Das "V-Piano" - es schreiben Besitzer und Tester

Das stimmt, im marktüblichen Digitalpiano findet man davon aber nichts. Dafür haben die Teile nicht genug Speicherplatz. Ich hab so einen Sample-Satz auf dem Rechner, er ist 50 GB groß. Aktuelle Digis haben, wenn es hochkommt vielleicht ein Hundertstel davon.

Der Ton, der aus einem Digitalpiano nichts mehr mit der Aufnahme auf aus der Sample-Session zu tun. Natürlich werden die Samples von einem DP auch massiv verändert. Es geschieht im einzelnen folgendes:

Zunächst wird das Basissample herausgesucht. Wenn es zur gespielten Taste eines im Speicher gibt, dann wird das genommen. Ansonsten wird ein Sample von einer benachbarten Taste und auf die entsprechende Tonhöhe gebracht. Das geht ganz einfach: Wenn man bspw. eine Tonbandaufnahme mit einem C hat, aber keines mit einem H oder Cis, dann spielt man das Band einfach etwas schneller oder langsamer ab und die Tonhöhe ändert sich automatisch, digital funktioniert das genauso. Bei modernen Digitalpianos gibt es mindestens ein Sample für jeweils drei Halbtöne, es wird also nie mehr als ein Halbton transponiert. Bei den besseren Geräten gibt es für jede einzelne Taste ein eigenes Sample.

Als nächstes wird der zur Anschlagsstärke passende Velocity-Layer ausgewählt. Denn von jedem Sample gibt es Aufnahmen in unterschiedlichen Anschlagsstärken, bei Digitalpianos in der Regel so um die 3 bis 5 von pianissimo bis fortissimo, bei PC-Software können es auch schon mal 20 sein. Und hier kommt jetzt eine Besonderheit zum Tragen: das Velocity-Morphing. Die Digi-Tastaturen sind natürlich viel genauer, sie können in der Regel mehr als 100 Stufen auseinanderhalten. Das Digi nimmt jetzt also zwei Sample-Layer, den leiseren und den lauteren und berechnet daraus nahtlos eine Zwischenstufe, die genau zur Anschlagsstärke des Spielers paßt. Dieser Ton hat jetzt gar nichts mehr mit der Aufnahme-Session zu tun, er ist überhaupt erst im Digi entstanden.

Nach etwa 1-4 Sekunden ist das im Speicher befindliche Sample dann aber schon zu Ende. Nun wissen wir alle, daß eine Klaviersaite deutlich länger nachklingen kann. Deshalb wird vom Digi nun der letzte Teil des Samples einfach wiederholt, während die Lautstärke langsam abgesenkt wird. Das nennt man Looping. Dies ist der größte Schwachpunkt von Digitalpianos und bei standesgemäßer PC-Software mittlerweile abgeschafft.

Die letzte Stufe ist das Postprocessing durch einen digitalen Signalprozessor (DSP). Hier werden Hall und Resonanzen fürs Pedal hinzugefügt. gesampelte Nebengeräusche der Klaviermechanik uvm. Erst damit wird daraus eine runde Sache.


Und hier haben wir ein Problem. Das V-Piano verwendet nämlich gar kein Sampling. Das heißt, alles was ich da oben beschrieben habe, was in den Standard-Digis so drin ist, das gibt es beim V-Piano nicht. Stattdessen steckt dort ein leistungsfähiger Prozessor drin, der ein physikalisches Modell eines Flügels simuliert, oder eines Hochklaviers. Das ist möglich, weil die physikalischen Gesetze zur saitenbasierten Klangerzeugung inzwischen hinreichend bekannt sind.

Man hat es bei Roland also geschafft, eine extreme komplexe Formel zu erstellen, in die hunderte Parameter einfließen, angefangen bei

Länge der Saite
Spannung der Saite
Beschaffenheit des Hammerfilzes
Beschaffenheit des Resonanzbodens
Anschlagsstärke des Spielers
Position des Mikrofons
usw. usf. (Ich kann das natürlich nicht vollständig aufzählen, dann könnte ich ja selber so ein Ding bauen.)

