Problemschüler, 9 Jahre

Liebe Viola,

bitte entschuldige meine klaren Worte: Deine Aufgabe als Klavierlehrerin besteht im Vermitteln des Klavierspiels. Deine persönlichen Meinungen, Weltsichten, Befindlichkeiten und Laienpsychologisierungen haben hinter dieser Aufgabe, für die du bezahlt wirst, zurückzustehen.
Der Junge kann nach 4 Jahren so gut wie nichts. Du hast es versäumt, für regelmäßigen Unterricht und regelmäßiges Üben zu sorgen. Du bist dem Kern deiner Arbeit nicht nachgekommen und hast dich stattdessen zu einem Aushilfstherapeuten machen lassen. Das ist unprofessionell.
Es gibt zwei sinnvolle Möglichkeiten: 1) Du schmeißt Ben raus. 2) Du machst ab sofort klassischen, strengen Klavierunterricht.
Ich befürchte, du wirst dich für Möglichkeit 3 entscheiden: Rumhampeln mit Psychotrallala wie bisher.
 
molto giocoso, amabile e scherzando (ma un poco religioso)

Eine Bewertung des Verhaltens des anderen im Konfliktfall ist immer kontraproduktiv! Ein sog. Kommunikationshemmer.
Halleluja!!!

es begab sich aber zu der Zeit, da das Essen am Mittagstisch dampfte, doch klein Fritzchen wurde puterrot und protzte kraftvoll in die Hose. Da blieb plötzlich die Zeit stehen (leider nicht der Geruch) und ein Engel schwebte hernieder. Der Engel hub an, überliefert zu sprechen: "auf gar keinen Fall das Verhalten des anderen bewerten, nur Psychotrallala und keine klaren Worte" und entschwand wieder in luftig-himmlische Höhen.

Mutti: "ich finde, wir haben da ein kleines Problem"
Vati: "das Essen riecht ungewöhnlich, finde ich"
kleine Schwesti (noch dumm und unerfahren in Sachen Ich-Botschaften) : "das Scheißhaus ist nicht am Esstisch, ellerbätsch"
Fritzchen: (legt noch eine zweite Ladung nach)
Mutti: "also ich finde, dass wir gemeinsam das Geruchsproblem mal ansprechen, es ist ja gar nicht schlimm und ich bewerte es auch gar nicht"
Fritzchen: "ich wollte aber meine Legoburg fertigbauen und erst danach Mittag essen buhu"
Vati: "aber Fritzchen, du bist doch jetzt schon im Gymnasium"
Mutti (stolz) : "ja unser Fritzchen lernt da ganz toll viel"

...oben in luftiger Höhe warf der Engel sein Engelskostüm ab, und siehe da, zum Vorschein kam eine grimmige, bösartig grinsende Norne. Diese begab sich zu ihren zwei Kolleginnen, alle drei sponnen weiter an Fritzchens Schicksalsfaden, dazu schütteten sie sich ein paar Trinkhörner auf die Lampe und krakeelten: "juhu, der Kleene wird nie lernen, dass er bei Tisch nicht in die Hose kacken darf"


(Chiarina wird darüber lachen können!!) :D:kuss::kuss:
 
Liebe Viola

das sind zum Teil harte Worte, aber meine Vorredner haben recht.

Ich meine, Du hast als Klavierlehrerin auch einen Ruf zu verlieren.
Auch daran musst Du denken.

Es ist sicher rührend, wie Du versuchst, die Situation so zu wenden, das Ben davon profitieren kann.
Aber mir sagt mein Gefühl, dass Du da irgendwie funktionalisiert wirst.

Was Du jetzt machst, hat mit Deiner Profession als Klavierlehrerin wenig zu tun, es ist bestenfalls semiprofessionell, wenn Du versuchst, therapeutisch mit ihm zu arbeiten.

Ich meine, da muss man auch seine eigenen Grenzen erkennen und anerkennen. Therapeutisches Terrain ist nicht dein Terrain.
Unter Umständen kommt der Junge auch nicht zu dem, was er braucht, wenn es so weitergeht wie bisher.

Ich meine, da sind andere Maßnahmen angezeigt als das, was Du ihm vermitteln kannst.

