LvB Sonate op. 27 Nr. 2

Ich bin gerade über eine Sache bezüglich des "alla breve" gestolpert. Aus Wikipedia, mit Quellenangabe:
„Der Zweyzweytel oder besser der Allabrevetackt, der durchgängig mit , oder auch mit 2 bezeichnet wird, ist in Kirchenstücken, Fugen und ausgearbeiteten Chören von dem vielfältigsten Gebrauch. Von dieser Tacktart ist anzumerken, dass sie sehr schwer und nachdrücklich, doch noch einmal so geschwind, als ihre Notengattungen anzeigen, vorgetragen wird, es sey denn, daß die Bewegung durch die Beywörter grave, adagio etc. langsamer verlangt wird.“

Nachdem im Notentext der Mondschein 1. Satz nun Adagio sostenuto drübersteht, dürfte demnach die musikalische Bedeutung des alla breve viel eher "schwer" bzw. "nachdrücklich" sein, denn "mit einem Affenzahn zu spielen". Meine Rede...

=> Oder?
 
Das hier (auch aus WP "alla breve") deutet auch nicht gerade darauf hin, dass der erste Satz Mondschein dazu gedacht war, einen Schnelligkeitswettbewerb zu gewinnen:
Die Angabe als alla breve bietet sich daher besonders für sehr schnelle Musikstücke an (z. B. prestissimo oder vivacissimo mit über 200 Schlägen pro Minute)
 
Zuletzt bearbeitet:
Häh? Seit wann ist der 1. Satz der Mondscheinsonate ein "Kirchenstück, eine ausgearbeitete Fuge oder ein ausgearbeiteter Chor", über die Kirnberger in deiner ersten Quellenangabe schreibt? Seit wann hat Kirnberger zu einer Zeit gelebt, zu der die Mondscheinsonate geschrieben wurde? Und seit wann sind "schwer" und "nachdrücklich" Synonyme für "sehr langsam" - auch ein rasches Stück kann mit Nachdruck gespielt werden?

Was du mit dem zweiten Zitat sagen willst, erschließt sich mir noch weniger, denn das Zitat sagt ja explizit aus, dass Alla breve eben in der Regel ganz und gar nicht langsam ist. Ich stehe hier ein wenig auf dem Schlauch...
 
Und seit wann sind "schwer" und "nachdrücklich" Synonyme für "sehr langsam" - auch ein rasches Stück kann mit Nachdruck gespielt werden?
Zumal Kirnberger im Anschluß an das Zitat noch anhand zweier Notenbeispiele erklärt, daß der Unterschied eben im Vortrag liegt, nicht im Tempo:

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Was die Frage betrifft, ob der Beethoven-Satz "schwer und nachdrücklich" oder eher "delicatissimamente" zu spielen ist, ist Kirnberger vielleicht nicht ganz die richtige Adresse.
 
Wie gesagt, man könnte über den ersten Satz wohl diskutieren bis in alle Ewigkeit.

Wenn man sich mal in Beethoven reinvesetzt: was hätte unsereins als Vortragsanweisung darübergeschrieben? Grave (= schwer(mütig) oder bedeutungsvoll), oder largo (= einfach nur langsam und womöglich unemotional ausdruckslos)?

Nein, "Adagio" passt hier genau (langsam, gefühlsbetont) zum Notentext und der Art und Weise, wie man ihm am wirkungsvollsten und passendsten spielt...

Bloss, was soll dann das "alle breve"...? Da beisst sich doch irgendwas... warum soll ein "Adagio" jetzt beschleunigt werden?

Vor allem: kann das ein Freifahrschein sein, um aus einem Adagio musikalisch betrachtet ein Andante (hört man ja sehr oft) oder ein Moderato oder gar Allegretto zu machen...?

Wohl eher nicht.

Meine persönliche Vermutung: Kitsch- und Schmalzspieler gab es schon zu L.v.B.'s Zeiten - und das alla breve sollte dem zumindest psychologisch einen Riegel vorschieben. Vielleicht hätte ich es sogar genauso gemacht.

Hätte - würde - könnte - sollte...

Wie schon mal angemerkt, kann man über Musik diskutieren (auch über Klavierübestrategien) oder sie einfach machen. Letzteres ist wahrscheinlich gescheiter.
 
Bloss, was soll dann das "alle breve"...? Da beisst sich doch irgendwas... warum soll ein "Adagio" jetzt beschleunigt werden?

Was ein Adagio alla breve bei Beethoven bedeutet, darüber muss man gar nicht spekulieren - dazu gibt es inzwischen sehr gute Fachliteratur, die sich auf belastbare *) Quellen stützt. Auch die eigene vergleichende Forschung - im Gegensatz zur isolierten Betrachtung dieses Einzelsatzes - ist anzuraten.
Entsprechende Literatur habe ich an mehreren Stellen (ich glaube, auch in diesem Faden) genannt. Man kann sie zur Kenntnis nehmen oder es lassen. Tut man Letzteres, sollte man sich möglicherweise mit dem selbstbewussten Hinausposaunen zusammenfabulierter Weisheiten mehr zurückhalten.

