Bachs 1. Invention üben

  • Ersteller des Themas Leoniesophie
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Ich finde es interessant, daß eine so lebhafte Diskussion auslöse. Bachopin, ich lieg also doch nicht so falsch, hasenbein hängt sich an dem Wort "herausarbeiten" auf, das finde ich langsam ein bißchen übertrieben. Aber Bach kann es uns nicht mehr vorspielen und ich kann nur aus dem Geschriebenen interpretieren. Ich kann mich noch an meine Schulzeit erinnern. Mein Musiklehrer sagte immer: Stufen- und Terassendynamik kennzeichnet die Barockzeit
 
Liebe Leute,

ich bitte um Entschuldigung, wenn ich in meinem jugendlichen Überschwang und in meinen unvollkommenen Worten jemandem auf die Füße getreten oder etwas von Euch falsch interpretiert habe!

@Bachopin:

Was genau meinst Du denn mit "eine Stimme betonen"?

Und was hat Deiner Meinung nach denn Bach mit "eine Stimme betonen" gemeint? "Lauter spielen" (wie Du es als Übemethode vorschlägst) kann es keinesfalls sein, da die Inventionen seinerzeit und auch heute u.a. auf dem Cembalo gespielt wurden!

@Leoniesophie:

Naja, als Lehrer muß man ab und zu übertreiben, um die Message rüberzubringen :-)

Scherz beiseite:

Aber Bach kann es uns nicht mehr vorspielen und ich kann nur aus dem Geschriebenen interpretieren.

Im Geschriebenen steht aber außer den nackten Notenwerten nichts - keine Dynamik, keine Phrasierungszeichen, nix! Und nun?

Mein Musiklehrer sagte immer: Stufen- und Terassendynamik kennzeichnet die Barockzeit

Das ist nicht richtig.

Es gibt bis Mitte des 18. Jhdts. keine Dynamikanweisungen in Stücken.

Das heißt aber keinesfalls, daß nicht mit Dynamik gearbeitet wurde! Sie wurde nur nicht notiert! Damals, und auch die Jahrhunderte vorher, wurde auch genauso lebendige Musik gemacht wie heute, was Dynamik auf dynamikfähigen Instrumenten selbstverständlich einschloß!

Terrassendynamik ist auch nichts, was direkt mit der Dynamik einer einzelnen melodischen Linie zu tun hätte, sondern (einfachheitshalber Zitat Wikipedia):

Registerwechsel auf Cembalo und barocker Orgel oder der Wechsel zwischen Concertino und Tutti im Concerto grosso führten zu übergangslos wechselnder Lautstärke und Klangfarbe, was Anfang des 20. Jahrhunderts den Begriff der Terrassendynamik prägte. Dieser wurde in der Folge vereinfachend auf die gesamte Musik des Barock angewendet. Aus heutiger Sicht ist dieses nicht mehr haltbar; historische Quellen zeigen, dass auch Barocksänger und -instrumentalisten mit dynamischen Abstufungen und Übergängen interpretierten, von der bewussten Artikulation einzelner Töne bis hin zu größeren Bögen.

In der Invention hat also so was wie "Terrassendynamik" nichts zu suchen, und zu sagen, Terrassendynamik sei "Kennzeichen" für die Barockzeit, ist ungefähr so, als würde man sagen, daß Lederhosen und Jodeln typisch für Deutsche sind. :D Ist einfach nur was, was auch mal ab und zu vorkommt.

LG,
 
Mir scheint, hier soll mit eingefahrenen Denkweisen aufgeräumt werden, eine großartige Idee! Es wird grausam zugehen, Leute werden sich dagegen wehren, ihre bisherigen Praktiken in frage gestellt zu sehen, sie werden hauen, stechen und mit allen Mitteln gegen diese Blasphemie vorgehen. Wie viele andere Threads, wird auch dieser im Sande verlaufen und vergessen werden. Aber wenn auch nur einer versteht, daß Musik sich schneller entwickelt als Regeln (auch die vergangene), war es die Mühe wert ;)
 
Hi hasenbein,

@Bachopin:

Was genau meinst Du denn mit "eine Stimme betonen"?

