Auftragsarbeit?: Ein Klavierstück, bei dem harmonische Klänge über atonale Klänge obsiegen

  • Ersteller des Themas Klavier Miron
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Mehr dazu gibt es auch in diverser Literatur über den Klavierklang, z.B. hier:

E. D. Blackham: Klaviere, in: Die Physik der Musikinstrumente, Verständliche Forschung. 2. Aufl. Heidelberg; Berlin : Spektrum, Akad. Verl., 1998 — ISBN 3-8274-0291-3 (erh. über Bibliotheken, auf A. gabs nur ein Gebraucht-Angebot zu hanebüchenem Preis?)

In dem Artikel stand, dass die Obertöne nicht nur gegenüber der natürlichen Obertonreihe nach oben wegdriften im Frequenzband, sondern auch gegenüber ihrem jeweils vorhergehenden Nachbarn der Unterschied der Inharmonizität immer stärker wird, scheinbar geringe Exponentialität. Witzig auch: Die ersten dekumulierten Abweichungen entsprechen der Fibonacci-Reihe äh den Zahlen 1 bis 5, wie ich feststellte. Weiß nicht mehr genau, mir ist die Fotokopie verlustig gegangen, aber bis zum 30. hatte sich laut den Ausführungen eine Inharmonizität von mehreren Halbtönen aufgebaut. Wobei genaue Zahlen natürlich nicht allgemeingültig sein können für alle Klaviere. Da hatte der Autor eben den Flügel vermessen, den er da hatte und zwar mit der Technik anno 1965 (E-Jahr des Originalartikels im Scientific American). Da gibt es auch genaue Formeln zu in anderen Quellen, womit sich die Abweichungen auf Basis von Masse und Durchmesser einer Saite berechnen ließen.

Übrigens hatte ich bei eigenen Experimentalstudien einmal diese Inharmonizität vergessen. Eine "Obertonhörerin" in meinem Umfeld hatte es gehört, ich "Grundtonhörer" nicht, auch nicht beim genauesten Vergleich mit und ohne. Diese unterschiedlichen Typen – Übergänge sind fließend –, die lt. einer Internet-Seite¹ wissenschaftlich erwiesen seien und unabhängig vom Grad der musikalischen Bildung, könnten auch dafür verantwortlich sein, d.h. das halte ich durchaus für möglich, dass es einen Zusammenhang mit dem (Nicht-)Gefallen von tonaler oder atonaler Musik gibt. Weiß ich nicht, aber das fänd ich zumindest mal interessant darüber zu lesen.

¹) https://klangwahrnehmung.de – da mir die Seite neben etwas aufdringlichem Werbecharakter die zugrundeliegenden Infos zu verwehren scheint, habe ich den Link vorsichtshalber entfernt. Wurde wohl umgestaltet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei dem Stück unten spielt das Orchester eine laute Straßenkreuzung nach mit dissonanten Sirenen die sich dann plötzlich in etwas wunderschönes transformieren. Gänsehaut pur! Eine junge kreative Komponistin die mit der Musik etwas "hässliches" in etwas wohltuendes verwandelt. Bei 2:50 gehts los:
View: https://m.youtube.com/watch?v=W0xMpLXQNvM
 
@Häretiker , danke, das ist sehr interessant. Ich wusste, dass Klaviere gespreizt gestimmt werden, aber nicht, wieso genau.
Bedeutet das, dass, wenn man ein großes Instrument mit langen, also dünneren Basssaiten hat, dass man dann weniger spreizend stimmt?
Und wie verhält es sich denn mit den Obertönen der Streichinstrumente? Die müssten ja auch diese Probleme haben.
Vor dem Hintergrund leuchtet mir auch ein, dass ein Cello, auf seiner tiefsten Saite in hohen Lagen gespielt nicht mehr so frei klingt...
Sehr spannend! Nochmal vielen Dank für diese Bewusstseinserweiterung!
Blasinstrumente sollten diese Probleme nicht so haben, oder?
 
@Tastatula
Gern geschehen!

Ja, ich habe mich da mal kurz eingelesen. Der eine interessante Punkt:
"...
Bei Streichinstrumenten weisen im Pizzicato die gezupften Saiten starke Inharmonizität auf. Diese verschwindet bei gestrichenen Saiten, denn die Bogenbewegung und der nichtlineare Haftgleiteffekt induzieren auf der Saite eine Modenkopplung, die Saitenbewegung ist praktisch exakt periodisch. Modenkopplung gibt es auch bei Rohrblattinstrumenten wie der Klarinette. Zur Beschreibung des Obertonspektrums reicht daher im Normalfall ein einfaches Modell mit Obertönen in exakt ganzzahligen Verhältnissen zueinander.
..."

