Das schwerste Klavierstück

schwerstes Zeug

http://youtube.com/watch?v=-LIw8ykSmGU
《 3 shells》

... um meinen alten, hochverehrten Klavierlehrer Alfons Kade zu zitieren: "Ich glaube, wenn diese Musik nicht gemacht worden wäre, es hätte in der Klavierliteratur nichts gefehlt." - Er machte diese Aussage im Hinblick auf die Donaueschinger Musiktage in der 1970ern, als es üblich wurde, die Tasten nicht nur mit den Fingern/Händen zu bedienen. (Senflöffel u.ä.)
Sein ehemaliger Schüler Walter
 
http://youtube.com/watch?v=-LIw8ykSmGU
《 3 shells》

... um meinen alten, hochverehrten Klavierlehrer Alfons Kade zu zitieren: "Ich glaube, wenn diese Musik nicht gemacht worden wäre, es hätte in der Klavierliteratur nichts gefehlt." - Er machte diese Aussage im Hinblick auf die Donaueschinger Musiktage in der 1970ern, als es üblich wurde, die Tasten nicht nur mit den Fingern/Händen zu bedienen. (Senflöffel u.ä.)
Sein ehemaliger Schüler Walter

Das wirkt auf mich auch eher wie Sport als wie Musik. :D
 
vielleicht denken wir alle zu eng. Es könnte doch mal in der Partitur stehen: ... in den folgenden Takten ist das Instrument 15 m weit bei absoluter Stille zu tragen, dann tief durchatmen und mit einem Urschrei "Klavierweitwurf 10 m". - Dieses Anforderungen dürten dann wohl das Schwerste sein, was die Klavierliteratur zu bieten hat. Bei Aufschlag des Instruments gibt es dann noch tatsächlich Töne von sich! Geht nur mit akustischen Klavieren! - Ist alles nur Interpretationssache.
Jetzt muss ich aber aufhören, sonst werde ich von den Administratoren gestoppt.
A propos: Ganz herzlichen Dank an unsere Administratoren, die all dieses Zeug lesen und hier ein bisschen nach dem Rechten sehen.
Im-Clavio-Forum-seit-kurzem-Herumtreiber-und-seinen-Senf-dazugeber
Walter
 
nächste konzerte mitte-ende märz in polen, fliege am 16.03. nach warszawa, von dort geht es dann durch ein paar polnische städte, chopin, liszt, ravel und beethoven im gepäck. übrigens war mein schönstes konzert bisher in bayreuth auf wagners steinway von 1876: auf dem flügel hatte liszt oft und gern gespielt, ist der erste mit drei pedalen. "die alte dame" (so dr. friedrich, der museumsdirektor der villa wahnfried) klingt noch ganz gut, ist mechanisch klasse (liebestod akkordvibrato ist da kein problem), einzig die etwas größeren abstände/lücken zwischen den tasten sind anfangs irritierend.
 
