Jede Person, die eine (logo bezahlte) Dienstleistung erbringt, ist und bleibt vor allem ein Mensch. Würde dieser Mensch nicht für die Dienstleistung bezahlt, käme es zu dem Kontakt ja gar nicht. Bezahlt wird die reine Handreichung, nicht aber das menschliche Zusammentreffen. Also neutralisiert sich der Umstand, dass er/sie "ja schließlich bezahlt wird" (denn sonst wäre die betroffene Person ja irgendwo anders). Vielleicht ist die unfreundliche Bedienung so unfreundlich, weil die Kunden keinen Wert auf Freundlichkeit legen und selbst muffig sind? Oder weil sie den totalen Stress hat, von ihren Vorgesetzten schlecht behandelt wird, oder die Mutter/der Vater/das Kind/die Katze krank ist oder oder oder. Ich halte es für meine gern zu erfüllende Pflicht, jedes fühlende Wesen (ob Mensch oder Tier) als einen Zweck an sich zu betrachten und dementsprechend mit ihm umzugehen.
Man kommt einfach mit allen Leuten am besten aus, wenn man sie als Mensch wahr- und ernstnimmt und nicht nur als Handlanger. Jeder Mensch und jedes Tier ist (für sich selbst) Mittelpunkt und Zweck der Welt. Nie nur Mittel zu einem (fremden) Zweck. Der angenehme Nebeneffekt: Es schallt immer aus dem Wald zurück, wie man hineinruft. Aber selbst falls nicht: Mir doch egal, das möge ein jeder mit sich ausmachen.
@Peter Du bist ja auch der Inhaber des Ladens und kalkulierst entsprechend. DU bekämst von mir deshalb auch nix außer Kaffee, Wasser, Gebäck und einer prompten Bedienung Deiner Kostennote. Aber Deine Angestellten, die Du mitbringst, die bekämen ein Trinkgeld.
Vor Deinen Augen, knallhart - und Du nicht.
Meiner Klavierlehrerin habe ich genau begründet, warum ich ihren Preis für zu niedrig halte (immerhin kommt sie zu mir ins Haus und ist dafür ja auch eine Zeit auf der Straße unterwegs mit entsprechendem Zeitausfall, einem gewissen Risiko etc.) Meiner Haushaltshilfe habe ich mitgeteilt, dass ich niemanden für mich arbeiten lasse, ohne ihm das Salär zu bezahlen, für das ich selbst diese Tätigkeit ausüben würde (was ich ja auch tun "müsste", wenn sie sie nicht für mich erledigen würde). Selbstverständlich ist sie auch angemeldet, und wenn ihr unterwegs oder bei der Arbeit etwas passiert, ist sie abgesichert.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schlecht das Grundgehalt von "niederen" Dienstleistungstätigkeiten ist und wie viel Arbeit sie dennoch verursachen und wie gering die gesellschaftliche Anerkennung ist. Also hinterlasse ich ein Hotelzimmer so, wie ich es in der kurzen Zeit meiner Tätigkeit als "Zimmermädchen" gern vorgefunden hätte: Sauber, aufgeräumt und mit einem Trinkgeld auf dem Kopfkissen. Witzigerweise ist es mir schon oft passiert, dass das Trinkgeld nicht genommen wurde (vielleicht weil es zu hoch war und die Reinigungskraft es für versehentlich liegengelassenes Geld des Gastes hielt?) Egal, dann kam am nächsten Tag halt nochmal die gleiche Summe dazu mit einem Zettel, dass es für "Sie" ist als Dank für die Mühe. Kein Mensch, der diese furchtbare Tätigkeit noch nicht selbst ausgeübt hat, macht sich eine Vorstellung von den Zumutungen, mit denen Reinigungskräfte in ihrer extrem knappen Zeit und für ihr extrem schlechtes Gehalt konfrontiert werden - und ich rede von einem teuren Hotel, nicht von einer Absteige.
Ein extrem undankbarer Job ist auch der von "Hostessen", die mit dem Tablett rumgehen und Getränke/Häppchen reichen. Im Unterschied zu abkassierenden Bedienungen im Restaurant (wo in der Regel wenigstens gewohnheitsmäßig ein Trinkgeld gezahlt wird), sind solche Leute nämlich in der Regel wirklich nur leere Luft für die Party-/Empfangs-/Messegäste. Schrecklich. Ich wollte nie so werden wie all die finanziell bestens dastehenden Ignoranten, die ich selbst früher auf diese Weise bewirtet habe.
All das sind meines bescheidenen Erachtens viele kleine Gesten, die das Leben schöner und die Welt ein bisschen besser machen. Die Leute, mit denen ich zu tun habe, handeln ebenso (sonst hätte ich nichts mit ihnen zu tun, da bin ich eisern
). Deshalb kann ich mit Überzeugung sagen: Es sind keine versponnenen Einzelfälle, sondern es ist ein Ausdruck von humanistischen Überzeugungen.