Also, Modenkopplung ist da das Zauberwort. Beim Pizicato hat man das gerade nicht.

Und dann noch ein zusätzlicher Effekt bei gestrichenen Saiten:
"...
The magnitude of the torsional waves was surprising: they may contribute as much as tens of percent of the speed at the contact point with the bow, as shown in the figure above. In the first experiments, the strings were bowed by experienced players. In musically acceptable bowing regimes, the torsional motion was always phase-locked to the transverse waves, producing highly periodic motion. The spectrum of the torsional motion includes the fundamental and harmonics of the transverse wave, with strong formants at the natural frequencies of the torsional standing waves in the whole string. Volunteers with no experience on bowed string instruments, on the other hand, often produced non-periodic motion. This suggests that finding (quickly) the subtle combination of force and speed that controls the non-harmonic torsional waves is a skill that string players must learn.
..."

Ja, alles nicht so einfach!

Liebe Grüße
Roland
 
Hallo zusammen,

ich wollte mich nur mal kurz zwischenmelden.
Denn es wird noch eine Weile dauern, bis ich all diese wertvollen Beiträge durchgearbeitet habe.
Überhaupt freut es mich, dass ich eine sehr interessante Diskussion ausgelöst habe.

Ich wollte mich auch nochmal zu meiner Wortwahl entschuldigen, wie ich das schon früher paar Mal machen musste.
Dieses Thema "Ein Klavierstück, bei dem harmonische Klänge über atonale obsiegen" habe ich recht spontan erstellt.
Mag sein, dass es teilweise sehr naiv und weltfremd formuliert ist. Aber wie man sieht, hat es trotzdem zu recht interessanten Beiträgen geführt. Das habe ich ja gehofft, dass mein Thema zu einem interessanten Austausch führt.

Hinzufügen muss ich noch, dass ich mich musiktheoretisch viel zu wenig auskenne.
Begriffe wie "atonal" habe ich vielleicht falsch verwendet. Vielleicht sollte ich lieber "dissonant" schreiben.
Ich bin eben mehr der Praktiker als der Theoretiker. Bei mir geht oft probieren vor studieren.
Das mag zeitaufwändiger sein, aber ist schon immer ein Manko von mir gewesen, dass ich etwas drauf-los-probiere, ohne mir viel Gedanken über die dahinter steckende Theorie zu machen.
Vor allem bei Musik kann man das einem ja noch verzeihen, dieses experimentelle vorgehen.
Mir ist bewusst, dass z.B. in der Naturwissenschaft es höchstwahrscheinlich klüger ist zuerst zu studieren, und dann zu probieren. Aber in der Musik, vor allem wenn man es nur als Hobby hat, darf man sich ja erlauben, mehr zu probieren, ohne zu studieren.

Auch den Begriff "scheußlich" habe ich wohl auch etwas ungeschickt gewählt.
Ich wollte damit keinesfalls provozieren.

Übrigens: Was mich auch erfreut hat. Viele scheinen trotz der Krise die alten geblieben zu sein.
Es tut gut, wenn es doch noch Bereiche gibt, wo sich die alte Normalität bewahrt hat.
Und hoffentlich wird die Krise bald vorbei sein, damit kreative Menschen wieder den Kopf frei haben und sich nicht ständig um das Weltgeschehen Gedanken machen müssen. Dann wird hoffentlich auch in diesem Forum wieder mehr los sein. Ich wünsche es jedenfalls jedem, der im kulturellen Bereich berufstätig ist, dass es wieder aufwärts geht.

Ich jedenfalls werde jetzt wieder abtauchen. Ich "arbeite" zur Zeit an einer neuen Komposition, falls ich das als Laie überhaupt so sagen darf. Gerade weil ich Laie bin, ist es eben umso anstrengender. Aber trotzdem erfüllend.

Euer Miron
 
Das Probieren, Experimentieren und vor allem das genaue Zuhören währenddessen ist weitaus wertvoller als das „Studieren“. Probieren geht nicht vor Studieren, Probieren ist Studieren.
 