Diese Formel läßt man nun den Prozessor ausrechnen und heraus kommt am Ende ein Ton, der täuschend echt nach einem Klavier klingt. Dieser Ton ist aber nie in der Realität aufgenommen worden, er ist errechnet worden. Das nennt man physikalische Modellierung.
Schön erklärt!
Die physikalische Modellierung geht aber auch nach einem Modell. Ohne dem Klavierton geht faktisch nichts. Das heißt der Ton wurde aufgezeichnet, analysiert und in seine Bestandteile zerlegt, hinterher technisch kopiert und wieder zusammen gesetzt. Nichts anderes als Erdbeerjogurt. Den Kindern schmeckt es besser, wenn keine Erdbeere drinnen ist, sondern das naturidentische Aroma, welches aus dem Chemiebaukasten kommt...

LG
Michael
 
Das V-Piano verwendet nämlich gar kein Sampling. Das heißt, alles was ich da oben beschrieben habe, was in den Standard-Digis so drin ist, das gibt es beim V-Piano nicht. Stattdessen steckt dort ein leistungsfähiger Prozessor drin, der ein physikalisches Modell eines Flügels simuliert, oder eines Hochklaviers. Das ist möglich, weil die physikalischen Gesetze zur saitenbasierten Klangerzeugung inzwischen hinreichend bekannt sind.

Man hat es bei Roland also geschafft, eine extreme komplexe Formel zu erstellen, in die hunderte Parameter einfließen

Sehr interessant! Also gibt es DOCH einen Unterschied in der Klangerzeugung. Leider tendiert mein technisches Verständnis (und somit auch das des vorangegangenen Textes) entschlossen gegen Null.

Was ist denn nun besser? Oder umgekehrt gefragt, hat diese Roland-Prozessor-Methode Nachteile (weil die anderen Hersteller offenbar andere Systeme der Klang"erzeugung" verwenden) - oder ist diese Methode so genial, dass noch kein anderer Hersteller es hinbekommen hat? Falls letzteres: Dann müsste doch eigentlich jeder so ein Gerät haben wollen, der ein ordentliches elektronisches Instrument sucht.
 

Oje, jetzt geht's vermutlich richtig los :-)

Ich persönlich habe ein schlechtes Bauchgefühl, wenn mein DP keine Samples drin hat. Wenn ich letztlich nur noch einen Synthesizer spiele, fehlt mir was. Ich möchte, daß mein DP als Grundlage der Klangerzeugung mit echten Klängen arbeitet, die tatsächlich mal von einem Flügel gekommen sind. Und bisher konnte ich das auch immer raushören. Also bei Pianoteq hört man das sofort. Möglicherweise ist das beim V-Piano anders geworden. Ändert aber nix an meiner Einstellung.
 
Oje, jetzt geht's vermutlich richtig los :-)

Ich persönlich habe ein schlechtes Bauchgefühl, wenn mein DP keine Samples drin hat. Wenn ich letztlich nur noch einen Synthesizer spiele, fehlt mir was. Ich möchte, daß mein DP als Grundlage der Klangerzeugung mit echten Klängen arbeitet, die tatsächlich mal von einem Flügel gekommen sind. Und bisher konnte ich das auch immer raushören. Also bei Pianoteq hört man das sofort. Möglicherweise ist das beim V-Piano anders geworden. Ändert aber nix an meiner Einstellung.


Letztlich zählt das, was hinten rauskommt ;)

Und auch wenn dieses physikalische Modelling konzeptionell toll klingt und mir als Mathematiker verlockend erscheint, es klingt für mich einfach irgendwie elektronisch/künstlich, auch das neueste Pianoteq oder V-Piano.
Es ist meilenweit weg von z.B. Ivory II, welches mit 75 GB Samples für ein Instrument anmarschiert kommt - und (was viele vergessen) welches auf diese Samples oben drauf auch noch physikalisch aufmodelliert, also Resonanz, Hall etc. Es ist ja nicht so, als ob Sampler da nix machen.