Und was hat Deiner Meinung nach denn Bach mit "eine Stimme betonen" gemeint? "Lauter spielen" (wie Du es als Übemethode vorschlägst) kann es keinesfalls sein, da die Inventionen seinerzeit und auch heute u.a. auf dem Cembalo gespielt wurden!

Klar, wenn man es auf einem Cembalo spielt, kann man nicht durch Lautstärke betonen. Ich hatte ja auch geschrieben, dass die Lautstärke nur eine Methode ist, Stimmen zu differenzieren. Es gibt ja noch andere (z. B. Artikulation).
Ich persönlich halte übrigens nichts davon, wenn man auf einem modernen Instrument spielt, die "Beschränktheit" alter Instrumente nachzuahmen.

Meines Wissens war übrigens eines der Lieblings-Übungs-Instrumente von Bach das Clavichord und das lässt Dynamik zu.

Aber zurück zum Thema: Wie lernt man polyphone Musik zu verstehen und zu spielen?
Ich muss leider darauf bestehen, dass eines der wichtigsten Mittel ist, erstmal die einzelnen Stimmen für sich zu hören/spielen (Analyse) und dann sie wieder zusammenzusetzen (Synthese), wobei man dabei im Idealfall jede Stimme beliebig wieder herauslösen/differenzieren können muss.

Das künsterlische Endziel sollte natürlich sein, dass die polyphone Musik als ganzes gesehen und gespielt wird (Flow) und keinesfalls ein Hin- und Her-Schalten zwischen den einzenen Stimmen stattfindet. (aber welcher Normalspieler kann das bei z.B. 5 Stimmen? ;-) )

Eine (sehr viel) höhere Lautstärke einer Stimme ist nur ein Übungsmittel, die Konzentration überhaupt oder besser auf eine Stimme zu lenken/zu hören, auf dem Weg das Stück zu meistern.

Gruß
 
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Hm:confused:
Letztendlich ist alles was ich sagen will:

Wenn ich versuche ein Stück zu verstehen, dann doch nicht rein intuitiv. Auch, aber nicht nur.

Wenn ich nicht weiß, wie ich mit einem Stück anfangen/umgehen soll und was damit anzufangen, dann bleibt doch nichts anderes übrig als es zu untersuchen, um mir einen Zugang zu verschaffen.

Jede Stimme führt ja ein Eigenleben. Wenn man das erkannt hat, dann kann man zum Beispiel nicht links immer leiser spielen als rechts, oder? Weil links einfach keine Begleitung ist.

Das alles schließt ja nicht aus, dass man auch spontan seine Gefühle zur Musik einfließen lässt und intuitiv erfasst und umsetzt.

Mich persönlich stört das Absolute wie:
"Ihr macht das zu technisch, so wird das nichts"
oder
"man muss das erspüren, das kommt mir der Zeit"
um mal zwei Dinge anzuführen.

Oder:
"Technikübungen braucht man nicht machen, anhand der Musik entwickelt sich die Technik (pfui!) ganz von alleine."
oder:
"Technik übt man nie am Stück"


Genauso wenig kan es gelingen, wenn man sagt: Wenn ich das Stück verstandesmäßig erfasst habe, dann klingt es wunderschön. Das ist noch lange keine Musik.

Sorry, das ist Dogmatismus in die eine und die andere Richtung.

Und genau das behagt mir nicht.

Vieles muss man lernen, es kommt nicht alles wie von Geisterhand und von alleine.
 
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Nichts ist schrecklicher als ein Lehrer, der nicht mehr weiß als das, was seine Schüler wissen wollen. (Johann Wolfgang von Goethe)

Kein Hauen und Stechen sondern interessant, ich lern hier viel.
Die Dynamik und Phrasierung zeigt der KL, sonst bräuchte ich ja keinen.
 
