historische Fluegel u. Franzoesische Pianisten

Als Musiklieberhaberin und selbst dilettierende, lernende Klavierspielerin empfinde ich aber gerade in den kleinen "Moments musicaux" größeren Genuss als angesichts der hochglanzpolierten Konzertveranstaltungen.
(...)
Bislang habe ich noch kein einziges modernes Instrument (jünger BJ 1960) gehört oder gespielt, das nur annähernd ein Gefühl von intimem, die Seele berührenden Klang in mir hervorgerufen hätte.

...warum "hochglanzpoliert" - was meinst Du damit? Die Spielweise im Saal? Den Lack des Instruments?

Egal ob daheim oder in großen Sälen: Klaviermusik sollte immer möglichst ausdrucksvoll gespielt werden, wozu nun mal auch die Dynamik gehört. Je reicher diese ist, umso besser lassen sich Klangschichten differenzieren. Mit anderen Worten: je besser das Instrument, umso besser kommt das Spielen zum tragen (oder auch nicht, aber das liegt dann nicht am Instrument)

Ist es nicht schade, dass Du eine große Menge Aufnahmen über Bord werfen müsstest, weil bei diesen neuere Instrumente verwednet werden?

Ich bitte Dich und Micha darum, noch mal darüber nachzudenken, was für Klaviermusik Claude Debussy komponiert hat und welche Instrumente.
 
@ Destenay: deine Flügel sind übrigens traumhaft schön!! Ich würde am liebsten durch den Bildschirm hindurchgreifen und darauf spielen und sie live hören und fühlen.

Nachträglich noch zu meinem letzten Beitrag: der Klang eines Instruments (wie auch immer) hat m.E. sehr viel Einfluss auf die Fantasie und Vorstellungen, die ich über ein Stück entwickel. Es gibt Klaviere, die machen es einem schwer, Musik zu hören. Außer einen Unterschied in den jeweiligen Tonhöhen erkennt man da nichts. Das fällt mir vor allem bei Instrumenten auf, denen das sozusagen organische Aus- und Einatmen des Klanges fehlt. Man spielt drei, vier Takte, nach allen Regeln der Kunst - und nichts entsteht, der Klang zerfällt oder verlässt das Flügelinnere nicht, wurde quasi gar nicht geboren. Vergleichbar mit einer unausgebildeten Gesangstimme. Um Musik hören zu lernen ist das äußerst nachteilig. Erst recht, wenn es darum geht Differenzierungen in der Klangfarbe zu hören. Wo kein Klang, da keine Farbe. Oder aus Klang wird Farbe, gell Martin... :D

LG, Sesam
 
Welche Klavierfarben fehlen im butterleisen Bereich bei Debussy, bei Skrjabin?????????????
Rolf, es fehlt ja nichts, wenn man ein modernes Instrument her nimmt und all die Möglichkeiten, die sich damit ergeben um ein Werk zu interpretieren. Fehlende Klangfarben kann man an Komponisten nicht fest machen. Vorausgesetzt der Techniker hat alles richtig gemacht und das Optimum heraus geholt sind all die Farben vorhanden die man benötigt und es lässt musikalisch keine Wünsche offen... Vielleicht ist es nur das (?) - Es bleiben keine Wünsche offen. Etwas zutiefst menschliches das ein Instrument ausdrücken kann könnte fehlen, "Ein verborgener Wunsch" , "Die Zerbrechlichkeit der (leisen) Stimme" Ich kanns nicht so genau beschreiben, aber die Antwort exakt formulieren schon: Es ist halt ein anderes Instrument im Vergleich zu den davor gebauten Instrumenten. Nicht so unterschiedlich wie die Gambe zur Violine aber doch etwas anders. Klingt anders und je nach Betrachtung: Man kann Fehlendes oder Bereicherndes finden.

LG
Michael
 
...warum "hochglanzpoliert" - was meinst Du damit? Die Spielweise im Saal? Den Lack des Instruments?