Hinzufügen muss ich noch, dass ich mich musiktheoretisch viel zu wenig auskenne. [...]
Ich bin eben mehr der Praktiker als der Theoretiker. Bei mir geht oft probieren vor studieren.
Das mag zeitaufwändiger sein, aber ist schon immer ein Manko von mir gewesen, dass ich etwas drauf-los-probiere, ohne mir viel Gedanken über die dahinter steckende Theorie zu machen.
Vor allem bei Musik kann man das einem ja noch verzeihen, dieses experimentelle vorgehen.
[...] Aber in der Musik, vor allem wenn man es nur als Hobby hat, darf man sich ja erlauben, mehr zu probieren, ohne zu studieren.
Ich bin der Überzeugung, dass Probieren und Studieren hier "parallel" erfolgen sollten und zwei Seiten der selben Medaille sind.
Gerade auf diesem "Niveau" (das Wort ist nicht wertend gemeint) ist Musiktheorie meines Erachtens hauptsächlich die Benennung und Versprachlichung musikalischer Phänomene auf verschiedenen Abstraktionsstufen.

Wir alle wissen, dass Sprache ein fundamentaler Aspekt des menschlichen Lebens und Lernens ist. Ich glaube kaum, dass wir Menschen dort wären, wo wir jetzt sind, wenn wir keine Sprache hätten. Sprache benennt Objekte aus der Realität, abstrahiert Zusammenhänge aus der Realität, kann Handlungsweisen aus der Realität skizzieren. Kurz gesagt: Sprache bildet die Realität ab und ich denke, nur weil unsere Sprache so differenziert ist, können wir die Realität auch so differenziert erleben und formen. Oder anders gesagt: Wie soll es möglich sein ein Baumhaus zu bauen, wenn man Nägel, Dübel, Schrauben, ... nicht benennen und unterscheiden kann? Sprache vereinfacht dies zumindest!

So ist es – denke ich – auch in der Musik. Durch Musiktheorie kann man den Urwald musikalischer Phänomene in Kategorien unterteilen und versprachlichen. Ich denke, dass dadurch das Verständnis komplizierter Musikwerke (und auch der "Bau" komplizierter Musikwerke) wesentlich vereinfacht wird, wie auch unsere Sprache den Bau von Flugzeugen vereinfacht ;-).

Ohne Sprache (und die damit verbundene Kategorisierung) wäre es auch wesentlich schwieriger Kreuzschlitzschrauben von Dübeln zu unterscheiden. Oder Sextakkorde von Quartsextakkorden. Und die Auflösungstendenzen und Empfindungen die mit diesen Akkordstellungen verbunden sind, werden dann (von unserem assoziationsfreudigen Gehirn) untrennbar mit den Begriffen und Notenbildern verbunden, so wie wir alle ganz viele Empfindungen mit dem Wort "Baum" assoziieren und verbinden.

Was heißt das nun konkret? Rumprobieren ist Super! Das ist der erste Schritt. Eng damit verbunden: Probiere in (guten) Werken herum. Stelle Akkorde um, verwende andere Akkorde, löse anders auf und komponiere das Stück um. Überlege was sich nun anders anfühlt, was besser funktioniert und was schlechter funktioniert. Versuche alles was du siehst, erkennst und begreifst dann auch zu benennen. Erst in eigenen Worten und anschließend indem du ein Nachschlagewerk bemühst.
 
@alibiphysiker , in allem stimme ich Dir unbedingt zu. Dennoch glaube ich, dass viele Wege zum Ziel führen.
Ich erinnere mich, von Michel Petrucciani mal gelesen zu haben, dass er sich als Kind zunächst mit Beethoven und Co beschäftigt hat und dann die Jazzplatten seines Vaters für sich entdeckte. Dann begann seine Reise in den Jazz allein durch Hören. Ich denke, bei Musik kann das Ohr sehr häufig das Wort ersetzen. Es gibt viele Musiker, die nicht Noten lesen können aber die berauschenste Musik zaubern...
Man sollte also Analyse und Theorie nicht überbewerten, wenngleich aber beides einem sehr weiterhilft.
Gerade, wenn Musik ein liebes Hobby ist, wie bei @Miron, dann kann es schön sein, die musikalische Unschuld zu bewahren und einfach drauflos zu spielen. Oftmals kann beispielsweise Harmonielehre in ihrer schnöden Abstraktheit lähmen.
Ich erinnere mich an mein Studium - und ich finde Harmonielehre, Kontrapunkt und Co sehr spannend! - dass die Beispiele, die der Professor an die Tafel malte, oftmals rein verkopft waren und überhaupt nicht gut klangen. Natürlich sollten sie in Kürze Sachverhalte aufzeigen, aber für mich war das befremdlich, weil es scheinbar mit Musik nichts zu tun hatte.
Das heißt, man muß dann aus den erlernten Mitteln die Musik wieder suchen.
 