*) Das, was du weiter oben aus der Wikipedia zitiert hast, ist für op. 27/2 kaum relevant - es wurde zu einer Zeit geschrieben, als Beethoven noch keine einzige Note komponiert hatte und in der Sonatensätze dieser Machart noch außerhalb jeglicher Vorstellung lagen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was ein Adagio alla breve bei Beethoven bedeutet, darüber muss man gar nicht spekulieren - dazu gibt es inzwischen sehr gute Fachliteratur
Wenn selbige mich musikalischer macht, dann her damit, ansonsten...

Man landet halt immer wieder bei der gleichen Frage: wie man persönlich ein Stück spielen will. Nicht, wie man ein Stück spielen muss (das gibt's in der Musik nicht), sondern wie man das will.

Und dahingehend gilt für mich multilateral: des Menschen Wille ist sein Himmelreich...
 

...wenn besagter Wille sich darauf kapriziert, ohne Kenntnisse vom Gegenstand ein großer Musikversteher sein zu wollen (oder sich als solchen darstellen zu wollen), dann steht das "Himmelreich" unter keinem guten Stern...
Tante Wiki beiseite, einfach mal schlichte Bordmittel einsetzen:
Adagio = ruhig, langsam
Taktvorgaben: geben den Puls vor (ganz schlicht: was man zu zählen hat)
alla breve: Halbe zählen, und zwar zwei je Takt.
Denkmaschine Vollast beanspruchen: wenn langsame Halbe gezählt werden sollen, dann können Achteltriolen nicht extrem lahm sein. Auch sollten Viertel nicht so wirken, als liege ein vier Vierteltakt vor.
Innerhalb dieser Vorgaben kann man dann loslegen "wie man will" (so man kann, was nicht jedem gegeben ist)
 
Innerhalb dieser Vorgaben kann man dann loslegen "wie man will" (so man kann, was nicht jedem gegeben ist)
Naja, dann mach' halt... ;-)

Du hast einen oder zwei Flügel (wenn ich mich an Deine Posts recht erinnere), und Du kannst sogar spielen, wenn der Strom ausfällt. Mein Digi ist in dem Fall lahmgelegt, aber zum Glück liegt der letzte Stromausfall hier schon längere Zeit zurück ;-))

Interessant wird die ganze Sache eigentlich erst, wenn man zum Berg der vorhandenen Musikaufnahmen sein eigenes Scherflein beiträgt, für Publikum und Geneigte anhörbar und konsumierbar. In dem Fall gestaltet man die Welt der Musik zu einem winzigen Teil selber mit (oder?)
 
? was hat dein Digi nebst Stromausfall mit Beethovens Taktvorgaben zu tun???
Aber bon, wenn der Wille will, dass das den Beethoven postmortal glücklich macht, dann mag dem so sein. Denn schon Ende, Michael, schrieb die unsterblichen Donnerworte "tu was du willst" (Momo)
 
Interessant wird die ganze Sache eigentlich erst, wenn man zum Berg der vorhandenen Musikaufnahmen sein eigenes Scherflein beiträgt, für Publikum und Geneigte anhörbar und konsumierbar.

Deine Fixierung auf Musikaufnahmen ist wirklich eine Pest. Musikaufnahmen sind nur in einem sehr geringen Maß interessant, weil Musik immer etwas Lebendiges, Entstehendes ist. Etwas, das durch ein "totes" Abbild in keiner Weise angemessen dargestellt werden kann.

Warum unternimmst du eigentlich Ausflüge zum Tegernsee? Das Internet ist doch voll mit Fotos davon?
 
Warum unternimmst du eigentlich Ausflüge zum Tegernsee? Das Internet ist doch voll mit Fotos davon?
Rein physikalisch betrachtet ist das eigentlich relativ leicht zu beantworten. Das Medium für Musik ist der Schall - und kann ich den herstellen (oder reproduzieren), dann hab' ich den größten Teil dessen reproduziert, was Musik ausmacht.

Beim See riech' ich die Luft, spüre die Sonne, schaukele in einem Boot auf den Wellen, spüre den Wind auf'm Berg droben, genieße es zu wandern oder zu gehen usw. das alles läßt sich nicht in ein Foto packen *). Aber Fotos habe ich auch davon, als Erinnerung. So ähnlich kann man es mit Aufnahmen wohl auch sehen. Ich war beim Moskau Konzert von Horo nicht dabei - aber ich bin froh, dass es davon eine Aufnahme gibt.

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*) das Fotomachen sind im Grunde störende Momente im Ausflug selbst, aber inzwischen sind auch die allfälligen Begleiter davon überzeugt, dass sich das ab und zu lohnt :007:
 

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