ein paar tipps zu ondine, die evtl. sonderbar wirken (aber klarheit schaffen):
du übst die toccata - prima, tolles stück (rein manuell könnte man auch in islamey herumtrommeln, aber die musikalische substanz ist doch recht flach), leider hilft es manuell nicht für die cis-dur nixe...
probiere gegen jeden geschmack einfach folgendes aus: nimm dein metronom, stell es auf halbe note = 120 und spiel dann die ersten drei seiten des rondo aus der beethovenschen pathetique - - - - ist machbar, aber etwas zu schnell (wie gesagt: es geht um technische klarheit, erst mal abseits von jedem geschmack)
WENN du achtel, achteltriolen und sechzehntel bei HALBE = 120 kannst (vermutlich kann das, wer die toccata übt!), ist der erste schritt bzgl. klarheit gewonnen: damit ist sicher, dass du die diversen zweiunddreißigstelarpeggien und -passagen der ondine manuell bewältigen kannst.
jetzt gilt es, ganz naiv den notentext der ondine rein metronomisch & motorisch zu prüfen: eine rechnung ergibt, dass bei einem tempo von viertel = 120 das ganze stück weniger als 6 minuten dauern würde - daraus folgt, dass im schnitt die viertel irgendwo zwischen 50-60MM anzusiedeln sind. (rechnung: anzahl der viertel ermitteln, dann entsprechend teilen - anfängermathe).
WAS BEDEUTET DAS? die passagennoten sind beim eingewöhnen wie normale sechzehntel zu betrachten, also übt man / gewöhnt sich an achtel = 60 (und da ist alles leicht, beinahe vom blatt spielbar) und steigert das zunehmend, bis man bei 100-120 je Achtel (viertel = 50-60) angekommen ist. DAMIT verliert das notenbild, aber auch die variable rhythmische aufteilung (4, 5 oder mehr noten je achtel) ihren schrecken.
--- JETZT kann man, sauber non legato & pianissimo in zunehmendem tempo alles arpeggien- und passagengeriesel der ondine durchspielen!!! RELEVANT: erst mal gar nichts dabei denken, sondern durch motorische gewöhnung alle passagen automatisieren: die finger laufen von allein, wir dürfen NIE NIE NIEMALS an irgendeinen speziellen griff oder finger denken - DENN DANN SIND WIR ZU LANGSAM, DANN STOCKT ALLES UND HOLPERT
---- was ich da erkläre ist pure empirie ----
natürlich kommen noch ein paar spezialprobleme der ondine dazu:
a) die doppelgriffpassagen
b) der fortissimoausbruch bei "en peu plus lent"
c) die anfangsfigur
d) die dreioktavigen versetzungen der anfangsfigur, wobei die l.H. unbequem sopra die Melodie in (gebrochenen) Oktaven einflicht
-----------------niemand sagt, dass es ondine einem leicht macht...
doppelgriffpassagen: bei viertel = 60 spielbar, wenn man gar nicht darüber nachdenkt, und wenn man chopins, liszts und skrjabins terzen internalisiert hat (manche etüden, z.b. chopin op.25 nr.6, sind ein leben lang nützlich): immer locker staccato, pianissimo, finger stets dicht an den tasten
b) der ausbruch: erst einzeln (leicht!!), dann beidhändig tempo maßlos überdrehen (sic!) und in sicherheitsstationen "hereinrollen": auf jedem Achtel eine ewige Fermate machen, und in dieser zeit für beide hände die nächste station (achtel) anvisieren, dann in die nächste station hineinrollen/rasen (OHNE ANGST; OHNE PRÜFEN; OHNE DENKEN), dann immer so weiter - ggf. wochenlang. dann weglegen, gar nicht dran denken, und einfach mal im tempo spielen, während man ein ganz anderes stück übt! -- und dann wird auch das sicher, schnell, ohne angst und ohne fehler gehen.
c) ...ja...das ist dann wohl die schlechte nachricht...ich weiss auch nicht, wie man das üben soll - ich kann es, und es macht mir keine mühe (ok, ich habe zahllose lisztsche tremoli verinnerlicht, die sprudeln mir aus den fingern), aber wie man es einüben soll, kann ich leider nicht allgemein erklären... ich kann beschreiben, wie ich es MACHE: hand ganz locker, immer dicht an den tasten, vom akkord zum einzelfinger eine gedachte bzw. empfundene (nerven- bzw. muskelimpulse) roll- oder schaukelbewegung, dabei handgelenk, finger und hand quasi beinlos, butterweich: sowie irgendetwas fester wird, als es der automatische stützreflex der finger ist, geht schon gar nichts mehr - denn dann stellt sich zu große anstrengung ein. --- weich, weicher, rieselnd: der arm, die hand, die finger: alles muss sich wie wasser anfühlen: wenn du ohne hinzuschauen langsam und weich beginnst, nur auf die melodie konzentriert bist und NIE versuchst, das tempo anzuziehen: dann kannst du deine hand daran gewöhnen. ODER es geht ohne üben a priori, das ist dann natürlich angenehmer weil es zeit spart.
d) das ist übel, jedenfalls für mich, da ich meine handgelenke kaum seitlich verbiegen kann (wenn man sieht, wie gelenkig argerich oder gould die handgelenke verbiegen...da möchte man aufhören mit dem geklimper...) - geübt: erst mal die l.H. zwei oktaven tiefer, dann ein - dann immer weich von weit oben wie im notentext: auch hier gilt, dass man nicht über probleme raisonnieren soll während man spielt (denn dann pfuscht man), sondern sie eben weich und locker LÄNGST GELÖST HAT (weil man vorher "begreifend" darüber nachgedacht hat, sozusagen auch körperlich mit der hand alles "bedacht" hat)
------
"rapide e brillant": die passage ist kinderleicht (normale arpeggien), beim herunterlaufen aber jede vierergruppe rechts mit einer sexte mit 2-5 beginnen, dann spielt sich das wie in chopins ballade II oder mittelteil e-moll etüde; die l.H. spielt also nur drei töne je vierergruppe
die "glissandi" sind banal einfach (schwarze tasten glissando links auf schräg liegendem zeigefinger, rechts auf der außenseite des kleinen fingers)
------------
MEHR gibt es TECHNISCH nicht zu ondine zu sagen (klar, man kann viele arpeggien besser auf beide hände verteilen, als es ravel der übersicht halber notiert hat)
...aber MUSIKALISCH...ja, da ist die ondine ein echtes wunder - und auch hier gilt, dass der richtige klang, die richtige technik aus der musik kommt - - nur wir gewöhnlichen sterblichen müssen manchmal die übungen machen, die ich dir oben beschrieben habe...