Hallo,

hasenbein hat schon recht, dass er sich gegen alles Schematische wert. Insofern ist sein Beitrag hier sehr wichtig und sinnvoll, um der Diskussion die richtige Richtung zu geben. Auch seine vorgeschlagene Übung finde ich sehr gut.

Um noch ein bisschen konkreter zu werden, erstmal die Frage an dich, Leoniesophie, ob dies dein erstes polyphoneres Stück ist. Wenn ja, würde ich polyphone Strukturen erst einmal an einem Kanon ausprobieren. Das entspricht (hoffentlich ;) auch hasenbeins Intention, gibt dir aber noch konkretere Übungsmethoden an die Hand.

Wenn du willst, nimmst du also erst mal einen leichten Kanon wie z.B. "Bruder Jakob" erst mal von c aus. Den spielst du mal mit rechts, mal mit links, mal zusammen in unterschiedlichen Lautstärken, wobei es sinnvoll ist, auch die einzelnen Hände in unterschiedlichen Lautstärken zu spielen (also z.B. rechts piano, links forte etc.).

Der nächste Schritt wäre, das Lied als Kanon zu spielen, mal beginnt die rechte Hand, mal die linke. Am tollsten wäre es, wenn du dabei eine Hand spielst und die andere singst (falsche Töne egal). Auch hier, wenn du es raus hast, mit unterschiedlichen Lautstärken experimentieren. Man kann auch unterschiedliche Artikulation ausprobieren. Oder die Hände überkreuz machen. Oder transponieren .....:) .

So erfährst du den Dialog und die horizontalen Linien von gleichberechtigten Melodien, also den Beginn von Polyphonie.

Wenn du jetzt den Anfang der Invention nimmst, könntest du den Beginn erst mal mit rechts spielen. Allerdings würde ich nicht nur das Anfangsmotiv wählen, sondern die nachfolgenden Achtel auch mitspielen (also bis d, bevor das Anfangsmotiv wieder beginnt). Versuche, schön zu phrasieren und zu atmen. Dann folgt der entsprechende Part der linken Hand. Du spielst also diese Einheit erst mal nacheinander, erst rechts, dann links. Schön wäre es auch, mitzusingen, oder ohne zu spielen zu singen. Ich weiß aber, dass Singen nicht so beliebt ist bei einigen - du könntest auch eine Art Sprechgesang machen (Töne egal).

Der nächste Schritt wäre natürlich, diese beiden Einheiten wie im Stück miteinander zu verflechten. Am besten wäre, die rechte Hand zu spielen und die linke zu singen/sprechen bzw. umgekehrt. Erst dann spielt man beide Linien.

Der nächste Schritt wäre, mit dem schon gespielten Thema der linken Hand zu beginnen und die zweite Einheit der rechten Hand hinzuzufügen. Gleiches Prozedere wie eben, also erst nacheinander etc..

Ich hoffe, es ist einigermaßen verständlich ausgedrückt. M.M.n. konzentriert man sich so auf die Linienführung beider Stimmen und nicht auf schematische Hörgewohnheiten.

Viele Grüße

chiarina
 
hallo,

leider teilen uns die Noten der ersten Invention auf den ersten Blick nicht mehr mit, als die Töne: keine Melodiebögen, keine Dynamikvorschriften, keine Artikulationszeichen, lediglich ein par wenige Verzierungen (deren Herkunft kritisch diskutiert wird).

Wenn man diesen kargen Notensatz in ein Notenprogramm eingibt und dann abspielen lässt, wird sich das Ergebnis dieser Mühe ziemlich leblos und nur mechanisch anhören. Genau das will man aber nicht haben!

Hallo leoniesophie,

zunächst einmal ist es klasse, dass Du dieses Stück spielen willst - ich hoffe, Dir helfen ein paar Überlegungen dazu.

Damit nun diese Invention nicht leblos und mechanisch abgespielt wird, ist es hilfreich, zu verstehen, was dort alles passiert.

Mit Ausnahme des allerletzten Taktes, er spielt einen C-Dur Akkord, fällt auf, dass dieses Stück überall zweistimmig ist, und dass diese zwei Stimmen sehr ähnliche Sachen machen. Die Noten sehen also ganz anders aus, als man es ansonsten kennt: sie sind nicht in Melodie und Begleitung getrennt.

