Klavierschüler mit Behinderung

Vorsicht. Das riecht nach Diskriminierung. Behinderte - achtung, ich pauschalisiere - wollen nicht auf ihre Behinderung reduziert werden, selbst dann nicht, wenn damit Vorteile verbunden wären. Manche lassen sogar ihren Schwerbehindertenausweis in der Schublade liegen. Wenn Leute sagen, dass Frauen Stotterer attraktiv finden, so wirkte das auf mich nicht gerade aufbauend, zumal ich gegenteilige Erfahrungen machte.

Als Jürgen Domian noch seine nächtlichen Talksendungen hielt, wo er Menschen mit Scharten an der Seele einlud über ihr Thema zu reden, meldete sich mal jemand mit einer Behinderung und erzählte unter anderem, dass er mal ne Frau aus dem Bett geschmissen hatte, da sie sagte, sie wollte schon immer mal Sex mit nem Behinderten.

Ob auch Nichtbehinderte dies als Pluspunkt wahrnehmen, wage ich zu bezweifeln.

Ein Hinweis im Lebenslauf oder bei den Referenzen wie "Praktikum in der Behindertenpädagogik in Einrichtung sowieso" wäre dem Geschäft sicher nicht abträglich.
 
Vorsicht. Das riecht nach Diskriminierung.
Du hast absolut Recht mit Deinem Hinweis und Deinen weiteren Erläuterungen. Ich hatte beim Vorschlag von @Hekse auch ein ungutes Gefühl, konnte es aber nicht so treffend formulieren wie Du.

Wobei es aber sicher nicht diskriminierende Formulierungen gibt. Ob das Beispiel von @Dorforganistin ein gutes ist, da bin ich mir unsicher. Wirklich beurteilen können das aber nur die angesprochenen Menschen.
 
Das Studio von Lynne Phillips ist, finde ich, kein diskrimierendes Angebot. Die umreißt die Zielgruppe klar und eindeutig und auf wertschätzende Art. Andere Klavierschüler, die keines der aufgezählten Merkmale haben, sind womöglich woanders besser bedient, das geht aus der Seite deutlich hervor. Sie grenzt also ihr Marktsegment stärker ein als Kollegen, geht also ein höheres Risiko ein als diese, bedient eine Nische. Also zu einem Hinweis wie "Ich würde voll gern mal jemanden mit Trisomie 21 unterrichten" ein weiter Unterschied.
 
Wie wäre es mit einem Hinweis in die Richtung "alle Menschen sind mir als Schüler willkommen, ungeachtet von Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, Religionszugehörigkeit, körperlicher oder geistiger Behinderung und sonstigen vorstellbaren vermeintlichen Schubladen" ?
 
Also zu einem Hinweis wie "Ich würde voll gern mal jemanden mit Trisomie 21 unterrichten" ein weiter Unterschied.
Da stimme ich Dir zu. Es es aber eben doch ein "Spezial-Angebot". Und viele Menschen mit besonderen Bedürfnissen wollen eben solche gerade nicht. Die Frage ist dabei, wie spezialisiert muss man sein, um auf diese besonderen Bedürfnisse eingehen zu können? Wenn eine hohe Spezialisierung tatsächlich erforderlich ist, dann lassen sich solche Spezial angebote sicher nicht vermeiden und sie sind absolut zu begrüßen.

Versuch eines Beispiels (hinkend, wie alle Beispiele): Körperlich eingeschränkte Menschen (z.B. Rollstuhlfahrer) wollen oft nach Möglichkeit ihren Urlaub nicht in speziellen "Behinderten-Ressorts" oder mit "Rolli-Reisen"-Anbietern verbringen. Wenn es gar nicht anders geht, dann ist es sicher besser als gar kein Urlaub, aber wesentlich besser ist es, wenn "normale" Urlaubsangebote so gestaltet sind, dass sie auch von Menschen mit besonderen Bedürfnissen wahrgenommen werden können.

Kurz und knapp: Eine mir sehr gut bekannte Rollstuhlfahrerin sagt: Ich will doch im Urlaub nicht überall nur Rollstühle sehen.

alle Menschen sind mir als Schüler willkommen, ungeachtet von Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, Religionszugehörigkeit, körperlicher oder geistiger Behinderung und sonstigen vorstellbaren vermeintlichen Schubladen" ?
Finde ich gut. :-) Wobei ich persönlich die sexuelle Orientierung und die Religionszugehörigkeit rausnehmen würde. Das sollte doch selbstverständlich sein, oder?
 
Würdest du denn von deinem Flügel die Lyra abbauen, wenn dein Schüler in einem Rollstuhl sitzt?

