"DDR"-Blüthner?

K

kalessin

Guest
Hallo zusammen,

da ich mich ja in der Planungs- und Recherche-Phase zwecks späterer Flügelanschaffung befinde, hätte ich mal wieder eine doofe Frage in der Hoffnung, dass da jemand hier Genaueres zu sagen kann.

Und zwar bin ich ja eigentlich Fan des Blüthner-Klangs... Problem dabei natürlich: neuer Blüthner-Flügel ist unbezahlbar. "Junge" Blüthner, also im Bereich bis ca. 20 Jahre, sind ebenfalls noch recht teuer. Vorkriegs-Modelle sind günstiger, allerdings hängt hier natürlich der Zustand stark davon ab, was für eine Geschichte das Instrument hat, wieviel es gespielt wurde, wie rabiat wurde es wie oft "renoviert" und so weiter. In einem Jahrhundert kann ja viel passieren.

Dann lief mir letztens ein Blüthner in 1,90m aus den 70ern (glaube ich) über den Weg. Sogar recht oft findet man Modelle aus den späten 50ern. Und dabei kam ich ins Grübeln: auch wenn ich persönlich darüber mittlerweile nur noch sehr selten nachdenke, ist die Zeit zwischen ca. 1950 und 1990 natürlich ein "Sonderfall" gerade für die Firma Blüthner, da sie in dieser Zeit auf dem Gebiet der DDR arbeitete. Was bei mir Fragen erzeugt:
  • Haben die "DDR"-Modelle Renner-Mechaniken oder wohl eher Detoa (o.ä.)? Aktuell verkauft Blüthner beispielsweise in den Haessler- und Irmler-Serien Detoa und nur gegen Aufpreis Renner. Die "richtigen" Blüthner kommen serienmäßig mit Renner-Mechanik. Zu DDR-Zeiten kann ich mir aber vorstellen, dass es vielleicht ein größeres Problem mit der Verfügbarkeit von "West-Mechaniken" gab.
  • Falls in den "DDR-Blüthnern" Detoa oder ein anderes Fabrikat verbaut ist: wie gut sind diese Mechaniken regulierbar? Sind sie deutlich schwergängiger als das "Original" aus Ba-Wü? (Sind es überhaupt Repetitions-Mechaniken?)
  • Wie ist generell die Qualität des Materials bei den Modellen zwischen 1950 und 1990: Gehäuse, Stimmstock, Saiten... und wie ist die Verarbeitung?
Außer Konkurrenz: aktuelle Blüthner kommen serienmäßig mit Sostenuto-Pedal, Vorkriegs-Blüthner definitiv nicht. Wann hat Blüthner diese "Mode" übernommen? Gehe ich recht in der Annahme, dass erst nach 1990? Nicht dass Sostenuto unverzichtbar wäre, im Gegenteil kann ich bisher damit eigentlich ja eh nix anfangen. Daher eher Neugier. :-D
 
Soviel ich weiß, erfolgte die erste Teilverstaatlichung 1958 oder so, und die Vollverstaatlichung dann 1972. Aber das ist ja auch letzlich wurscht... ich kann einfach als Laie einfach nicht beurteilen, was nun die genauen Unterschiede zwischen einem 1938er, einem 1958er, einem 1978er und einem 1998er Blüthner-Instrument sind. :cry2:
 
Hallo kalessin,

die Mechanik musst Du wohl einfach ausprobieren. Ich habe DDR-Blüthner unter den Fingern gehabt, die sich durchaus ordentlich spielten, und auch solche, die ordentlich klangen. Es gibt natürlich auch das krasse Gegenteil, schlimme Gurken also, bei denen ich aber nicht sagen kann, ob sie nur schlecht gewartet oder unwartbar sind.

Vielleicht sollte man da (also bei der Mechanik) nicht so auf den Markennamen schauen. Ich glaube, Renner wurden zu DDR-Zeiten gar nicht verbaut, waren das nicht immer Langer- und Schwandner-Mechaniken? Anspielen hilft.

Die sonstige Materialqualität bei den DDR-Blüthnern kann ich nicht beurteilen. Da wissen die Klavierbauer mehr.

DDR-Blüthner sind irgendwie immer sehr niedrig. Wer also gewohnt ist, die Knie unter den Spieltisch zu schieben, kriegt hier oftmals Probleme. Wobei rolf ja immer sagt, das müsse man gar nicht.

Ciao
- Karsten, der dilettant
 
Ach, noch was: Habe letztens hier in Berlin ein fabrikneues Modell 10 angespielt. Ich hätte für den nicht unbedingt(*) meinen eigenen (Modell 11, Bj. 1942) hergegeben.

