Restaurierung meines 1876-77 Flügels

  • Ersteller des Themas klavierrestaurator
  • Erstellungsdatum

Die Mensurberechnung

Hallo,

Eine Mensurberechnung hängt von folgenden grundlegenden Faktoren ab:

1) Wie viel Gesamtspannung verträgt die Konstruktion?
2) Ab welcher Spannung könnte ein Teil brechen bzw. wo hat die Konstruktion ihre Schwachstelle?
3) Wie dick ist der Resonanzboden?
4) Wie viel Druck wird auf den Boden ausgeübt, dass er sich nicht durchdrückt und einen angemessenen Gegendruck zum Schwingen aufrecht erhält?
6) Auf welche Tonhöhe sollen die Saiten gespannt werden?
7) Welche Länge hat der klingende Teil der Saite?

Erfahren wird dabei:
a) Welches Saitenmaterial soll gewählt werden?
b) Der zu wählende Durchmesser für jeden Ton.

Es gäbe sicher noch mehr, aber weniger relevante Berechnungsgrundlagen als diese, aber für eine gute Restauration reichen diese Punkte völlig aus.

Man kann sich dabei auf historische Mensurberechnungen stützen, doch zeigt ein Instrument oft erst nach langer Zeit, was ihm nicht so gut tat (z.B. der Boden hat sich da und dort stärker durchgedrückt bzw. verzogen) und daher kann sollte man diese Erkenntnis bei einer Neuberechnung durchaus mit einfließen lassen.

LG
Michael
 
Hier die Formel zur Zugkraft-Berechnung einer Basssaite mit Kupferumwicklung:

F=(f*l*D)^2*PI*[(D^2*6,99+d^2*0,86)/D^2]/10^9

F=Zugkraft [N]
f=Frequenz [Hz]
l=klingende Länge [mm]
D=Gesamtdurchmesser [mm]
PI=3,14........
d=Kerndurchmesser [mm]


ich hoffe du kannst was mit anfangen...
 
Emanuel,

ist auf den Stegen etwas mit Bleistift geschrieben worden? Z.B. 13, x, 14x oder so ähnlich? Das wären dann nämlich die originalen Saitenstärken.

Es gibt auch Mensurationsprogramme wie z.B. Mensurix:
http://www.piano-stopper.de/html/mensurix_5.html

Die Frage ist auch, auf wieviel Hertz der Flügel damals gestimmt worden ist, bzw. was der Hersteller vorgesehen hat. Ich hab irgendwo mal eine Formel gesehen, mit der man die vermutlich vorgesehene Stimmhöhe ausrechnen kann anhand der Länge und Dicke der Saite vom eingestrichenen A. Ich weiß aber nicht mehr, ob das eine Umstellung der Taylorschen Formel war oder so eine Art Faustformel für Annäherungswerte. Kann vielleicht einer der Kollegen was dazu sagen?
 
hmmm!
Ich habe die ganze Nacht und den ganzen Tag gerechnet und gerechnet...
Wie viel verlangt ihr mir das auszurechnen? :D
Wenn ich die Formel richtig verstehe und für meine erste (a) Saite die, nehmen wir an eine Frequenz von 55Hz hat, genau 143 cm lang ist (der klingende Teil), ein Gesamtdurchmesser von 4,45mm und ein Kerndurchmesser 1,3 mm hat, gut gerechnet habe, kommt raus, dass sie ein zug von
ca. 27 N = ca. 2.8 Kg auswirkt. ich kenne mich nicht aus, ich kann mit aber schwer vorstellen, dass so eine Saite überhaupt klingen kann... :confused:
Noch ein mal: ich kann kaum zamrechnen wie viel 2x3 ist... Mathe ist wirklich nicht meins... :(

Und es waren keine Nummer auf den Stegen vorhanden... leider...
Als ich den Flügel stimmen lassen habe, hat der Klavierstimmer gemeint, dass es keine gute Idee wäre auf A 440 zu stimmen... deswegen hat er dann um einen halben Ton tiefer gestimmt... d.h. ein kleines Bisschen tiefer als die letzte Stimmung...

lg
emmanuel
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Emmanuel,

Achtung, das unterste A hat nochmal die halbe Frequenz, also 27,5 Hz.

Mit dieser Frequenz, und wenn die Formel so stimmt, und deine Messungen auch, kommt man auf knapp 680 N, das sind ca. 69 kg.

Ob das ein realistischer Wert ist, überlasse ich den Fachkräften.

