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jensen1
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Vielleicht führte die folgende Idee noch zu mehr Annäherung an ein echtes Klavier:
Man sampelt bei einem DP nicht den gesamten akustischen Klang sondern hebt die jeweils zu sampelnden Saiten am Steg für die Aufnahme ab um sie für diese vom Resonanzboden zu entkoppeln; abgenommen und gesampelt wird dann nur die reine Saitenschwingung.
Perfekt wäre dafür ein umgebauter Flügel bei dem man den Resonanzboden komplett rausschmeißt und in der Form der Stege für diese einen dicken, möglichst eigenschwingungsfreien Gußeisenblock zu deren Auflage einzieht denn dann würde die Saitenresonanz auch vollständig mitgesampelt werden können.
Das Dp steckt man dann in ein mechanikloses Klavier und arbeitet aber nicht mit Lautsprechern sondern mechanischen Schwingern die den gesampelten Saitenklang direkt in den Resonanzboden einleiten und diesen wieder zur Klangerzeugung nutzen....
Werden nur die reinen Saitenschwingungen gesampelt, so hat man nicht den "Klavierklang". Hier liegt die Fehlannahme zugrunde, der Resonanzboden eines Klavieres (oder Flügels) sei nur ein "neutraler" Verstärker. Das ist aber nicht der Fall. Der Resonanzboden ist klanglich überhaupt nicht neutral, er hat eine klare Eigenfärbung. Die Idee, Klaviere leichter elektrisch verstärkbar zu machen, indem man die Schwingungen elektrisch abnimmt, gab es bereits. Zuerst im Siemens/Nernst Neo-Bechsteinflügel. Hier fehlt der Resonanzboden, statt dessen gibt es Pickups. Der Flügel klingt aber nicht wie ein Klavier. Dann gibt es auch noch div. "Wurlitzer" Entwürfe, die sich auch auf vielen E-Pianos finden. Einige Hersteller hatten "Klaviere" ohne Resonanzboden im Angebot, hauptsächlich für den Bühneneinsatz, Yamaha CP70 usw. Aber der Klang ist gänzlich anders, als vom "normalen" Klavier gewöhnt.
Auch ein Lautsprecher ist nicht klanglich neutral. D.h. es wäre gar nicht möglich, den Resonanzboden eines Klavieres mit einem Lautsprecher anzuregen, und dazu die Aufnahme einer elektronisch abgenommenen Saite zu verwenden. Das Pickup (Abnehmer) ist übrigens auch nicht klanglich neutral, es hat auch eine Eigenfärbung.
Zum Thema "Digi" und Improvisation: Hier habe ich exakt dieselbe Erfahrung gemacht, wie Fips7 und Klaviermacher. Ich kann auf dem Digitalpiano einfach nicht vernünftig improvisieren. Der Klang langweilt mich. Ich kann bedingt improvisieren, indem ich den Klang "innerlich" abstrahiere, und Melodien, die ich vor meinem "inneren Ohr" höre, spielen, aber ich kann meine Improvisation nicht auf dem aufbauen, was mein Instrument mir zu bieten hat. Es fehlt hier vollkommen der "spielerische Aspekt", der dem Begriff "Spielen" im Sinn von "kreativ Dinge ausprobieren" zu eigen ist.
Die Elektronik alleine ist jedenfalls meiner Ansicht nach prinzipiell kein Grund echtes Instrumentengefühl vermissen zu müssen; eine alte elektromechanische Hammondorgel oder ein Rhodes bringen dieses trotz verwendeter Elektronik ihren Besitzern zurfolge zweifellos auch.
Dieser Vergleich ist nicht sinnvoll, weil es hier jeweils um komplett andere Klangerzeugung und Klangformung geht. Eine Hammond-Orgel z.B. kann man perfekt sampeln, aber nur jeweils eine Registerkombination. Nordlead hat eine sehr überzeugende Simulation vorgelegt, die nicht nur auf ein paar Registerkombinationen begrenzt ist, sondern die gesamte Orgel nachbildet. Man darf aber nicht vergessen, dass die Klangerzeugung in der Orgel im Original über opto-mechanische Verfahren geschieht.... das lässt sich viel einfacher in mathematische Modelle übertragen und "virtuell" nachbilden, als der komplexe Klavierklang (eine virtuelle Nachbildung des Klaviers ist bisher noch nicht möglich). Man darf auch nicht vergessen, dass bei anderen Instrumenten ganze "Dimensionen" wegfallen. Eine Hammond-Orgel hat z.B. keine Anschlagsdynamik. Das wird alles mit dem Schweller geregelt. Man kann das überhaupt gar nicht im geringsten mit dem Klavier vergleichen.
Ein Digitalklavier könnte überzeugend sein, wenn man mathematisch die Klangerzeugung und Klangformung der einzelnen Komponenten nachbilden könnte. Freilich würde dann aber immer noch die Idee, den Schall mit zwei Lautsprechern abzustrahlen, den Klang negativ beeinflussen. Ein Resonanzboden arbeitet 3-dimensional, aber nicht bei allen Frequenzen gleichmäßig, die Abstrahlung ist gerichtet.
Das reine Soundsampling, mit Abstrahlung über Stereo-Lautsprecher, ist immer nur eine massive Reduktion dessen, was ein echtes Instrument leisten kann. Wenn man das Verfahren sehr weit treibt (viele Töne, bei unterschiedlichen Anschlagsstärken werden gesampelt), dann gibt es brauchbare Ergebnisse, aber wie ich schon an anderer Stelle schrieb: ich erkenne bisher jedes Digitalklavier sogar mit Ohrstöpseln und dafür muss ich lediglich einen Ton anschlagen (hören und fühlen).
Die Idee, die Mechanik von Klavieren "nachzubilden" ist selbst von den Digital-Herstellern, die die Nachbildung ernsthaft behaupten, nicht mal im Ansatz umgesetzt. Die Masseträgheit ist vollkommen anders und auch die Auslösung unterscheidet sich drastisch von normalen Klavieren und Flügeln. Jeder geübte Spieler bemerkt das sofort.
Dies ist gar keine grundsätzliche Kritik. Ich mag Digitalpianos, für das, was sie mir bieten (z.B. die einfache Transportmöglichkeit und die Möglichkeit, die Lautstärke zu verringern oder mit Kopfhörern etwas zu üben). Für mich ist das Digitalpiano eine Ergänzung. Ein Ersatz ist es nicht annähernd.