LG
violapiano
 
Eine Bewertung des Verhaltens des anderen im Konfliktfall ist immer kontraproduktiv! Ein sog. Kommunikationshemmer.

Du meinst genauer: "Daß ich dem anderen meine Bewertung seines Verhaltens mitteile, ist kontraproduktiv", richtig?

Denn man kann ja nicht verhindern, daß im eigenen Geist Bewertung auftaucht. Wer meint, er könnte das abschalten ("Ich bewerte das jetzt einfach nicht mehr, sondern seh's ganz locker und neutral"), belügt sich selber und baut in sich ungesunde Energien auf, die sich irgendwann entweder in Form von Aggression oder aber in Form von Krankheiten Bahn brechen.

Klar, wenn man dem anderen sagt, daß man sein Verhalten blöd findet, dann ist es häufig so, daß er abblockt, grimmig Gegenargumente sucht, Kommunikation abbricht etc. Damit muß man rechnen.

Hingegen, was ist, wenn die Bewertung positiv ist, soll man dann auch die Klappe halten? Also nicht mehr loben? Oder was?

Liebe Leute und insbesondere Chiarina, das haut doch hinten und vorne nicht hin. An bestimmten Punkten ist es unvermeidlich, dem anderen auch mal die Meinung zu geigen und evtl. hinzunehmen, daß er erstmal stinkig ist.

Daß das ein Kommunikationsabbruch sei, ist doch Käse. Erstens ist Grollen / Nichts-Sagen etc. auch eine Form von Kommunikation, zweitens gibt sich das in den allermeisten Fällen wieder, und nachdem die Beteiligten sich abgeregt haben, geht man dann (hoffentlich etwas dazugelernt habend) wieder aufeinander zu. Denkt an den Spruch vom "reinigenden Gewitter"! An dem ist auch nach 1968 noch viel dran!

Und wie viele Paare sind zuerst immer unglücklicher geworden und haben sich dann mit großem, leidvollem Trara getrennt, weil sie es (gutgemeinterweise!) nicht geschafft haben, darüber zu kommunizieren, was sie am Verhalten des anderen doof finden!

Diese Friede-Freude-Eierkuchen-Pädagogik ist doch Quatsch.

LG,
Hasenbein
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Außerdem ist Bewertung längst nicht gleich Bewertung:

Ich kann das Spiel eines Schülers z.B. bewerten mit: "Du bist echt zu allem zu doof, jetzt hast Du diese Stelle schon wieder verkackt!"
Oder aber mit: "Diese Stelle hörte sich leider immer noch sehr schlecht an, es holperte an allen Ecken und Enden, der Klang war total unschön etc."

Im ersten Falle entwerte ich den ganzen Menschen und teile ihm mit, daß er grundsätzlich unfähig, unintelligent, unbegabt etc. sei.
Im zweiten Falle bewerte ich lediglich das, was eben gerade passiert ist, aber nicht den Menschen an sich; ich spreche ihm in keinster Weise die Fähigkeit ab, es viel besser hinzukriegen.

Und wenn ich kritisiere, daß jemand z.B. nicht geübt hat, dann sage ich zweckmäßigerweise nicht: "Du bist ein faules Stück *******", sondern ich sage z.B.: "Für das, was wir hier vorhaben und wofür Deine Eltern Geld bezahlen, ist Dein Engagement viel zu gering, und Du hast die Wahl: Entweder arbeitest Du deutlich besser mit, oder der Klavierunterricht hat keinen Zweck mehr."

Was wichtig ist, ist, daß ich die Situation akzeptiere (und nicht verdränge, verneine, dran heruminterpretiere o.ä.); akzeptieren heißt aber mitnichten, daß man nicht ganz klar beurteilt und bewertet, denn nur wenn ich ganz klar weiß, was an einer Situation unzweckmäßig oder un-wohltuend ist, kann ich sie zum Besseren hin verändern. Ohne den Ausgangspunkt zu wissen, kann ich nicht in eine bestimmte Richtung gehen. Und dann ist z.B. der Unterricht ein zielloses und ergebnisarmes Umhergemache, wie wir an Violas Beispiel hier gut sehen können.