Das ist ein ganz großer Vorteil, denn so lernen beide Hände, dass sie so zu sagen gleichgut spielen. Das testet man am besten, indem man sie abwechselnd wirklich dasselbe spielen läßt und darauf achtet, dass sie es gleichgut tun:

Übung 1
die ersten drei Takte (oder mehr) sowohl abwechselnd, als auch parallel gleichzeitig mit beiden Händen spielen (die linke Hand spielt halt eine Oktave tiefer)
- aufpassen, dass beide es wirklich gleich gut hinkriegen und nicht unterschiedlich klingen! das ist ganz wichtig
- im Notenbeispiel sind ein paar musikalische Bestandteile durch Farben angedeutet. Im dritten Takt etwa wird der fragende Teil des Themas gespiegelt: stell Dir vor, Du schreibst das Thema auf, machst wie in Mathe einen langen Strich darunter, und dieser ist dann wie eine Achsenspiegelung - du malst es dann gespiegelt darunter. Das ist kinderleicht zu verstehen: wenn Du die Fingerfolge 1-2-3-4-2-3-1-2 mit beiden Händen total gleichzeitig spielst, dann entsteht zugleich das Theme und seine Spiegelung:
Verständnisübung (beide Daumen auf c):
1-2-3-4-2-3-1-2 rechts - Thema
1-2-3-4-2-3-1-2 links - Spiegelung
zu spiegeln ist ein kompositorischer "Trick"

Wenn Du nun das ganze Stück der Reihe nach durchschaust, wirst Du finden, dass die meisten Takte sich mit den einzelnen Segmenten (oder Teilen) befassen, aus denen das Thema (Frage und Antwort) und seine gespiegelte Variante zusammengesetzt sind.

Abweichend sind nur die Stellen, bei denen es sich anhört, als könnte es jetzt fertig sein bzw. aufhören. Das sind kadenzierende Schussfloskeln, die den melodischen Verlauf einteilen. Insgesamt fünf mal könnte das Stück aufhören - wenn Bach das gewollt hätte, aber er wollte nicht: es hört erst nach der sechsten Schlussfloskel auf.
Diese sechs vom thematischen Material (Frage, Antwort, Spiegelung) abweichenden Stellen könntest Du Dir angedeutet wie mit "festlichen Barocktrompeten" vorstellen (so a la Weihnachtsoratorium).

Anmerkung:
Ich habe Dir - hoffentlich sieht man das - durch " ` " im ersten Beispiel eingetragen, wo man "Atem holen" bzw. neu ansetzen sollte - - es würde nicht schön klingen, wenn man die ersten 7 Takte in der rechten Hand durchgehend legato spielen würde.
(wie man neu ansetzt, also wie ein Sänger "Atem holt", wird Dir sicher Dein KL zeigen können)

Auch in diesem Stück sollten die melodischen Bestandeile von beiden Händen wie gesungen (cantabile) gespielt werden, damit es lebendig klingt. Ganz allgemein: eine Melodie (bzw. unter einem Melodiebogen) macht zum Spitzenton bzw. zum wichtigsten Ton hin etwas crescendo, ihr Abschluß zum Bogenende hin meist etwas diminuendo.

Übung 3 "cantabile"
Du könntest Dir die Bestandteile (Frage, Antwort, Spiegelung, Schlussfloskeln) wie mit einem Txt unterlegt vorstellen (die Silben passen exakt zum Anfang):
ich es-se furcht-bar ger-ne Chips, und da-von viel,
Das würde man ja auch nicht in einem Atem sprechen oder singern, sondern zwischen "Chips" und "und" eine Zäsur machen.

Zuletzt:
Schaut man sich die ersten Takte jetzt an, mit all den Informationen, so sieht man, dass die zweite Stimme (linke Hand) die erste Stimme (rechte Hand) imitiert. Ein wenig erinnert das an einen Kanon. (wir haben hier noch keine Fuge, sondern Imitationsstimmern).
Hört man sich die ersten Takte an, so sind sie doch ein wenig tänzerisch, beinahe beschwingt - auf keinen Fall ernst, gravitätisch, gewichtig.