---------

ich weiss nicht, ob und wie die beiträge in diesem forum ernst zu nehmen bzw. ernst gemeint sind - mir egal, ich habe jetz hier etwas manuelles über ondine erläutert: mehr dazu müsste am klavier gemacht, gezeigt, und ERKANNT werden. ich hoffe, dir nützen diese ratschläge oder tipps ein wenig, falls du dich in diese ästhetische nixenwelt wagst. ABER eines noch: ondine darf nie als etüde missbraucht werden - so etwas kann man mit islamey, don juan reminiszenzen, norma reminiszenzen und evtl. auch mit scarbo tun!!!!

"meisterkurse"...braucht man die? wer wird dafür eigentlich zugelassen?...

meine nächsten konzerte sind in polen, ich fliege am donnerstag nach warszawa, dann geht es durch ein paar polnische städte (ich habe, seit ich öfter in polen gespielt habe, dort radioaufnahmen gemacht - und viele enorm kultivierte freunde gewonnen: tolles land, tolle menschen (klar, die haben chopin und szymanowski hervorgebracht!))

----grüße, viel glück in der toccata
und falls dir ernsthaft an ein paar tipps zum üben gelegen ist, teil es einfach mit: sofern ich zeit habe, versuche ich zu erklären, wie ich es machen würde. einer hier hat etwas über die "natürliche technik" seiner mutter, einer pianistin, geschrieben, die nicht erklären kann oder will, wie sie es macht: das kann ich verstehen: SOWIE MAN DARÜBER NACHDENKT, WIRD MAN HOLPERIG UND ES GEHT NICHT MEHR - der Grund: unser Denken ist zu langsam!!... traurig, aber wahr... also muss man es durch FÜHLEN und zusammenfassen überlisten - aber dann darf man keinen Einzelton einer raschen passage mehr angaffen, bedenken, beäugen, raisonnieren...
 
danke
ich sehe es so, bisher hat es funktioniert
irgendwo hat jemand mal "inwendig" für auswendig geschrieben - das trifft zu.-
----noch begreife ich die abläufe dieses forums nicht, also: was ich zu ausführlich zu ondine geschrieben habe, betrifft "stilblüte", die dieses stück gerne lernen möchte; ferner davor eine antwort für einen "haydnspaß" - na und der dank jetzt geht an "guendola"
 
danke
ich sehe es so, bisher hat es funktioniert
irgendwo hat jemand mal "inwendig" für auswendig geschrieben - das trifft zu.-
----noch begreife ich die abläufe dieses forums nicht, also: was ich zu ausführlich zu ondine geschrieben habe, betrifft "stilblüte", die dieses stück gerne lernen möchte; ferner davor eine antwort für einen "haydnspaß" - na und der dank jetzt geht an "guendola"

Hallo rolf,

wenn du auf einen bestimmten antworten willst, ist es immer ratsam, den zitieren-Button zu verwenden. Dann ist aus der Antwort nämlich ersichtlich, auf welchen Beitrag sie sich bezieht.

Ich hatte dich gefragt, wann und wo dein nächstes Konzert ist. Nun, nach Warschau werde ich dir bestimmt nicht nachfliegen. Aber falls du mal in der Stuttgarter Gegend konzertierst, wärs durchaus möglich, daß ich mir das mal anhöre :)

Gruß
Haydnspaß
 
Hallo Rolf,
das liest sich sehr interessant, was Du da schreibst, auch wenn das für mich eine andere Dimension zu sein scheint. Aber was ich an Deinen Beiträgen nicht recht verstehe ist der ZUsammenhang innerhalb des Fadens. Ich finde irgendwie nie die Beiträge, auf die Du zu antworten scheinst. Kann aber auch an mir liegen.
Z.B., wo wurde nach der Ondine gefragt? Sorry, is nicht bös gemeint, ich bin jetzt nur etwas verwirrt.


