"Die Besonderheiten der Klangerzeugung auf dem Klavier"

1. Hast Du eine Ahnung, warum die Stimmer einen Ton im fff anschlagen? Na? Bin gespannt.
2. Es gibt niemals nie zwei gleichlaute Tonereignisse, egal ob man eine Taste elastisch oder unelastisch nieder knüppelt.
3. wie viele schon beschrieben haben: Flugbahn ist Flugbahn. Schnell = laut und langsamere Flugbahn = leise. Das ist Physik.
Der Auslösung des Tones ist es egal, wie Du die Auslösung betätigst...

Diese Suche nach der "richtigen" Bewegung um einen guten Ton zu erzeugen ist absolut richtig und nötig. Nur die Argumentation ist falsch.
Was ggf. noch dazu kommt, ist die Rückkopplung der Mechanik auf die Hand des Pianisten, was dann ggf. sensorisch wahrgenommen wird und zu unterschiedlichen Eindrücken führt.

Bei allem Herumgeteste am Instrument muß man sich aber auch die Arbeitsweise des menschlichen Gehörs verdeutlichen: Man hört, was man hören will und man hört, worauf man achtet. Wenn man zweimal einen identischen Ton erzeugt, dabei aber auf unterschiedliche Dinge achtet, hört man unterschiedliche Töne. Diesem Dilemma kann niemand entkommen.

Es kann also durchaus passieren, daß der Pianist bei einer bestimmten Bewegungsform einen für ihn schöneren Ton hört, aber der tatsächlich vom Instrument abgegebene Ton sich überhaupt nicht verändert hat.
 
Diese Thema hat sich bereits seit langem zu einem Glaubenskrieg entwickelt. Das muss mal jemand in die Hand nehmen und einen ordentlichen wissenschaftlichen Versuch machen. Wie wär's, wenn wir das am Donnerstag im Raum und Zeit ausgiebig diskutieren?

Der Hartmut
 
a pro po - es hat unglaublich Widerstand bei Wikipedia gegeben als ich mal versucht habe, das Klavier dank seiner Tonerzeugung in die Kategorie "Schlag-Instrument" ein zu pflegen. Aber der Ton entsteht nun mal durch einen Schlag und nicht durch zupfen, streichen oder blasen. Mehr Tonerzeugungsmöglichkeiten gibt es nicht!

okok, man könnte es ja noch in der Elektro-Abteilung einordnen, wenn es ein E-Piano ist.

Die Begründung war, dass es zu den "Tasteninstrumenten" einzuordnen wäre. Ja klar, stimmt. Aber es gibt drei Sorten von Tasteninstrumenten: zupfen, blasen, und schlagen!

Nun sage mir mal jemand aus der Zupf- oder Blas-Abteilung (Cembalo oder Spinett, Orgel oder Akkordeon) ob das mit der Tonerzeugung in Abhängigkeit mit dem Armgewicht auch so diskutiert wird... ich glaube NICHT!
 
a pro po - es hat unglaublich Widerstand bei Wikipedia gegeben als ich mal versucht habe, das Klavier dank seiner Tonerzeugung in die Kategorie "Schlag-Instrument" ein zu pflegen. Aber der Ton entsteht nun mal durch einen Schlag und nicht durch zupfen, streichen oder blasen. Mehr Tonerzeugungsmöglichkeiten gibt es nicht!
Wikipedia ist immer wieder für einen Lacher gut. Bitte nicht mit einem seriösen Nachschlagewerk verwechseln. :lol:

Natürlich ist das Klavier auch ein Perkussionsinstrument. Viele Klavierstücke wären ohne diesen Charakter völlig undenkbar.

okok, man könnte es ja noch in der Elektro-Abteilung einordnen, wenn es ein E-Piano ist.
Bei den elektronischen Tasteninstrumenten ist bei Wikipedia auch alles durcheinander. Da können Experten analoge E-Pianos und digitale Synthesizer nicht auseinanderhalten und erfinden irgendwelche ausgedachten Bezeichnungen ohne historischen Kontext, die in der Musikwelt niemand benutzt.

Jetzt könnte sich da natürlich jemand dransetzen und das alles mal grundsätzlich ordnen, aber spätestens ein paar Stunden später wäre wieder alles beim alten. Zeitverschwendung. Im übrigen funktionierte so auch noch nie. Es war im Internet schon immer so, daß jemand etwas Neues und Besseres auf die Beine gestellt hat und das Veraltete und Überholte (hier Wikipedia) schlicht verdrängte.
 