Zuletzt muß man wie im Ballett choreografieren und inszenieren. Ein Vorschlag hierzu:
- Barockkostüme auf einer Bühne
- selbstsicher und wichtig kommt Pantomime 1 (erste Stimme) auf die Bühne
- ein wenig diese veräppelnd, parodierend kommt Pantomime 2 (zweite Stimme) auf die Bühne dazu - - vielleicht so wie eine große Barockfürstin und ihre Zofe, wobei die Zofe ein wenig frech ist (sich hinter vorgehaltener Hand über Madame lustig macht)
- - diesen Tanz führen nun beide auf.

Tatsächlich muss man überall die linke Hand etwas zurückgenommen, etwas leiser als die rechte Hand spielen: das liegt an den Eigenschaften des Klaviers, wo die höheren Töne eher verklingen als die tieferen. Als ungefähre Richtlinie: spielt die Oberstimme mf, dann sollte die Unterstimme mp spielen.
_________________________

Wie Du siehst, empfehle ich, beim sich Erarbeiten und Gewöhnen an dieses Stück
-------zunächst zu verstehen, woraus es besteht (die Thementeile)
-------dann motorisch umsetzen (z.B. den Anfang mit beiden Händen, jede Hand gleich gut im Gestalten des musikalischen Materials, cantabile usw.)
-------und davon ausgehend dem Ganzen einen Sinn geben: choreographieren und inszenieren (das entspricht dem, was man "Klangvorstellung" nennt)

Ich hoffe, diese Anregungen helfen Dir für diese wunderschöne Invention.

Gruß, Rolf

p.s. @ alle: ich habe versucht, auf möglichst einfachem (!!!) Weg die Bestandteile der Invention anzudeuten - evtl. mag man andere Begriffe für Details einsetzen, aber das könnte verwirren. Ich wollte leoniesophie einen Einstieg anbieten - vertiefen und verbessern kann man das sicherlich.
Auf eine Erklärung der Harmonik habe ich verzichtet, das wäre hier zunächst zu umfangreich. Die vorletzte Schlussfloskel enthält tatsächlich das Theme in meinem Notenbeispiel: das zeigt, dass sich die kadenzierende Schlusswendung natürlich organisch aus dem Thema entwickelt und nicht wie ein plötzlich andersfarbiger Bauklotz dasteht.
 

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Das, finde ich, ist eine schöne und umfangreiche Erklärung für jemanden, der sich damit zum ersten Mal befassen möchte und mit der Invention nichts anzufangen weiß,
danke, rolf.

LG
violapiano
 
Mir gefällt auch Rolfs Bericht gut-

Etwas möchte ich aber ergänzen-

In den von Rolf farbig markierten Stellen erkennt man bereits, dass jeweils Frage und Antwort über den Taktstrich hinausgehen.
Dies wurde ja als Prinzip eingeführt, in dem das Stück mit einer 16et Pause beginnt. Dieses Hinausgehen der Linien über die Taktstriche verleiht dem Stück einen gewissen Drang, vorwärts zu gehen.

Ich trenne gerne Frage und Antwort durch unterschiedlichen Anschlag.
die Frage, also die 16tel spiele ich legato und die Antwort, also die 8tel eher staccato oder zumindest eben nonlegato.

Die Anweisung, die linke Hand immer etwas leiser zu spielen teile ich nicht, weil zwar richtigerweise die höheren Töne weniger Energie haben als die tiefen aber auf Grund unserer Hörgewohnheit trotzdem besser zu erkennen sind.
 