Letztlich, was ist das Ziel? Möglichst exakt einen Flügel nachzuempfinden, ohne jedoch einen nachzubauen. Also vereinfachte Mechaniken, welche sich gleich anfühlen aber nicht gleich sind (Wartung etc.), und identische Klangwelten auf Basis von Computer/DSP erzeugen.

Warum also nicht für die Klänge auf das zurückgreifen, was einem Flügel nahekommt? Samples...und zwar tonnenweise. Speicher kostet nix mehr (nur bei Digi-Produzenten, die speichern auf Goldnuggets oder so).


Ist letztlich das selbe wie mit Computergrafik. Für echt aussehende Welten greift man längst nicht mehr wie früher nur auf gemalte oder prozedurale Texturen zurück.
Ohne Fotos, 2D/3D-Scanner etc. entlarven wir das schnell als künstlich. Bei Audio fällt es manchen ggf. etwas schwerer.

Puristen gibt es nicht nur in der analogen, sondern auch der digitalen Welt. In der digitalen Welt ärgert man sich über die Notwendigkeit von Samples, Fotos etc. um den realistischen Feinschliff zu verpassen. In der analogen Puristenwelt sind halt Computer verpöhnt ;) Das Ideal liegt wohl irgendwo dazwischen.
 
Ich habe das V-Piano auch mal in Erwägung gezogen. Ich finde es sieht echt cool aus und die Haptik des Gehäuses ist erstklassig. Das wars dann aber leider auch schon. Tastatur vom Gefühl nicht besser wie in jedem 1000 Eur Digi, was ja auch tatsächlich der Bezeichnung nach so ist.
Die V Pianos die ich in der Ausstellung gesehen haben hatten ausserdem alle dasselbe Problem mit der Oberfläche der Tastatur, die sah fleckiger und vergilbter aus als eine 100 jährige Elfenbeintastur. Wahrscheinlich Elfenbein-Modeling, besser als das Original. ;)

Letztlich hat mich aber der Klang vollends abgeschreckt, egal ob Steinwayfake oder Bösifake. Theoretisch sollte es toll sein, praktisch leider nicht. Natürlich nur meine Meinung, wenn jemand zufrieden ist umso besser.
 
Schön erklärt!
Die physikalische Modellierung geht aber auch nach einem Modell. Ohne dem Klavierton geht faktisch nichts. Das heißt der Ton wurde aufgezeichnet, analysiert und in seine Bestandteile zerlegt, hinterher technisch kopiert und wieder zusammen gesetzt.
Physikalische Modellierung geht etwas anders.

Dazu werde ich mal etwas ausholen. Wir haben inzwischen bei 3D-Grafik den Stand des Fotorealismus erreicht. Das heißt, wir können am Computer Grafiken rendern lassen, die wie eine echte Aufnahme mit einer Kamera wirken. Hollywood nutzt diese Technologie (Computer Generated Images, CGI) natürlich inzwischen ausgiebig und sie hat ältere Methoden wie Modell- und Kulissenbau vollständig verdrängt. Besonders breiten Einsatz findet es natürlich in der Werbung. Wenn dir in einem Filmchen oder einer Anzeige jemand ein neues Auto vorstellt, dann kannst du dir absolut sicher sein, daß dieses komplett aus dem Rechner stammt. Und bei einem Flügeln in Prospekten sieht es genauso aus. Auch die werden komplett gerendert. Den Aufwand irgendwo eine Kiste hinzustellen, perfekt zu beleuchten und dann aufwendig zu fotographieren, macht sich keiner mehr.