LG,
Hasenbein
 
...oben in luftiger Höhe warf der Engel sein Engelskostüm ab, und siehe da, zum Vorschein kam eine grimmige, bösartig grinsende Norne. Diese begab sich zu ihren zwei Kolleginnen, alle drei sponnen weiter an Fritzchens Schicksalsfaden, dazu schütteten sie sich ein paar Trinkhörner auf die Lampe und krakeelten: "juhu, der Kleene wird nie lernen, dass er bei Tisch nicht in die Hose kacken darf"



*kicher, gacker, kreisch!!!* :D - es hätte mich aber auch gewundert, wenn auf die Steilvorlage nichts gekommen wär! :D

Aber die Geschichte trug sich doch etwas anders zu:


Αλληλούια!!!

Es begab sich aber zu der Zeit, da das Essen am Mittagstisch dampfte, doch klein Rölfchen wurde puterrot und protzte kraftvoll in die Hose. Da blieb plötzlich die Zeit stehen (leider nicht der Geruch) und ein Engel schwebte hernieder. Der Engel kannte sich unglücklicherweise ganz und gar nicht aus in den Gefilden von Kommunikation und Konfliktmanagement, hub aber leichtsinnigerweise und recht unprofessionell an, überliefert zu sprechen: "auf gar keinen Fall das Verhalten des anderen bewerten, nur Psychotrallala und keine klaren Worte" und entschwand wieder in luftig-himmlische Höhen.

Mutti (kopfschüttelnd und entsetzt um des Engels Dummheit) : "Rölfchen, hör sofort auf! Ich finde dein Gepupse eklig, es stinkt hier entsetzlich und mir vergeht der Appetit!"
Vati: "Mir auch!"
kleine Schwesti (noch dumm und unerfahren in Sachen Ich-Botschaften) : "das Scheißhaus ist nicht am Esstisch, ellerbätsch"
Rölfchen: (legt noch eine zweite Ladung nach)
Mutti: "Rölfchen (sie würde allerdings sicher nicht einen Kosenamen benutzen), ich habe das Gefühl, dass du mich ärgern willst. Ich habe keine Lust mehr, mit dir gemeinsam zu essen, wenn du dabei pupst, und wenn du das noch mal machst, beenden wir das Mahl!"
Fritzchen: "ich wollte aber meine Legoburg fertigbauen und erst danach Mittag essen buhu"
Vati: "Du wolltest uns also mit deinem Gepupse ärgern, weil du sauer warst, dass du deine Legoburg nicht zu Ende bauen konntest?"
Rölfchen: "Ja, genau!"
Mutti: "Nun, dann schlage ich vor, dass wir nach dem Essen besprechen, wie wir die Essenszeiten regeln können und du hörst derweil mit dem Gepupse auf!"
Rölfchen: "Okay!"


...oben in luftiger Höhe warf der Engel sein Engelskostüm ab, und siehe da, zum Vorschein kam eine grimmige, bösartig grinsende Erinnye, bei den Römern auch als Furie bezeichnet. Diese begab sich zu ihren zwei Kolleginnen und alle drei sahen liebevoll auf ihr Rölfchen:

Bluttriefend beieinander, hoch erhoben,
An Wuchs und Haltung Weibern gleich, so standen
Die höllischen drei Furien stracks dort oben.
Giftgrüne Hydern ihre Gürtel banden,
Als Haupthaar Nattern sich den Unholdinnen
Und Vipern um die Schläfen dräuend wanden.

"Netter Typ!", lallte die eine und umschlang mühsam ihren Retsina gefüllten Humpen. "Ja", kreischte die andere, "der wär doch was für uns!!!!" "Jippie", johlte die dritte, "schon lange haben wir nix mehr zum Vernaschen gehabt! Aber lasst uns noch ein bisschen warten. Reife Kerls schmecken besser!!!!!!!!!"

.................................................................... :D :kuss:
 
Wer also noch mehr "Krücken" sehen will und sich über meine Geduld aufregen will, der darf gerne stöbern:
2011 - Digitales Weihnachtsvorspiel - YouTube

Hallo Viola

Ich bin inzwischen zu einer anderen Auffassung bezüglich Bens Klavierunterricht gekommen. Ich persönlich wollte auf keinen Fall so klavierspielen wie irgendeines der gezeigten Kinder auf den Videos. Die Hand- Arm- und Fingerbewegungen aller gezeigten Schüler sehen für mich nicht so aus, als würdest Du auf die Dinge wertlegen, die für mich zu physiologischer Klaviertechnik gehören. Insofern ist Ben kein Sonderfall, sondern er benutzt die gleiche Technik wie Deine anderen Schüler.