In den von Rolf farbig markierten Stellen erkennt man bereits, dass jeweils Frage und Antwort über den Taktstrich hinausgehen.
Dies wurde ja als Prinzip eingeführt, in dem das Stück mit einer 16et Pause beginnt. Dieses Hinausgehen der Linien über die Taktstriche verleiht dem Stück einen gewissen Drang, vorwärts zu gehen.

ja, durch die "auftaktige" Gestaltung, die sich immer auf einen betonten Taktteil hin bewegt, entsteht diese Vorwärtsbewegung, auch ein beinahe tänzerischer, graziöser Charakter. In jedem Fall ist diese Invention kein grüblerisches, sondern ein heiter bewegtes (aber nicht etwa schnelles!) Stück.

Rhythmik, Harmonik - das sind weitere Bereiche, mit denen man sich auch hier beschäftigen kann und soll. Vielleicht aber ist "zu viel auf einmal" zu anstrengend, sodass für den Anfang, für den Einstieg thematisches und klangliches (cantabile) genügt. Aufstocken kann man ja immer :)

Aus klanglichen Gründen (auch die räumliche Wirkung des Zusammenklangs beider Stimmen, die hier eher der Oberstimme den Vorrang geben) halte ich nichts davon, beide in derselben "Stärke" zu spielen: dann sind ja die Rollen der Inszenierung (ein Ballett mit Madame und Zofe in barockem Kostüm) nicht so deutlich wahrzunehmen. Zudem gibt es nun mal die dem Klavier eigenen Eigenschaften, und die gilt es zu berücksichtigen.

Gruß, Rolf
 

Aus klanglichen Gründen (auch die räumliche Wirkung des Zusammenklangs beider Stimmen, die hier eher der Oberstimme den Vorrang geben) halte ich nichts davon, beide in derselben "Stärke" zu spielen: dann sind ja die Rollen der Inszenierung (ein Ballett mit Madame und Zofe in barockem Kostüm) nicht so deutlich wahrzunehmen. Zudem gibt es nun mal die dem Klavier eigenen Eigenschaften, und die gilt es zu berücksichtigen.

Gruß, Rolf

In gleicher Lautstärke spiele ich sie auch nicht, sondern ich gebe je nach -Stelle mal dieser mal jener Hand den Vorzug-

Das ist aber kein Dogma -
Gerade Bachs Stücke funktionieren in ungeheuer viel Interpretationsweisen.

Man denke an die berühmten aus dem WTK:

1. Präludium in C-dur

2. Präludium in c-moll

Auch die international bekannten Pianisten haben an diesen Stücken enorme Unterschiede gezeigt und es geht ja.

Und so verträgt auch die 1. Invention sicher eine Fülle verschiedener Ausführungen.
 
http://imslp.info/files/imglnks/usimg/1/11/IMSLP00747-BWV0772.pdf

In Takt 7-9 kann man doch auch gerne die linke Hand hervorheben.
Im Duospiel würde ich mich da auch als Spieler der ersten Stimme zurücknehmen.

In einem echten Duo soll es doch auch so sein, dass beide Partner gleichwertig miteinander spielen.
Dazu gehört doch auch, sich an wichtigen Stellen, sei es harmonisch oder eben auch rhythmisch, nach vorne zu spielen und dann wiederum zurückzutreten.

Was ich noch mal gerne sagen möchte ist dies:

Was nützt es einem Schüler, wer lernen soll, wenn man sagt:
"das findest Du schon raus, wenn Du erfahrener bist"?

Ich bin keineswegs eine Befürworterin von diktatorischem Unterrichtsstil, im Sinne von: "da machst Du ein ritardando, da spielst, mp, da spielst du mf,...". So einen Lehrer hatte ich mal, boah, hab ich das gehasst!:p
Man muss selber denken, aber auch Hinweise bekommen, die einem auf die richtige Spur helfen.

Wie gehe ich an ein Stück ran, das ich nicht kenne?

Das war doch wohl auch Leoniesophies Frage. Und dazu finde ich rolfs und klavigens Beiträge sehr hilfreich.


LG
violapiano
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
In gleicher Lautstärke spiele ich sie auch nicht, sondern ich gebe je nach -Stelle mal dieser mal jener Hand den Vorzug-

na also - das sehen wir ja ziemlich ähnlich.

