Blickmanagement

Nun stolpere ich über die Treffsicherheit. Auswendig konnte ich auf die Tasten schauen, vom Blatt nicht mehr. Ich erkunde gerade 2 Strategien: Lagen der Tasten er-tasten (klappt bei linke-Hand-Sprüngen schon halbwegs), aber auch den peripheren Blick zur Punktlandung.
Du sprichst es an, einer kurzer Ziel-Blick weg vom Blatt. Aber es gibt noch ein Hilfsmittel: das "Vorhören" bzw. nicht nur visuell sondern auch audio die Zieltonvorstellung. Die Motorik schult sich auch durchs (innere ) Ohr. Würdest du blind spielen, würde eine try and error Strategie nach Zielton nach kurzer Zeit die richtige Habtik führen. (Könner bzw. Profis haben wahrscheinlich (ich bin keiner deswegen die vorsichtige Einschätzung) die gesamte Klaviatur mit allen möglichen Tonkombinationen im Kopf. Aber von der Geige her ist das Beherrschen des Instruments nur so möglich. Dito wird es auch beim Piano sein, nur viele sehen die Blindbeherrschung nicht ein, weil es doch so eindeutig visuell leicht geht.......
 
weil es doch so eindeutig visuell leicht geht.......

Dann einfach auf das Ende des zweiten Satzes der Schumann Fantasie oder - noch geiler! - auf die Sprungvariation aus dem erstaunlichen op. 2 von Chopin switchen und das Visuelle hat sich erledigt!
Grundsätzlich gilt, was man - eventuell im leicht reduzierten Tempo - blind NICHT sicher trifft, kann man nicht.
 
wenn du einem Pianisten im Klavierkonzert bzw. -abend die Augen verbinden würdest.

Ich habe es schon 2 Mal erlebt, dass Pianisten bei plötzlichem Stromausfall und Dunkelheit relativ verlustfrei weiterspielten.
Für die meisten Pianisten ist das Auge hilfreich, aber nicht unentbehrlich.
Und dass man grundsätzlich auch blind La Campanella spielen kann ist ja seit den Erfolgen von Herrn Tsuji erwiesen.
Mir selbst ist mein Augenlicht lieb und wert und wenn ich Konzerte spiele schaue ich auch auf die Klaviatur/Hände, aber beim Üben muss alles auch blind gehen.
 
Fällt mir gerade ein: Artikel Rubinstein beschreibt im zweiten Teil seiner Autobiografie wie ihn sein Augenlicht langsam verlässt und wie interessant und lehrreich es für ihn ist (halb)blind zu spielen.
 
Ich habe tatsächlich mal in Chile einen kompletten Duo-Abend bei Stronausfall gespielt. Das Ganze fand in einer Kirche statt, deshalb gabe es immerhin ein paar Kerzen. Das Flackerlicht und die Schatten auf der Klaviatur waren aber so irritierend, dass ich es vermieden habe, auf die Tasten zu schauen. Ein Problem war das nicht, man gewöhnt sich sofort daran. Letztendlich war es durch die besondere Atmosphäre eines unserer schönsten Konzerte!
 
Weißt du wirklich, welche Tasten du erreichen möchtest? Kannst du sie benennen, dir bildlich vorstellen, den Griff in der Hand spüren? Dann reicht maximal ein kurzer Blick beim Bewegungsstart, und du wirst auch dort ankommen.
Es gibt anscheinend noch einen Trick :-D, den ich bisher nicht kannte – hier die heutige Begebenheit:
Der Schüler hat in der LH einen Sprung nach unten zu einer Quinte. Zeit zum Schauen wird es geben, trotzdem ermutige ich ihn, es auch mal blind zu versuchen. Die ersten Male ist er zu vorsichtig und landet immer eine Stufe zu hoch, danach klappt es paar Mal gut, dann greift er sogar mal eine zu tief, zeigt aber Ehrgeiz und probiert es immer wieder. Ich merke aber, dass er mittlerweile vor dem Spielen der Töne irgendwie an den Tasten herumfühlt, als könnte man unterscheiden, ob es ein G oder A ist (er kommt mit der Hand „direkt“ an, ohne die schwarzen Tasten zu berühren). Ich sage: Was suchst Du denn da, man kann doch nicht merken welche weißen Tasten es sind.
Die Antwort: Wenn ich die richtigen vorher oft gespielt habe, dann sind sie wärmer, als die anderen, und das fühle ich :-D !
Die Kinder sind herrlich erfinderisch, klasse!
 
Tja, wenn wegen Corona erstmal die Handschuhpflicht kommt, dann ist auch mit so was Schluss!
 

Zurück zum Blickmanagement... Organisten haben das Problem mit den Pedaltasten, und da ist die örtliche Situation oft zusätzlich hinderlich zum Runtergucken: Spieltisch fett oder eng (Dorfkirche), und die Beine mehr wie Äste, keinesfalls so gelenkig wie die Zweige kurz unterm Hals. Der Orgellehrer lässt Gucken nach unten gar nicht erst zu, da wird nicht gefragt. Es wird eisern auf Gehör geübt.

Ich übe Sprünge grundsätzlich nur nach Gehör. Zum Gucken habe ich keine Zeit. (ja, der blinde finale Doppelsprung bei Chopins b-Moll-Scherzo klappt sogar ab und zu :lol:)
 
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