Was ich also mitgenommen habe:
Das REE Verfahren ist neben der Intonation usw.
eine weitere Möglichkeit, den Klang eines Klavieres zu verbessern: mittels Manipulation des Resonanzbodens.
An dieser Stelle wurde meines Erachtens nicht das Rad neu erfunden, sondern etwas sicht- und messbar gemacht, was die Klavierbauerzunft bereits seit Jahren als Grundlage für ihren Beruf nutzt. Natürlich kennt jeder diese Rüttelplatten, auf denen der Sand auf dem Resonanzboden verteilt wird um zu sehen, wo noch etwas abgetragen werden muss. Nach der Verbauung des Resonanzbodens im Piano sind aber keine Änderungen hieran mehr möglich und wenn überhaupt nur solche, die Material wegnehmen.
An dieser Stelle setzt das REE-Verfahren an, in dem es mittels Einsatz von unterschiedlichen Gewichten das Schwingungsverhalten des Resonanzbodens ändert und damit Einfluss auf den Klang nimmt.
Zum eigentlichen Verfahren:
Der Klang eines Instrumentes wird anhand von festgelegten Kriterien messbar gemacht und zwar durch die Einordnung in gedankliche Bilder, wie z.B. einer Blütenform. Es ist zwar auch möglich, Klang mittels Technik bildgebend darzustellen, dies wird jedoch nicht zur tatsächlichen Arbeit angewandt, da es nicht so genau und differenziert ist, wie das menschliche Gehör. Somit dient die bildgebende Technik lediglich zum grundsätzlichen Nachweis der Wirksamkeit des Verfahrens.
Anhand des vorher erfassten Ist-Zustandes wird in der Regel mit dem Kunden überlegt, welcher Klang gewünscht wird, bzw. was am Klang des Klavieres stört und "weg" soll und was mehr Zutage kommen soll.
Durch gezieltes Anbringen (Kleben) von großen und kleinen Gewichten an den Resonanzboden wird dessen Schwingungsverhalten verändert und bspw. "Schwingungsinseln" verschoben, die den Klang in eine bestimmte Richtung färben. An dieser Stelle sind Erfahrung und diesbezüglich physikalisches Grundwissen notwendig um zu wissen, wo die Gewichte angebracht werden müssen, damit sich der Klang in eine gewünschte Richtung verändert.
Das Vorführklavier klang bspw. ein bisschen schwammig und war nach Anbringen der Gewichte an vormarkierter Stelle (dauerte mit zwei Helfern nur 1-2 Minuten) deutlich klarer und differenzierter. Es erschien in sich regelmäßiger und Bass und Diskant besser aufeinander abgestimmt zu sein.
Der Vorführflügel hatte nach meinem Erleben störende Frequenzen im Obertonbereich, die nach dem Anbringen der Gewichte weniger zu Tage traten. Außerdem war der Bass nicht mehr so aufdringlich... Auch hier empfand ich den Klang regelmäßiger.
Die Gewichte wurden bei der Vorführung nur provisorisch angebracht, letztlich werden sie fest verbaut und mit Spezialkleber angebracht.
Es gibt im Übrigen einen Unterschied zwischen dem "einfachen" REE-Verfahren und den REE-Premium-Editions-Instrumenten, die doppelt so teuer sind, wie das gleiche Klavier vom Hersteller. Der doppelte Preis liegt neben der Anwendung des REE-Verfahrens auch darin begründet, dass das komplette Instrument zerlegt und aufgewertet wird, bis ins kleinste Detail, bspw. werden sogar Unterlegfilze ausgetauscht oder der Puffer für den Tastendeckel..
Fazit:
Die Veränderungen durch das REE-Verfahren waren definitiv hörbar. Die Frage ist nun tatsächlich: Ist man selbst dazu bereit, sein Instrument für um die 2000 € (Klavier weniger, Flügel kostet mehr) durch diese Arbeitsleistung aufwerten zu lassen? Dass viel Arbeit und Know-How dahintersteckt, dass es funktioniert und etwas verändert, steht für mich seit gestern außer Frage. Was ich nicht einschätzen kann, ist die Größe des Effekts, den es auf bereits an sich sehr ausgewogene Instrumente haben könnte.
Auch bei der REE-Premium Edition ist fraglich, weshalb einem die werkseigenen Filze und Materialien nicht reichen sollten und hier so viel Geld investiert werden sollte (für dass es evtl. schon ein höherwertiges "Marken-Piano" ab Werk geben könnte).
Für anspruchsvolle Kunden mag eine individuelle Material- und Klangoptimierung jedoch ausschlaggebend für einen Kauf sein. Und da Herr Enzenauer bislang nicht pleite ist, scheint es einen Markt hierfür zu geben.