Bei mir gab es diesbezüglich gar keine Prägung in Jugend oder Kindheit. Musik war in meiner Familie nicht sonderlich präsent und wenn Platten aufgelegt wurden, war das nie Bach.
Ich habe mit 13 oder 14 Jahren mit dem Klavier begonnen. Im Unterricht habe ich Stücke aus dem Notenbüchlein für Anna Magdalena und aus den zweistimmigen Inventionen gespielt. Hat mich damals nicht interessiert und auch nur wenig berührt.
Als ich mit ca 40 habe nach sehr langer Pause wieder begonnen habe, regelmäßig zu spielen, hatte ich bereits ein paar Jahre in Chören gesungen, erst in einem russisch-orthodoxen Minichor, dann in einem Chor mit 40-50 Mitgliedern. In letzterem kam ich dann mit Bach in Berührung. Johannespassion, Weihnachtsoratorium, einzelne Motetten und fand das einfach großartig. [Warnung: jetzt wird es etwas schwülstig
] Beim Singen im Chor habe ich Harmonien und Polyphonie als intensive und beglückende geistig-körperliche Erfahrung erlebt. Nicht nur bei Bach, sondern auch bei den Chorwerken anderer Komponisten fand ich es immer wieder aufregend, wie in den Fugen aus unabhängigen Stimmen ein gemeinsames Ganzes entsteht, das einen Sog entwickelt, dem ich mich nicht entziehen kann. Die wiederkehrenden, "redundanten" Muster tragen einen durch das scheinbare Chaos, sie sind Anfangs- und Endpunkte von Entwicklungen in einer Art perpetuum mobile, das irgendwann dann doch zur Ruhe kommt.
Mit diesem Hintergrund waren die zweistimmigen Inventionen bei meinem Wiedereinstieg zwar nicht leichter zu spielen, aber spannendes Neuland und einfach geil. Von meinen Klaviermusik-CDs höre ich sicher mehr Bach als andere Komponisten.
@Monique., wie andere schon gesagt haben: Mach Dir keinen Druck. Wenn Du Dich Bach annähern möcchtest, würde ich, nicht zuletzt aufgrund meines eigenen Weges zu Bach, wie andere schon vor mir vorschlagen, Bachs Chor- und Orchesterwerke zu hören. Es ist da aufgrund der unterschiedlichen Klangfarben der Instrumente und Singstimmen leichter, Strukturen zu verfolgen. Wenn ich
@walsroderpianist paraphrasieren darf: Die Schönheit von Bachs Musik liegt zu einem guten Teil in den Strukturen. Und, wie
@chiarina betont hat: immer wieder anhören. Sich Zeit geben.
Ein Gedanke, der vielleicht mit dem Redundanz-Problem hilft: Beim Zuhören sich sagen: Ah, da bist Du ja wieder (das Thema)!
Und wo kommt es als nächstes?
Statt: Ah, der schon wieder
Redundanz muss nicht Langeweile auslösen. Denk an
Fraktale. Hochredundant und zugleich wunderschön.
Liebe Grüße
Gernot