Tja da hab ich meine Zweifel...
die habe ich an deinen Mitteilungen auch:
- mit Sicherheit kannst du den dritten Satz nicht einmal ansatzweise mit dem Klang und Charme, den Wilhelm Kempff drauf hatte (ganz zu schweigen von Kleinigkeiten wie den Trillern oder Klanggestaltung)
=> Achtung, nicht wüten:
du (!!) hast selber den Vergleich mit Kempff angestellt
Legionen von Klavierenthusiasten und Klavierstudenten (!!) würden liebend gerne so spielen können wie Kempff
Natürlich gibt es individuell unterschiedliche
Grenzen der sensomotorischen Leistung: um das an einem nachprüfbaren (messbaren!) Exempel zu zeigen, kann man sich Wagner/Liszts Tannhäuser-Ouvertüre anschauen. Bolet und Cziffra konnten sie nicht in den metronomisch vorgeschriebenen knapp 15min spielen, Moisewitsch konnte das - ja und? Auch bei einer Aufführungsdauer von 16 oder 17 Minuten ist das brachiale Stück, sofern alles effektvoll, klangschön und klar gestaltet ist, für jeden Zuhörer große Klasse.
Friedrich Gulda, der eine der allerbesten Interpretationen der Hammerklaviersonate
live (!!) hingelegt hat (diese rhythmische Prägnanz und gestalterische Konsequenz, zu schweigen von der klanglichen Klarheit in diesem Tempo ist den allermeisten Lichtjahre überlegen), hatte in einem Interview zum ungläubigen Staunen des Fragestellers offen mitgeteilt, dass ihm die Oktavenetüde von Chopin zu schwierig sei, dass er da seine Lektionen im Studium nicht ordentlich gelernt hatte. Und er sagte wörtlich, dass er sie zwar spielen könne, aber eben nicht gut genug - und deshalb hat er das nie öffentlich gespielt. Unter anderem das war eine seiner Grenzen.
Sowas gibt´s bei jedem, kein Grund zum heulen! Was gar nicht geht (nachdem man´s lange genug geübt hat), das lässt man halt bleiben
Ich mag die zweite Sonate von Brahms sehr gern, aber es gibt im Scherzo eine Passage, die für meine Hände und meine Spielweise(n) zu unbequem ist: deshalb spiele ich diese Sonate nicht. Dafür entschädigt mich die dritte Sonate, da muss ich nur ein paar Abschnitte aus dem Finale üben, der ganze "Rest" ist für mich bequem. Liszts Benediction ist mir, obwohl ich alle Dezimen greifen kann, zu weitgriffig in einer der Spielfiguren: die spiele ich nicht. Seine faktisch weit schwierigere Sonate hat keine nennenswerten Dezimen und Undezimen, die spiele ich gerne (muss aber immer wieder darin üben, weil sie ein paar andere Tücken hat)
Grund zum lamentieren hat man, wenn man nicht einmal ein ungefähr mittelschweres bis relativ schweres Stück (Brahms Rhapsodie g-Moll, Chopin irgendeinen der Valses brillantes, Liszt Petrarca Sonett E-Dur, Beethoven Sturmsonate oder c-Moll Variationen etc) konzertreif hinkriegt.
Kann man aber irgendwas aus diesem Schwierigkeitsgrad wirklich, dann muss man nicht lamentieren sondern kann peu a eu daran arbeiten, darüber hinaus zu kommen.
...und wenn´s halt doch nicht darüber hinaus geht: dumm gelaufen, Pech gehabt. Ja das ist gemein und brutal und herzlos, aber so isses halt. Niemand bekommt es geschenkt, virtuose Klaviersachen konzertreif spielen zu können.
bzgl. deiner Einlassungen zu Unterricht: entweder hattest du keinen tatsächlich guten, oder du hattest welchen, hast es aber nicht umsetzen/anwenden können - was da zutrifft, kann ich nicht wissen. Niemand hindert dich daran, Klavierprofessoren oder Dozenten der nächstgelegenen Musikhochschule anzufragen: da kannst du dir Rat holen (aber ich warne dich: das kann bzgl. deiner eigenen Leistungseinschätzung sehr frustrierend ausfallen...) Dort jedenfalls triffst du auf Lehrkräfte, die konzerterfahren sind und deine Stücke (Mondscheinsonate etc) drauf haben - und die deine motorischen und musikalischen Fähigkeiten einschätzen können (aber auch hier die Warnung: das kann frustrierend sein... warum? Die meckern auch an Leuten, die jahrelang besten Unterricht hatten, herum: denn die bilden ihre Studis zur Konzertreife aus, und das setzt halt leider nicht an autodidaktisch erlerntem mittelschweren Kleinkram an)*)
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*) eine op.27,2 Sonate in einer Aufnahmeprüfung als Glanzstück ist schon, egal wie gut gespielt, ein Ausschlußkriterium - es sei denn, da käme noch eine Etüde von Chopin oder Skrjabin hinzu (und zwar richtig gut gespielt!)