Hallo, ganz bewusst bei den Anfängerfragen und nicht bei Theorie, ... möchte ich Mal fragen, warum der Musiktheorie ein solch unglaublich schlechtes und grundfalsches Bild anhängt.
Leute, die Informatik studiert haben und Programme schreiben, die andere anspruchsvolle Fächer studiert haben bekennen hier offen ihre Ehrfurcht (oft mehr Furcht als Ehre) vor der elementaren (und wahrhaftig einfachen) Musiktheorie!
Das geht mir nicht ein!!
Gibt's dafür Gründe?
Ich bin Spätanfänger und Laie in Musiktheorie, aber ich habe mehrere Bücher dazu hier und lese auch immer mal wieder rein und verfolge auch immer solche Themen hier interessiert auf clavio.
Ich finde die gar nicht überflüssig sondern durchaus erhellend und sicher auch sehr hilfreich beim Erlernen von Stücken.
Ich bin aber auch studierter Mathematiker und Informatiker - und man kann die Sachen aus meiner Sicht nur schwer vergleichen. Die Theorie einiger hier, die Leute seien nur zu faul sich auf theoretischem Niveau mit Neuem zu beschäftigen, darf ich für meinen Fall verneinen.
Mein persönliches Hauptproblem bei Musiktheorie ist, dass viele Bücher aus Sicht von Naturwissenschaft-Gewohnheiten nicht immer stringent begründet geschrieben zu sein scheinen und teils wie eine so-ist-das-halt-Faktensammlung wirken.
Wenn man mehrere Musiktheorie-Bücher hat kann man auch sehen, dass es nicht überall so sein muss, denn mal begründet das eine Buch gewisse Dinge besser, die das andere Buch nur als Fakten aufzählt und dann wieder ein anderes Buch. Scheinbar übernehmen die Musiktheoriebücher aber nicht die besten, etablierten Begründungsmuster voneinander, wie das in Naturwissenschaften üblich ist.
Dennoch liegt es evtl. auch konzeptionell bedingt, dass man eben nicht alles stringent durchbegründen kann, wie man das als Mathematiker, Physiker oder Informatiker gewohnt ist.
Mathematik oder Physik sind nicht durch subjektive und schwer greifbare Hörphysiologie und Hörpsychologie geprägt - deren Modelle und Folgerungen sind universell und nicht zwingend auf den (ggf. sogar noch europäischen) Menschen ausgerichtet.
Der große Zoo an Tonleitern, Akkorden, Kadenzen, Harmonieverläufen, Rhytmusmustern, die Anwendbarkeit von Verzierungen, das Erkennen von Funktionen aus dem Kontext etc. etc. erscheinen einem langjährig praktizierenden Profimusiker ganz logisch - aber einem logisch geprägten Menschen, der sich neu mit Musik beschäftigt erst mal gar nicht.
Die Hörgewohnheiten / hörpsychologischen Elemente - und auch historisch etablierte Annahmen - machen hier doch einen Strich durch die Rechnung. Ich habe mal gelesen, dass wir erst während des Erwachsenwerdens typische Kadenzen als zwingend erlernen. Im asiatischen, indischen oder arabischen Raum findet man z.B. ganz andere Tonleitern, Akkorde oder Kadenzen, die dort als angenehm empfunden werden.
Einzelne Elemente versteht man immer, aber man muss ja alles zusammen draufhaben, um es anwenden zu können - und das dann noch in Echtzeit. Das ist doch nicht einfach - und wie immer gilt der Spruch: "Was man kann ist einfach, was man nicht kann ist schwer."
Musiktheorie hat durchaus mathematische Prägungen - aber wirkt auch oftmals wie Fremdsprache-Vokabeln-lernen und Grammatik (Da ist auch vieles einfach nur historisch gewachsen und durch Hörgewohnheiten geprägt - auch wenn man natürlich Themen klassifizieren und begründen kann, bis zu einem gewissen Punkt) Und da ist einfach mal ein fundamental anderes Talent-Set gefragt als bei Informatik oder Mathe.