Na den Lack natürlich! Was dachtest du denn?? :D

Egal ob daheim oder in großen Sälen: Klaviermusik sollte immer möglichst ausdrucksvoll gespielt werden, wozu nun mal auch die Dynamik gehört. Je reicher diese ist, umso besser lassen sich Klangschichten differenzieren. Mit anderen Worten: je besser das Instrument, umso besser kommt das Spielen zum tragen (oder auch nicht, aber das liegt dann nicht am Instrument)

Völlige Übereinkunft! Wobei es in meinem Fall häufiger NICHT am Instrument liegen dürfte.


Ist es nicht schade, dass Du eine große Menge Aufnahmen über Bord werfen müsstest, weil bei diesen neuere Instrumente verwednet werden?

Nein, da hast du mich missverstanden. Mir geht es nicht um das Baujahr per se, sondern um die Klangeigenschaften.


Ich bitte Dich und Micha darum, noch mal darüber nachzudenken, was für Klaviermusik Claude Debussy komponiert hat und welche Instrumente.

Soweit ich weiß spielte Debussy sehr gerne auf einem 190er Blüthner mit Aliquot Saiten aus dem Jahr 1904. Das kann ich nachvollziehen ;)

LG, Sesam
 
(1)
Rolf, es fehlt ja nichts, wenn man ein modernes Instrument her nimmt und all die Möglichkeiten, die sich damit ergeben um ein Werk zu interpretieren. Fehlende Klangfarben kann man an Komponisten nicht fest machen. Vorausgesetzt der Techniker hat alles richtig gemacht und das Optimum heraus geholt sind all die Farben vorhanden die man benötigt und es lässt musikalisch keine Wünsche offen...
(2)
Vielleicht ist es nur das (?) - Es bleiben keine Wünsche offen. Etwas zutiefst menschliches das ein Instrument ausdrücken kann könnte fehlen, "Ein verborgener Wunsch" , "Die Zerbrechlichkeit der (leisen) Stimme" Ich kanns nicht so genau beschreiben, aber die Antwort exakt formulieren schon: Es ist halt ein anderes Instrument im Vergleich zu den davor gebauten Instrumenten.

lieber Micha,
das - (1) - beruhigt mich nun doch :)

Sorgen bereitet mir (2), verschiedene Gründe habe ich schon aufgeführt (bzgl. der Suche nach dem vermeintlich authentischen Klang und der vermeintlich authentischen Spielweise) - - die Klaviermusik hat nach Chopin noch Fortschritte gemacht, und das durchaus auch im Bereich der feinsten, sensibelsten, nur gehauchten Klänge und Klangmischungen: als Exempel dafür habe ich Debussy erwähnt. Du weißt natürlich, für wen Bösendorfer die zusätzlichen Tasten am modernen Konzertflügel gebaut hat ;) - - der kalte Logiker würde nun fragen: wie können die alten Instrumente sensibler sein, wenn die sensiblere Musik für neuere Instrumente komponiert wurde... "Es ist halt ein anderes Instrument": ja, die kleineren - aber was stand 1830-50 in großen Sälen? Und wiederum ein Blick mehr auf die Musik als auf die Baugeschichte der Instrumente: Liszts Fantastique-Transkription ist symptomatisch für das, was von den Instrumenten im ärgsten Fall erwartet wurde (schau Dir mal die Noten vom Hexensabbat an)
Ganz so einfach ist das alles nicht...

Gruß, Rolf
 
@ Rolf: ich glaube, man muss keine Wissenschaft draus machen. Der Klang alter Flügel berührt einen entweder oder nicht. Ich finde es überhaupt nicht relevant, hier nach richtig oder falsch zu fragen. Egal für welche Instrumente Liszt, Debussy, Skrjabin etc. komponiert haben, den Hörenden und Spielenden im Jahre 2011 dürfte es nicht schaden, wenn sie nebst Steinway Modell D BJ 2010 auch noch andere Klänge kennen- und hoffentlich liebenlernen.

LG, Sesam
 
Mir geht es nicht um das Baujahr per se, sondern um die Klangeigenschaften.

unübersehbar erklärst Du, dass für Dich die Klangeigenschaften eines neuen großen Steinway, Bechstein, Bösendorfer*) , Steingraeber nicht so schön sind - - das ist halt Dein privater Eindruck. Das muss nicht an den Instrumenten liegen ;) aber über Geschmack lässt sich nicht streiten.


