Debbie, der rhetorische Trick (den Du sicherlich nicht absichtlich angewendet hast!) Deines Postings besteht darin, den Ausdruck "zu Felde ziehen" benutzt zu haben.
Hallo hasenbein,
danke für deine ausführliche Antwort auf meinen post. Ich wollte hier wirklich nicht in die rhetorische Trickkiste greifen und habe bei der Verwendung der Redewendung "zu Felde ziehen" niemandem martialische Absichten unterstellen wollen!
Zitat von hasenbein:
Dadurch brandmarkst Du bestimmte Leute hier als "kämpferisch" bis "kriegerisch" und erweckst so den Eindruck, sie wollten gewissermaßen eine Kultur-Diktatur, eine Zwangsbeglückung.
Ebenso liegt es nicht in meiner Absicht, hier irgendjemandem (sei es ein äußerst engagierter KLavierpädagoge, ein erfahrener Pianist, oder auch einfach ein Mensch, dem das Klavierspielen und die Musik besonders am Herzen liegt) zu unterstellen, er wolle Kultur diktieren oder einen musikalisch (zu) einfach strukturierten Menschen zwangsweise zum Glück des geschulteren Ohres und des gehobeneren Hör- und Musikgenusses zu verhelfen.
Zitat von hasenbein:
Schau, Debbie, Auftrag kultureller Bildung (und Klavierunterricht ist kulturelle Bildung) kann immer nur sein, Kompetenz im Umgang mit Kultur zu verbessern, mehr Wissen über Kultur zu vermitteln und dadurch auch Geschmackssicherheit zu vermitteln.
Siehe Fernsehen: Würdest Du bezweifeln, daß es zum Auftrag der Schule gehört, Kompetenz im Umgang mit dem Medium zu vermitteln?
Damit hast du völlig recht, hasenbein!!!
Leider geschieht dies in Schulen (auch in Gymnasien!!) leider nicht allzu oft! Ich habe mich vor einigen Jahren (eine Tochter war gerade in der Mittelstufe des Gymnasiums) am Elternsprechtag über den Musikunterricht beschwert, weil dort immer nur Filme angeschaut wurden, es wurde keinerlei musiktheoretisches oder sonstiges Wissen über Musik vermittelt! Das kam dann wirklich ungünstig rüber: über den M u s i k u n t e r r i c h t hatte sich bis dahin wirklich noch niemand beschwert (es gab nämlich in diesem Fach auch niemals wirklich schlechte Noten!) - Die Folge war dann, dass wenige Wochen später im Fach Musik ein Test (bisher noch nie dagewesen) geschrieben wurde - und zwar über den Quintenzirkel, der bis dato nie durchgenommen wurde (früheres Argument des Lehrers: kann man nicht machen, da die Kinder, die kein Instrument spielen, ja keine Noten lesen können). Der Test war dann gesalzen, der dafür erforderliche Lernstoff wurde in 2 bis 3 Unterrichtsstunden im Turbotempo durchgepaukt - und wir mussten unsere Klavierlehrerin für eine Zusatzstunde bestellen, damit das, was im Test abgefragt werden sollte vorher auch verstanden war!
Zitat von hasenbein:
Genauso muß der verantwortungsvolle Klavierlehrer wahrnehmen, daß, wenn ein Schüler Begeisterung für Stücke a la Comptine zeigt, hier noch musikalischer Bildungsbedarf herrscht!
Ich bin der Meinung, daß man mit einem relativen Anfänger ruhig Comptine durchnehmen sollte, sofern er es wünscht. Aber man muß dann unbedingt wissen, daß bei diesem Schüler Weiterbildung erforderlich ist.
Auch da gebe ich dir völlig recht! Sobald man die Comptine (oder ähnliches) völlig ablehnt, wird sie für die Schüler ja erst recht interessant. Auch ich habe sie - wie vor mehreren Tagen und etlichen Beiträgen geschildert - anfangs mal im Klavierunterricht spielen wollen und dann auch spielen dürfen. Aber für den Klavierschüler ist solch ein Stück doch auch eine gute Gelegenheit, einmal selbst herauszufinden und zu erkennen, was wirklich gute Klaviermusik von solcher Trivialmusik (die allenfalls als "Zuckerwatte für die Ohren" eingeordnet werden kann) unterscheidet.
Zitat von hasenbein:
Wir Klavierlehrer sind, das darfst Du nicht vergessen, einige der wenigen Verbliebenen hierzulande, die ein wenig gegensteuern können gegen den allgemeinen und bereits weit fortgeschrittenen Abstieg in die Verdummungs-Populärkultur.
Da hast du völlig recht und ich finde es äußerst wichtig, dass Musik- und Klavierpädagogen ihre Arbeit so verstehen. Leider ist die Gefahr groß, dass gerade heute, angesichts der für den Musikunterricht sehr ungünstig veränderten Rahmenbedingungen (Ganztagsschulbetrieb und Abitur nach 12 Schuljahren, wobei häufig noch die Schulmensa fehlt und alles provisorisch organisiert werden muss) Klavierpädagogen recht schnell viel zu große Abstriche an die Erwartungen, die sie bisher gegenüber ihren Schülern aufrecht erhielten machen müssen. Es ist sicher schwierig, dies mit angemessener Gewichtung der veränderten Bedingungen einerseits und der musikalischen Ansprüche andererseits auszubalancieren. Unsere KLin sagte kürzlich, dass sie bei nahezu allen Schülern im Kindes- und Jugendalter aufgrund dieser schulpolitischen Veränderungen ihre Ansprüche stark zurückschrauben müsse.
....Weitere Überlegungen hierzu würden den Rahmen dieses Fadens sprengen!:D
LG
Debbie digitalis