Ich denke inzwischen, daß Du andere Prioritäten in Deinem Unterricht setzt als die Klavierlehrer, bei denen ich bisher Unterricht hatte. In diesem Faden ist es für mich so, daß zwei Welten aufeinander prallen. Ich weiß nicht, ob die zwei Welten irgendwo berühren können. Ich kanns mir nicht vorstellen.

Leonie
 
*kicher, gacker, kreisch!!!* :D - es hätte mich aber auch gewundert, wenn auf die Steilvorlage nichts gekommen wär! :D

Aber die Geschichte trug sich doch etwas anders zu:

ja... die alte Geschichte mit den Überlieferungen... liebe Chiarina, das originale Epos entstand 14:35 Uhr, die Jahrhunderte später zurechtgeklitterte Abschrift erst 15:35 :D:D
 
Mutti: "Nun, dann schlage ich vor, dass wir nach dem Essen besprechen, wie wir die Essenszeiten regeln können und du hörst derweil mit dem Gepupse auf!"
Rölfchen: "Okay!"

... und sodenn sie nicht gestorben sind, essen sie noch heute, umgeben und verwöhnt von (h)eiligen Düften...

---

Auch ich bin gern für klare Worte.

Ein Klavierlehrer gibt Klavierunterricht. Ein Tanzlehrer wird sich nicht hinstellen, und Vorträge über Descartes halten, ein Lateinlehrer wird nichts über Biologie erzählen, ein Musikprofessor wird eher selten in einer Autowerkstatt eine Zylinderkopfdichtung austauschen, und eine Konzertpianistin wird nicht sehr oft mit der Aufforderung "So, jetzt alle mal aufstehen, ich habe eine tolle Idee" einen Laien-Aerobic-Kurs abhalten :D:D:D

Und auch ein Familien-Psychotherapeut wird kaum beginnen, Fritzchen, Rölfchen, Schwesti und wie sie alle hießen, gemeinsam an den Flügel zu bitten um ihnen die Grundlagen des Klavierspiels zu lehren. Dabei würde er vermutlich nicht sehr gut aussehen.

Was ich damit gerne sagen möchte: für alles gibt es gewisse Grenzen...

Viola, ich persönlich fände es schön (ist das jetzt eine der berühmten ich-Botschaften?) wenn wir nicht noch einen Faden "Problemschüler, 10 Jahre", "Problemschüler, 11 Jahre" usf. bekommen würden.
Ich sehe das "Problem" eher auf der Seite des Lehrenden, in diesem Fall.

Nur eine subjektive Meinung von mir, bitte sich nicht angegriffen fühlen.

Schönen Gruß, und weiterhin gutes Gelingen
Dreiklang
 

Lieber hasenbein,

wenn du wirklich etwas wissen möchtest über Konfliktmanagement und Kommunikation nach Gordon, dann lies das Buch. Für Lehrer vielleicht nicht die "Familienkonferenz", sondern die "Lehrer-Schüler-Konferenz" oder noch besser, beide.

Nur soviel: es ist keine Friede-Freude-Eierkuchen-Methode, sondern dient dazu, immer wiederkehrende, grundlegende Konflikte zu lösen, so dass jeder der Konfliktparteien mit dem Ergebnis leben kann (niederlagefreie Methode). Es bedeutet also Auseinandersetzung! Mit Bewertung meinte ich die Art von Bewertung, die Viola kritisiert hat ("Ben hat kein Interesse", "Ben versucht, Grenzen auszutesten".............). Das sind Bewertungen, die den Schüler herabsetzen, die ihn als "Problemschüler" definieren und ihn in bestimmte Schubladen stecken, von denen aber niemand weiß, ob sie richtig sind oder passen. Dazu gehören auch "urteilen, beschimpfen, interpretieren, loben, beruhigen, "warum"-Fragen etc.. Das ein oder andere wird hier sicher verwundern.

All das ist in normalen Situationen kein Problem, aber sehr kontraproduktiv, wenn man grundlegende Konflikte lösen will (das gilt auch für Erwachsene!).

