Auweia, und davon leitest Du Deine Meinung über Gymnasien ab?
Nicht nur ... es war nebenbei ziemlich viel mehr, als nur Nervosität und das mit den Referaten war lange nicht das einzige.
Abgelesene Powerpont-Präsentationen, völlige Überforderung mit der Selbstorganisation des Curriculums (das war allerdings nicht nur bei Gymnasiasten so) ... dank Bildung Bolognese ist das aber mittlerweile ein etwas kleineres Problem.
Dazu kam eine ziemlich "komische" (aus meiner Warte) Einstellung zu Förderung und Selektion.
Viel wichtiger waren aber die Erfahrungen mit Gymnasiasten im Nachhilfeunterricht. Gerade die, die auf angesehenen Gymnasien waren, wurden (nicht nur seitens der Schule) einem echten Lernterror unterworfen.
Bei einem habe ich die Fortsetzung des Unterrichts sogar verweigert, als ich bemerkte, dass der Junge neben meinen 2 Fächern (Mathe, Englisch) noch Nachhilfe in 3 anderen Fächern bekam ... je im Umfang von 90 Minuten pro Woche.
Ich dachte, ich höre nicht recht ... kein Wunder, dass der Junge zuverlässig in jeder Prüfung versagt hat, obwohl er den Stoff drauf hatte. Der hatte starke Versagensängste ... und die haben ihn mMn in Prüfungssituationen gelähmt.
Leider hatte das sowohl bei seinen Eltern als auch bei seinen Lehrkräften nur zur Folge, dass der Druck weiter erhöht wurde.
Und das war leider kein Einzelfall (nur der einzge, bei dem ich es zum Anlass nahm, den Unterricht zu beenden).
Der Druck, der scheinbar an vielen Gymnasien aufgebaut wird (auch aus Selektionsgründen), ist mMn unnötig und in nicht ganz wenigen Fällen sogar schädlich.
Viele Gymnasiasten, die ich kennengelernt habe (meist im Studium), hatten die Karriere eines Schulversagers hinter sich. Erst ging am Gymnasium nocht alles ganz gut, aber irgendwann stieg der Druck.
Eine Versetzung hat nicht geklappt und nachdem Nachhilfe auch nicht geholfen hat, begann ein langsamer Weg bis hinab zur Haupt- oder Realschule. Danach dann eine Lehre und auf dem zweiten Bildungsweg bis zum Abitur. Ausserhalb des Gymnasiums ging das ohne Probleme und einige dieser Menschen haben ihr Studium mit Bestnoten abgeschlossen.
Bei vielen dieser Menschen hat das Gymnasium für einen eigentlich vollkommen unnötigen Schlenker in der Bildungslaufbahn gesorgt ... und es hat den meisten viel Mut abverlangt, sich ein weiteres Mal das Ziel "Abitur und Studium" zu setzen.
An einer Gesamtschule hätten die die Chance gehabt, direkt bis zum Abitur zu gehen. Am Gymi hatten sie diese Chance scheibar nicht.
Es mag sein, dass ich nur wenige Gymnasiasten kennengelernt habem, für die das System Gymnasium funktioniert hat ... oder für die es auch im 4 Semester des Pädagogikstudiums noch funktionierte.
Meine Erfahrungen und auch die Lektüre vieler Studien zu Schulversagen und Abschulung, haben mich aber zu dem Urteil geführt, dass es an den meisten Gymnasien nicht so sehr um individuelle Entwicklungsförderung geht, wie um einen guten Notenschnitt in der Klasse. Mit Förderung wäre der auch zu erreichen ... aber aussieben ist leider viel einfacher und verlangt auch den Lehrkräften nicht so viel ab.
Aber es wäre falsch, einzig dem System Gymnasium die Schuld zuzuweisen ... viel des mMn nicht besonders hilfreichen Drucks geht auch einfach von den Eltern aus ... und diesen "unpädagogischen Aspekt" habe ich eben nicht nur bei Eltern von Gymnasiasten erlebt ... bei denen war es nur viel häufiger.