Meine Antwort zur Ausführung "a)" - kritisch wie schon die ganze Zeit in diesem Faden ;)
Wenn ich das richtig verstehe, kann man deine Antwort grob in einem Satz zusammenfassen:
1. )Um ein musikalisches Profil zu bilden, sich über den Durchschnitt zu spielen und zu hören, sollte man sich möglichst früh von der Standardliteratur abwenden und sich auf Komponisten, Werke oder Stile spezialisieren, die bisher wenig (ein)gespielt und in Konzerten zu hören sind, weil es für die Standardliteratur schon zu viele gute Interpreten gibt.
Ich seh da allerdings auch gewisse Probleme:
2.) Du schreibst, man sollte sich möglichst früh spezialisieren, um es durch Vorbereitung, Wissen usw. wirklich leisten zu können, Experte auf einem Randgebiet zu sein. Die Schlussfolgerung ist logisch.
Allerdings kann man sich schlecht auf die Erforschung von australischen Giftschlangen spezialisieren, wenn man nicht mal eine Blindschleiche von einem Regenwurm unterscheiden kann... Will sagen - bevor man sich spezialisieren kann, muss man das sogenannte Standardwerk gesehen haben. Das erfordert allerdings viel Zeit, da es bekanntlich nicht gerade klein ist... Und wir sprechen hier ja nicht über Klavier-Genies, sondern von begabten, normalen Klavierstudenten.
3.) Spezialisieren sollte man sich, wie du schreibst, auf das, was man am besten kann. Logisch. Was macht man aber nun, wenn einem nunmal Chopin, Rachmaninov oder Mozart am besten liegen? Wenn man mit Wagner oder Reger oder sonstwas gar nichts anfangen kann?
Man könnte sich natürlich "ähnliche" Musik suchen, vielleicht Nocturnes von John Field einspielen oder sich Moszkowski, Medtner, Dohnány zuwenden.
Statt Mozart Haydn oder Clementi, statt Bach Händel, statt Beethoven - ? statt Ravel - ? Schubert - ? ...
4.). Ich würde vermutlich in keinen Klavierabend gehen, bei dem außschließlich Wagner gespielt wird :D
5.) Ich will mal nicht so schwarzmalerisch sein. Man könnte natürlich Aufmerksamkeit erzeugen, wenn man ein Moszkowski-Gesamtwerk in brillianter Qualität auf den Markt bringt, dann noch ein Medtner-Gesamtwerk hinterher, und sich dann vorsichtig den Rachmaninov-Préludes zuwendet oder sonstwie ähnlich vorgeht. Wer mit den Chopinwalzern anfängt, hat wohl eher geringe Chancen.
Ich hatte aber eigentlich angenommen, deine Antwort auf a) hat eher mit der Herangehensweise, Betrachtungsweise usw. vom Üben und Leben von Klaviermusik und im Studium zu tun.
Auf die beschriebene Art und Weise spielt man ja nicht "über" dem Durchschnitt, sondern eher "außerhalb" vom Durchschnitt.
Ich bin gespannt, wie diese Diskussion hier weitergeht :)
besten Gruß
Stilblüte
Ich sehe die Spezialisierung auch unter anderen Gesichtspunkten und vielleicht wird pianoaktiv noch seine Betrachtungen noch ergänzen.
zu 1,)
Als klassischer Pianist kann man sich nie von der Standartliteratur abwenden, denn die wollte man ja spielen, studieren, verstehen und dem Publikum näher bringen.
Der Unterschied sollte so sein, dass nie die gesamte Literatur gespielt werden kann, sondern dass die entsprechende Auswahl getroffen wird, die ja dann auch ein Profil zeigt.
Dazu Beispiel:
Ich kann durchaus ein Spezialist für Waldsteinsonate, Mondscheinsonate und Pathetique sein. Und zwar bin ich das, wenn i
ch und ein Teil meines Publikums der Meinung ist, dass eben ich diese Stücke besonders ausdrucksstark spiele.
Ich muss also nicht alle 32 Beethoven Sonaten spielen und drauf haben- Die wenigsten sind dazu in der Lage und die es können, sind bereits bestens im Markt plaziert.
Desgleichen habe ich Stücke von Chopin- Schubert, Schumann, Brahms, Bach und vielen anderen, die ich ebenso einmalig spiele und damit mein Publikum fessele.
Dass Stilblüte bei einigen Stücken dies kann hat sie bereits gezeigt und sie weiss es auch und hat das erforderliche Niveau.
zu2.)
Die Spezialisierung sollte das Profil betreffen, welches zu erarbeiten ist.
Das KLavierstudium wird ja weitergeführt und dort werden weitere Stücke dran kommen, die dann später in der aufführungspraxis nicht mehr vorkommen , die aber die pianistische Ausbildung verbreitern.
Auch im Studium wird ja eine Auswahl an Repertoire getroffen. Nur wenige haben nach ihrem Examen bereits einen Grossteil der Standardliteratur studiert.
zu3.)
die passt hervorragend zu Punkt 1, denn es ist ja weniger die Frage, was man spielt und dann auch vorträgt, sondern wie man das macht.
Ohne Selbstbewusstsein geht ja nur wenig und wenn - entsprechende Arbeit immer als voraussetzung - ein Pianist der Meinung ist, er spiele dieses oder jenes Werk besonders toll. so soll er das auch vertreten. Sein Publikum wird ihm folgen.
Ich denke auch, dass man nur Stücke spielen kann, zu denen es einen zieht. eine Auswahl nur deswegen zu treffen, weil sie besonders selten oder abseits eingefahrener Pfade liegt, wird nicht funktionieren, weil das Publikum immer spürt, wie ehrlich ein Interpret hinter den Werken steht, die er/sie vorträgt.
zu4. )
Das ist ein wichtiger Punkt- da geht wirklich keiner- oder kaum einer hin.
Das Publikum braucht fast immer den Wiedererkennungseffekt.
zu 5.)
Es ist nirgendwo nötig, ein Gesamtwerk zu präsentieren. Im studioum wird auch fast nie ein Gesamtwerk eines Komponisten studiert. Dazu ist auch garnicht die Zeit. Die Kunst liegt in einer klugen Auswahl.
Man muss also erkennen, welche Werke es sind, die einem besonders liegen und die man so gut versteht, dass man deren Botschaft auf ein Publikum übertragen kann.
Stilblüte hat bereits jetzt die Fähigkeit als ernstzunehmende Interpretin bestimmte Werke so zu präsentieren, dass sie einen
Fanclub rekrutieren kann.
Die Vergleiche mit anderen bekannten Pianisten werden überall angestellt und dem kann man sich nicht entziehen. Deshalb muss man sich diesem Vergelich stellen und in den ausgewählten Stücken sich dann tatsächlich abheben.
Dass die gelingen kann- vor allem wenn das Studium an der hochschule weiter verfolgt wird - daran hege ich keinen zweifel.
Allerdings bräuchte Stilblüte - so meine Erfahrung und Meinung - einen klugen Berater, der ihr hilft, jene Stücken, die ihr besonders liegen herauszufinden und dann noch hilft, die Interpretation zu vertiefen.