*) dieser Hersteller hatte mit Debussy zu tun
 
Ja eh nicht :)
Also eigentlich hat jede Epoche andere Instrumente - und wir spielen alles auf dem Selben Instrument. Das ist eigentlich das sehr Irritierende. Komponisten, die 1850 und später geboren wurden haben alle auf auch heute "modernen" Flügel gespielt. Ein Bach hatte nicht mal die Dynamik, die wir aber selbstverständlich dazu tun. Ein Mozart hatte etwas Dynamik an seinem Klavier, aber ganz einen anderen Klang und andere Klangvorstellungen. Leider findet man in historischen Klavieren nur selten das vor, was der Komponist damals an Klang hatte. Zu Kaputt sind die Dinger oder mit anderen Vorstellungen bei der Restaurierung überlagert worden. Die Zeit der Romantik hat viele verschiedene Klangvorstellungen hervorgebracht und dementsprechend vielfältig waren die Instrumente und Charaktere. Selbst die Klavierstimmung war überall anders.

Alles nicht so einfach!

LG
Michael
 
Egal für welche Instrumente Liszt, Debussy, Skrjabin etc. komponiert haben
:) ganz so egal ist das nicht: wir wollen sicher beide keinen Debussy vom keyboard hören.

Gelegentlich schwingt an, dass manche alten Instrumente besonders authentisch seien, auch eine gänzlich andere Spielweise benötigten etc. - das sind Überlegungen, die es verdienen, sich mit ihnen zu befassen: um zu sehen, was daran ist. Und schaut man etwas genauer nach, dann reduzieren sich die Gründe für einen allzu großen Enthusiasmus.

Interessant bleiben die alten Flügel natürlich, und tatsächlich klingen manche ganz wunderbar (auf einigen davon hab ich gespielt) - und manche neuen klingen ebenfalls wunderbar. Eigentlich ganz einfach ;)
 
unübersehbar erklärst Du, dass für Dich die Klangeigenschaften eines neuen großen Steinway, Bechstein, Bösendorfer*) , Steingraeber nicht so schön sind - - das ist halt Dein privater Eindruck. Das muss nicht an den Instrumenten liegen ;) aber über Geschmack lässt sich nicht streiten.


*) dieser Hersteller hatte mit Debussy zu tun

Ich weiß nicht, woran es liegt, dass mir dieser Klang besser gefällt als jener. Mir ist aber neu, dass es hier ein richtig oder falsch gibt ;)

LG, Sesam
 
@ Fips - Die Wiener Flügel haben vorne einen schwebenden Resonanzboden und keinen Damm an dem der Resonanzboden begrenzt wird. Der Boden verhält sich anders und die Charakteristik ändert sich dahin gehend, dass solche Flügel oft sehr lange ausklingen, und besonders im Pianobereich sehr ausgeprägt und auffallend. Der Farbenreichtum wie Du ihn beschreibst kommt durch das Leder am Hammerkopf. Man muss aber anders anschlagen um ihn zur Entfaltung zu verhelfen.

Danke für deine Erklärung. Gilt das für alle Wiener Flügel, also auch für Instrumente, die schon einen Gussrahmen haben? Anders gefragt: Bringt das die Bauart der Wiener Mechanik mit sich?
Bei meinem Produktiv-Genossenschaft-Flügel (Bj. 1906) kann ich zumindest das mit dem langen Ausklingen bestätigen.

Hast Du gesehen, als MP3 Download deutlich billiger, 14 €.

Ja, hab ich gesehen. Danke für den Hinweis. Ich mag diese MP3-Downloads nicht, weil ich gerne auch bei Tonträgern reale Substanz kaufe. ;)

Ich bitte Dich und Micha darum, noch mal darüber nachzudenken, was für Klaviermusik Claude Debussy komponiert hat und welche Instrumente.

Vielleicht muss man wirklich nach Komponisten bzw. Werken differenzieren. Bei Schubert finde ich es am auffälligsten, wie viel besser seine Musik auf einem alten Flügel zur Geltung kommt, wenn sie gut gespielt ist. (Für mich ist Schubert auch der Komponist, in dessen musikalischem Kosmos am tiefsten etwas zum Ausdruck kommt, was ich als den Inbegriff von Intimität und "schutzloser Schönheit" empfinde.)