Wenn man die beiden Stimmen der ersten Invention als eine Hauptfigur und eine Nebenfigur (Madame und Zofe) "inszeniert", dann wird die Hauptfigur insgesamt mehr im Vordergrund zu sehen sein - klar macht sich zwischendurch aber auch die Zofe breit :)

Als Einstieg in polyphones Spielen ist die erste Invention prima - Bach setzt sie nicht grundlos an den Anfang.
 
@ Chiarina: also Bruder Jakob muß nun wirklich nicht sein.:cool:
Bitte noch mal meine Frage lesen. Wer lesen kann, ist im klar im Vorteil ( nicht böse gemeint, ich bin so und ihr wißt, daß ich Euch alle sehr wertschätze!). @ Rolf: das Bild mit Königin und Zofe ist klasse für mich.
Wie das denn jetzt nun: Ich höre also das Thema in der li Hand nicht so gut heraus wegen meiner Hörgewohnheiten?:o
 
Bitte noch mal meine Frage lesen. Wer lesen kann, ist im klar im Vorteil [... :D ...] Wie das denn jetzt nun: Ich höre also das Thema in der li Hand nicht so gut heraus wegen meiner Hörgewohnheiten?:o

Mit dem Hören ist es so: je genauer Du das Stück kennst, umso mehr wirst Du auch wahrnehmen, auch mit den Ohren. Das dauert allerdings eine Weile: das mithören beim eigenen Spielen ist eine wichtige Fähigkeit, aber sie ist nicht über Nacht da - man gewöhnt sich das allmählich an. Ich rate Dir, die Invention immer besser und detaillierter kennen zu lernen, jeden ihrer Bestandteile "wie gesungen" zu spielen, einzeln und zumsammen, dann wirst Du mit der Zeit besser mithören.

(auch eine Aufnahme mit den Noten zusammen anhören, und dabei ganz konzentriert auf verschiedene Details achten, mal oben, mal unten, ist hilfreich)

Gruß, Rolf
 
Die 1. Invention ist ein bissele wie ein Duo Violine-Viola- meistens ist die Geige doch etwas vorrangig behandelt vom Komponisten....:rolleyes:

Solche Komponisten gibt es - Bach gehört keinesfalls dazu.

Bach zeichnet sich im Gegenteil dadurch aus, daß er den Unter- und Mittelstimmen ganz besondere Aufmerksamkeit zukommen läßt. Man kann sogar so weit gehen, zu sagen, daß bei ihm fast immer alles vom Baß (der melodisch stets außerordentlich stark ist) aus gedacht ist.

Dennoch kann ja die Unterstimme durchaus wichtig sein für Harmoniewechsel.

Hier ist die "Unterstimme" keine Unterstimme, sondern liegt lediglich tiefer (!!)

Man darf die Musik nicht als "Stapel" betrachten, bei dem Wichtiges oben und nicht so Wichtiges unten liegt!

Daß man die hohen Frequenzen standardmäßig als "führend" betrachtet, liegt lediglich an Hör- und Kompositionsgewohnheiten.

In Wirklichkeit aber ist Musik eine Schallwelle, die das analytische Ohr in (nur im Hirn existierende) Teil-Schallwellen aufspaltet.

Man kann jetzt sagen: Spitzfindig, Herr Hasenbein - aber wenn man Musik wirklich hören lernen will, sind das wichtige Aspekte! Musik hören heißt: nicht durch eine vorgefertigte "aurale Brille" oder "Schablone" hören, sondern erstmal urteilslos die aktuelle Schallwelle im Raum wahrnehmen.

Dies tut man nicht, wenn man eine Stimme als "wichtiger" herausfiltert. (Und das bitte jetzt nicht wieder mißverstehen - Letzteres war kein blödsinniges Plädoyer dafür, undifferenziert und "gleich laut" zu spielen!)

LG,
Hasenbein
 
Danke für die Antwort!:-D , Rolf.

Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht (Afrikanisches Sprichwort)
 
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@ hasenbein, danke auch Dir für die Ergänzung :-D
 

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