Bei einem Vertrag hat er die doch eh schon bezahlt. Du musstest keine Leistung erbringen, hast trotzdem Geld bekommen.
Ich dachte mir schon, dass dieses Argument kommen würde. In echt ist es aber doch so:
Schüler: Bezahlt Geld für Unterricht. Lehrer: Ist anwesend und vorbereitet.
Dies ist der grob zusammengefasste Austausch, der stattfindet, und der ist einigermaßen ausgeglichen, sonst würde einer von beiden ihn nicht mitmachen (von schlechten Löhnen sprechen wir jetzt mal nicht).
Das "Versetzen" einer der beiden Parteien hat hier also zunächst nichts verloren, egal wer es ist und egal, wie der Schaden für den anderen aussieht. Ob der Lehrer in der Zeit üben kann oder will, weiß man nicht, vielleicht wartet er ja auch eine halbe Stunde umsonst, während sein Sohn gerade ein wichtiges Fußballspiel ohne ihn spielt, das er ansonsten hätte besuchen können (usw.).
@Peter Ich empfinde es auch als einen Unterschied, ob du als Handwerker einen einmaligen Termin versäumst, bzw. einen von mehreren, die in einem begrenzten Zeitraum liegen ("bis das Projekt fertig ist"), oder ob man einen zunächst sich unbegrenzt oft wiederholenden, wöchentlichen Termin versäumt, weil der Anfang etwas ungünstig lief (Schüler hat zweimal abgesagt). Auch ist das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler ein anderes wie zwischen Handwerker und Kunde. Als Kunde habe ich meistens keinen Grund, ein persönliches Verhältnis zum Dienstleister aufzubauen, als Schüler und als Lehrer schon. Man bezahlt zwar dafür, Klavierspielen zu lernen, aber es ist unumgänglich, dass man
viel mehr erhält. Besonders bei Kindern werden Lehrer manchmal wie zu einem dritten Elternteil oder anderem Verwandten, zum engen Ansprechpartner, zum objektiven Beobachter der nicht selten Missstände bemerkt, die den Eltern verborgen bleiben u.v.m.
Ich kann das Empfinden nach einer zwingend förmlichen Entschuldigung da immernoch nicht nachvollziehen. Natürlich ist Schokolade eine nette Geste und ich würde mich freuen. Aber das sähe ich eher als persönliche Wiedergutmachung, die nicht zwingend notwendig ist, als als "förmliche Gewissensentlastung". Denn nichts anderes ist es ja - mit einer Gegenleistung will man seinen Fehler ausbügeln und das Gewissen beruhigen.