Oftmals kann beispielsweise Harmonielehre in ihrer schnöden Abstraktheit lähmen.

Leider wird oft Harmonielehre und Gehörbildung getrennt. Die Erforschung, Analyse, Beschreibung und Anwendung der Strukturen sollte man nicht vom Hören trennen. Sonst ist es nur elaborierte mentale Masturbation.

Ich erinnere mich an mein Studium - und ich finde Harmonielehre, Kontrapunkt und Co sehr spannend! - dass die Beispiele, die der Professor an die Tafel malte, oftmals rein verkopft waren und überhaupt nicht gut klangen

Mega-Fail! Die ganzen Regeln von Kontrapunkt und Co. sollen einen Anhaltspunkt geben für: So klingt das gut. Wenn das Beispiel das nicht tut, dann ist das einfach peinlich. ("Ich zeig' euch mal, wie ihr wirklich leckere Waffeln zubereiten könnt!" und das den Studenten präsentierte Ergebnis schmeckt nach ummer Alid-Waffel.)

Grüße
Roland
 
@Häretiker, natürlich klangen die Beispiele richtig, man konnte gut nachvollziehen, welchen Nutzen das Handwerk hat, aber sie waren verstaubt wie ein alter Speicher, es fehlte ihnen jede Musikalität. Und ja, ich fand das auch peinlich.
 
@Häretiker, natürlich klangen die Beispiele richtig, man konnte gut nachvollziehen, welchen Nutzen das Handwerk hat, aber sie waren verstaubt wie ein alter Speicher, es fehlte ihnen jede Musikalität. Und ja, ich fand das auch peinlich.

Also, das waren Beispiele für Musik, denen Musikalität fehlt ... dann sind das halt Beispiele, die gewisse Regeln (musikalische) erfüllen, aber doch am Eigentlichen vorbei gehen. Bei der Konfronation "Korrektheit" vs "Ästhetik" gewinnt bei mir die Ästhetik.

Aber, OK, ist wie beim Programmieren: Manchmal muss man etwas blöde und konstruierte Beispiele aus <körperteil> ziehen, um etwas zu zeigen. *)

Grüße
Häretiker

*)
Ich hatte allerdings mal eine Java-Vorlesung bei einem, der hat nicht nur ein konstruiertes und etwas blödes Beispiel geliefert, das war auch noch inkonsequent (das war mein Hinweis) und falsch (Hinweis von anderem Hörer). Eine perfekte Illustration von "How not to teach Java." Wenn ich sowas im Job abliefern würde, täte man mir das im Code-Review sowas von um die Ohren hauen.
 
Ich stell mir vor, dass Komposition wie in der bildenden Kunst auf verschiedene Weise funktioniert: ich nehme mir das und und das vor, ich kombiniere die und die Töne und Akkorde und schau was passiert oder ich lasse den Bauch sprechen, das ist ja wohl typabhängig. Oder oder
( gewisse Kenntnisse vorausgesetzt)

Ich vermute, dass es auch egal ist, was Du, Miron Dir vorgenommen hast, denn die Auseinandersetzung mit der Sache wird zu einem Ergebnis führen ,das mit der ursprünglichen Idee vielleicht nichts mehr gemein hat oder aber vielleicht doch, und ob das schon in der Welt ist, ist auch wurscht, selber machen ist super.

Und grade als " Laie" geht man durch viele der Täler, die Profis schon beschritten haben.
 
Ich werfe mal meine eigenen Erfahrungen mit dem Spiel von Konsonanz und Dissonanz in den Raum.

