Manchmal passiert mir auch das, aber gerade beim Presto der Mondscheinsonate ist es doch eher die andere Richtung.
Ich habe das scheinbar zu oft bei Geschwindigkeiten um 120bpm geübt, und nähere mich dem ohne Metronom hin und wieder auch langsam an ... das ist natürlich Murks, wenn man eigentlich auf 150 begonnen hat (und das auch nur, weil man 160 in einzelnen Passagen nicht gebacken kriegt).
Momentan geht es mir auch darum, meine "tempomäßige Komfortzone" bei diesem Stück nach oben zu verschieben.
Einige Aufnahmen davon finde ich zu schnell ... aber meins ist mir leider etwas zu langsam. Und es ärgert mich, wenn ich merke, dass ich schon wieder abgesackt bin.
Hast du da Tipps (abgesehen vom Zusammenspiel mit anderen oder einem Metronom), wie ich das am Klavier in den Griff kriegen kann?
Lieber DerOlf,
leider ist die Arbeit daran nur live effektiv zu gestalten. Ohne dich zu hören und zu sehen, ist es schwierig. Trotzdem gibt es allgemeine Herangehensweisen und Tipps:
1. Mach das
Metronom zu Temposteigerungszwecken bitte
aus.
Du merkst doch selbst, dass es dich nicht dahin bringt, wohin du gern möchtest.
2.
Nehmen wir als Beispiel die ersten zwei Takte des 3. Satzes. Als Erstes ist es sinnvoll, sich eine
Klangvorstellung zu bilden, indem man sich den Notentext anschaut. Was sehen wir?
"Presto agitato" lautet die Überschrift, also sehr schnell, aufgeregt, aufgewühlt, erregt soll es klingen. Die drei Oktaven durchschreitenden aufsteigenden 16tel der rechten Hand (Dreiklangsbrechungen der Tonika cis-moll) klingen entsprechend - vom ersten Ton der linken Hand an sind Hörer wie Spieler in einem unerbittlichen Sog gefangen. Die Gehetzt- und Erregtheit der 16tel wird gesteigert, indem sie im piano erklingen und selbst beim Aufstieg entgegen der Linie leise bleiben. So gefangen versuchen sie am Ende jeden Aufstiegs mit einem sforzato auszubrechen, doch vergeblich.
Die linke Hand unterstützt die Entwicklung und das Klanggeschehen, indem sie mit leisen pochenden und antreibenden staccati von Grundton und Quinte auf der Stelle bleibt.
Was bedeutet das für den Klang der 16tel?
Sie werden sehr (!) artikuliert klingen müssen, keinesfalls legato. Das ist gut zu wissen, wenn man daran geht, sie zu üben.
Und los geht's.
3. Als erstes kannst du die 16tel
in Akkorden üben. Immer vier 16tel bilden einen Akkord, einen oktavierten Dreiklang. Alles Umkehrungen vom cis-moll-Dreiklang. Nach dem Anschlag eines Akkords sofort entspannen und leicht machen.
4. Nun werden die 16tel langsam ausgespielt wie notiert. Dabei zunächst legato spielen, um die
Armführung zu klären. Eine gute Armführung ist nämlich unerlässlich zum Erfolg - wenn du sie nicht hast, kannst du so viel üben wie du willst, es wird nichts bringen.
Es sind elliptische Bewegungen, bei denen sich der Arm auf dem Daumen leicht senkt und dann in einer lang gestreckten U-Form, ähnlich einer flachen Schale, nach rechts geführt wird, um beim 5. Finger in einer Aufwärtsbewegung des Arms zu enden und gleich in die nächste Ellipse zu münden. Insgesamt sind es Spiralen gegen den Uhrzeigersinn. Auf den Kanälen von
Josh Wright und
Graham Fitch findest du vielleicht Näheres.
5. Während also der Arm nun zunächst vier 16tel in einer Ellipse, dann alle 16tel eines Aufstiegs in elliptischen Spiralen gegen den Uhrzeigersinn zusammenfasst, machen die Finger, besonders die Fingerspitzen, die Feinarbeit. Sie zupfen jede Taste an der Auslösung (nicht bis zum Tastengrund spielen!) in winzigen Bewegungen ab und so klingt jede aufsteigende Passage sehr artikuliert, aufgewühlt, verzweifelt so wie es sein soll.
Mit welchen Übestrategien erreicht man dies neben den bereits erwähnten?
6. Um das Abzupfen zu üben, kann man
in absoluter Zeitlupe die Bewegung übertreiben, indem man
jeden Ton kräftig (forte) staccatissimo abzupft. Nach diesem kräftigen Impuls des Fingers machst du unbedingt
Hand und Arm total schlapp, als wolltest du niemals einen Ton spielen. Diese so weit wie mögliche Entspannung ist sehr wichtig! Dann der nächste Ton u.s.w.. Die Ellipsen werden hier aufgrund des sehr langsamen Tempos nicht realisiert.
Im nächsten Durchgang kannst du das Tempo etwas erhöhen und die staccati leiser spielen, aber immer noch auf die Entspannung zwischen den Tönen achten!
Wieder Tempo erhöhen und so allmählich in ein fließenderes, nicht schnelles Tempo kommen, bei dem du dich wohl fühlst, alles gut klingt, der Arm jetzt wieder in Ellipsen/Spiralen führt, die 16tel piano erklingen (nur leichtes Abzupfen an der Auslösung, fühle auch, wie die Taste mit ihrem Auftrieb dir entgegenkommt) und Leichtigkeit dein Spiel bestimmt.
7. Wie nun ins Tempo bringen ohne Verkrampfungen und Stockungen?
Du schreibst, dass dir die
Stationenübungen nichts gebracht hätten. Sie sind aber hier das Mittel der Wahl, nur benötigen sie die richtige Ausführung. Vermutlich hast du etwas falsch gemacht.
Ich habe die
Rhythmustabelle mitsamt weiteren Übetipps ja schon verlinkt. Zum Einen gehst du natürlich alle Rhythmen unter 1., 2., 3. durch. Zum Andern ist es sehr wichtig, auf den langen Tönen (Haltestellen/Stationen) bei 1. und 3. Hand und Arm so leicht wie möglich zu machen, sich die nächsten Töne klanglich vorzustellen und sie mit einer zusammenfassenden Armbewegung dann zu realisieren. Vielleicht hast du da etwas falsch gemacht.
Ich vermute, dass du mit zu viel Druck spielst anstatt mit Leichtigkeit und den Arm nicht gut führst. Beides lernt man nicht mit Metronom. Aber um es wirklich beurteilen zu können, müsste ich dich live erleben. Über reine Forumsbeiträge ist das alles zudem leider schwierig darzustellen.
Viel Erfolg trotzdem!
chiarina