Mit Verlaub, aber das ist ziemlicher Unsinn: Auch wer Biologie, Chemie oder Physik studiert und dort promoviert hat, findet in der Industrie gute Stellen. Der Unterschied ist aber, dass man heute allemoeglichen "softskills" erwartet, dass die Eigenvermarktung selbstverstaendlich dazugehoert. Das ist tatsaechlich anders als z.B. bei meiner Elterngeneration (also vor 30-40 Jahren). Eine "Hochbegabung" braucht es da nicht, auszer man setzt diese fuer eine Promotion zwingend voraus. Braucht man aber nicht. Trotzdem musz man sagen, dass man hochbegabt sei, das macht es besser, ist aber irgendwie ekelhaft. Dadurch werde ich nicht begabter. Man musz auch einen ganz bestimmten "Stallgeruch" haben, bestimmte private Interessen, bestimmte Auslandsaufenthalte. Als Naturwissenschaftler verschweigt man lieber die Neigung zur Kunst. Es ist besser, Fuszball toll zu finden und irgendeine coole Popgruppe, aber Beethoven, was is'n das fuer ein Langweiler? Es mag ja Ausnahmen geben, aber Gocart-Fahren oder Hochseilgarten ist eben angesagter als Klavierspielen. Angeln ist sicher ein no-go, da es allein stattfindet ohne Wettbewerb, fisherman mag widersprechen, aber in Bewerbungen kommt das nicht gut (weisz ich von Personalern). Wenn man jedoch irgendeine Jugendbasketballmannschaft nebenbei trainiert, ist das ein groszer Pluspunkt. Also: soziale Dominanz und Interaktion sind gefragt, blosz nix "Eigenbroetlerisches" und Begabung oder sonstige spezielle Eigenschaften duerfen nur etwas ueber den Durchschnitt hinausgehen, sonst ist man auch nicht mehr "kompatibel". Das stimmt selbst dann, wenn man Professorenstellen anstrebt: Am Kongress mit den richtigen Leuten einen heben gehen ist ungeheur wichtig. Neudeutsch und feiner heiszt das "networking".
Viele Musiker scheinen am Zwang zum Networking zu leiden und meinen, dasz es in MINT-Faechern ohne Networking geht, das ist aber ein Fehlschlusz.
Uebrigens sind Philosophie und Psychologie in Unternehmen nicht voellig ungefragt: Vermarktungspsychologie, aber auch das aueszere Bild eines Unternehmens spielen eine grosze Rolle, da werden auch solche Leute eingestellt. Aber eben bitte keine versponnenen Eigenbroetler. Das musz man sich nur entsprechen, tja, vermarkten. Philosphoen z.B. sollten wenigstens Texte schreiben koennen, ueber Trends nachdenken koennen, Gesellschaftsaenderungen antizipieren koennen, da wird's dann interessant.
Jannis