Diese Suche nach der "richtigen" Bewegung um einen guten Ton zu erzeugen ist absolut richtig und nötig.
@Viola na, das ist doch altbekannt (falsche Bewegung => unpassender "schlechter" Ton)
...und um deine polemischen Spitzen ein wenig abzuschleifen: unelastisches dreschen (eine Sorte ungünstiger Bewegungen) führt zu entsprechend ärgerlicher Klangqualität*) elastisches anschlagen erzielt da andere klangliche Ergebnisse - offenbar ist es doch nicht egal, ob man unelastisch oder elastisch auf den Tasten herumknüppelt ;-);-);-)

Mag sein**), dass letztlich allein die Hammergeschwindigkeit für die Tonstärke verantwortlich ist - da wir alle keine eingebauten Feinst-Tachometer an den Griffeln haben, nützen uns ausgemessene Geschwindigkeitsziffern in der roh-plumpem Praxis gar nicht!! Du weisst doch selber: ein ppp-Tremolo (Liebestod, stehe still, Tannhäuserouvertüre etc) kriegt man nur dann leise genug hin, wenn man tief in den Tasten spielt: da hat man die Hämmer schon sehr angehoben (hat also den Weg der Hämmer, die "Flugbahn" arg verkürzt!!) und so gibt es noch etliche verschiedene Spielweisen, die ganz anders sind als die Taste von oben bis ganz unten zu bewegen --- mag sein, dass das alles nichts anderes ist, als mechanische Beeinflussung/Variierung der Hammergeschwindigkeit - entscheidend ist, dass wir Bewegungsweisen entwickeln können, deren Bewegungsvorstellungen (schreiten, hüpfen, federn, gleiten u.v.a) nichts mit Tachometermessungen oder Tachometereinstellungen zu tun haben***), und sie funktionieren trotzdem. Und das dankenswerterweise, weil der Flügel ein herrliches mechanisches Präzisionsinstrument ist! Das Biest reagiert ungemein fein!!! (deshalb klingt es auch scheiße, wenn es tölpelhaft angefasst wird)

Und natürlich ist ein einziger Ton samt seiner Lautstärke völlig irrelevant****) - mindestens zwei aufeinanderfolgende Töne sind nötig, und dann ist die Folge von zwei Tönen und wie sie wirken noch zusätzlich sehr vom Tempo abhängig. Was du mit "Zauberern" andeutest, ist nichts anderes, als Tonfolgen und Zusammenklänge klanglich, musikalisch sinnvoll zu spielen - und das konnten und können manche halt besser als andere...
___________
*) woran das geschundene Instrument nicht schuld ist! ;-)
**) mir ist das egal (!), mich interessiert nur der abgestufte Klang, nicht der physikalisch-mechanische Krempel
***) wer sich ans Klavier setzt und übt, dass er ein z.B. pp mit exakt der vom Physiker ausgemessenen Hammergeschwindigkeit xy produzieren muss, der wird nie ein paar vernünftig klingende Töne hervorbringen
****) mag sein, dass Physiker sowas spannend finden und akribisch untersuchen können - musikalisch nützen tut das gar nicht
 
Dieser Thread feiert bald seinen 8. Geburtstag, und die ursprüngliche Frage ist noch nicht beantwortet.

Ich finde, es ist schon eine Menge brauchbares Zeug geschrieben worden, und es ist so ziemlich alles gesagt, was bei derzeitigem Wissensstand gesagt werden kann.

Bislang hat auch noch niemand irgend eine öffentlich zugängliche Literatur zur Verfügung gestellt, wo man so etwas fundiert nachlesen kann; vermutlich wurde es tatsächlich noch nicht ausreichend untersucht.



Einige Tests wurden ja schon gemacht und im Forum vorgestellt. Sie sind alle interessant, aber was ihnen fehlt ist eine ordentliche Versuchsplanung.

Beim Clavio- Treffen in Nürnberg ist der Gedanke wieder mal aufgeflammt, einen wissenschaftlichen Versuch dazu durchzuführen.

Ich fände das sehr herausfordernd und spannend einen entsprechend gut geplanten Versuch aufzusetzen und durchzuführen.

Ich glaube, dass im Forum auch unterschiedliche Kompetenzen vorhanden sind, die man dafür braucht:



  • Gute Klavierspieler

  • Gute Instrumente

  • Physiker

  • Mechaniker




Hat jemand Lust die Thematik wirklich mal wissenschaftlich zu untersuchen?