Aber dann gibt es auch andere Komponisten bzw. Werke, die den größeren Dynamikumfang modernerer Instrumente brauchen, weil sie auf starke Affekte/Effekte und wuchtige Energie hin angelegt sind oder sehr schnelle Repetitionen beinhalten, z.B. Ravels "Gaspard de la Nuit" oder Rachmaninovs Suite op. 17. In solchen Werken kommen vielleicht auch sehr intime Passagen vor, die auf einem alten Flügel besser zur Geltung kämen, aber für die wuchtigen Passagen braucht es die technischen Fähigkeiten eines modernen Flügels. Und beides zusammen geht eben nicht.

Ich persönlich kann die Faszination und die überwältigende Kraft, die durch Chopins Sonaten oder Scriabins 5. Sonate auf einem modernen Flügel zum Ausdruck kommt, gut verstehen und möchte sie nicht missen. Andererseits will ich auch nicht auf die besondere Art von innerer Berührtheit verzichten, die so scheinbar nur durch den Klang alter Instrumente hervorgerufen werden kann. Das hängt vielleicht damit zusammen, dass man sich bei letzteren als Pianist stärker darauf einlassen muss, den "Klangcharakterraum" jedes Tons zu formen anstatt - wie beim modernen Flügel - auf dem Grundklang aufbauen und von dort aus Virtuosität und Ausdruckswucht entfalten zu können. Sesam hat das, glaube ich, gut beschrieben.

Und wenn ich mich entscheiden muss, dann schlägt mein Herz eindeutig für die älteren Instrumente. Wenn man nicht den Ansprüchen des professionellen Konzertbetriebs unterworfen ist - der ja auch eine Spiegelung unserer zu sehr auf Perfektion und Leistung ausgerichteten und vielfach dem Größenwahn verfallenen Gesellschaft ist -, dann kann man auch auf älteren Instrumenten virtuos genug spielen und insgesamt wunderbar musizieren.

Grüße von
Fips
 

Die Zeit der Romantik hat viele verschiedene Klangvorstellungen hervorgebracht und dementsprechend vielfältig waren die Instrumente und Charaktere.

...Repetitionsmechanik, doppelte Auslösung, gußeiserner Rahmen, große Stückzahlen - da steckt wohl mehr industrielle Revolution dahinter als unterschiedliche romantische Klangvorstellungen... Und bzgl. des Klavierklangs sind sich die Romantiker gar nicht so furchtbar unähnlich! Weder in den zarten, noch in den monumentalen Stücken (und jeder davon hat solche geschaffen). Muss ich die Entstehungszeit von 2 mal 12 Etüden, symphonischen Etüden, Berlioztranskription wirklich nochmal erwähnen und gar erklären, was die Sachen von Instrument und Spieler verlangen?? 1820-50 war im Klavierbau deshalb so bunt, weil zahlreiche Hersteller dynamisch und mechanisch immer bessere Instrumente bauen wollten (das verlangte vermutlich "der Markt")
 
Hallo,

für einen Konzertpianisten ist es naheliegend, dass sein Maßstab der gefüllte (große) Saal ist, "gegen" dessen Schallhungrigkeit er anspielen muss. Sicher sind die modernen Konzertflügel auch den wuchtigen Dimensionen der großen Konzertbühnen geschuldet und sind daraus auch nicht mehr wegzudenken.

Als Musiklieberhaberin und selbst dilettierende, lernende Klavierspielerin empfinde ich aber gerade in den kleinen "Moments musicaux" größeren Genuss als angesichts der hochglanzpolierten Konzertveranstaltungen. Die Musik im kleinen Kreis und Raum, die Aufführende und Zuhörer noch verbunden sein lässt, hat selten mit Beschallungsproblemen der hinteren Ränge zu tun. Ich meine mal gelesen zu haben, dass Chopin kein Freund des Tastendonners war, in dem Zusammenhang auch das Konzertieren in der Öffentlichkeit nicht so liebte. Das heißt ja nicht, dass er als schwindsüchtig-schwächlicher Schatten, klamm und hüstelnd Klänge aus seinem Pleyel hervorgehaucht hat, allerdings kann ich mir schon vorstellen, dass er die von Klaviermacher angesprochene Intimität der Musik und des Musikempfindens sehr geschätzt hat (was ein kraftvolles und rasantes fff nicht ausschließt, versteht sich).
Bislang habe ich noch kein einziges modernes Instrument (jünger BJ 1960) gehört oder gespielt, das nur annähernd ein Gefühl von intimem, die Seele berührenden Klang in mir hervorgerufen hätte.