Als ich begann, mich mit Musik ernsthaft zu beschäftigen, ging es mir mehr darum, möglichst viel aufzusaugen, was es gab ... also habe ich mich mit der gesamten euopäischen Musikgeschichte beschäftigt (von gregorianischen Chorälen bis zu Stockhausen und Ligety) .. die Physik hinter den Begriffen "Dissonanz" und "Konsonanz" begann mich zu interessieren, also beschäftigte ich mich mit Naturtonreihen und landete letztich auch bei Pytagoras und über sein auf "Saitenlängenverhältnissen" aufgebautes Tonsystem, dessen "Basis" (also der Tonvorrat) auf die Naturtonreihe zurückgeht auch bei aussereuropäischen Tonsystemen (so seltsam das klingt, aber das Intervall "pytagoreisches Komma" findet man auch in der indischen Musik).
Ich begann zu verstehen, dass ein "Ton" genaugenmmen immer bereits ein "Klang" ist, solange er nicht von einem Sinusgenerator erzeugt wird. Das die Instrumente einzelne "obertöne" stärker oder weniger Stark betonen, und dass genau das ihre spezielle Klangfarbe ausmacht (Formanten).
Über Jahre hinweg begann ich zu lernen, dass auch Äquiheptatonische Tonleitern (bei denen die Oktave statt in 12 in 7 gleiche Schritte eingeteilt wird) durchaus harmonisch klingen können ... man muss sich eben nur erstmal dran gewöhnen.

Weiters habe ich mich mit den verschiedenen "klangerlebnissen" der einzelnen Epochen beschäftigt. Waren es im Mittelalter noch Terzen, die revolutionär (bzw. damals blasphemisch) empfunden wurden, so muss man heute (keine ganzen 500 Jahre später) bereits kleine Nonen rauskramen, um noch ein Dissonanzerlebnis zu triggern.

Mit diesem Rüstzeug, und der Gewisseit, dass wahrscheinlich nur die Gewöhnung des Ohres über Dissonanz oder Konsonanz entscheidet, habe ich mich dann hingesetzt, und selbst eine Tonleiter konstruiert ... ich nannte sie in alter Tradition "Skala #1".

Der Bauplan war im Grunde sehr easy:
Ich nahm eine C-Dur-Tonleiter als Basis, setze vor die erste Note ein "b", vor die zweite ein "#" und vor die folgenden beiden Töne einen Auflöser ... dieses Prinzip wurde stumpf wiederholt.
Ich begann beim tiefsten C auf meinem Klavier, und siehe da ... esentstand eine Tonleiter, die als "Rahmen" statt der Oktave eine kleine None genutzt hat und sich obendrein noch von "Oktave" (die ja nun keine mehr war) zu "Oktave" veränderte.
Ich habe damit dann eine weile improvisiert (wobei ich mich selbstverständlich nicht sklavisch an den vorgegebenen Tonvorrat hielt. Am ende begann ich dann einige der dabei wiederkehrenden Ideen aufzuschreiben.
Das Ergebnis dieses Jahrelangen Prozesses kann man sich heute auf meinem YT-Kanal anhören.


Traurig aber wahr: Wenn ich das heute analysiere, dann muss ich feststellen ... Mist ... das ist ja doch h-Moll (dabei hatte ich mir solche Mühe gegeben, ein tonales Zentrum zu vermeiden).

Langer Rede kurzer Sinn: Du kannst dich auf den Kopf stellen, und mit den Füßen "hurra" schreien ... solange du "komponierst" und nicht nur mathematischen Bauplänen folgst, kann dabei immer auch harmonisches herauskommen.
Wer das nicht will, der benutzt astreine 12-Ton-Technik ... denn die verlangt im Grunde kaum Kreativität.
Wer Kreativ arbeiten will, der bekommt am ende auch etwas "irgendwie harmonisches".
Der zweite Versuch, etwas mit "Skala #1" zu machen endete dann noch harmonischer ... auch das gibts auf meinem Kanal.

Ich hätte nie gedacht, dass ein 5-Klang, der durch eine Spiegelung entstand so harmonisch klingen kann, wie das "g-b-d-fis-a" am ende dieses Stückes.


Die reine "Skala #1" ist da nur an wenigen Stellen zu hören.

Eventuell kann der Themenersteller mit "Skala 1" mehr anfangen, als ich das konnte ... du hast auf jeden Fall meine Genehmigung, mit dieser Skala (dessen Bauplan ich oben beschrieben habe) zu arbeiten ... eventuell gelingt es dir damit, tatsächlich etwas atonales zu komponieren ... obwohl den 12-Ton-Theoretikern zu Folge bereits die konzentration auf eine "Auswahl" aus der chromatischen Tonleiter ein tonales Zentrum andeutet.

