Das Klavierspiel ist ein Hobby, und damit gibt es dafür oder dagegen kaum rationalen Begründungen — solange man es sich leisten kann und will. Und wenn das geerbte Vermögen so angelegt die Erinnerung an den verlorenen Vater aufrecht hält, dann ist das doch schon mal kein schlechtes Investment.
Pianinos ("Klaviere") und Flügel sind — gut eingekauft — zwar selten zur Geldveranlagung geeignet, jedoch sind sie auch einigermaßen wertbeständig. Bei Neuinstrumenten gibt es natürlich einen deutlicheren Sprung in der Wertentwicklung. Instrumente in gutem Zustand von bekannten Herstellern haben immer einen Markt.
Ein Tasteninstrument hat eine Nutzungsdauer von 50 bis 100 Jahren, zwischendurch mit etwas Investitionsbedarf — entsprechend gestaltet sich der Wertverlust. Problematisch sind bei einem Wiederverkauf der kleine und eher schrumpfende Markt sowie der steigende Druck durch die elektronischen und elektronisch unterstützten Tasteninstrumente. Der Gebrauchtmarkt ist voll von bespielbaren Klavieren, das drückt den Preis im Fall des "Beziehungsendes".
Du spielst aktuell ein Digitalklavier, das den Klang eines großen Flügels imitiert. Um die Abstriche nicht allzugroß werden zu lassen solltest du die niedrigeren Pianinos unter 122 bis 130 cm eher vorsichtig beurteilen. Besonders im Bass klingen große Klaviere einfach schöner, reiner, sauberer.
C. Bechstein zählt zu den renommierten Marken, und da auch ohne Zweifel zu den besseren. Es gibt auch andere Hersteller in dieser Liga wie zB Steingraeber, Bösendorfer, Steinway, die besseren Yamahas und Kawais auch — Unterschiede gibt es und dabei ist vieles einfach nur Geschmackssache. Und nicht nur die Marken repräsentieren andere Eigenheiten, auch die einzelnen Baureihen ein und desselben Herstellers sind oft erstaunlich unterschiedlich in ihrer Präsentation, in der Spielweise wie im Klang.
Daher ist es klug, sich nicht zu sehr auf einen Namen festzulegen sondern sich durch mehrfaches (!) Ausprobieren eine eigene Meinung zu bilden. Wo größere Geldbeträge die Hände wechseln ist der Selbstzweifel meist auch nicht fern — daher ist es gut, sich Zeit zu lassen bis man sich seiner Entscheidung sicher ist.
Im gehobeneren Bereich spielen elektronische Spielereien wie Silent-Systeme u.ä. keine große Rolle. Das durchaus vorhandene Defizit der europäischen und amerikanischen Top-Anbieter in diesem Bereich ist daher als weniger problematisch einzuschätzen, als bei Brot-und-Butter-Instrumenten.
Klar muss dir auch sein, dass abseits vom Herstellungs- und Justierungsaufwand bei den Top-Herstellern doch recht viel vom Kaufpreis in der Verkaufsrepräsentation hängen bleibt. Die glänzenden Verkaufstempel wollen bezahlt sein — das ist bei jedem Luxusartikel so und definiert auch ein wenig den Anspruch.
Bei C. Bechstein bekommt man um die genannte Summe ein sehr solides neues Klavier, aber auch noch kein Top-Instrument, da landet man schon mal bei der doppelten Summe. Bei einem neuen Flügel beginnt es überhaupt erst deutlich darüber. Die "Nebenmarken" W. Hoffmann und Zimmermann unter dem Dach von C. Bechstein sind deutlich abgestuft, von ersterem gibt es durchaus auch attraktive Instrumente, letztere erscheinen mir eher wenig attraktiv.
Bei einem gebrauchten Instrument um diese Summe sollte man wiederum unbedingt auf einen ausgezeichneten Zustand, welcher von unabhängiger Expertise bestätigt wird, bestehen. Gebrauchtkauf ist immer risikoreicher.
Wenn das Instrument "der Kauf deines Lebens" sein soll, dann lohnt sich ein Neukauf eher, du wirst die guten Jahrzehnte mit dem Instrument genießen können, je nach Hersteller unter Absicherung mit einer enthaltenen mehrjährigen Garantie.
Bedenke auch …
- die Ansprüche eines akustischen Instruments an seine Unterbringung (Sonne, Luftfeuchte),
- den nötigen Raum (zu seiner klanglichen Entfaltung),
- seine Emissionen (Nachbarn) und
- Unterhaltskosten (Klavierstimmer, je nach Zustand ein wenig Regulierung).
Wie du selbst schreibst, ist dein Können noch etwas limitiert. Es ist vielleicht kein schlechter Rat, erstmal gut die Hälfte des genannten Betrages auf dem Sparbuch zu belassen und ein solides, jung-gebrauchtes Brot-und-Butter-Klavier zu probieren. Dieses wird um Längen besser zufriedenstellen als das Digitalpiano und deine Reifung am akustischen Instrument ebenso fördern.
Wie oben geschrieben, der Gebrauchtmarkt ist voll von Angeboten, die preislich attraktiv sind und absolut respektabel abliefern — nur ein wenig Zeit zum Finden ist dazu nötig. Diese Zeit ist wertvoll verwendet, da du dich intensiv mit neuen musikalischen Fragen auseinandersetzt! So wirst du vielleicht auch bemerken, dass nicht jedes Klavier zu jeder Musik passt. Mal ist ein molligerer, "verwaschenerer" Klang passender, mal ein klarer, "brillanter".
Wenn es unbedingt neu sein soll, dann würde ich auch mal einen Blick auf die Kawais und Yamahas der 10 bis 15.000-Euro-Klasse werfen. Darunter würde ich eher nicht gehen, wenn es leistbar ist.
Und falls die Nachbarn ein Thema sind, dann scheue nicht davor zurück, auch mal über ein Silent-Klavier nachzudenken. Insbesondere von den japanischen Herstellern bekommt man hier Erstaunliches geboten. Auch erschließt dieses Feature im Fall eines Ausstiegs einen deutlich größere Zielgruppe.
Viel Erfolg, ich drücke dir die Daumen!