LG, Sesam

Ich moechte nochmals auf das Gespraech hinfuehren, dass ich vor einigen Tagen mit Jean Goverts dem hollaendischen Pianisten und Professor der Scola cantorum Basiliensis hatte, es bezog sich auf einer seiner Aufnahmen und ein neues Projekt . Ich fragte ihn irronisch, kennst du die schwebende Stimmung
die Antwort war , mit was gibst Du dich da ab spiele Klavier und befasse dich nicht mit solchem Zeug, habe schon davon gehoert aber ich kann Dir nicht genau sagen was dies ist bei dem Thema Chopin bluehte er auf.
Bezueglich auf seine Aufnahme auf einem Streicherfluegel kam er in Fahrt dabei erwaehnte er das selbe was Du hier aufgefuehrt hast. Chopin gab nur wenig Konzerte er liebte dies ueberhaubt nicht , er spielte vorwiegend in den Haeusern der noblen Gesellschaft im kleinen Rahmen in einer sehr schoenen eleganten mit Pluesch und Kerzenbeleuchteten Umgebung. Chopin liebte das feine Klavierspiel er brauchte das linke Pedal dauernd, dies sei auch auf seine Schwaeche zurueckzufueren , es musste singen. Diese Aussage habe ich auch bei den ganz alten Pianisten gehoert, allso ich spreche von Leuten aus dem vorletzten Jahrhundert. Ein fff war sicher nicht das was man heute darunter versteht, dies war ja eine ganz andere Epoche mit anderen Instrumenten . Die alten Pianisten haben immer darauf hingewiessen das auch langsamer und inniger gespielt wurde , dies sind Ueberlieferungen von Menschen die doch noch nahe an der Ouelle waren. Der Massenbetrieb, die immer groesser werdende Konzertsaelle zwingen auch die Klavierindustie sich diese Situation anzupassen, mit der Folge und dies ist bewiessen immer mehr Pianisten, Hoer- und Nerven Probleme haben.
Ich bin der Auffassung es ist in dieser Hinsicht zwecklos , ueber die Interpretation von frueher und heute sich zu grosse Gedanken zu machen, ich glaube jeder weiss was ich damit meine um nicht wieder missverstanden zu werden. Es ist daher umso wichtiger sich mit den alten Instrumenten zu befassen, sie koennen uns viel Aufschluss geben , man muss ihnen nur zuhoeren sie haben viel zu sagen sie leben noch haben viele Generationen und Operationen ueberlebt und dies ist faszinierend .

Cordialement
Destenay
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Und wenn ich mich entscheiden muss, dann schlägt mein Herz eindeutig für die älteren Instrumente. Wenn man nicht den Ansprüchen des professionellen Konzertbetriebs unterworfen ist - der ja auch eine Spiegelung unserer zu sehr auf Perfektion und Leistung ausgerichteten und vielfach dem Größenwahn verfallenen Gesellschaft ist -, dann kann man auch auf älteren Instrumenten virtuos genug spielen und insgesamt wunderbar musizieren.

Fipsi, das hast du wunderbar und soo wahr gesagt! (Rolf zuliebe habe ich die Einschränkung angedickt :D)

LG, Sesam
 
Aber dann gibt es auch andere Komponisten bzw. Werke, die den größeren Dynamikumfang modernerer Instrumente brauchen, weil sie auf starke Affekte/Effekte und wuchtige Energie hin angelegt sind oder sehr schnelle Repetitionen beinhalten, z.B. Ravels "Gaspard de la Nuit" oder Rachmaninovs Suite op. 17. In solchen Werken kommen vielleicht auch sehr intime Passagen vor, die auf einem alten Flügel besser zur Geltung kämen, aber für die wuchtigen Passagen braucht es die technischen Fähigkeiten eines modernen Flügels. Und beides zusammen geht eben nicht.
vielleicht ist gut... - - Ravels Gaspard enthält eine Ondine ;) es muss nicht nur beides gehen, es geht beides.