....oh, ich sehe gerade, Hadnspaß scheint dasselbe Problem zu haben...und ja, wenn Du mal in der Mitte von Hessen konzertieren solltes, würde mich das auch sehr interessieren.
 
Hallo Rolf,

vielen Dank für diesen sehr interessanten Beitrag, mit dir hat das Forum ein tolles und kompetentes Mitglied gewonnen.

Je mehr ich lese, je mehr ich nachdenke über das Klavierspielen (nicht beim Klavierspielen) desto mehr stelle ich fest, wie wenig ich weiß.
Irgendwie ist das ja alles ein großes Geheimnis;
Ein normaler Mensch sitzt am Klavier und müht sich mit Stücken ab, die andere nach einer halben Stunde auswendig und perfekt können.
Man fragt sich, wo der Unterschied liegt; Pianisten haben schließlich keine anderen Hände als der Rest, theoretisch könnte (fast) jeder ziemlich gut Klavier spielen.

Ich habe die Toccata gerade nochmal zur Seite gelegt; zum einen weil andere Stücke im Augenblick absoluten und dringenden Vorrang haben, zum anderen, weil ich mir das Stück doch noch nicht so ganz zutraue...
Ich muss mal gucken.

Auf jeden Fall werde ich deine Tipps bedenken, wenn ich die Ondine irgendwann mal in Angriff nehme und dich ab und zu mal mit Fragen löchern ;)

Beste Grüße
Stilblüte
 
Hi Rolf,
ich kann mich nur Stilblüte anschließen. Nachdem in letzter Zeit mehrere Mitglieder, die richtig Ahnung hatten, verschwunden sind, freut es mich umso mehr, dass mit dir endlich mal wieder jemand von diesem Kaliber hinzugekommen ist:p
Ich hoffe nur, du verschwindest nicht so schnell, wie du gekommen bist.

Je mehr ich lese, je mehr ich nachdenke über das Klavierspielen (nicht beim Klavierspielen) desto mehr stelle ich fest, wie wenig ich weiß.
Da bist du nicht alleine. Das geht mir und wahrscheinlich vielen anderen genau so. Wie hat Faust das gesagt? " Ich habe alles studiert, aber jetzt weiß ich, dass ich nichts weiß", oder irgendwie so?

Ein normaler Mensch sitzt am Klavier und müht sich mit Stücken ab, die andere nach einer halben Stunde auswendig und perfekt können.
Naja, so ganz ist das dann aber doch nicht.
Diejenigen, die nach einer halben Stunde ein schweres Stück auswendig und perfekt können, haben auch schon viele Jahre lang kontinuierlich geübt; außerdem sind sie halt auch sehr begabt, aber sie sind immer noch normale Menschen.

Oder du meinst Leute wie Mozart und Beethoven oder andere Autisten und Savants. Bei denen hat das nicht mehr so viel mit Talent zu tun, sondern beruht auf einer Störung des Nervensystems.

Gruß Hacon
 

Als Glenn Gould 1957 in der Sowjetunion einige Konzerte gab, kam es zu einem Treffen mit Svjatoslaw Richter. Richter meinte später zu einem Freund: "Du weißt schon, das ich Bach so wie Gould spielen könnte, oder? Allerdings müsste ich dafür unglaublich lange üben" (nicht wörtlich zitiert)

Bei der Schwierigkeit von Stücken muss man unterscheiden zwischen dem rein mechanischen Erfordernis, eine bestimmte Anzahl von Noten korrekt in einer bestimmten Zeit zu realisieren und, der größeren Schwierigkeit, diese in einen musikalischen Sinnzusammenhang zu bringen. Wenn jemand das erste Kriterium erfüllt, bedeutet dies nicht, das er auch die Schwierigkeiten des Stücks gemeistert hat. Sicherlich, bei manchen virtuosen Stücken resultiert bereits aus der stupiden Bewältigung des Notenmaterials eine brauchbare Interpretation, allerdings ist dies sehr selten. Ein Beispiel wäre vielleicht Prokofiews Toccata op. 11. Der Normalfall ist dies jedenfalls nicht. Wenn jemand meint, Bach sei einfach, bezieht sich dies also auf den ersten Fall, es gibt bei Bach keine Prestooktaven, keine vollgriffigen Akkordpassagen und all die anderen "Zumutungen" eines Liszt, Rachmaninoff oder Prokofiew; allerdings könnte man ihm dann vorhalten, er solle doch einmal versuchen bei Bach die einzelnen Stimmen herauszuarbeiten wie Gould.

