Liebe @chiarina , Simon schrieb "Sie weiß (!) bspw. nicht, wo links und rechts ist oder wo oben und unten ist, was tiefer und höher bedeutet (!)." Ausrufungszeichen von mir ergänzt. Da ist nix mit "verwechseln", das ist "nicht wissen". Absolut strunzdumm. Das Kind ist sechs ! Der Kindergarten geht ab zwei oder drei, Herrschaftszeiten!
Lieber schmickus,
ich verstehe erst jetzt, dass du den ersten Post von Simon so verstehst, als ob seine Schülerin GENERELL nicht wisse, wo oben und unten ist, was hoch und tief bedeutet.
Das denke ich nicht, wie aus meinen Beiträgen deutlich hervorgeht.
Um Aussagen bewerten zu können, ist es sinnvoll, den Kontext zu berücksichtigen, in dem sie stehen. Eine Aussage in unterschiedlichen Kontexten kann ganz Unterschiedliches bedeuten. Es ist auch wichtig, wer sie tätigt.
Hier steht deine zitierte Aussage im Kontext der ersten Stunden eines Klavierunterrichts. Dort trifft Simon auf seine Schülerin, DORT weiß sie nicht, was tiefer und höher bedeutet. Konkret bezieht sich Simon auf den Kontext der Tonhöhe, was er sehr anschaulich in einem Beispiel zeigt. Die Schülerin weiß nicht, welcher der beiden Töne höher oder tiefer ist.
Das ist völlig anders zu bewerten als beispielsweise ein Kontext, in dem zwei Türme gebaut und in ihrer Höhe verglichen werden. Oder ein Kontext, in dem die Mutter dem Kind sagt: "Geh bitte nach oben und hol den Besen" und es ginge hinunter in den Keller.
Simon beschreibt es so, weil er überrascht und verblüfft ist, dass die für ihn so selbstverständlichen Begriffe für das Kind nicht selbstverständlich sind. Diese Begriffe stehen aber immer im Kontext dessen, was er mit der Schülerin erlebt, also der Orientierung auf der Klaviatur (recht/links - oben/unten) und der Erfahrung von unterschiedlichen Tonhöhen.
Diese Verblüffung erlebt jeder Klavierlehrer, der zum ersten Mal mit kleinen Kindern arbeitet. In einem guten Fachmethodik-Unterricht wird man darauf vorbereitet. Denn diese Situation ist alltäglich und völlig normal - ich kenne viele solcher Berichte von Klavierlehrern, aus eigener Erfahrung und in der pädagogischen Literatur (Heilbut ....).
(Eine weitere Standardsituation gibt es beim Erlernen der Notenschrift dann, wenn das Kind Tonfolgen abwärts aufschreibt. Es schreibt - seiner klaren Logik zufolge - die Tonfolgen nach links, denn nach links spielt man abwärts. Dass wir aber immer von links nach rechts schreiben und daher eine abwärts gespielte Tonfolge ebenfalls nach rechts geschrieben wird, muss das Kind erst lernen.)
Insofern ist es äußerst unwahrscheinlich, dass Simons Schülerin generell keine Vorstellung von hoch-tief hat. Es ist vielmehr sehr wahrscheinlich, dass es sich hier so verhält wie in all den anderen Unterrichtsstunden von Klavierlehrern: dass der Switch des Bekannten (Vorstellung von hoch-tief in der vertikalen Ebene) zum Unbekannten (Vorstellung von hoch-tief zum einen auf der horizontalen Ebene der Klaviatur und zum anderen - noch schwieriger - in der nicht sichtbaren unterschiedlichen Höhe von Tönen) erst gelernt werden muss.
Deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass man vorsichtig sein sollte mit Urteilen, die schnell gefällt, aber dadurch nicht wahrer werden. Und falls es doch aller Wahrscheinlichkeit widerspricht und es sich hier um ein Kind handeln sollte, das generell keine Vorstellung von hoch-tief etc. hat, aber unbedingt mit leuchtenden Augen Klavier lernen möchte, wäre es tieftraurig und verantwortungslos, ihm nicht wenigstens die Chance dazu zu geben.
Liebe Grüße
chiarina