(*) Meiner hält nach dem Neubezug die Stimmung nicht besonders gut, aber ich gehe derzeit noch davon aus, dass sich das in den nächsten Monaten beruhigt. Tritt das nicht ein, bin ich von alten Flügeln geheilt.
 
Blüthner hatten Flemming Mechaniken zu DDR-Zeiten. Ich mag die Spielart nicht so. Auch der Klang der Flügel aus dieser Zeit lässt zu wünschen übrig. Betreue da einen Aliquot aus den letzten Jahren der DDR und irgendwie klingt der nach gar nichts, ist nur umständlicher zu stimmen.
Die Charakteristik der alten Blüthner haben eben nur die Alten. Mir kommt es vor wie zwei paar Schuhe, nur dass eben der Erzeuger noch der Selbe ist.

LG
Michael
 
Wie lange sind die Saiten denn schon drauf?
Toni
Hallo Toni, seit Februar sind die Saiten drauf und seit April ist der Flügel bei mir. Es ist eine längere Geschichte mit der ich das Forum im allgemeinen und einige, mir persönlich bekannte Klavierbauer aus dem Forum auch im speziellen schon länger belästige.

Nach mittlerweile vier Stimmungen durch zwei verschiedene Stimmer gehe ich derzeit davon aus, dass der Flügel an sich in Ordnung ist, dass aber beim Neubezug evtl. nicht alle "üblichen" Maßnahmen zum Recken der Saiten ausgeführt wurden. Auf diesen Umstand sowie die normalen Schwierigkeiten mit neuen Saiten, die sonstige Restaurierung (gespänter Reso) und die starken Feuchtigkeitsschwankungen des Standorts (grob zwischen 60% und 75% rLF) führe ich die unbefriedigende Stimmhaltung zurück und erwarte also, dass sich das durch Abwarten und ggf. klimaverbesserte Maßnahmen demnächst beruhigt.

Die Fußnote sollte heißen, dass es denkbar ist, dass sich nichts beruhigt. Meine Aussage, dass ich diesen betagten, aber behutsam restaurierten Flügel einem neuen Blüthner vorziehe, würde ich dann natürlich nicht mehr aufrechterhalten.
 

DDR Blüthner...das ist so eine Sache....ich hatte schon gute unter den Fingern, aber auch schon richtig schlechte...es gibt sie mit der Flemming Mechanik (meist für die DDR und den Ostblock, sowie mit Rennermechanik für den Westexport). Die Flemmingmechaniken sind teilweise wirklich schwierig, da z.B. die Bohrungen für die Kapselschrauben alles andere als gleichmäßig waren....bei den Rennermechaniken sieht das besser aus. Eine Schwachstelle ist der Stimmstock...hab schon viele gesehen, die gerissen waren...allerdings läßt sich der Stimmstock bei Blüthner einfach ausbauen und erneuern....Klanglich kann man sie sehr gut hinkriegen...Grundsätzlich sind die Filze aus den Osten insgesamt qualitativ schlechter, wie Filze aus dem Westen...macht sich bei der Abnutzung u.a. der Waagebalk- und Vorderstiftgarnierungen bemerkbar. Ich hab mal einen 2.10 generalüberholt, der war von 1954....ist ein schönes Instrument geworden....Stimmhaltung ist sehr gut....muss nur alle 3 Jahre mal hin....
 
Hallo Toni, seit Februar sind die Saiten drauf und seit April ist der Flügel bei mir. Es ist eine längere Geschichte mit der ich das Forum im allgemeinen und einige, mir persönlich bekannte Klavierbauer aus dem Forum auch im speziellen schon länger belästige.

Nach mittlerweile vier Stimmungen durch zwei verschiedene Stimmer gehe ich derzeit davon aus, dass der Flügel an sich in Ordnung ist, dass aber beim Neubezug evtl. nicht alle "üblichen" Maßnahmen zum Recken der Saiten ausgeführt wurden. Auf diesen Umstand sowie die normalen Schwierigkeiten mit neuen Saiten, die sonstige Restaurierung (gespänter Reso) und die starken Feuchtigkeitsschwankungen des Standorts (grob zwischen 60% und 75% rLF) führe ich die unbefriedigende Stimmhaltung zurück und erwarte also, dass sich das durch Abwarten und ggf. klimaverbesserte Maßnahmen demnächst beruhigt.