Wie kommen solche virtuellen Realitäten jetzt in den Computer? Die werden nicht aufgezeichnet, denn das wäre ja ein Foto. Sie werden modelliert. Das heißt, da sitzt jemand am Rechner und baut aus virtuellen Teilen (angefangen bei geometrischen Primitiven) ein Auto zusammen. Solange bis es schließlich aussieht, wie das Teil, was später vom Band laufen wird. Das ist übrigens ein eigenes Berufsbild, ein relativ neues versteht sich. Es gibt zu keinem Zeitpunkt eine Aufnahme, denn das 3D-Material ist schon fertig, bevor der erste Prototyp überhaupt gebaut wird.

Ein physikalisch modellierter Klavierklang entsteht genauso. Man fängt also erstmal an, ein Klavier am Rechner zu modellieren. Also erstmal ganz grob ein paar Saiten, ein paar Hämmer und einen Resonanzboden. Dann werden die virtuellen Mikrofone plaziert und sich angehört, wie es klingt (gruselig). Und dann wird solange dran gefeilt - also 400 Jahre Klavierentwicklung am Computer nachvollzogen - bis das virtuelle Modell schließlich so klingt, wie sich die Firma Roland ihr Klavier vorstellt. Bis dahin haben wir immer noch keinen einzigen echten Klavierton aufgezeichnet. Wir haben das Pianoforte nochmal von vorne virtuell nachgebaut.

Deswegen kann das auch nicht jeder. Man muß was wissen über Klavierbau und theoretische Physik und über Computer-Programmierung.

Was ist denn nun besser? Oder umgekehrt gefragt, hat diese Roland-Prozessor-Methode Nachteile (weil die anderen Hersteller offenbar andere Systeme der Klang"erzeugung" verwenden) - oder ist diese Methode so genial, dass noch kein anderer Hersteller es hinbekommen hat? Falls letzteres: Dann müsste doch eigentlich jeder so ein Gerät haben wollen, der ein ordentliches elektronisches Instrument sucht.
Gute Samples brauchen gigantische Mengen Speicherplatz. Nicht nur für den Saiten-Anschlag, auch das Loslassen der Tasten muß aufgezeichnet werden (Release-Samples), sonst klingt Staccato nämlich merkwürdig. Und fürs Verschiebepedal darf man nochmal komplett von vorn anfangen (das machen die meisten Digi-Hersteller übrigens nicht).

Der gravierendste Nachteil von Samples: Man ist auf exakt ein Instrument beschränkt: nämlich das aufgezeichnete. Ein aufgezeichneter Steinway D bleibt auch einer. Ein physikalisches modelliertes Klavier kann jederzeit umgebaut werden: Lieber Cembalo spielen? Kein Problem (es gibt übrigens ausgesprochen wenig gute Cembalo-Samples). Das Pianoforte direkt nach seiner Erfindung testen? Geht auch. Oder Chopin auf einem Pleyel von 1835 spielen? Mit Modellierung kein Problem.

Der Vorteil der physikalischen Modellierung: Die ganzen Nebeneffekte (Holz arbeitet, alle schwingenden Teile eines Klaviers beeinflussen einander gegenseitig) sind im korrekten Modell bereits automatisch drin. Bei Samples muß man sie nachträglich dranstricken (nachdem sie beim Aufnehmen vorher aufwendig herausgefiltert werden mußten). Bei Modellierung ist Velocity-Morphing unnötig und Polyphonie unbegrenzt.

Persönlich habe ich ja den direkten Vergleich: Ich habe ja sowohl eine Sample-Library eines Steinway D-Flügels, als auch eine physikalisch modellierte Pianosoftware, welche u. a. den D-Flügel nachahmt, auf dem PC. Nachdem ich an letzterer ein bißchen geschraubt habe (u. a. ganz sachte verstimmt), tue ich mich schwer einen eindeutigen Sieger zu bestimmen. Sie sind klanglich beide ganz dicht beieinander und klingen um Welten besser als die Sample-Umsetzung des Kawai EX in meinem ES100-Digitalpiano - obwohl ich den Kawai-Klang sogar lieber höre. Und beim Cembalo ist das physikalische Modell ganz klarer Sieger.
 
Physikalische Modellierung geht etwas anders.