Andererseits will ich auch nicht auf die besondere Art von innerer Berührtheit verzichten, die so scheinbar nur durch den Klang alter Instrumente hervorgerufen werden kann.
aber eben nur scheinbar - denkbar ist auch, dass quasi die Patina des guten alten Stückes rührend wirkt

Das hängt vielleicht damit zusammen, dass man sich bei letzteren als Pianist stärker darauf einlassen muss, den "Klangcharakterraum" jedes Tons zu formen anstatt - wie beim modernen Flügel - auf dem Grundklang aufbauen und von dort aus Virtuosität und Ausdruckswucht entfalten zu können. Sesam hat das, glaube ich, gut beschrieben.
Das ist ein beliebtes Fehlurteil. Im Gegenteil ist ein zu wenig beeinflussbarer vorgefertigter Klangcharakter ein Nachteil, weil sich diesem gezwungenermaßen alles unterordnen muss. Von sanft bis brillant, von dunkelwarm bis kalt-gleißend muss das Instrument klingen können - dann klingen Ondine und Scarbo auf demselben Instrument überzeugend.

Gruß, Rolf
 
Danke für deine Erklärung. Gilt das für alle Wiener Flügel, also auch für Instrumente, die schon einen Gussrahmen haben? Anders gefragt: Bringt das die Bauart der Wiener Mechanik mit sich?
Bei der Wiener Mechanik ist die Dämpfung oberhalb der Saiten aufgehängt. Beim engl. Flügel sitzt die Aufhängung in Tastaturhöhe hinter der Mechanik. Dort ist beim Wiener Flügel aber kein Platz, weil die Tasten viel länger sind. Sie kriechen sozusagen unter den Resonanzboden. Es ist also nicht möglich den Resonanzboden vorne an einem Korpusteil zu fixieren - egal ob Gussrahmen oder nicht. Der engl. Flügel hat am Ende des Resonanzbodens einen Damm - d.h. dies ist ein mit dem Korpus verbundener dicker Hartholzbalken an dem der Resonanzboden aufgeleimt wird. Es wäre möglich, einen modernen Flügel ohne Damm zu bauen. Umgekehrt gehts nicht.

LG
Michael
 
Nachträglich noch zu meinem letzten Beitrag: der Klang eines Instruments (wie auch immer) hat m.E. sehr viel Einfluss auf die Fantasie und Vorstellungen, die ich über ein Stück entwickel. Es gibt Klaviere, die machen es einem schwer, Musik zu hören. Außer einen Unterschied in den jeweiligen Tonhöhen erkennt man da nichts. Das fällt mir vor allem bei Instrumenten auf, denen das sozusagen organische Aus- und Einatmen des Klanges fehlt. Man spielt drei, vier Takte, nach allen Regeln der Kunst - und nichts entsteht, der Klang zerfällt oder verlässt das Flügelinnere nicht, wurde quasi gar nicht geboren. Vergleichbar mit einer unausgebildeten Gesangstimme. Um Musik hören zu lernen ist das äußerst nachteilig. Erst recht, wenn es darum geht Differenzierungen in der Klangfarbe zu hören. Wo kein Klang, da keine Farbe. Oder aus Klang wird Farbe, gell Martin... :D

Danke, Sesam, aber das Kompliment muss ich dir gleich zurückgeben. Es ist toll, wie du diese Dinge benennen kannst (siehe oben)! Auch in Michaels Beiträgen lese ich Sätze, bei denen ich mir denke: "Ja, genau!" ;)

Ein fff war sicher nicht das was man heute darunter versteht, dass war ja eine ganz andere Epoche mit anderen Instrumenten auch kann ich weitergeben , alle die Alten haben immer darauf hingewiessen das auch langsamer und inniger gespielt wurde , dies sind Ueberlieferungen von Menschen die doch noch nahe an der Ouelle waren. Der Massenbetrieb die immer groesser werdende Konzertsaelle zwingen auch die Klavierindustie sich diese Situation anzupassen, mit der Folge und dies ist bewiessen immer mehr Pianisten, Hoer- und Nerven Probleme haben.

