Musikalische Phrasen oder "Bewegungen" werden nicht ausschließlich durch den Fingersatz definiert. Auch wenn dieser gewöhnlich unterstützend ist - aber nicht zwingend.
Das ist mir absolut bewusst, schön dass wir uns da einig sind.
Musikalische Phrasen werden natürlich nicht durch den Fingersatz definiert, sondern definieren sich irgendwie selbst aus der Musik heraus. Aber zu ihrer Umsetzung braucht es nun einmal eine schöne Agogik und Dynamik (um stellvertretend für vieles andere zwei Hauptaspekte zu nennen, die absolut nicht vollständig zur Beschreibung ausreichen).
Eine schlechte Bewegung bzw. Beweglichkeit (eventuell durch einen persönlich unbequemen Fingersatz bzw. in diesem Fall eher "Handsatz" verursacht) macht es aber noch schwerer, die Agogik und Dynamik (etc.) so auf den Tasten hinzubekommen, dass das eigene Ohr (und im Ernstfall später dann das des Publikums) auch zufrieden genug ist.
Aber ich schweife hier nun restlos ab in die Weiten des Schwafelns und würde nun gerne hier zur Sonate zurückkommen, und zwar zu einem anderen ganz simplen Aspekt, der mir irgendwie auch noch nicht ganz klar ist. Bitte nicht über diese doofe Frage lachen: Wie viele Sätze hat denn diese Sonate überhaupt? Drei? Vier?
Die Sonate läuft ja grob gesagt so ab:
Andante
Allegro
Tempo I -
attaca subito
Allegro molto e vivace -
attaca subito
Adagio con espressione -
attaca subito
Allegro vivace
Tempo I
Presto
Dass die ersten drei Tempi zusammen einen in seiner Form recht eigenwilligen 1. Satz bilden, scheint noch sehr logisch zu sein. Das kurze "Allegro molto e vivace" als 2. Satz, das anschließende "Adagio con espressione" als 3. Satz und den zum Großteil rasanten Rest als 4. Satz zu bezeichnen liegt angesichts der Gliederung durch die "attaca subito"-Hinweise nun recht nahe. Andererseits setzt Beethoven an keiner Stelle innerhalb der Sonate einen wirklichen Schluss-Taktstrich. Es werden lediglich normale Doppelstriche, wie bei Tempowechseln
innerhalb eines Satzes üblich verwendet.
Außerdem trägt der potentielle "4. Satz" die Tempobezeichnung "Tempo I" in sich, wobei dieses Tempo I eindeutig auf das "Adagio con espressione" bezogen ist, schließlich wird hier musikalisch genau dessen Hauptmotiv noch einmal kurz wiederholt. Dies beides, sowie der sehr offene Schluss des "Adagio con espressivo"-Abschnitts deuten nun viel eher darauf hin, die vorher als "3. Satz" und "4. Satz" bezeichneten Teile zu einem die somit dreisätzige Sonate abschließenden 3. Satz zusammenzufassen.
Wenn dies aber so ist: weshalb dann diese "attaca subito"-Anweisung nach dem "Adagio con espressione", welche innerhalb eines Satzes eigentlich nichts zu suchen haben sollte.
Oder ist es vielmehr so, dass eine Untergliederung der Sonate in getrennte Sätze hier am Ziel Beethovens vorbeischießt und das ganze Werk eher als eine große einsätzige Sonate zu verstehen ist? Dass Beethoven quasi seiner Zeit voraus ist (was er mit seinen wegweisenden Sonaten wohl sowieso war)?