Dazu werde ich mal etwas ausholen. Wir haben inzwischen bei 3D-Grafik den Stand des Fotorealismus erreicht. Das heißt, wir können am Computer Grafiken rendern lassen, die wie eine echte Aufnahme mit einer Kamera wirken. Hollywood nutzt diese Technologie (Computer Generated Images, CGI) natürlich inzwischen ausgiebig und sie hat ältere Methoden wie Modell- und Kulissenbau vollständig verdrängt. Besonders breiten Einsatz findet es natürlich in der Werbung. Wenn dir in einem Filmchen oder einer Anzeige jemand ein neues Auto vorstellt, dann kannst du dir absolut sicher sein, daß dieses komplett aus dem Rechner stammt. Und bei einem Flügeln in Prospekten sieht es genauso aus. Auch die werden komplett gerendert. Den Aufwand irgendwo eine Kiste hinzustellen, perfekt zu beleuchten und dann aufwendig zu fotographieren, macht sich keiner mehr.

Wie kommen solche virtuellen Realitäten jetzt in den Computer? Die werden nicht aufgezeichnet, denn das wäre ja ein Foto. Sie werden modelliert. Das heißt, da sitzt jemand am Rechner und baut aus virtuellen Teilen (angefangen bei geometrischen Primitiven) ein Auto zusammen. Solange bis es schließlich aussieht, wie das Teil, was später vom Band laufen wird. Das ist übrigens ein eigenes Berufsbild, ein relativ neues versteht sich. Es gibt zu keinem Zeitpunkt eine Aufnahme, denn das 3D-Material ist schon fertig, bevor der erste Prototyp überhaupt gebaut wird.

Ein physikalisch modellierter Klavierklang entsteht genauso. Man fängt also erstmal an, ein Klavier am Rechner zu modellieren. Also erstmal ganz grob ein paar Saiten, ein paar Hämmer und einen Resonanzboden. Dann werden die virtuellen Mikrofone plaziert und sich angehört, wie es klingt (gruselig). Und dann wird solange dran gefeilt - also 400 Jahre Klavierentwicklung am Computer nachvollzogen - bis das virtuelle Modell schließlich so klingt, wie sich die Firma Roland ihr Klavier vorstellt. Bis dahin haben wir immer noch keinen einzigen echten Klavierton aufgezeichnet. Wir haben das Pianoforte nochmal von vorne virtuell nachgebaut.

Deswegen kann das auch nicht jeder. Man muß was wissen über Klavierbau und theoretische Physik und über Computer-Programmierung.


Gute Samples brauchen gigantische Mengen Speicherplatz. Nicht nur für den Saiten-Anschlag, auch das Loslassen der Tasten muß aufgezeichnet werden (Release-Samples), sonst klingt Staccato nämlich merkwürdig. Und fürs Verschiebepedal darf man nochmal komplett von vorn anfangen (das machen die meisten Digi-Hersteller übrigens nicht).

Der gravierendste Nachteil von Samples: Man ist auf exakt ein Instrument beschränkt: nämlich das aufgezeichnete. Ein aufgezeichneter Steinway D bleibt auch einer. Ein physikalisches modelliertes Klavier kann jederzeit umgebaut werden: Lieber Cembalo spielen? Kein Problem (es gibt übrigens ausgesprochen wenig gute Cembalo-Samples). Das Pianoforte direkt nach seiner Erfindung testen? Geht auch. Oder Chopin auf einem Pleyel von 1835 spielen? Mit Modellierung kein Problem.

Der Vorteil der physikalischen Modellierung: Die ganzen Nebeneffekte (Holz arbeitet, alle schwingenden Teile eines Klaviers beeinflussen einander gegenseitig) sind im korrekten Modell bereits automatisch drin. Bei Samples muß man sie nachträglich dranstricken (nachdem sie beim Aufnehmen vorher aufwendig herausgefiltert werden mußten). Bei Modellierung ist Velocity-Morphing unnötig und Polyphonie unbegrenzt.

