Ich redete nicht im Vergleich mit anderen Marken. Fakt ist, bei Grotrian gibt es das Schloß erst beim größten Modell.
Du machst in #301 zwei Aussagen: a) Grotrian hat allgemeine Qualitätsprobleme und b) diese Qualitätsprobleme seien die Ursache für Grotrians existenzielle Krise. Deswegen vergleiche ich logischerweise das Schlossthema und weitere Punkte mit dem, was andere erfolgreiche Hersteller (in ähnlicher Weise) machen, die derzeit in keiner existenzielle Krise stecken. Denn damit ist dieser falsche Kausalzusammenhang widerlegt.
Und nochmal zum Schloß: wer bitte schließt denn heute sein Klavier oder Flügel auf & zu? Das braucht man i.d.R. nur im institutionellen, schulischen oder öffentlichen Kontext und vielleicht in ganz ganz wenigen privaten Situationen, wo mittels Schlüssel/Schloss die Spielberechtigung geregelt werden muss. In den allermeisten privaten Situationen benutzt das doch niemand und deswegen lässt man es weg - Grotrian macht dies bei den Modellen, die eh fast ausschließlich im privaten Bereich zum Einsatz kommen. Deren Flügel werden aber noch immer serienmäßig mit Schlösser ausgestattet - im Unterschied übrigens zu Steinway. Ein Feature, welches mangels Verwendung wegfällt, ist eine ganz selbstverständlicher Vorgang der Produktpflege, den jedes betriebswirtschaftliche Unternehmen machen muss!
Aber wegen des fehlenden Schlosses geht Grotrian Pleite? Sorry…
Richtig, ob Schlitz oder Kreuzschlitz ist kein Qualitätsmerkmal. Aber es gibt einen optischen Unterschied, der auch etwas mit Tradition zu tun hat. Und richtig dimensioniert können die Schrauben ja wohl nicht sein, wenn ich in der Tastenklappe jede Schraube sich aus dem Lack erhöhen sehe. Wenn ich das Klavier mal wieder sehe, reiche ich Fotos nach. Ja, leider ist das auch anderswo zu finden und dort ist es genauso schlecht. Und es mindert dort die Qualität genauso. Es gibt auch eine optische Qualität, die auch Rückschlüsse auf andere Qualitäten zulässt. In meinen Augen ist es eine sehr deutliche Qualitätsminderung. Wenn ein Hersteller es nicht anders kann, ok. Aber man könnte bzw. konnte es ja schonmal besser.
Wenn Schrauben herausschauen, hat das mit der Dimensionierung eher weniger etwas zu tun, als viel mehr mit unsauberer Montage. Bei den allermeisten Klavieren und Flügeln, die ich gesehen habe, waren alle Schrauben sauber versenkt, nichts auffälliges, bis vielleicht auf ein/zwei Ausnahmen. Hier ein Bild einer m.E. sauberen Verarbeitung, Bild #8 :
https://www.klavierhalle.de/klavier..._klavier_modell_132_concertino_551363220.html
Die Scharnierleiste ist zwar nicht eingelegt (wie quasi überall nicht), aber an der Verschraubung kann ich nichts aussetzen.
Ich will nicht in Abrede stellen, das dies bei dem 124 möglicherweise inakzeptabel schlecht aussieht, aber dann ist es ein Einzelfall und kein systematisches Problem. Ich habe auch mal eine gerade 2 Wochen alte S-Klasse in der Werkstatt gesehen mit komplettem Innenraum-/Lederschaden nach dem ersten Regenguss, weil das Schiebedach undicht gewesen war. Aber deswegen kann und darf man nicht den Schluß ziehen, Mercedes-Benz sei a priori ein Unternehmen mit qualitativ durchweg schlechten Produkten und sei dazu noch vom Untergang bedroht!
Vordergründig ja. Allerdings bekommt man einen ersten Eindruck, der auch bewusst oder unbewusst Rückschlüsse auf andere Dinge zulässt.
Wenn ich den Deckel eines Fazioli öffne, denke ich sofort, wow, da hat sich jemand mit dem Logo richtig Gedanken gemacht und wahrscheinlich viel für den Designer ausgegeben. Bestimmt ist das Instrument in anderen Bereichen, die ich als Laie nicht beurteilen kann genauso liebevoll gebaut.
Bei Grotrian denke ich das nicht, bzw. das Gegenteil, nur weil ich den Schriftzug sehe.
