Es geht doch um den wertschätzenden Umgang miteinander, egal, ob es eine Behinderung, eine Eigenschaft, ein Merkmal, eine Besonderheit betrifft. Man kann auch mit den ausgesuchtesten Begriffen jemanden kränken, leider. Die persönlichen Grenzen sind zudem sehr verschieden - was den einen kränkt, löst beim anderen nur ein Achselzucken aus.
Gleichzeitig zeigt sich die Haltung gegenüber Anderen auch im Sprachgebrauch und deshalb ist es meiner Meinung nach richtig und wichtig, die Wörter. die man bisher vielleicht unbedacht verwendet hat, zu überdenken. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich vor vielen Jahren in diesem Forum mal den Ausdruck "bis zur Vergasung" verwendet hatte. Tatsächlich hatte ich bis dahin nie über diesen Ausdruck, der in meiner Kindheit und Jugend sehr oft verwendet wurde, nachgedacht und war sehr dankbar und sehr erschrocken über mich selbst, als ich im Forum auf die Bedeutung hingewiesen wurde.
Heute wird viel über Integration und Inklusion geredet. In all diesen Diskussionen und Debatten wird das Wort Behinderung gebraucht. Der Schriftsteller Christoph Keller bezeichnet "Behinderter"
in diesem Artikel als ein Unwort, ich teile seine Ansicht. Ich finde den Ausdruck "Mensch mit Behinderung" viel besser.
@tasteur findet ihn vermutlich ebenso furchtbar.
In diesem Merkblatt zum Sprachgebrauch "Behinderung" finden sich interessante Hinweise, wobei ich die Erfahrung gemacht habe, dass Blinde kein Problem mit der Bezeichnung "blind" haben, sehr wohl aber mit vielerlei Arten von Mitleid und Angeboten von Hilfe.
Einig sind wir uns sicherlich, dass die Reduzierung auf ein Merkmal wirklich schlimm ist. Dazu muss man nur aus der Masse herausstechen und z.B. besonders groß, klein, dick, dünn oder sonstwas sein. Das ist nicht wertschätzend! Ich finde allerdings auch die zunehmende Verwischung der Begrifflichkeiten wirklich nervig. Klarheit in der Sprache schließt Wertschätzung nicht aus, meine ich. Heute gibt es
Kinder mit besonderem Förderbedarf, ein
I-Kind (Inklusionskind) wird durchaus als ein Kind mit Behinderung bezeichnet.
Ein Freund meines Sohnes hatte eine Beinprothese. Seine Behinderung war überhaupt kein Thema in der Klasse. Der eine war schlecht in Mathe, der andere in Deutsch, er konnte halt nicht so schnell laufen. So stelle ich mir einen gelungenen und wertschätzenden Umgang miteinander vor.
Liebe Grüße
chiarina