Die Fußnote sollte heißen, dass es denkbar ist, dass sich nichts beruhigt. Meine Aussage, dass ich diesen betagten, aber behutsam restaurierten Flügel einem neuen Blüthner vorziehe, würde ich dann natürlich nicht mehr aufrechterhalten.

Hm....sind die Anhänge nochmal geklopft worden? Wie ist der Wirbegang....vielleicht zu schwer...das mag Blüthner gar nicht...wurde bei der Mensurberechnung berücksichtigt, dass der alte Saitendraht weicher ist als der neue?? Vielleicht zu viel Druck?? Fragen über Fragen...
 
Hm....sind die Anhänge nochmal geklopft worden? Wie ist der Wirbegang....vielleicht zu schwer...das mag Blüthner gar nicht...wurde bei der Mensurberechnung berücksichtigt, dass der alte Saitendraht weicher ist als der neue?? Vielleicht zu viel Druck?? Fragen über Fragen...
Geklopft wurde bei der ersten Stimmung nach Lieferung. Der Wirbelgang ist nach Auskunft beider Stimmer "in Ordnung", was immer das heißen mag - ich hätte je eher Sorge gehabt, er sei zu leicht. Ob die beiden Stimmer die Vorlieben von Blüthner kennen, weiß ich nicht. Wobei der zweite Stimmer ein Blüthner-Händler ist, der auch immer wieder mal einen alten Blüthner anbietet und einen guten Rufe hat. Was die Mensurberechnung angeht, hab ich natürlich keine Ahnung, ob die korrekt ist - wie sollte ich das prüfen bzw. kann man das im Nachhinein überhaupt noch prüfen?

All das gehört aber eigentlich in den Faden über meinen Flügelkauf, also hierhin. Sorry, kalessin, dass wir hier etwas abschweifen, ich bin schon stille ...

Ciao
- Karsten
 
Bin bei meiner unendlichen Suche und ständiger Wachsamkeit nach dem Schnäppchen, auf diesen Blüthner gestoßen, der dem Ideal vom alten Blüthner-Klang und der Verarbeitung noch entspricht. Der Flügel ist zwar eine "Kriegsfertigung" sieht aber gut aus. Es ist ein Semikonzertflügel mit der Länge 210 cm, aus seriösem, nachvollziehbarem Besitz (siehe Text Kleinanzeige). Der Preis ist angemessen (19000,- EUR), ist diskussionsfähig, weiß ich. Möglicherweise verkauft er sich nicht, weil er nicht in schwarzem Shellack ist sondern in hellem Furnier.
Entspricht das nicht dem was du suchst?
Der Flügel wurde zwar im Hamburger Abendblatt annonciert, steht aber in Hanau. So wie ich euch kenne, wäre das auch für "klaviermacher" was und andere...

Seriennummer: 125255

Er wurde also: 1939 und 1940 gebaut

Wurde noch zu Anfang des Krieges gebaut, man kann vermuten, dass noch genügend Material und Fachkräfte zur Verfügung standen und es keine Kriegsfertigung mit irgendwelchen Einbußen ist.

http://kleinanzeigen.abendblatt.de/anzeige/79961434/Bluethner-Fluegel/

Bestimmt ein tolles Instrument, wenn man den Klang haben will. Auch hinsichtlich der Länge von 210 cm. Wenn keine Blüthner Patent Mechanik verbaut wurde, die Dämpfer sehen nicht danach aus. Oder wurde Blüthner Patent. nicht in die größeren Modelle eingebaut?
 
Zuletzt bearbeitet:
19.000 Euro ist für dieses Instrument viel zu viel....sieht nach Orginalzustand aus und der hat aus dieser Zeit keine Patentmechanik mehr....
 
Ein solches Instrument würde ich eh nur mit Gutachten kaufen. So gibt es ja überhaupt keinerlei Informationen dazu, was es überhaupt für eine Mechanik nun wirklich hat (Repetitionsmechanik? Renner?), und in welchem Zustand sie ist. Dann: ist der Rahmen rissfrei, wie sieht der Resonanzboden aus? Ich weiß, dass ein Riss im Resonanzboden noch kein Drama sein muss, aber ich bin da eher vorsichtig (keine Lust auf seltsame Nebengeräusche). Was ist mit den Dämpfern, den Hammer-Filzen? Undsoweiterundsofort. Ähnlich alte bis 30 Jahre ältere, überholte Instrumente vom Händler mit Gewährleistung gehen für etwas über die Hälfte über den Tisch.

