemäß nützlichen Technik bedient: aufmachen, reingucken, lesen...