Sorry, aber bei solchen Ableitungen verlassen wir den Pfad der Fakten und bewegen uns schon wieder im Bereich von Eindrücken aus Annahmen und Spekulationen (wie beim Korpusmaterial), denen nicht nur die Stichhaltigkeit völlig abgeht, sondern auch für eine Ursachenargumentation für Grotrians Krise absolut unseriös ist.
Stimmt, nennt sich Sternraste, ist mir gestern abend nicht mehr eingefallen.
Ich habe noch keine gebogene Massivholz Sternraste gesehen. Fotos von der gebogenen Mehrschichtverleimten reiche ich gerne bei Gelegenheit nach. Ja, die biegt sich!
In dem 2. Foto sieht man ja die Dicke der schichtverleimten Sternraste. Und das soll sich verbiegen? Allen Ernstes? Sicher kann man auch das härteste Holz verbiegen, aber nur dann, wenn man es völlig ausserhalb der zulässigen Randbedingungen verwendet hat, sprich man hat das Klavier z.B. dauerhaft stramm an einen Heizungsradiator gestellt und den auch volle Pulle aufgedreht, oder die Raste wurde regelmäßig mit Kondenswasser einer schlecht gedämmten, kalten Aussenwand getränkt, oder, oder, oder… kannst ja gerne ein Bild davon einstellen, aber dann auch bitte von anderen Einzeldetails, insb. des Resos. Ohne Bild glaube ich davon rein gar nichts.
Und selbst wenn es ein Bild von einer plastisch gebogenen Raste gibt, bleibt trotzdem festzustellen: Einzelfall, bei der die ganze Geschichte des Instruments und die wesentlichen Details über dessen Benutzung wahrscheinlich im Dunkeln bleibt und so der Nachweis der strukturellen Instabilität wie von dir behauptet nicht geführt werden kann. Es gibt keine (mir) bekannten ähnlich gelagerten Fälle.
Und davon unabhängig ganz allgemein: kein Käufer schaut sich beim Neukauf den Reso auf Homogenität oder die Raste auf Stabilität an. Die Kontrolle über die Qualität solcher Eigenschaften läuft über das Vertrauen des Händlers und letztenendes den Ruf des Herstellers. Sprich: wenn diese Dinge echte Qualitätsprobleme Grotrians wären, welche nach deiner These die Kaufinteressenten davon abhalten würden, dann würden die Händler Grotrian reihenweise aus dem Portfolio werfen und es nicht mehr vertreiben. Und dann wäre branchenweit Grotrians Ruf zerstört - das wäre dann in der Tat existenziell schlecht. Aber das ist doch aktuell schlichtweg nicht der Fall! Hierzu könnten sich ja Händler und/oder Klavierbauer mal mit Insiderwissen äußern, ob da wirklich was dran ist, aber mir ist ein strukturelles Qualitätsproblem mit rufschädigender Publicity bei Grotrian nicht bekannt. Und wenn das so ist, spricht das fundamental gegen deinen allgemeinen Grotrian-Verriss.
Sei dir deine schlechten Eindrücke unbenommen, die aber teilw. zumindest auch aus Unwissenheit resultieren könnten, die für dich zu einer negativen Beurteilung von Grotrian-Klavieren führt, was an sich völlig ok ist. Nicht ok ist aber im ersten Schritt die Verallgemeinerung auf das Gesamtunternehmen und im zweiten dann die unzutreffende Legendenbildung mittels falscher Kausalzusammenhänge bzgl. deren Insolvenz.
Also, ich halte fest: keines der genannten „Mängel“ stellt einen Mangel im Wettbewerbsumfeld (!) dar, welches auch nur ansatzweise das Potential hat, Grotrian damit in den Abgrund ziehen zu können. Einzelne Verarbeitungsmängel, die des überall gibt, sind ausgenommen. Echte, wirklich nachhaltige Mängel wären u.a. völlig inhomogene Resos und Stege mit schlechter Tonübertragung, schwere nicht korrekt gewichtete und unausgewogene Mechanik ohne Anschlagsgefühl, billiges Rim-Holz ohne Resonanzunterstützung, schlechte Hämmer, Billigfilze, brechende Gußplatten (hatten einige Bechstein-Flügel 1.Hälfte 20. Jahrh.) usw. usw., welche auf Spielweise und Klang direkten Einfluss nehmen. Nichts davon trifft hier zu. Daher wirken ganz ehrlich deine Beispiele derart hergesucht, als ob es im Hintergrund eine andere Motivationslage gibt, Grotrian auf diese Weise schlechtzureden.