David und ich wären spontan dabei. Meines Erachtens würde man grob in etwa so vorgehen:



  1. Eigentliche Fragestellung präzisieren und abgrenzen

  2. Definition der physikalischen Größen, mit denen ein Nachweis erfolgen kann

  3. Design eines entsprechenden Versuchsaufbaus

  4. Bau einer vermutlich mehr oder weniger komplexen Apparatur zur Versuchsdurchführung

  5. Durchführung des Versuchs

  6. Veröffentlichung aller wesentlichen Details und der Ergebnisse um sowohl Versuch als auch Ergebnisse zu diskutieren, möglicherweise Schwächen aufzudecken und auch um unabhängige Verifizierungen (bzw. Falsifizierungen) zu ermöglichen


Der Hartmut
 
Meine Anregung für diesen Versuch:
Die Verwendung eines Silent-Flügels wie Yamaha C3X-SH oder gar als DC3X Disklavier Enspire, bei denen man auf immerhin 1/127 genau die Geschwindigkeit der Tastenbewegung sowie die Dauer des gedrückten Tons als MIDI-Daten auswerten kann. Man könnte die Daten dann beliebig oft auf digitaler Klangerzeugung bzw. beim Disklavier auch analog auf dem Flügel wiedergeben, um Höreindrücke und Daten über Tastenbewegungen bei verschiedener Spielweise abzugleichen.

LG
BP
 
Hat was.
Ich behalte das mal im Hinterkopf.
Allerdings müssen wir glaube ich wirklich ganz vorne anfangen. Im Laufe des langen threads hat sich heraus gestellt, dass die Frage gar nicht 100%ig klar war. Mit oder ohne Klopfgeräusch der Finger? Generell mit oder ohne ungewollte Nebengeräusche? Von wo aus beurteilt? Spieler, Bereich der Saiten, oder vom Publikum aus? Was beurteilen? Frequenzspektrum? Schalldruck im Zeitverlauf? A- bewertet? Die Anfangsfrage war glaube ich nach der Klanggestaltung. Was bezeichnen wir überhaupt als Klang oder dessen Qualität? All diese Dinge müssen geklärt oder zumindest definiert werden, bevor wir anfangen, sonst kommen wir schnell in Teufels Küche und verlaufen uns. Das Ziel dieser Untersuchung wäre ja mehr zu bieten als es dieser thread kann.
Ich würde mich freuen, wenn sich noch 2, 3 Leute dazu gesellen würden, die Erfahrung haben im wissenschaftlichen Arbeiten. Alibiphysiker vielleicht? Barratt? Ingenieure? Tontechniker? Akustik?...

Der Hartmut
 
Mal eine ganz blöde Frage:

Wenn sich Klangqualität erst im Zusammenhang zeigt, sprich, wenn man mehrere Töne in Relation* hört, kann es dann nicht sein, dass die Bewegung, mit der ich die Töne in ihrem Zusammenhang in der gewünschten Art erzeuge, die wahrgenommene Klangqualität substanziell bestimmt?
Dann wäre es unsinnig mit dem einzelnen Ton zu argumentieren. Dann müsste man Bewegungsabfolgen, mit denen man einen bestimmten Effekt erzielen kann, diskutieren.

Aber damit habe ich die Fragestellung nicht vereinfacht, sorry @Hartmut.
 
Meine Anregung für diesen Versuch:
Die Verwendung eines Silent-Flügels wie Yamaha C3X-SH oder gar als DC3X Disklavier Enspire, bei denen man auf immerhin 1/127 genau die Geschwindigkeit der Tastenbewegung sowie die Dauer des gedrückten Tons als MIDI-Daten auswerten kann. Man könnte die Daten dann beliebig oft auf digitaler Klangerzeugung bzw. beim Disklavier auch analog auf dem Flügel wiedergeben, um Höreindrücke und Daten über Tastenbewegungen bei verschiedener Spielweise abzugleichen.

LG
BP

Ich habe zu Hause ein Disk-Klavier, was das Spiel zu MIDI-Daten ausliest. Das Problem daran ist, dass 128 Schritte für die Lautstärke-Wiedergabe (Controller Velocity) eine Begrenzung ist. Nach unten wie nach oben. Die Programmierung der Verteilung dieser Lautstärken ist ziemlich tricky und eigentlich auch schon wieder eine Interpretation der Daten.


Halten wir uns doch nicht mit solchen technischen Sachen auf sondern widmen wir uns eher dem mentalen Aspekt. Das ist meiner Meinung nach zielführender.