Rein hypothetisch könnte ich mich jetzt hinsetzen und ein Stück schreiben, das schwerer ist als alles andere. Natürlich im Rahmen des physiologisch Möglichen. Es wäre damit nichts erreicht. Selbst von Liszt rücken die großen Pianisten ab, wenn es um einige seiner Transkriptionen geht. Das ist Musik, die mit Schwierigkeiten überhäuft wurden um sie als akrobatische Schaustücke zu benutzen. Virtuosität als Selbstzweck hat kaum mehr Wert als eine Fingerübung.
Dies ist auch der Grund, warum Supervirtuosen zwar Bühnenattraktionen sind, aber auf lange Sicht wieder verschwinden. Es kommt einfach ein Anderer und ersetzt sie. Der spielt zwar nicht noch virtuoser, aber er ist eben neu und vielleicht kein Asiat, oder er/sie ist besonders hübsch. Bei Google-Video bin ich immer wieder erstaunt über einzelne Interpretationen:

http://www.youtube.com/watch?v=DAb2nI2hVqk&feature=related

Es gibt meines Wissens niemanden, der die immensen Anforderungen dieses Stückes auch musikalisch so zwingend bewältigt hat. Auch andere Interpretationen von ihr wissen zu gefallen. Aber sie hat entweder das Pech keinen fähigen Vermarkter gefunden zu haben oder ihr Repertoire ist zu begrenzt.

Der Kern ist, das nur sehr wenige reine Virtuosen zu Weltruhm gelangen, denn Musik ist nunmal kein Sport à la höher, schneller, weiter. Es berührt mich jedenfalls kein bißchen, wenn sich ein Pianist X zum Roboter degradiert und ein wahnsinnig schwieriges Stück fehlerfreier und schneller als Horowitz oder Richter spielt, aber die Musik dabei auf der Strecke bleibt.

Wer das folgende (technisch unglaublich leichte) Stück jedoch SO zu spielen vermag, der hat meine Bewunderung:

http://www.youtube.com/watch?v=Bh7v23glqCY&feature=related

MfG der Marcel
 
Vielleicht ist das hier das schwerste Stück:
 

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Als Glenn Gould 1957 in der Sowjetunion einige Konzerte gab, kam es zu einem Treffen mit Svjatoslaw Richter. Richter meinte später zu einem Freund: "Du weißt schon, das ich Bach so wie Gould spielen könnte, oder? Allerdings müsste ich dafür unglaublich lange üben" (nicht wörtlich zitiert)

Bei der Schwierigkeit von Stücken muss man unterscheiden zwischen dem rein mechanischen Erfordernis, eine bestimmte Anzahl von Noten korrekt in einer bestimmten Zeit zu realisieren und, der größeren Schwierigkeit, diese in einen musikalischen Sinnzusammenhang zu bringen. Wenn jemand das erste Kriterium erfüllt, bedeutet dies nicht, das er auch die Schwierigkeiten des Stücks gemeistert hat. Sicherlich, bei manchen virtuosen Stücken resultiert bereits aus der stupiden Bewältigung des Notenmaterials eine brauchbare Interpretation, allerdings ist dies sehr selten. Ein Beispiel wäre vielleicht Prokofiews Toccata op. 11. Der Normalfall ist dies jedenfalls nicht. Wenn jemand meint, Bach sei einfach, bezieht sich dies also auf den ersten Fall, es gibt bei Bach keine Prestooktaven, keine vollgriffigen Akkordpassagen und all die anderen "Zumutungen" eines Liszt, Rachmaninoff oder Prokofiew; allerdings könnte man ihm dann vorhalten, er solle doch einmal versuchen bei Bach die einzelnen Stimmen herauszuarbeiten wie Gould.