Bitte wende dich in dieser Sache an Behindertenverbände. Meine persönliche Meinung ist nicht maßgeblich. Wenn du Trisomie-21-Schüler willst, wende dich direkt an Einrichtungen, die solche betreuen. Biete Schnupperstunden an.
 
Es es aber eben doch ein "Spezial-Angebot".
Phillips sagt auf der Eingangsseite, dass sie sich auf diese Zielgruppe spezialisiert hat. Andere schließt sie damit auf nicht diskriminierende Weise aus. Schüler, die etwa an der historisch kongruenten Phrasierung ihrer Beethovensonate interessiert sind und die vor ihrem ersten Vorspiel vor einer Jury eine Zweitmeinung einholen wollen, sind dadurch implizit eingeladen weiterzusuchen.

Wie das die Zielgruppe selbst empfindet, hängt davon ab, wie viele "normale" Lehrer der/die einzelne schon, äh, verbraucht hat. Ein pädagogisches Angebot ist, finde ich, einfach noch mal etwas anderes als ein Reiseangebot.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Es stimmt sicherlich, dass die meisten Menschen mit Einschränkungen eben nicht die Sonderbehandlung haben wollen, genau wie Eltern von solchen Kindern es schön finden, ihr Kind nicht bei einer Veranstaltung anzumelden die "Therapie- XY" lautet. (Egal ob jetzt Musik, Reiten, Schwimmen....)
Nur ist es häufig gar nicht so einfach Hobbies zu finden, bei denen ihre Kinder nicht nur aufgrund von sozialem Druck tolleriert werden.
Bzw., sich der Aufwand eben solche Veranstaltungen zu finden in Grenzen hält.
@Stilblüte deinen Satz mag ich, gerade weil er Selbstverständlichkeiten enthält.

Als ich studiert habe gab's im AStA den Bereich: "Frauen, Behinderte und Soziales" das dürfte so in die gleiche Richtung gehen. (Würde zum Ende des Studiums dann umbenannt...)


Alternativ ein kleiner Menüpunkt auf der HP: 'Schüler mit Einschränkungen' unter dem du erläuterst, wie du unterrichtest, wenn dein Schüler bestimmte Einschränkungen mitbringt (tun wir das nicht alle 🤪)
 
Phillips sagt auf der Eingangsseite, dass sie sich auf diese Zielgruppe spezialisiert hat. Andere schließt sie damit auf nicht diskriminierende Weise aus.
Das habe ich so nicht herausgelesen.
I offer tailored piano lessons to suit you, whether you are an advanced pianist or a complete beginner, an adult or a 4 year old, a serious musician, or simply someone wanting to learn the piano as an enjoyable pastime.
Aber ich stimme Dir zu: Wenn Spezial-Angebote nötig sind, dann ist es gut, wenn es sie gibt.
 
Ich sehe den Unterricht mit ihm aber aus pädagogisch/therapeutischer Sicht. Er kommt gerne zum Unterricht, genießt die Stunden, trainiert dabei seine Feinmotoik und wenn er dann mal ein kleines Lied spielen kann (auch wenn es nicht gut gespielt ist) freut er sich sehr und ist unheimlich stolz.
Wenn ich das lese, dann denke ich, dass da nicht nur für den Schüler etwas "lohnendes" passiert.

Wie fühlt sich das für dich an, wenn er sich freut wie ein Kind zu Weihnachten? Das muss doch eigentlich auch für dich ein erhebendes Gefühl sein.

Ich habe zwar keine beeinträchtigten Schüler (mal abgesehen von mangelnder Geduld), aber ich finde das Gefühl unbeschreiblich, wenn ein Schüler mir zu anfang der Stunde ganz stolz mit einem Leuchten in den Augen zeigt, was er geübt hat. Dabei geht es weniger um die Qualität dessen, was dann an meine Ohren dringt, sondern mehr um den Motivatiosschub, den ich mit diesem stolz erfreuten Gesichtsausdruck verbinde.
Je schwerer dieser noch so kleine Erfolg für den Schüler mMn zu erreichen gewesen ist, desto besser wird das Gefühl, welches mir das vermittelt ... ich bin in einem solchen Moment dann auch sehr stolz ... auch wenn die Gründe dafür oft andere sein mögen, als beim Schüler (z.B. "endlich hast du faules Stück mal geübt" oder auch "Oh ja ... da war ein Fehler, du hast ihn bemerkt, aber einfach weiter gespielt". Ersteres sage ich dem Schüler natürlich nicht, aber für Letzteres gibts von mir ein dickes Lob).
 
