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Razo
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- 22. Sep. 2009
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Herrlich und vielen Dank, lieber fisherman,
das ist absolut genial. Vor allem für mich, der ich sehr dialekt-affin bin und Sprachen sowie Dialekte sehr gerne mag. Allein das Deutsche hat ja sehr viel zu bieten (ich mag z. B. das Fränggische sehr ... )
Habe übrigens meine Aufnahmen auch auf CD gebrannt und an gute Freunde verschenkt (und eben nicht im Diskettenlaufwerk "geparkt"). Klappte echt gut.
Noch mal etwas zum Nachtrag meines Beitrages über das Selbsterarbeiten meiner Stücke (wen es interessiert):
Üben:
Also das Üben geschieht bei mir ja bewusst quasi zunächst in "Zeitlupe". Das ist ganz wichtig, damit ich sowohl die eigene Körperlichkeit langsam spüren und erfahren kann, als auch das Stück auf diese Weise viel besser kenne lerne, als wenn ich einfach da drüber hinweghetze.
Jedes Stück fühlt sich ja anders an, wenn man es spielt. Ich nehme die gesamte Empfindung nicht nur meiner Hand, sondern auch meines Armes bis zum Schultergelenk und dem Bein(en) beim Pedaleinsatz "einfach" wahr. Also ich achte (besonders bei den Händen) auf Wärme und Spannungs- sowie das Berühungsgefühl der Tasten (17.000 "Fühlkörperchen" gibt es ja "in" der menschlichen Hand), besondere Bewegungen, also z. B. pronatorische oder supinatorische Dreh- oder besser Rollbewegungen der (Unter)arme. Das ist für mich bald noch wichtiger, diese Erfahrungen zu sammeln, denn aus diesem Gefühlserlebnis lässt sich schöner Klang ja dann durch entsprechende Tonnahme ableiten: Man probiert solange, bis es (etwa) passt und nutzt entsprechende Schilderungen aus Fachbüchern (Z. B. Chopin vu par ses eléves, habe ich, da stehen sehr gute Schülerberichte drin, wie er das vermittelt hat, das kann man "nachmachen" und "nachvollziehen" oder "nachempfinden").
Bei diesem Verfahren kann man auch seinen Körper ganz intensiv auf dem Klavier erleben. Dabei kann einem auch kein Lehrer helfen, denn der spürt das ja nicht wie man selbst, sondern im besten Falle, wenn er entsprechendes Einfühlungsvermögen hat, so wie er es eben individuell persönlich wahrnimmt und kann sich daraus "in etwa denken", wie man es selbst empfinden oder spüren kann / sollte.
Diese intensiven Wahrnehmungen (z. B. "weniger Druck, mehr Spannung in der Hand", "weich-geschmeidige Handführung" usw.), die man sehr feinfühlig spüren kann, wenn man sich ein neues Stück erarbeitert , markiere ich mir auch in den Noten durch ein ganzes System von Symbolen (z. B. "umgedrehte Winkelzeichen mit + und -" o. ä.). Auf diese Weise komme ich auch fast automatisch zu einem entsprechend effektiven bewegungsökonomischen Spiel, da man ja sich selbst spüren kann (nach Liszt: "sich schon anfühlen / hübsch aussehen und gut klingen = dann ist es richtig!). Unnötige Bewegungen (Herumhampeln oder zuviel Druck per se in den Händen aufbauen, so dass es u. U. sogar noch schmerzt), kommen so von Anfang an eigentlich gar nicht auf.
Ein Beispiel möchte ich aus dem aktuellen Vorhaben gerne geben. Wer die Noten von Op. 40 Nr. 1 in A-Dur von F. Chopin da hat, kann ja mitlesen:
Konkret geht es um den ersten Zusammenklang in Takt 4, der in Takt 20, wenn man die beiden ersten Seiten mal betrachtet, noch einmal vorkommt.
Ich erlebe an dieser z. B. Stelle gerade bei langsamem Üben bewusst, welche Bewegungen (auffällig) meine Hände vollführen (müssen), damit es klappt:
Um z. B. mit rechts dis (1) + a (3) + fis (5) greifen zu können, muss ich mit meiner rechten Hand sehr weit "in die Tasten hineingreifen". Wie schön, dass man wenigstens an dieser Stelle links arpeggieren (a+dis+fis+his) kann, man kommt ja mit dem 5. bereits auf das a, wenn der Takt beginnt. ´
Sonst wäre es echt übel: Ich könnte nämlich mit links his (1) + fis (2, weit gestreckt), dis (3) + a (5) nur erreichen, wenn ich ganz am Beginn der Tasten die Tonnahme ansetze.