Besteht ein solcher Konflikt, besitze ich ein Problem. Mich stört etwas, meine Grenzen werden überschritten.

Da ist es doch das Logischste von der Welt, das auch genauso zu formulieren! Nicht in Bewertungen, Urteilen etc. über die andere Person, wie es so oft gemacht wird und die den anderen meist dazu bringen, sich zu verteidigen und mir nicht offen zuzuhören, sondern in (dreiteiligen) Ich-Botschaften, die klipp und klar auf eine bestimmt Weise mein Problem, meine Gefühle und Gedanken zum Ausdruck bringen. Dabei ist kein Satz, der mit "Ich" anfängt, gleich eine "Ich-Botschaft" und ein Satz mit "Ich finde", lieber Rolf, schon gar nicht! Eine Ich-Botschaft nach Gordon beschreibt

1. die eigenen Gefühle
2. das Verhalten (des anderen), dass zu diesen Gefühlen führt
3. die Folgen, die dieses Verhalten für einen selbst hat.

Ich habe in diesem Faden bereits sehr umfangreiche posts dazu geschrieben und werde das nicht noch einmal tun, weil es mich sehr nervt, immer wieder das Gleiche zu schreiben. Lest das Buch, wenn ihr mehr wissen wollt.

Eine Ich-Botschaft im vorliegenden Fall könnte z.B. sein: "Ben, für mich ist es unerträglich, immer nur 10 min., wenn überhaupt, mit dir Unterricht zu machen. Ich kann dir in dieser kurzen Zeit das Klavier spielen nicht beibringen und bin davon zunehmend frustriert! So kann und will ich nicht weiter machen!".......).

Ich möchte noch mal für alle Mitlesenden klar stellen, dass das, worüber ich hier rede, nicht das Allermindeste mit Therapie zu tun hat!!! Und mit Friede-Freude-Eierkuchen schon gar nicht. Ich wünschte, viel mehr Lehrer wären in so etwas oder so ähnlichem zumindest ansatzweise ausgebildet! Für mich gehört das zum pädagogischen Rüstzeug dazu. Und ich wäre froh, wenn nicht immer schnell Urteile gefällt würden über Dinge, von denen man nichts oder wenig weiß! :p :kuss:

Liebe Grüße

chiarina
 
Nur soviel: es ist keine Friede-Freude-Eierkuchen-Methode, sondern dient dazu, immer wiederkehrende, grundlegende Konflikte zu lösen, so dass jeder der Konfliktparteien mit dem Ergebnis leben kann (niederlagefreie Methode)

Im Leben gibt es auch mal Niederlagen. Völlig normal, man muß lernen, auch damit klarzukommen! Es ist ja gerade ein Grundfehler heutiger Erziehung, daß zu viel versucht wird, Kindern Niederlagen zu ersparen!!

Mit Bewertung meinte ich die Art von Bewertung, die Viola kritisiert hat ("Ben hat kein Interesse", "Ben versucht, Grenzen auszutesten".............). Das sind Bewertungen, die den Schüler herabsetzen, die ihn als "Problemschüler" definieren und ihn in bestimmte Schubladen stecken, von denen aber niemand weiß, ob sie richtig sind oder passen.

Ob es letztlich richtig ist, weiß man möglicherweise nicht; aber es ist völlig normal und absolut zweckmäßig, Hypothesen über Ursachen von Verhaltensweisen aufzustellen und die dann im weiteren Verlauf (auch im kommunikativen Dialog mit den anderen Beteiligten) zu verifizieren oder zu falsifizieren.

Anders ist vernünftige Pädagogik gar nicht möglich, und wenn man auf einmal zur Maxime erhöbe, daß man doch bitte keine Vermutungen über Verhaltensursachen mehr machen möge, sondern an alles als "tabula rasa" ranzugehen habe, dann kann man ja alle Psychologie- und Methodikbücher (einschl. "Gordon") auf den Müll schmeißen!

"Ben hat in Wirklichkeit an dem, worum es im Klavierunterricht wirklich geht, kein Interesse" wäre eine sehr vernünftige These.

Und "Ben versucht, Grenzen auszutesten" ist ebenfalls überhaupt nicht weit hergeholt, weil das Kinder nun mal ganz gerne tun!