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Who I Am
I have been teaching piano to children and adults through private lessons for nearly 20 years, and I taught at RWCMD for 15. I am a specialist in early years learning, teaching from age 4 upwards. I also specialise in teaching students with dyslexia, dyspraxia, dyscalculia, or ADHD, and teaching Autistic students/students with Aspergers.
"I am specialist / specialise" lese ich als "Ich kann mich z.B. nicht gleichzeitig auf historisch kongruente Aufführungspraxis spezialisieren." Was sie hinterher schreibt, um die so ausgeschlossenen Schüler wieder einzufangen, ist PR. Sie kann es sich bei den Mietpreisen nicht leisten, ohne normale Schüler auszukommen.
 
Ein pädagogisches Angebot ist, finde ich, einfach noch mal etwas anderes als ein Reiseangebot.
Eben. Es wird gemeinsam etwas erarbeitet; die angewandte Didaktik und Methodik stützt sich dabei auf Voraussetzungen, die – trotz weit gestreuter individuellen Vielfalt – weitgehend als allgemein vorhanden angenommen werden.
Ich kann das:
Es stimmt sicherlich, dass die meisten Menschen mit Einschränkungen eben nicht die Sonderbehandlung haben wollen
sehr gut verstehen, aber für die unterrichtende Person kann es sehr wichtig sein zu wissen, wenn eine solche Einschränkung vorliegt. Die erwachsenen Schüler teilen dies normalerweise meistens noch vor dem Beginn des Unterrichts oder ganz bald danach mit. Leider tun das aber manche Eltern nicht – oder sie mildern in ihrer Beschreibung die Art der Behinderung ihrer Kinder ganz stark ab.
So wurde ich z.B. bei einer Schülerin, die große motorische Probleme hatte, erst später (nachdem bereits viele frustrierende Versuche und Übungen hinter uns lagen) darüber informiert, dass insgesamt eine spastische Störung bei Greifreflexen und Feinmotorik vorlag...
Oder ein, laut der Mutter „etwas langsamer“ Teenager, der wie ein 8-jähriger reagierte und ganz klar eine geistige Entwicklungsstörung hatte – kein Problem, wenn man sich von vorn herein darauf einstellen kann und solche Sachen nicht erst (für beide) mühsam herausfinden muss.

Zum Glück gibt es auch andere Eltern, die es ihren Kindern nicht unnötig schwer mit dem Unterricht machen. So wurde z.B. eine Sehstörung (glaube, Nystagmus) gleich zu Anfang kommuniziert und dadurch auf mögliche Notenleseprobleme hingewiesen.
 
@Stilblüte: von dem Wort "Behinderung" würde ich Abstand nehmen. Im Geiste sieht jeder etwas anderes vor sich (geistige Behinderung, Rollstuhl?). Ich würde evtl. von Besonderheiten sprechen. Z.B. hat ja auch jemand mit 'nem Herzfehler, Diabetes oder mit Krebs einen SB- Ausweis. Nicht jeder ist von außen zu erkennen und nicht jeder möchte das. Wichtig wäre es nur, wenn es um besondere Schwierigkeiten geht, die das Unterrichten irgendwie besonders machen (Hörbehinderung z.B.).
 
Als Jürgen Domian noch seine nächtlichen Talksendungen hielt, wo er Menschen mit Scharten an der Seele einlud über ihr Thema zu reden, meldete sich mal jemand mit einer Behinderung und erzählte unter anderem, dass er mal ne Frau aus dem Bett geschmissen hatte, da sie sagte, sie wollte schon immer mal Sex mit nem Behinderten.
Das ist doch mehr als verständlich ... stell dir vor, du hattest gerade Sex, und die Dame sagt danach:
"Cool, das war mein erstes mal mit einem Vollidioten".
 
@Klavirus Hm. Ich finde es etwas scheinheilig, wenn scheinbar (!) negativ konnotierte Worte alle paar Jahre ausgetauscht werden. "Ausländer" gegen "Migranten", dann "Menschen mit Migrationshintergrund". "Behinderung" gegen "Handycap" und dann gegen "Einschränkung". Es meint doch alles dasselbe, und ein anderes Wort macht es nicht besser oder schlechter. Oder? Da ich in Deutschland weder Ausländer noch Behinderter bin, kann ich das natürlich nur beschränkt beurteilen. Ich kann mich auch sehr gerne anpassen. Aber dies ist meine momentane Einschätzung.
 
Was ist daran scheinheilig? Du könntest auch auf die lange Aufzählung mit Hautfarben etc. verzichten, das ist auch nicht besser. Es kommt bei mir so rüber, als wolltest Du Dich anbiedern. Bisschen übertrieben. Lass es ganz weg.
 

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