Rein hypothetisch könnte ich mich jetzt hinsetzen und ein Stück schreiben, das schwerer ist als alles andere. Natürlich im Rahmen des physiologisch Möglichen. Es wäre damit nichts erreicht. Selbst von Liszt rücken die großen Pianisten ab, wenn es um einige seiner Transkriptionen geht. Das ist Musik, die mit Schwierigkeiten überhäuft wurden um sie als akrobatische Schaustücke zu benutzen. Virtuosität als Selbstzweck hat kaum mehr Wert als eine Fingerübung.
Dies ist auch der Grund, warum Supervirtuosen zwar Bühnenattraktionen sind, aber auf lange Sicht wieder verschwinden. Es kommt einfach ein Anderer und ersetzt sie. Der spielt zwar nicht noch virtuoser, aber er ist eben neu und vielleicht kein Asiat, oder er/sie ist besonders hübsch. Bei Google-Video bin ich immer wieder erstaunt über einzelne Interpretationen:

http://www.youtube.com/watch?v=DAb2nI2hVqk&feature=related

Es gibt meines Wissens niemanden, der die immensen Anforderungen dieses Stückes auch musikalisch so zwingend bewältigt hat. Auch andere Interpretationen von ihr wissen zu gefallen. Aber sie hat entweder das Pech keinen fähigen Vermarkter gefunden zu haben oder ihr Repertoire ist zu begrenzt.

Der Kern ist, das nur sehr wenige reine Virtuosen zu Weltruhm gelangen, denn Musik ist nunmal kein Sport à la höher, schneller, weiter. Es berührt mich jedenfalls kein bißchen, wenn sich ein Pianist X zum Roboter degradiert und ein wahnsinnig schwieriges Stück fehlerfreier und schneller als Horowitz oder Richter spielt, aber die Musik dabei auf der Strecke bleibt.

Wer das folgende (technisch unglaublich leichte) Stück jedoch SO zu spielen vermag, der hat meine Bewunderung:

http://www.youtube.com/watch?v=Bh7v23glqCY&feature=related

MfG der Marcel

Schöner Post! Ich glaube es stimmt, was du geschrieben hast. Die Interpretatin von Lisitsa habe ich schon längst in den Favoriten und es ist eins der explosivsten und leidenschaftlichsten Stücken überhaupt und diese Interpretation ist aus meiner Sicht unter den besten Aufnahmen bei youtube. Daher meine Frage: wie kommst du auf die Idee, dass es ihr irgendwie schlecht geht, oder dass sie keinen Sponsor finden kann?
Soweit ich weiß geht es ihr sehr gut, sie lebt in den USA ist ziemlich berühmt, hat paar CDs herausgebracht etc. Sehe ich nicht ein, ich glaube dass jemand der so spielen kann wie sie, davon gut leben kann.
 
Sicherlich geht es Lisitsa nicht schlecht. Aber ihre Fähigkeiten sollten eigentlich zu mehr reichen, als ein normales Auskommen zu sichern. Jedoch ist ihr Repertoire wohl doch ein wenig begrenzt, um auf Höheres zu hoffen. Es liegt natürlich in ihrem eigenen Vermögen dies zu ändern, aber sehr häufig bemerkt man bei vielen Pianisten ab einem gewissen Level eine Stagnation. Ob es an Selbstzufriedenheit liegt oder anderen Gründen spielt dabei keine Rolle. Ein berühmtes Beispiel ist Ivo Pogorelich, dessen Begabung in keinem Verhältnis zu seiner Produktivität steht. Allerdings spielte bei ihm auch Biographisches eine Rolle.

Jedenfalls würde ich Lisitsa nicht weniger gern im Konzert hören als einen anderen Pianisten, um den ein völlig überzogener Hype stattfindet. Sein letztes Konzert, dem ich beiwohnen durfte war jedenfalls lang... lang.


Ich muss vielleicht noch ergänzen, dass Kissins oder Richters Interpretationen von op. 39/6 sicherlich nicht schlechter sind, vielleicht auch musikalischer. Jedoch die aggressive Art Lisitsas, ganz auf Zäsuren zu verzichten, gefällt mir ausnehmend gut.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Richter: "Du weißt schon, das ich Bach so wie Gould spielen könnte, oder? Allerdings müsste ich dafür unglaublich lange üben"