Ciao,
Mark
P.S.: Mit der falschen Frequenz, 55 Hz, käme man auf 2718 N, das sind ca. 277 kg. An der Saite könnte man also das Klavier aufhängen... ;)
 
Hallo Mark und alle Mitrechner ;)

Insgesamt würde ich den Flügel, so wie die Konstruktion aussieht, etwa 8-9 Tonnen geben und nicht mehr. Die alten Saiten wurden sicher nicht auf 440 Hz berechnet, daher kommt bei der tiefsten Basssaite (69kg von Mark nachgerechnet) ein höherer Wert heraus. :cool:

LG
Michael
 
es ist so:
der umgewickelte Teil der Saite ist 143 cm lang
Gesamtdurscmesser 4,45 mm
Kerndurchmesser 1,3 mm

wie schon gesagt; wie der Flügel ursprünglich gestimmt wurde,habe ich keine Ahnung...
Wie wurden solche Instrumente eigentlich gestimmt?

Kann mir jemand sagen wie viel werden die Saiten ungefähr kosten? :confused:


lg
 
Also für eine A2 Saite sind 690 N sicherlich in ordnung meiner Meinung nach.

Bei den heutigen Flügeln sind es ca. 1150 N. Die Saite (vor allem die dicken Basssaiten) muss ja wenigstens unter Zug stehen, damit sie überhaupt klingen kann.

Beim Blankbezug sollte man zusehen, dass man die Zugkraft im Verhältniss zu den Bassaiten etwas abfallen lässt. Also ca 600 N.

Jedenfalls würde ich zusehen, dass der Flügel irgendwie auf eine Tonhöhe von 440 Hz kommt., wenn Emmanuel sich schon so viel Arbeit macht.

Hast du schon mal alle klingenden längen ausgemessen?
 
Jedenfalls würde ich zusehen, dass der Flügel irgendwie auf eine Tonhöhe von 440 Hz kommt., wenn Emmanuel sich schon so viel Arbeit macht.

Hast du schon mal alle klingenden längen ausgemessen?

Ich möchte eigentlich ein historisches Klvier haben mit allem was dazugehört (passende Saiten, eventuell tiefere Stimmung, usw.). Ein neues Klavier kann man ja immer kaufen... und ich finde sie langweilig...

Ich habe noch nicht alle klingenden Längen ausgemessen... sind ja 228 Saiten :D
lg
 
brauchst du ja auch nicht. die jeweils Chormitten reichen....

Also nur 85 Stk. ;-)
 
hmmm... *emmanuels hirnchen ist schon wieder zu schnell* :D
ich hätte wahrscheinlich schon 227 Saiten ausgemessen bevor ich draufkomen würde.
DAAANKE!! :kuss:
 

Jetzt ist Axels komplett verwirrt.:confused:


Danke für die Formel Moehre. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass die hier nicht richtig weiter hilft. Falls die Saiten, die jetzt auf dem Flügel drauf sind, nicht drauf gehören, bekomme ich doch falsche Werte für den Flügel, oder?

Die Frage ist auch, auf wieviel Hertz der Flügel damals gestimmt worden ist, bzw. was der Hersteller vorgesehen hat. Ich hab irgendwo mal eine Formel gesehen, mit der man die vermutlich vorgesehene Stimmhöhe ausrechnen kann anhand der Länge und Dicke der Saite vom eingestrichenen A.

Tja, auf wie viel Hertz wurde damals gestimmt? 435 Hertz?
Ohne Frequenz keine Zugkraftberechnung.
Auch zur Anwendung dieser Formel müsste die richtige Saite auf dem Flügel drauf sein.

Eine Mensurberechnung hängt von folgenden grundlegenden Faktoren ab:

1) Wie viel Gesamtspannung verträgt die Konstruktion?
2) Ab welcher Spannung könnte ein Teil brechen bzw. wo hat die Konstruktion ihre Schwachstelle?
3) Wie dick ist der Resonanzboden?
4) Wie viel Druck wird auf den Boden ausgeübt, dass er sich nicht durchdrückt und einen angemessenen Gegendruck zum Schwingen aufrecht erhält?
6) Auf welche Tonhöhe sollen die Saiten gespannt werden?
7) Welche Länge hat der klingende Teil der Saite?

Erfahren wird dabei:
a) Welches Saitenmaterial soll gewählt werden?
b) Der zu wählende Durchmesser für jeden Ton.

Michael, Du meintest ja, dass keine Saite mehr original ist. Kann man denn bei der Mischbesaitung (Messing/Kupfer) davon ausgehen das der Flügel sauber klingt? Und wenn er jetzt sauber klingt und ich bestelle die Saiten nach den jetzigen Längen und Stärken in Messing anstelle Kupfer, lässt er sich dann nocht sauber stimmen?

Wie viele Deiner Fragen zur Mesurberechnung können wir beantworten und reichen die Angaben zur Berechnung aus?