Das ist etwas, was ich kürzlich schon dachte, als es um den geringeren Dynamikumfang alter Instrumente ging. Früher war der größere Dynamikumfang gar nicht nötig, weil die ganze Welt noch viel leiser war. Ich finde diesen Gedanken sehr wesentlich, vor allem, wenn man bedenkt, was der Anstieg des allgemeinen Lärmpegels für Auswirkungen auf die Psyche und Wahrnehmungsfähigkeiten der Menschen hatte.

Je lauter die Welt ist, desto schwieriger ist es, sich selbst wahrzunehmen. Das gilt eigentlich für alle Sinnesreize, aber das Gehör ist das psychisch sensibelste aller Sinnesorgane. Und je schlechter man sich selbst wahrnehmen kann, desto mehr ist man wiederum auf Reize von außen angewiesen. Der lautstärkemäßig teilweise überbordende Konzertbetrieb (bei einer Stelle aus Prokofievs 5. Symphonie musste ich mir im Konzert wirklich mal die Ohren zuhalten!) spiegelt das ebenfalls wider.

Grüße von
Fips
 
Zitat von Fips:
Andererseits will ich auch nicht auf die besondere Art von innerer Berührtheit verzichten, die so scheinbar nur durch den Klang alter Instrumente hervorgerufen werden kann.

Zitat von Rolf:
aber eben nur scheinbar - denkbar ist auch, dass quasi die Patina des guten alten Stückes rührend wirkt

Oh Rolf, du hast es mal wieder durchschaut: tief gerührt und mitleidsvoll ertragen wir das Gesäusel dieser altersschwachen Greise :D

LG, Sesam
 
Chopin liebte das feine Klavierspiel er brauchte das linke Pedal dauernd, dies sei auch auf seine Schwaeche zurueckzufueren , es musste singen.
...bei Schwäche wäre von una corda eher abzuraten ;)
aber cantabile wollte er immer haben!

Die alten Pianisten haben immer darauf hingewiessen das auch langsamer und inniger gespielt wurde , dies sind Ueberlieferungen von Menschen die doch noch nahe an der Ouelle waren.
manche dieser Quellen haben Aufnahmen (Schellackplatten, Welte/Mignonrollen) hinterlassen - saperlot: Paderewski, J. Hofmann, Rachmaninov, Skrjabin, Busoni, d´Albert, Saint-Saens [sic!] spielten verdammt virtuos und enorm schnell, nicht langsamer als heute...
...und Chopin selber hatte ein fieses Tick-Tack-Gerät, das er gerne benutzte, und bei seinen Etüden hat er auch Zahlen hinterlassen ;)

Ich bin der Auffassung es ist in dieser Hinsicht zwecklos , ueber die Interpretation von frueher und heute sich zu grosse Gedanken zu machen, ich glaube jeder weiss was ich damit meine um nicht wieder missverstanden zu werden. Es ist daher umso wichtiger sich mit den alten Instrumenten zu befassen, sie koennen uns viel Aufschluss geben , man muss ihnen nur zuhoeren sie haben viel zu sagen sie leben noch haben viele Generationen und Operationen ueberlebt und dies ist faszinierend .
Das ist ein ganz anderer Ansatz, und da stimme ich Dir vollkommen zu!!!

herzliche Grüße,
Rolf

p.s. und die Bemerkungen zu Chopin und Saint-Saens nimmst Du mir bitte nicht übel :)
 
off topic:

@ Destenay: ich rate dringend davon ab, sich mit Rolf über Geschwindigkeit des Klavierspiels zu unterhalten :D ;)
Ich bin schon daran gescheitert, ihm meine Unterscheidung zwischen den Begriffen "Geschwindigkeit", "Tempo" und "Bewegung in der Zeit" im musikalischen Kontext plausibel zu machen.
(ich hoffe, du nimmst mir diesen scherzhaft gemeinten Hinweis nicht übel, Rolf)

LG, Sesam
 

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