Fazioli

Der Laden, in dem ich meine Lehre gemacht habe, hatte damals die Fazioli Vertretung. Deswegen hatte ich damals auch mehrere angespielt und auch gestimmt. Aber in meiner Erinnerung haben die mich damals nicht wirklich begeistert. Zuvor hatte ich noch nie von denen gehört, aber dann hieß es, die seien besser als Steinway. Fand ich damals nicht.

Zum Thema keine Kaufabsichten: ein Freund war neulich in einem Laden für Audiophile und hat gleich gesagt, dass er nichts kaufen will, aber gerade 15 Minuten Zeit hat und mal richtig gute Boxen hören will. Der Verkäufer hat ihn dann in einen Nebenraum mit Boxen geführt und ihn dort 15 Minuten Musik hören lassen auf sündhaft teuren Boxen. Warum auch potentielle Kunden rausschmeißen? Man sieht sich immer zwei mal im Leben.
 
Kann leider zu Fazioli-Spielereien nichts sagen, mangels Gelegenheiten.

Betreffs Chancen, gebraucht mal einen Super-Sonder-Sahne-Flügel zu erwerben, sehr deutlich unterhalb brutaler 150 Neu-TEuroni, ein Tip.

Bösendorfer 275 Konzertflügel.

Der erste damals (Piano Faust, Wuppertal) war gar nicht zu verkaufen, war nur zur Halswäsche und Service dort, steht sonst auf der Bühne des "Forums" zu Wuppertal - und ich war begeistert.
Ein anderer 275 Bosie stand mal in Edinburgh, frisch saniert aus Wiener Neustadt. Auch wieder super sahne. 63 Great British Pounds. Ist iwie günstiger als 150 TEUR. ...

... und: der Edinburgher war der EINZIGE ... Flügel, der mir - OK subjektiv - NOCH besser gefiel als mein von Michael Szecsenyi selig (mit etwas Wissen und paar Ideen von mir) durchoptimierter Steinway D-Centennial. Ein genauso herrlicher, etwas weicherer Klang. Zudem eine noch um ein Winziges besser ansprechende Mechanik.

Diese Big Bosies haben mir beide deutlich besser gefallen als alle D, die ich so unter meine Amateur-Wurstfinger bekam. (Dies auch denen mal hinter die Binde, die meinereinen als Apologeten und Promoter Steinway abfrühstücken wollen. Nope. Wenn Fan, dann Big Bosies. Centennials gibt's ja kaum noch ...)
 
. Aber in meiner Erinnerung haben die mich damals nicht wirklich begeistert.

Ist auch nicht jedermanns Sache.

Die ich damals bei Fischer in München gestimmt habe, die galten einigen als "zu glatt".

Bei dem F308, den mein damaliger Kollege Robert Fies im Staatstheater stimmte, hieß es in der Zeitungskritik dann: "der bestechend sauber gestimmte Flügel"

Im Gegensatz zu den Steinwayflügeln, muß die Duplexscala auch genau oktavmäßig stimmig sein (machst des beim Steinway, klirrt der)

Ich persönlich war begeistert von diesem glasklaren und sehr deutlichen Klang.
 
Hier mal ein Interview mit Paolo Fazioli, leider in italienisch....aber vielleicht kann des ja hier jemand übersetzen?


Eine kurze Zusammenfassung:
Fazioli ist ausgebildeter Pianist. Seine Familie hat eine Möbelfirma. Alle Söhne haben ihr eigenes Ding gemacht, er war der letzte. Die Möbelfirma hat ihm sein Unternehmen ermöglicht.
Er hatte diverse Ratgeber, einen Professor für Akustik, einen für Holzverarbeitung,...
Insgesamt benötigen sie für ein Instrument 700 bis 800 Arbeitsstunden über 2 Jahre.

Das Geheimnis des Klangs: Schwer zu beschreiben. Fazioli war mit dem Klang der anderen Klaviere nicht zufriednen - manchmal hat er es schwer gefunden, darauf zu spielen. Das wollte er im eigenen vermeiden. Es soll gleichmäßig in allen Registern sein, überall gut reagieren. Inspiriert vom Klang der Oper.
Fokus auf Nuancen und Klangfarben.

Die Marke hat sich schnell verbreitet (80er und 90er). Wenn die Qualität passt, muss man einen Pianisten dazu bringen, auf der unbekannten Marke zu spielen, aber dann erkennt er die Qualität. Künstler reisen und diskutieren viel, dadurch verbreitet sich der Ruf. Besser als eine teure Werbekampagne.

Erster Erfolg war in Deutschland. Fischer war der erste Verkäufer seit 1982.
Nikita Magaloff erster Künstler.
Brendel, Askenazy werden auch genannt.

11. Sept. 2003, New York: Konzert über Ground Zero. 21 Flügel von Fazioli mit Dirigent Ballista, Komponist Daniele Lombardi.

Product placement in Filmen: War spontan, zb 50 shades of grey. Gedreht bei Vancouver, wo es einen großen Faziolihändler gibt.
The Children Act mit Emma Thompson

Fazioli hat einen Konzertsaal seit 2005 in Sacile, gute Akustik und auch schön.
Im Jahr 2000 wurde die neue Fabrik gebaut, er wollte einen Ort, wo die Instrumente auch ordentlich ausprobiert und präsentiert werden können.
Die Konzerte sollen speziell sein, nicht banal.
Inspiriert von der Architektur eines griechischen Theaters.
Es wurde viel Holz verbaut.