Persönlich habe ich ja den direkten Vergleich: Ich habe ja sowohl eine Sample-Library eines Steinway D-Flügels, als auch eine physikalisch modellierte Pianosoftware, welche u. a. den D-Flügel nachahmt, auf dem PC. Nachdem ich an letzterer ein bißchen geschraubt habe (u. a. ganz sachte verstimmt), tue ich mich schwer einen eindeutigen Sieger zu bestimmen. Sie sind klanglich beide ganz dicht beieinander und klingen um Welten besser als die Sample-Umsetzung des Kawai EX in meinem ES100-Digitalpiano - obwohl ich den Kawai-Klang sogar lieber höre. Und beim Cembalo ist das physikalische Modell ganz klarer Sieger.
Du hast mich eigentlich ein wenig missverstanden, bringst aber trotzdem interessante Infos..
Also, wenn ich einen Pianoklang nachbaue, dann habe ich einen in meinem Kopf. Mit anderen Worten, das "Modell" ist da. Es würde mich wundern, wenn ein Klavierton nicht in 3D darstellbar ist, und ich dann solange herum schraube, bis aus einem "neu erzeugten" virtuellen Ton ein nahezu vollständiges Duplikat heraus kommt. Was liegt näher, als mit vorhandenen Schablonen zu arbeiten? Es wäre ja auch doof, wenn Autoerzeuger das Auto jedes mal neu erfinden müssten. ;-)

LG
Michael
 

Verstehe ich leider nicht. Das scheinen, wenn ich das richtig verstanden habe, abgespeicherte Töne zu sein. An welche Tasten hängt man es denn dran? :denken:
Ja, ein Sample ist ein aufgezeichneter Ton. Das geht auf die ersten "Sampler" zurück:

http://de.wikipedia.org/wiki/Fairlight_CMI

Ein sog. Sampler konnte einen Ton aufzeichnen und diesen anschließend auf Tastendruck in verschiedenen Tonhöhen wiedergeben. Darauf fußt die moderne digitale Synthesizer-Technologie. Digitalpianos sind letztlich nichts anderes eine spezielle Abteilung der digitalen Synthesizer.
 
Ich hab´s befürchtet. Ohne solide Kenntnisse in elektronischen Fachbegriffen kommt man nicht weit. :cry:



Verstehe ich leider nicht. Das scheinen, wenn ich das richtig verstanden habe, abgespeicherte Töne zu sein. An welche Tasten hängt man es denn dran? :denken:
Die Technik dahinter ist ja für das Ohr eh unwesentlich. Geh in ein Musikgeschäft, die so ein V-Piano anbieten und höre es Dir an. Schneller wirst Du da kaum klug werden darüber.

LG
Michael
 
@jtsn

OK. Und dann? Erklär es mir bitte so, als würdest Du es einem zehnjährigen Alien erklären.
 
Und auch wenn dieses physikalische Modelling konzeptionell toll klingt und mir als Mathematiker verlockend erscheint, es klingt für mich einfach irgendwie elektronisch/künstlich, auch das neueste Pianoteq oder V-Piano.
Ein Pianoteq kann man komplett physikalisch perfekt rein stimmen. Das ist leider auch die Werkseinstellung. Das ist wie mit den Raytracing-Bildern der 90er: perfekt spiegelende Kugeln auf Schachbrettmustern. Zu perfekt ist irgendwie unrealistisch. Der Modelleisenbahner kennt die Lösung: gezieltes "Anschmutzen" seiner Modelle sorgt für realistischeren Eindruck. In der Realität gibt es eben keinen auf voller Länge perfekt strahlend weißen ICE.

Es ist meilenweit weg von z.B. Ivory II, welches mit 75 GB Samples für ein Instrument anmarschiert kommt - und (was viele vergessen) welches auf diese Samples oben drauf auch noch physikalisch aufmodelliert, also Resonanz, Hall etc. Es ist ja nicht so, als ob Sampler da nix machen.
Roland nutzt bei seinen Standard-Digis eine Kombination aus Sampling und Modellierung, sie nennen das "SuperNATURAL". Ohne Velocity-Morphing kommt heutzutage keiner mehr aus. Es ist die Grundvoraussetzung, um Samples erträglich spielbar zu machen.