Dieses Bewegungsmuster an dieser bestimmten Stelle ist sehr auffällig, denn das kommt nur da vor, dass ich meine Hand so führen muss. Als Eselsbrücke zum bewussten Wahrnehmen habe ich diesen Akkord als "Gegensatzakkord" bezeichnet.
Wahrscheinlich nimmt das ein Turner ähnlich wahr, wenn er seine Übungen in entsprechende Sequenzen gliedert und gezielt bewegungsmäßig untersucht. Ich habe da keine Ahnung. Sicher weiß Klimperline da besser Bescheid.
Rhythmus:
Neben dem Ablauf ist mir auch die vor allem köperliche Wahrnehmung des Rhythmusmodells eines Stückes sehr wichtig. Ich kann am Ende noch so viele Male schönen Referenzaufnahmen lauschen, insbesondere wenn sie schnell sind, springt "da der rhythmische Funke nach eigener Erfahrung nicht so wirklich über".
Daher klopfe, klatsche oder pfeife ich die entsprechenden Modelle der Rhythmen, soweit ich sie mir nicht aus dem langsamen Spiel selbst heraus ableite. Ist das nicht möglich (z. B. weil störend, wenn man pfeift), dann bewege ich rhythmisch entsprechend meine Lippen, das geht auch.
Bitte nicht lachen: Da kommt man fast auf die Vorstellung eines "Liszt-Äffchens", denn die haben ja auch so eine intensive Körpersprache. Aber dieses persönliche Vorgehen dient eben auch nur der bewussten Wahrnehmung und Erfassung der Zusammenhänge. Jeder mag das ja auch anders empfinden. Bei mir ist´s eben so.
Sonstiges:
Im Ergebnis jedenfalls ist es mir immer eine Freude, wenn es mir gelang, wieder eine schwierige Nuss zu knacken.
Und dann kommt dazu, dass das Spielen am Klavier, so habe ich es selbst entdeckt, meine Entscheidungsfreude (und vor allem -fähigkeit) sowie meine Technik komplexer geistiger Problemlösung durch Beweglichkeit / Flexibilität fördert.
Diesen Umstand kann ich ganz ideal täglich im Rahmen meiner polizeilichen Stabsarbeit im Führungsstab nutzen.
Gruß und schönen Sonntag noch
Razo!
das ist absolut genial. Vor allem für mich, der ich sehr dialekt-affin bin und Sprachen sowie Dialekte sehr gerne mag. Allein das Deutsche hat ja sehr viel zu bieten (ich mag z. B. das Fränggische sehr ... )
Habe übrigens meine Aufnahmen auch auf CD gebrannt und an gute Freunde verschenkt (und eben nicht im Diskettenlaufwerk "geparkt"). Klappte echt gut.
Noch mal etwas zum Nachtrag meines Beitrages über das Selbsterarbeiten meiner Stücke (wen es interessiert):
Üben:
Also das Üben geschieht bei mir ja bewusst quasi zunächst in "Zeitlupe". Das ist ganz wichtig, damit ich sowohl die eigene Körperlichkeit langsam spüren und erfahren kann, als auch das Stück auf diese Weise viel besser kenne lerne, als wenn ich einfach da drüber hinweghetze.
Jedes Stück fühlt sich ja anders an, wenn man es spielt. Ich nehme die gesamte Empfindung nicht nur meiner Hand, sondern auch meines Armes bis zum Schultergelenk und dem Bein(en) beim Pedaleinsatz "einfach" wahr. Also ich achte (besonders bei den Händen) auf Wärme und Spannungs- sowie das Berühungsgefühl der Tasten (17.000 "Fühlkörperchen" gibt es ja "in" der menschlichen Hand), besondere Bewegungen, also z. B. pronatorische oder supinatorische Dreh- oder besser Rollbewegungen der (Unter)arme. Das ist für mich bald noch wichtiger, diese Erfahrungen zu sammeln, denn aus diesem Gefühlserlebnis lässt sich schöner Klang ja dann durch entsprechende Tonnahme ableiten: Man probiert solange, bis es (etwa) passt und nutzt entsprechende Schilderungen aus Fachbüchern (Z. B. Chopin vu par ses eléves, habe ich, da stehen sehr gute Schülerberichte drin, wie er das vermittelt hat, das kann man "nachmachen" und "nachvollziehen" oder "nachempfinden").