Und selbst wenn alles passen würde und der Zustand ausgezeichnet ist... ehrlich gesagt würde ich den Wert wohl echt eher bei einem Drittel ansetzen, mit zusätzlichem Abzug für die Farbe. Ich finde diesen Buchenton zwar immerhin weniger schlimm als Eiche, aber trotzdem ist schön anders. Es ist das Instrument des "Kammervirtuosen"; heißt das, dass der Flügel z.B. ein drittes Pedal als Sonderausstattung hat, das den Preis treiben könnte? Aber selbst wenn...
 
Hi,

wenn alles noch original ist und das Instrument nun einfach ohne Überholung verkauft wird, ist der Preis wohl eher als unverschämt (oder naiv) zu bezeichnen. Dafür kriegt man einen restaurierten in Polyester schwarz.

Optisch finde ich ihn jetzt gar nicht so schlecht. Was mich wundert, ist der Rand des Deckels. Der ist einfach nur eckig, normalerweise haben Flügel aus der Zeit hier doch eher eine Profilleiste.

Was mit "Kammervirtuose" gemeint ist, ist mir schleierhaft, da würde ich nicht viel drauf geben, außer, dass der Flügel möglicherweise viel gespielt wurde. Wenn die Hämmer abgespielt und die Mechanik ausgeleiert sind, läuft es auf eine Restaurierung hinaus. Da musst Du halt wissen, ob Du das in die Hand nehmen willst (organisieren, verdeckte Risiken tragen, nach dem Kauf einige Monate auf das soeben erworbene Kleinod verzichten, danach möglicherweise noch einige Zeit mit suboptimaler Stimmhaltung leben, dafür aber alles selbst bestimmen). Von Preisen hab ich ja keine Ahnung, aber in diesem Falle würde ich was um 5000 Euro angemessen finden.

Wenn der Flügel nicht so viel gespielt wurde, ist er vielleicht nach einer Regulierung und Abziehen der Hämmer auch ohne Restaurierung noch für längere Zeit gut spielbar (hängt natürlich auch von Deinen Ansprüchen ab). In dem Fall bekämst Du für überschaubares Geld (deutlich weniger als bei der Option mit Restaurierung) einen feinen Flügel (für die nächsten Jahre vielleicht nicht viel soooo schlechter als mit Restaurierung). Von Preisen hab ich ja keine Ahnung, aber in diesem Falle sollten 10.000 Euro nicht überschritten werden.

Ob der Flügel viel oder wenig gespielt wurde, kriegst Du tendenziell selber raus: abgespieltes Elfenbein, Kratzer (von Fingerägeln) in der Tastenklappe, Verschmutzungsgrad der seitlichen Tastenflächen (dort, wo man das Holz sieht), Zustand der Hämmer und Dämpfer und Kontrollgefühl der Tastatur.

Ich würde den Flügel unter den genannten Gesichtspunkten mal anschauen, so was bildet immer. Wenn Du ihn grob nach "so benutzen" oder "restaurieren" bewertet hast und es für Dich passt, fühlst Du nach, was beim Preis geht. Anschließend kannst Du das Geld für ein Gutachten in die Hand nehmen. Alternativ für einen Kostenvoranschlag für eine Restaurierung machen lassen. Mit dem Kostenvoranschlag (vermutlich > 10.000 Euro) gehst Du dann neu in die Preisverhandlungen.

Alternativ kannst Du ohne jegliche Kaufabsicht den Flügel besichtigen, einfach als Beginn Deiner Marktanalyse und um Deine eigenen Präferenzen im lebenden Objekt zu schärfen. Das halte ich übrigens in Deinem Fall für das beste.

Bei dem Startpreis halte ich es ohnehin für unwahrscheinlich, dass Du Dich mit dem Verkäufer einigen kannst. Vermutlich wird er nicht akzeptieren wollen, dass sein Liebling nur noch einen vierstelligen Betrag abwirft.

Ciao
- Karsten
 
Bei dem Startpreis halte ich es ohnehin für unwahrscheinlich, dass Du Dich mit dem Verkäufer einigen kannst. Vermutlich wird er nicht akzeptieren wollen, dass sein Liebling nur noch einen vierstelligen Betrag abwirft.

Und zwar eher einen mittleren vierstelligen Betrag als einen hohen. Wenn Originalzustand und wie vermutet eher viel gespielt, dann wäre an dem Instrument wohl einiges zu tun.

Aber die Spekulation ändert nichts an dem Problem, dass ich dafür einige 100km fahren müsste, um das Instrument zu begutachten; um dann mit recht hoher Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass es sich um einen Sanierungsfall handelt, von dem der Besitzer noch dazu komplett überzogene Preisvorstellungen hat. :konfus:
 

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