Warum also nicht für die Klänge auf das zurückgreifen, was einem Flügel nahekommt? Samples...und zwar tonnenweise. Speicher kostet nix mehr (nur bei Digi-Produzenten, die speichern auf Goldnuggets oder so).
Das Problem liegt wahrscheinlich darin, was die verwendeten Synthese-Chips ansteuern und verarbeiten können. Einfach nur 8 GB Flash in ein DP zu löten ist ähnlich hilfreich, wie einen 8GB-USB-Stick oben drauf zu legen.
 
Ich hab´s befürchtet. Ohne solide Kenntnisse in elektronischen Fachbegriffen kommt man nicht weit. :cry:



Verstehe ich leider nicht. Das scheinen, wenn ich das richtig verstanden habe, abgespeicherte Töne zu sein. An welche Tasten hängt man es denn dran? :denken:

Hi,

ja klar, also das Grundprinzip wurde ja schon erklärt.

Es wird für das Sample ein Instrument ausgewählt, welches einen möglichst tollen Klang hat - und das wurde in einen besonders tollen akkustischen Raum gestellt, es wurde durch einen Profi möglichst perfekt gestimmt und dann wurden supertolle Mikrofone perfekt darüber positioniert mit besonders toller Aufnahmehardware etc. etc.

Irgendein Masochist hat sich nun also vor den Flügel gehockt und führt nun 88 mal durch:
- alle anderen Seiten dämpfen, Resonanz kommt später wieder durch Abspiel-Algorithmus rein
- Taste in z.B. 12 Lautstärke-Stufen anschlagen, Ton jeweils aufnehmen und katalogisieren
- das Ganze dann nochmals mit linkem Pedal
- ggf. je nach Aufwand gern auch extra als Stakkato und Endlos (Ivory II bis zu mehrere Minuten....langweilig), ggf. weitere Mikrofonpositionen und was einem noch so einfallen kann (Deckel auf/zu etc.)

Wenn Du das fleißig machst, kommst Du irgendwann bei der üblichen Abtastfrequenz bei 75 GByte Aufnahmen an...88 Tasten mal alle oben aufgezählten Varianten.
Eine andere Sample-Bibliothek "Fazioli Imperfect Samples" hat >100 GB glaub ich.


Das ganze wird durch eine clevere Audio-Engine geschleust, welche z.B. den Input bekommt:
Ton C2, Velocity 64 angeschlagen, Voreinstellung Deckel ganz auf, Mikrofonposition Spieler, Hall ist große Halle, Resonanz stark, rechtes Pedal auf Position 32 etc.

Dann wählt die Engine aus den hunderten Samples die nötigen Samples aus dem aufgenommenen Katalog aus, mischt diese zusammen und spielt diese ab.

C2 dürfte dabei sein, die 2 nächsten Aufnahmelautstärke-Samples werden genommen und nach irgendeinem Algorithmus ineinandergeblendet.
Es werden aber weniger laut auch C3 etc. dazugeblendet, nach anderen Algorithmen, um die Stringresonanz abzubilden...und dann sind ja noch die gehaltenen früheren Töne, auch die noch reinblenden etc.
Hall noch raufrechnen usw. usf. ....man kann hier noch eine Weile weitererzählen, es wird viel gerechnet mit den Samples.

Selbst ein Sample-Instrument hat also sehr viel zu rechnen und spielt nicht nur stumpf Töne ab, das war vielleicht mal in den 80ern so.

Wenn der Sample-Player das schlecht macht, rettet dich auch Sample-Größe nicht "Fazioli Imperfect..." - wenn der Player das sehr gut macht, kann er kleine Größen gut in gewissen Grenzen übertünchen, z.B. Nord Stage.