Bei diesem Verfahren kann man auch seinen Körper ganz intensiv auf dem Klavier erleben. Dabei kann einem auch kein Lehrer helfen, denn der spürt das ja nicht wie man selbst, sondern im besten Falle, wenn er entsprechendes Einfühlungsvermögen hat, so wie er es eben individuell persönlich wahrnimmt und kann sich daraus "in etwa denken", wie man es selbst empfinden oder spüren kann / sollte.
Diese intensiven Wahrnehmungen (z. B. "weniger Druck, mehr Spannung in der Hand", "weich-geschmeidige Handführung" usw.), die man sehr feinfühlig spüren kann, wenn man sich ein neues Stück erarbeitert , markiere ich mir auch in den Noten durch ein ganzes System von Symbolen (z. B. "umgedrehte Winkelzeichen mit + und -" o. ä.). Auf diese Weise komme ich auch fast automatisch zu einem entsprechend effektiven bewegungsökonomischen Spiel, da man ja sich selbst spüren kann (nach Liszt: "sich schon anfühlen / hübsch aussehen und gut klingen = dann ist es richtig!). Unnötige Bewegungen (Herumhampeln oder zuviel Druck per se in den Händen aufbauen, so dass es u. U. sogar noch schmerzt), kommen so von Anfang an eigentlich gar nicht auf.
Ein Beispiel möchte ich aus dem aktuellen Vorhaben gerne geben. Wer die Noten von Op. 40 Nr. 1 in A-Dur von F. Chopin da hat, kann ja mitlesen:
Konkret geht es um den ersten Zusammenklang in Takt 4, der in Takt 20, wenn man die beiden ersten Seiten mal betrachtet, noch einmal vorkommt.
Ich erlebe an dieser z. B. Stelle gerade bei langsamem Üben bewusst, welche Bewegungen (auffällig) meine Hände vollführen (müssen), damit es klappt:
Um z. B. mit rechts dis (1) + a (3) + fis (5) greifen zu können, muss ich mit meiner rechten Hand sehr weit "in die Tasten hineingreifen". Wie schön, dass man wenigstens an dieser Stelle links arpeggieren (a+dis+fis+his) kann, man kommt ja mit dem 5. bereits auf das a, wenn der Takt beginnt. ´
Sonst wäre es echt übel: Ich könnte nämlich mit links his (1) + fis (2, weit gestreckt), dis (3) + a (5) nur erreichen, wenn ich ganz am Beginn der Tasten die Tonnahme ansetze.
Dieses Bewegungsmuster an dieser bestimmten Stelle ist sehr auffällig, denn das kommt nur da vor, dass ich meine Hand so führen muss. Als Eselsbrücke zum bewussten Wahrnehmen habe ich diesen Akkord als "Gegensatzakkord" bezeichnet.
Wahrscheinlich nimmt das ein Turner ähnlich wahr, wenn er seine Übungen in entsprechende Sequenzen gliedert und gezielt bewegungsmäßig untersucht. Ich habe da keine Ahnung. Sicher weiß Klimperline da besser Bescheid.
Rhythmus:
Neben dem Ablauf ist mir auch die vor allem köperliche Wahrnehmung des Rhythmusmodells eines Stückes sehr wichtig. Ich kann am Ende noch so viele Male schönen Referenzaufnahmen lauschen, insbesondere wenn sie schnell sind, springt "da der rhythmische Funke nach eigener Erfahrung nicht so wirklich über".
Daher klopfe, klatsche oder pfeife ich die entsprechenden Modelle der Rhythmen, soweit ich sie mir nicht aus dem langsamen Spiel selbst heraus ableite. Ist das nicht möglich (z. B. weil störend, wenn man pfeift), dann bewege ich rhythmisch entsprechend meine Lippen, das geht auch.
Bitte nicht lachen: Da kommt man fast auf die Vorstellung eines "Liszt-Äffchens", denn die haben ja auch so eine intensive Körpersprache. Aber dieses persönliche Vorgehen dient eben auch nur der bewussten Wahrnehmung und Erfassung der Zusammenhänge. Jeder mag das ja auch anders empfinden. Bei mir ist´s eben so.
Sonstiges:
Im Ergebnis jedenfalls ist es mir immer eine Freude, wenn es mir gelang, wieder eine schwierige Nuss zu knacken.
Und dann kommt dazu, dass das Spielen am Klavier, so habe ich es selbst entdeckt, meine Entscheidungsfreude (und vor allem -fähigkeit) sowie meine Technik komplexer geistiger Problemlösung durch Beweglichkeit / Flexibilität fördert.
Diesen Umstand kann ich ganz ideal täglich im Rahmen meiner polizeilichen Stabsarbeit im Führungsstab nutzen.
Gruß und schönen Sonntag noch
Razo!
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