Für mich gibt es keine zwei gegensätzlicheren Einspielungen vom WTK, als die von Gould und Richter.
Meistens gefällt mir eine davon deutlich besser ;) - kann aber auch an der Hörreihenfolge liegen (hab' den Richter nur auf uralten Melodia-Schallplatten).
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich bin mit Glenn Gould aufgewachsen (Bj. 1975) und eine Ewigkeit lang gab es für mich nur ihn. Ich war voreingenommen gegenüber jedem anderen Pianisten, vor allem aber Horowitz. Das kann man sich als natürlich Pubertierender erlauben, aber irgendwann lernt man ja auch eigenständiges Denken (obwohl ich mir da heute auch nicht mehr so sicher bin). Jedenfalls bin ich sehr glücklich auch andere Komponisten als die von Gould bevorzugten, und natürlich auch andere Pianisten schätzen gelernt zu haben. Einer der ersten war Richter, später aber auch Horowitz, Brendel, Kissin... Viele Aufnahmen und Ansichten Goulds sind eben doch überzogen und einfach nicht tragbar. Aber bei Bach bin ich immer noch voreingenommen. Das WTK ist bei Richter sicherlich viel homogener angelegt, was schon durch die Produktonsweisen bedingt ist (in einem Rutsch bei SR, über Jahre verteilt bei GG). Aber die Qualität des Spiels ist hier nunmal ausschlaggebend. Wenn es an die Fugen geht, ist Gould was Durchsichtigkeit und dynamische Abstufung angeht einfach unerreicht. Es gibt bsw. eine sehr gute Einspielung der Goldbergvariationen von Andras Schiff; makelloses Spiel und sehr fein nuanciert. Aber auf Dauer wirkt der reine Wohlklang einfach zu glatt und unaufgeregt. Bei Gould wirkt Bach häufig schroffer, aber eben auch kontrasttreicher, interessanter.
 
Hallo Rolf,

vielen Dank für diesen sehr interessanten Beitrag, mit dir hat das Forum ein tolles und kompetentes Mitglied gewonnen.

Je mehr ich lese, je mehr ich nachdenke über das Klavierspielen (nicht beim Klavierspielen) desto mehr stelle ich fest, wie wenig ich weiß.
Irgendwie ist das ja alles ein großes Geheimnis;
Ein normaler Mensch sitzt am Klavier und müht sich mit Stücken ab, die andere nach einer halben Stunde auswendig und perfekt können.
Man fragt sich, wo der Unterschied liegt; Pianisten haben schließlich keine anderen Hände als der Rest, theoretisch könnte (fast) jeder ziemlich gut Klavier spielen.

Ich habe die Toccata gerade nochmal zur Seite gelegt; zum einen weil andere Stücke im Augenblick absoluten und dringenden Vorrang haben, zum anderen, weil ich mir das Stück doch noch nicht so ganz zutraue...
Ich muss mal gucken.

Auf jeden Fall werde ich deine Tipps bedenken, wenn ich die Ondine irgendwann mal in Angriff nehme und dich ab und zu mal mit Fragen löchern ;)

Beste Grüße
Stilblüte
Grüße aus Warschau
- ich bin (leider) kein "internetprofi", wie man dieses forum hier korrekt verwendet, entzieht sich meinem laienverstand... aber "stilblüte" ist also moderatorin, ergo kann ich mich an diese mit blamablen "wie-geht-was-in-diesem-forum"-fragen wenden.
Ich biete hier an, allen interessierten benutzern einen ca. 20 seitigen text über ravels ondine zu lesen - darin sind mehr als 50% der takte mit fingersätzen und übungsmethoden erklärt, nach diesem praktischen teil geht es um die literarische vorlage und um musikalische interpretationsfragen (pedal, tempo, ausdruck etc.) --- und das alles sehr akribisch und exakt.
vielleicht wäre für einige eine solche pianistische vorgehensweise interessant. vielleicht teilt mir der moderator oder die moderatorin mit, ob so etwas mal betrachtet werden mag - und falls ja, wie ich es hier zur verfügung stellen kann.

ich bin konzertpianist und habe zudem später noch musikwissenschaft studiert - aus meinen jahrelangen kurs- und vorlesungsmaterialien habe ich ziemlich viel klavieristisches über diverse "virtuosenstücke" (mephistowalzer, etliche etüden, liszts sonate und opernparaphrasen und transkriptionen, ondine-gibet-scarbo, bilder einer ausstellung, beethovens späte sonaten u.a.), und da ich alle noten und texte im notebook habe (gott sei dank gibt es so etwas: seit ein paar jahren schleppe ich keine notenbände mehr mit mir herum), sollte es doch theoretisch möglich sein, solche dateien zu versenden.
nach ostern werde ich wieder hier hereinschauen - jetzt muss ich üben, da ich morgen und dann an den feiertagen spielen muss.
herzliche grüße
 

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