Wie gesagt, man darf sich natürlich nicht auf den Thesen ausruhen, sondern muß dranbleiben und gucken, ob was dran ist - so lange, bis entweder Falsifizierung eintritt oder aber man keinen Bock mehr auf die Nerverei hat.

Dazu gehören auch "urteilen, beschimpfen, interpretieren, loben, beruhigen, "warum"-Fragen etc.. Das ein oder andere wird hier sicher verwundern.

All das ist in normalen Situationen kein Problem, aber sehr kontraproduktiv, wenn man grundlegende Konflikte lösen will (das gilt auch für Erwachsene!).

Das finde ich jetzt regelrecht lustig!

Man soll nicht urteilen; aber so eine grundlegende, massive Beurteilung wie die, ob eine Situation eine "normale Situation" (was ist das???) oder ein "grundlegender Konflikt" (was ist das???) ist, die soll man sehr wohl vornehmen und damit die GESAMT-Situation schubladisieren???

Eine Ich-Botschaft im vorliegenden Fall könnte z.B. sein: "Ben, für mich ist es unerträglich, immer nur 10 min., wenn überhaupt, mit dir Unterricht zu machen. Ich kann dir in dieser kurzen Zeit das Klavier spielen nicht beibringen und bin davon zunehmend frustriert! So kann und will ich nicht weiter machen!".......).

Ach soooooo!

Einfach so formulieren, und schon - abrakadabra - bezieht Ben das nicht mehr auf sich und nimmt es nicht mehr persönlich! Automatisch, durch die Wunder der ausgeklügelt-pädagogischen Formulierung, ist ausgeschlossen, daß Ben von sich denkt, er sei ein unfähiger, undisziplinierter Faulpelz!

Vooooll gut, ey! Das funktioniert bestimmt 1a!

LG,
Hasenbein
 
Ich möchte noch mal für alle Mitlesenden klar stellen, dass das, worüber ich hier rede, nicht das Allermindeste mit Therapie zu tun hat!!! Und mit Friede-Freude-Eierkuchen schon gar nicht.
Das finde ich PRIMA! Dann kann sich jetzt jeder das Buch von GORDON kaufen (und den Gordischen Knoten lösen...).

"Man halte das Buch mit zwei Händen und stelle sich vor dem Kommunikationspartner, dem man eine ICH-Botschaft mtteilen will. Man hebe man die Arme, senkrecht nach oben, beuge das Buch in einem Winkel von 45 Grad und schüttele die Buchstaben mit einem leichten, aber schnellen Ruck auf die Frisur des Gegenübers...."

Da sage nochmal einer, mit dem Buch könne man keine Konflikte bereinigen! PENG! AUS!
 
Um zu verstehen, wie die Ich-Botschaften sich auf eine konflikträchtige Unterhaltung auswirken, nützt es nix, darüber theoretisieren, sondern ich empfehle, es einfach mal bei sich selbst zu fühlen, wenn man einen Konflikt mit jemanden lösen möchte. Ich kann versichern, daß der respektvolle Umgang mit dem anderen nach der Gordonschen Methode sich auf den Verlauf von Geprächen auswirkt - man kann es unmittelbar erleben.
Es geht vor allem darum, daß man nicht in Gefahr gerät, Verhaltensweisen anderer falsch zu interpretieren.

Also: meine Empfehlung: AUSPROBIEREN!!!
 
Das sind Bewertungen, die den Schüler herabsetzen, die ihn als "Problemschüler" definieren und ihn in bestimmte Schubladen stecken, von denen aber niemand weiß, ob sie richtig sind oder passen.
...also ich bin grundsätzlich herzlos, böse und ultragemein, deswegen hab ich auch gar keine Angst vor der Schublade namens der Bursche kann nach vier Jahren immer noch nix
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Eine Ich-Botschaft im vorliegenden Fall könnte z.B. sein: "Ben, für mich ist es unerträglich, immer nur 10 min., wenn überhaupt, mit dir Unterricht zu machen. Ich kann dir in dieser kurzen Zeit das Klavier spielen nicht beibringen und bin davon zunehmend frustriert! So kann und will ich nicht weiter machen!".......).
...das wird der sicher verstehen mit 10 oder 11... und wenn er gewitzt ist, wird seine Replik lauten: "Lehrerin, für mich ist es unerträglich, dass du mir in 10min nix beibringen kannst weil davon bin ich bestimmt bald sehr frustidingsbums" usw.:D:D
 