Es geht am Ende NICHT um Flugbahnen, Lautstärken und und und... sondern - wie Rolf richtig schreibt - die Aufeinanderfolge von ZWEI Tönen in Abhängigkeit vom Tempo und Lautstärke.

Da unser Hirn mit der Berechnnug überfordert wäre suchen wir nach mentalen Lösungen. Die klappen gut - egal wie man am Ende den Ton erzeugt! Es zählt nur eins: entweder es stimmt oder es stimmt nicht.
 

Wie schon geschrieben, die Sache mit Disklavier, etc. behalte ich im Hinterkopf, bin mir noch nicht sicher, ob wir das brauchen warden.

Halten wir uns doch nicht mit solchen technischen Sachen auf sondern widmen wir uns eher dem mentalen Aspekt


Ich will den „mentalen Aspekt“ keinesfalls geringschätzen (was auch immer man damit meinen mag). Ganz im Gegenteil: Letztlich ist es der Geist, der entscheidet, ob ein Klang schön ist oder nicht, welche Entscheidungsparameter er jedoch hat, verrät er dem Großhirn jedoch nicht oder nur partiell. Das Großhirn hinkt dem Gefühl immer ein paar Schritte hinterher, weil es eine nur begrenzte (sehr kleine) Anzahl von Fakten bewusst verarbeiten kann, alles andere bleibt unberücksichtigt. Das Gefühl verarbeitet alles und ist damit per se wesentlich vollständiger und richtiger. Beide können jedoch mal falsch liegen. Und gerade das ist der Reiz: Das Gefühl sagt uns, dass wir zweifelsohne ein Klavier zum schön Klingen bringen können, oder eben auch grässlich. Lasst uns das mal analysiseren, woran das liegt, damit das Großhirn folgen kann.

Wen eine wissenschaftliche Untersuchung nicht interessiert, der braucht sich ja nicht zu beteiligen.



Für mein Dafürhalten ist es nicht nur sehr interessant diese Frage zu klären, sondern auch äußerst relevant für die Praxis des Klavier Spielens.

Stellt euch vor, dass Generationen von Klavierlehrern über Jahrhunderte immer wieder fordern dieses oder jenes zu tun, dabei ist es in Wirklichkeit gar nicht möglich!?!

Gesetzt den Fall, wir können den Klang eines einzelnen Tons nicht beeinflussen, dann ist es eine Menge verschwendete Energie, das zu versuchen. Nehmen wir an, guter Klang entsteht lediglich durch das geeignete Zusammenwirken mehrerer Töne, dann ist es das, worauf wir uns beim Üben konzentrieren müssen. Das würde auch heißen, dass ganze Heerschaaren von exzellenten Pianisten beim Üben intuitiv genau das tun, deswegen sind sie schnell gut geworden. Das ist durchaus möglich, ohne die Theorie dahinter verstanden zu haben.



Andererseits wäre es möglich, dass wir herausfinden, dass es eben doch möglich ist, den Klang durch einen differenzierten Anschlag zu beeinflussen. Dadurch, dass wir einzelne Parameter isolieren, wären wir dann auch in der Lage zu erklären, wie das geht, weil wir ja den Versuch entsprechend aufgesetzt haben. Dann müssen die nächsten Generationen von Klavierlehrern nicht mehr hilflos fordern, einen schönen oder weichen oder wasweißichwelchen Ton zu erzeugen, sondern sie können konkret erklären, wie das zu machen ist, und sie könnten erklären, warum das funktioniert. Wir leben in einer Zeit, in der wir unbewiesenen Behauptungen mehr oder weniger kritisch gegenüber stehen, und das ist gut so. Wir müssen auch offen bleiben dafür, dass wir uns geirrt haben könnten. Auch wenn wir hervorragende Pianisten sind. Oder Lehrer. Ich habe in einem Klavierbuch mal gelesen: „Ein Lehrer muss den Mut haben sich zu blamieren“. Der Satz hat mir sehr imponiert, und er ist mir in vielen Lebenslagen schon oft wieder eingefallen, nicht nur beim Klavier spielen.


Ich glaube, dass es ein äußerst interessanter Versuch werden wird, bei dessen Planung und Durchführung wir schon eine Menge lernen werden.

Und wenn wir es gut machen und mit etwas Glück finden wir ja neue Tatschen heraus, oder stellen Erkenntnisse vor, für die sich die Klavierwelt insgesamt interessiert.

So etwas kann man aber nicht alleine stemmen, vielleicht finden sich doch noch ein paar Leute, die bereit sind etwas Zeit in so etwas zu investieren?



Der Hartmut
 

Zurück
Top Bottom