__________________
Axels
 
Für mit Kupfer umsponnene Saiten ist das Ergebnis sogar fast 100%ig. Für eine Messing-Umspinnnung oder den Blankbezug muss natürlich ein anderer Wert für die Dichte eingesetzt werden.
 
Hallo ,

Es kann sein, dass die Messingsaiten im Bass noch original sind. Ich würde mir die Saiten bei Heller berechnen lassen und angeben, welche Konstruktion bei dem Flügel vorliegt. Die geben die Daten in den Computer und schon dreht sich die Spinnmaschine. Auch können sie historisches Saitenmaterial anfertigen. Ich würde die Zugkräfte im Bass nicht höher wie 60 ansetzen - eher knapp darunter, im Mittelbereich 45 - 50 und im oberen Diskant wieder etwas ansteigen lassen, so gegen 55 maximal.

Man muss berücksichtigen, dass der Großteil der Zugkräfte auf die Rastenkonstruktion einwirkt und weniger auf das bisschen Eisen kommt. Ohne die Holzquerschnitte und genauen Holzverbindungen zu kennen würde ich folgendes dazu addieren: Das Holz hat mit Sicherheit nicht mehr die Elastizität wie einst. Die Holzverleimungen kann man kaum genau prüfen und besonders der Stimmstock ist in Gefahr bei zu hohen Spannungswerten in Brüche zu gehen. Die Tonhöhe war vermutlich 435 Hz und kaum darüber. Die Saitenberechnungen einiger Firmen war höchstens Daumen mal Pi und wegen all dieser Faktoren ist es relativ irrelevant, welche Saiten ursprünglich auf dem Flügel waren.

LG
Michael
 
Emmanuel, hast du die Original Blank-Saiten denn noch? Dann könntest du ja die jeweiligen Stärken messen.
 
Hallo,

mah... ich muss zugeben, dass ich von dieser Geschichte nicht ganz viel verstehe... aber ich gebe mir die Mühe so viel wie möglich daraus zu kriegen und dabei was neues lernen.

wenn ich alles richtig verstehe, wäre irgendwie optimal auf 435Hz zu stimmen, und dabei achten, dass man solche Saiten kauft, die die Zugkräfte einwirken, die Michael oben geschrieben hat... alles andere wäre irelevant, weil man nicht sicher sein kann, ob da irgendwas original ist.
Richtig?

Und, ja, ich habe alle Saiten noch und ich bin gerade dabei alle auszumessen. Wann ich alles ausmesse, kriegt ihr eine schöne Tabelle. ;)
lg
emmanuel
 
Und, ja, ich habe alle Saiten noch und ich bin gerade dabei alle auszumessen. Wann ich alles ausmesse, kriegt ihr eine schöne Tabelle. ;)

Wie gesagt brauchst du nur 1 Saite pro Taste messen. Und schreib dir hinter den Durchmesser in mm gleich auch die Nummer der Röslausaitenstärken dahinter. Eine Tabelle findest du hier auf Seite 1.35:

http://www.jahn-pianoteile.de/kataloge/pdf/Teilekatalog.pdf

Da kannst du z.B. ablesen, dass die Nr. 13 einen Durchmesser von 0,775 mm hat.

Dann könntest du einfach neue Saiten draufziehen und dabei die Originalstärken benutzen. Der Hersteller wird sich schon was dabei gedacht haben ;) Natürlich kann man heutzutage auch alles schön neu berechnen mit Mensurationsprogrammen. Aber ich denke mit den Originalstärken liegst du schon mal nicht ganz so verkehrt. Auch wenn die Hersteller damals alles nur Pi mal Daumen gemacht haben, so haben sie dennoch Erfahrungen gesammelt und aus Fehlern gelernt

Die Basssaiten kannst du dir bei Heller bestellen und neu berechnen lassen (wahrscheinlich am besten auf 435 Hz).
 
hi.
ich habe im excel eine so schöne Tabelle gemacht, die ich leider nicht anhängen kann... :( :(

wie kann ich sie posten?
lg
emmanuel
 
hi.
ich habe im excel eine so schöne Tabelle gemacht, die ich leider nicht anhängen kann... :( :(

wie kann ich sie posten?
lg
emmanuel

Ist das Problem, dass Du sie hier nicht anhängen kannst oder nicht in eine Graphik oder PDF wandeln kannst? Falls letzteres: Tabelle mit einem Postscript-Druckertreiber in eine *.ps - Datei drucken, mit einem PS-Interpreter (z.B. Ghostscript) nach PDF wandeln (Könnte ich dir auch machen, wenn Du mir die Tabelle per PN schickst).

Friedrich
 
Hi Emmanuel,

Du könntest einen Bildschirmausdruck von der Datei machen und postest das Bild.

LG
Michael
 

Zurück
Top Bottom