Hallo

Als Mutter frage ich mich was der Junge noch tun muss damit man ihn in Ruhe lässt.
Wie offensichtlich muss es noch werden, bis seine Umwelt begreift das er sich in der Rolle die ihm zugedacht wird, nicht wohlfühlt.
Ihn vier Jahre lang mit Unterricht den er nicht will und nicht aushält, zu traktieren grenzt für mich schon an Misshandlung!
Als Mutter einer pubertätsgeplagten Tochter, die liebend gerne zum Unterricht geht, aber zwischendurch nur ungern übt zur Zeit, sage ich:
Du möchtest Klavierunterricht?Gerne!
Es macht dir Freude?Schön!
Wir werden dich unterstützen!
Aber leider können wir es uns nicht leisten Geld in den Rinnstein zu schmeissen.
Also!Wir zahlen.Du übst.Basta!

Wenn du nicht üben willst kann dir die Musik wohl nicht allzu viel Freude machen.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ein ähnlicher findet sich in dem Konzept der gewaltfreien Kommunikation

Gewaltfreie Kommunikation

Vielleicht können wir hier doch noch ein paar Jungs überzeugen, Chiarina :)
 
Ja, macht mal ruhig mit Eurem "gewaltfreien" Kram. Ich hoffe nur sehr für Euch, daß Ihr dafür nicht mit Krebs, Depressionen etc. bezahlen müßt.

Keiner sagt hier ja, daß man immer blöde rumpaulen und unsachlich beschuldigen soll. Und ich bin sicher, daß auch z.B. Rolf und schmickus normalerweise selbstverständlich sich zivilisiert und zurückhaltend und nett gegenüber ihren Schülern (oder Lebenspartnern etc.) ausdrücken, genau so wie es in Leoniesophies Link in der 1. Spalte der Beispiele-Tabelle ("Gewaltfreie Kommunikation") steht. So wie ich es selbstverständlich auch tue.

Aber ab und zu muß die Kritik auch mal uneditiert und ganz unpädagogisch raus!

Genauso wie es manchmal genau richtig ist, wie in Spalte 2, unterstem Kästchen von der Tabelle in Leoniesophies Wikipedia-Link zu sagen "Wenn es in zwei Wochen nicht sauber ist, dann schmeiß' ich dein Geschirr weg!" (dann nämlich, wenn der andere einfach fortgesetzt Absprachen nicht einhält und über lange Zeit das in der Beziehung von ihm zu Erwartende nicht erfüllt), ist es auch irgendwann richtig, zum Klavierschüler zu sagen: "Paß mal auf, Kleiner, entweder Du strengst Dich jetzt mal gehörig an, oder, falls Du das nicht schaffst, dann müssen wir halt Schluß machen!"

Wie kann man, Chiarina, richtigerweise mir zustimmen, wenn ich mich gegen das "pädagogische Loben" ausspreche, aber gleichzeitig diesen Kram propagieren, der ja ganz genauso zu unauthentischem Verhalten auffordert? Versteh ich nicht!

LG,
Hasenbein
 
scherzino (sempre una corda)

(Hallo Rose, ich hoffe, du liest hier schon eine Weile mit und hast auch bissle Spaß an unseren Plänkeleien über die geradezu mythisch überhöhte Ich-Botschaft - und ich hoffe, du hast Humor)


ja das ist doch mal was anderes, und das hab ich auch vehement "gelikt":
Als Mutter einer pubertätsgeplagten Tochter, die liebend gerne zum Unterricht geht, aber zwischendurch nur ungern übt zur Zeit, sage ich:
Du möchtest Klavierunterricht?Gerne!
Es macht dir Freude?Schön!
Wir werden dich unterstützen!
Aber leider können wir es uns nicht leisten Geld in den Rinnstein zu schmeissen.

Also!Wir zahlen.Du übst.Basta!
bei so einer Wir-Botschaft sag ich sofort: Daumen hoch!! :D:D

außerdem sind Wir-Botschaften viel demokratischer (sie können Mehrheiten bilden) als die egomanen Ich-Botschaften
 

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