Historische Aufführungspraxis

  • Ersteller des Themas St. Francois de Paola
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ich wehre mich nur gegen dieses unter Pianisten gerne verbreitete Gerücht, ein Klavier sei viel sensibler als eine Orgel.
die Kelten/Gallier unter Vercingetorix hatten sich tapfer gegen die Römer gewehrt, die Goten und Vandalen hatten sich tapfer gegen die Byzantiner gewehrt - eine ruhmvolle Ahnenkette ;-)
vermutlich aus Bosheit und in Unkenntnis instrumentenspezifischer Sensibilitätsgrade schrieb Chopin einen Choral in einem g-Moll Klavier- statt Orgelnocturne ;-)
 
Ich habe bislang erst an einer Orgel von Silbermann gespielt, die allerdings wesentlich kleiner war, als in Freiberg. Von allen Orgeln, an denen ich bisher gespielt habe, war dort am auffälligsten, dass Pfeifen bei anderem Anschlag anders ansprechen.
Kann natürlich bei einem größeren Werk schwächer sein.
 
Fordert man verschiedene Pianisten auf, einen neutralen C-Dur Akkord ohne Kontext am Klavier zu spielen, würde ich bezweifeln, dass man den Pianisten wiedererkennen kann.
Das gleiche gilt für die Orgel.
Aber wir interessieren uns nicht für verfremdete Einzelakkorde sondern für Klang als Teil von Musik. Sobald es einen musikalischen Kontext gibt, wird jeder sein ästhetisches Empfinden hineinbringen. An beidem Instrumenten gibt es verschiedene Faktoren, die man modulieren kann, um diesem nachzukommen.
Was ich hier sagen will, wurde eigentlich viel eloquenter von Lucia Moholy formuliert, in einem Text wo das Thema "ist Fotografie Kunst und warum" abgehandelt wurde. Im Grunde geht es darum, dass wir als Kunstempfänger in erster Linie für die geistige Absicht empfindlich sind oder sein sollen. Das Zitat habe ich nicht parat, vielleicht kennt es hier jemand?
Dem Spieler geht es darum, zusammen mit dem Instrument eine musikalische Absicht zu verwirklichen. Eine gute Orgel lässt nicht alles zu, was ein gutes Klavier anbietet, und umgekehrt. Der Einfluss des Anschlags ist nur ein Teil von dem, was den Einsatz des Spielers bezeichnet. Man würde nicht wegen des Anschlags eines Musikers zu einem Konzert gehen oder nicht. Wegen des Klangempfindens eines Musikers schon. Das eine ist mechanisch, das andere ist viel mehr – und beide werden unerfreulicherweise vertauscht oder gleichgesetzt.
Ich würde sagen, dass bei Streichinstrumenten beides doch ziemlich eng zusammenhängt, bei Klavier/Orgel weniger. (D.h., ich kann mit einem anderen Anschlag spielen, aber da ich die musikalische Linie steuere, klingt es immer noch nach mir. Die Erfahrung haben sicherlich viele gemacht, dass ein Schüler ziemlich wie sein Lehrer klingen kann, wenn er beim Spielen vom Lehrer "dirigiert" wird.) Dass der Anteil der Anschlagtechnik am Klavier etwas wichtiger ist als an der Orgel, entspricht wahrscheinlich der allgemeinen Wahrnehmung. Aber die Interaktion von Registration und Timing, wie der Spieler auf den akustischen Raum reagiert und ihn füllt... das sind Sachen, die eine Organistenpersönlichkeit sehr lebhaft herüberbringen können.
 

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