Können Aufnahmen alle Details des Instruments wiedergeben / Erkennt man Fazioli auf den Aufnahmen?
Meistens erkennt er seine Instrumente. Fazioli ist kein Tontechniker, will nicht zu viel darüber sagen. Es gibt wohl noch Verbesserungsmöglichkeiten.
 
Aber ich kann natürlich Fazioli mit Bösendorfer nicht vergleichen.
Das wäre mal interessant.
Ich mich noch nie getraut einfach in so ein hochpreisiges Geschäft zu gehen und einfach mal Flügel anzuspielen
Geh nur. Als ich mal in München war, habe ich so etwa 1 h vor Ladenschluss bei Fischer gefragt - ich würde gerne einmal in meinem Leben einen Fazioli probieren - ich durfte dann alle Modelle durchprobieren (nur der ganz große war nicht da) - und sie haben mich auch nicht rausgeworfen !
 

@Henry - das war vor unserem legendären Treff im Biergarten - lange ist´s her
 
Aber ich kann natürlich Fazioli mit Bösendorfer nicht vergleichen.


Für mich war es das.

Mir war die Möglichkeit vergönnt, zahlreiche Male am - in einem Raum stehenden - Imperal und Fazioli F278 zu spielen. Aber abgesehen vom mich irritierenden butterweichen Pedal des Imperial fand ich diesen insgesamt angenehmer. Den Pedal-Widerstand des Fazioli empfand ich als unangenehm hoch (er war höher als an meinem Wiener).

Das Spielgefühl des Fazioli habe ich - im Gegensatz zum Imperial - als zu schwergängig wahrgenommen. Der Fazioli klang gut aber nicht sonderlich beeindruckend. Er vermochte es nicht, bei mir eine Gänsehaut oder feuchte Augen auszulösen. Das hat ein über 100 Jahre alter 170 cm langer Bösendorfer geschafft.
 
Den Klang der Flügel assoziiere ich gerne mit gotischen Kirchenfenstern einer Kathedrale. Da gibt es die breiten, mächtigen Fenster der Portalseite (Bösendorfer), die schmaleren hohen Fenster der Seiten (Steinway) und dann besonders schmale, sehr hohe, spitze Fenster (Fazioli).
Als ich bei Fischer die Modelle probierte, hatte ich Schwierigkeiten mit dem Klang, den ich bei Rachmaninoffs D-Dur Prelude hervorbrachte, aber überhaupt nicht mit Mozart [;-) ]. Eine andere Assoziation war der Silberklang der Faziolis.

Das beschreibt natürlich lediglich erste und subjektive Momenterlebnisse ohne besondere Relevanz (persönliche Disposition, unerfahren, ohne längere Beschäftigung mit den Instrumenten- auch war ich damals erst am Anfang meiner Unterrichte und entsprechend verwildert - keine Ahnung)

In einem Hauskonzert konnte ich dann hören, was meine Klavierlehrerin mit so einem Instrument anfangen konnte, mit Rachmaninoffs Préludes op.23, Ravels Miroirs, Schubert,... quer durch die Literatur und das war in jeder Hinsicht beeindruckend.

Ich würde ihn gerne mal wieder probieren - nach sieben Jahren.
 
Ich habe seit 2000 einige Male bei Stingl auf Fazioli gespielt und fand die Instrumente recht unterschiedlich sowohl vom Klang her als auch von der Spielbarkeit. Es kommt wie immer doch auch sehr auf das Einzelstück und die Techniker an.
 
Ihr Lieben,

ich greife dieses Thema nochmal auf, weil ich das MIDI-File von damals (2015) nochmal ausgegraben habe.

In letzter Zeit habe ich gelernt, wie man MIDI-Files bearbeitet, also am Timing und der Artikulation rumschraubt. Dadurch ist die Aufnahme jetzt quasi fehlerfrei, bzgl. Dynamik und Artikulation ausgeglichener. Ist eine reine Spielerei, die Tasten habe ich 2015 gedrückt, aber das Gebastel hat mir sehr viel Spaß gemacht.

Damals lief das auf Pianoteq 5, mittlerweile sind wir bei Pianoteq 8, das ist doch eine relevante Entwicklung/Verbesserung.

In dem verwendeten Preset hat jemand aus der Pianoteq-Community versucht den Fazioli-Klang nachzubauen (auf der Basis eine Emulation eines Bluethner-Konzertflügels - seltsame Kombi, aber wer Pianoteq kennt, wird wissen, was gemeint ist...).

Außerdem habe ich mit Equalizer und Raumklang versucht, den Klang möglichst "fett" aber doch nuanciert und subtil zu gestalten und ein großkotziges Video dazu erstellt. Der dicke und samtweiche Bass kommt an ein paar Stellen im hinteren Drittel besonders schön raus.

Inzwischen kann ich die Nummer nicht mehr hören, weil ich mich so viel damit beschäftigt habe, aber vielleicht klingt es für Euch noch frisch...

LG

TJ



Und zum Direktvergleich die alte Version:


...da habe ich noch was aus dem Fazioli-Orbit...
 

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