BTW...zu langer Post :)

Grüße,
André
 
Was den Klang eines Digis angeht, so sollte man sich einfach die Frage stellen: taugt es mir, gefällt es mir, bin ich damit zufrieden, was ich da höre? Und vielleicht auch ein wenig vergleichen.

Wie bei der Wahl eines Instrumentes ganz allgemein. Es ist eine weitgehend subjektive bzw. persönliche Entscheidung.

Bezüglich der Entwicklung von Digi-Klaviaturen sehe ich zwei Entwicklungswege momentan:

a) man versucht durch möglichst naturgetreuen oder -ähnlichen Nachbau eine möglichst gute Instrumenten-Simulation zu schaffen

b) man versucht, eine Klaviatur (bzw. ein Gesamtsystem) zu bauen, die das "Problem Klavierspiel" einfacher lösbar macht.

Das V-Piano geht den Weg b), und ist damit auf meiner persönlichen Wellenlänge. Die Klaviaturen, die a) verfolgen (z.B. Kawai VPC1), haben mich bisher nicht besonders überzeugt.
 
Hi,

ja klar, also das Grundprinzip wurde ja schon erklärt.

Es wird für das Sample ein Instrument ausgewählt, welches einen möglichst tollen Klang hat - und das wurde in einen besonders tollen akkustischen Raum gestellt, es wurde durch einen Profi möglichst perfekt gestimmt und dann wurden supertolle Mikrofone perfekt darüber positioniert mit besonders toller Aufnahmehardware etc. etc.

Irgendein Masochist hat sich nun also vor den Flügel gehockt und führt nun 88 mal durch:
- alle anderen Seiten dämpfen, Resonanz kommt später wieder durch Abspiel-Algorithmus rein
- Taste in z.B. 12 Lautstärke-Stufen anschlagen, Ton jeweils aufnehmen und katalogisieren
- das Ganze dann nochmals mit linkem Pedal
- ggf. je nach Aufwand gern auch extra als Stakkato und Endlos (Ivory II bis zu mehrere Minuten....langweilig), ggf. weitere Mikrofonpositionen und was einem noch so einfallen kann (Deckel auf/zu etc.)

Wenn Du das fleißig machst, kommst Du irgendwann bei der üblichen Abtastfrequenz bei 75 GByte Aufnahmen an...88 Tasten mal alle oben aufgezählten Varianten.
Eine andere Sample-Bibliothek "Fazioli Imperfect Samples" hat >100 GB glaub ich.


Das ganze wird durch eine clevere Audio-Engine geschleust, welche z.B. den Input bekommt:
Ton C2, Velocity 64 angeschlagen, Voreinstellung Deckel ganz auf, Mikrofonposition Spieler, Hall ist große Halle, Resonanz stark, rechtes Pedal auf Position 32 etc.

Dann wählt die Engine aus den hunderten Samples die nötigen Samples aus dem aufgenommenen Katalog aus, mischt diese zusammen und spielt diese ab.

C2 dürfte dabei sein, die 2 nächsten Aufnahmelautstärke-Samples werden genommen und nach irgendeinem Algorithmus ineinandergeblendet.
Es werden aber weniger laut auch C3 etc. dazugeblendet, nach anderen Algorithmen, um die Stringresonanz abzubilden...und dann sind ja noch die gehaltenen früheren Töne, auch die noch reinblenden etc.
Hall noch raufrechnen usw. usf. ....man kann hier noch eine Weile weitererzählen, es wird viel gerechnet mit den Samples.

Selbst ein Sample-Instrument hat also sehr viel zu rechnen und spielt nicht nur stumpf Töne ab, das war vielleicht mal in den 80ern so.

Wenn der Sample-Player das schlecht macht, rettet dich auch Sample-Größe nicht "Fazioli Imperfect..." - wenn der Player das sehr gut macht, kann er kleine Größen gut in gewissen Grenzen übertünchen, z.B. Nord Stage.

BTW...zu langer Post :)

Grüße,
André
...und wie soll das nun ein 10jähriger Alien verstehen?:lol::lol::lol:
 

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