Am Ende sei dir noch gesagt, "harmonisch" bedeutet nicht unbedingt Klänge im Rahmen des typischen Dur-Moll Kontinuums ... auch eine extrem weit auseinandergerissene kleine Sechste (wie am Ende von "67?" kann ein Gefühl der Harmonie triggern ... da mus das vorangegangene nur kräftig unharmonsisch klingen.

"Harmonie" ist nichts weiter, als die Auflösung einer zuvor aufgebauten Spannung ... und es ist (pardon für den Ausdruck) vollkommen wurst, was irgendwer von deinen Kompositionen hält ... DU bist der Masstab ... und du kannst dich auch wirklich drauf verlassen, dass irgendwer auf der Welt dein Harmonieempfinden schon teilen wird ... auch wenn er das eventuell aus ganz anderen Gründen so empfindet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Lieber Olaf,
also ich (Laie!) finde Deine Kompositionen ansprechend. Eben weil man sich nirgends auf einer "Tonalen Mitte" ausruhen kann. Was mich aber (insbesondere "Barcarole 2") wundert ist, wie forsch und gleichförmig laut Du spielst. Ich hätte es wahrscheinlich viel "schnulziger" interpretiert. Aber vielleicht wäre es dann dadurch zu "harmonisch" geworden?
 
Hallo Oliver,
Danke für die Rückmeldung. Ich empfinde die Stücke auch etwas zu forsch. Aber ich kann auch erklären, woher das kommt. Die Aufnahmen sind von 1999 ... da waren die Stücke gerademal 2 bzw. 4 Jahre alt und ich konnte sie seit maximal einem Jahr flüssig spielen.

Ein weiterer Grund für die "härte" im Klang ist das Instrument, auf dem sie eingespielt wurden ... auf meinem eigenen Klavier habe ich das damals auch viel einfühlsamer gespielt ... leider steht das Ding in Bielefeld ... und die Aufnahmen stammen vom Flügel in der Musikwissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel, wo ich zu der Zeit studiert habe.
Der Klang dieses Flügels war für meinen Geschmack zu hart, also habe ich im Grunde nicht laut genug gespielt, um noch viel "Platz nach unten" zu haben (wenn du die Aufnahmen lauter hörst, wird dir ein Rauschen auffallen ... das kommt nicht nur vom schlechten Mikro).

Und es gibt noch einen dritten Grund für den etwas "spröden"klang der Aufnahmen ... und das ist die Aufnahmetechnik.
Das Mikrofon war billig (da habe ich damals keine 20 Euronen für berappt ... oder waren das sogar noch D-Mark?), und es wurde über eine 3,5mm Klinke direkt an den MD-Man angeschlossen, der zunächst auch AUF dm Flügel lag (das Ding kann zwar erschütterungen ab, aber 2 - 3 Minuten andauernde Schwingungen überfrdern den Puffer halt manchmal).
Das dritte Stück (eine Fantasie in F-Dur im 9/8-Takt) habe ich nichtmal hochgeladen, weil der MD bei der Aufnahme Aussetzer hatte ... da fehlen einfach einige Überleitungen ... und ich habe es erst gemerkt, als ich schon nicht mehr an der Uni Kiel war.

Das sind jedenfalls alles andere als "Studioaufnahmen".

Seitdem fehlte mir aber leider sehr lange die Möglichkeit, die Stücke in aktuellerer (und sicherlich nicht so gleichförmiger) Interpretation aufzunehmen ... in den letzten 20 jahren hat sich natürlich auch an diesen Stücken noch einiges getan ... an einigen wenigen Stellen haben sich sogar Melodien nochmal leicht verändert (tonal, rhythmisch ... der Ausdruck ist bei mir eh nicht zweimal gleich weil tatsächlich zumindest bei meinen eigenen Stücken extrem Stimmungsabhängig ... aber ich finde, das muss so).
Eine Änderung, die sich eingebürgert hat, konnte ich "nachträglich" an den Aufnahmen realisieren, denn dafür war nur ein Schnitt nötig. In den Originalnoten ist am ende noch ein tiefes "G" zu hören ... aber ohne diesen "Schlußstrich" gefällt es mir eigentlich weitaus besser.
Ich werde versuchen, demnächst 2020er Interpretationen aufzunehmen ... und die werden wohl auch dem sehr viel näher kommen, was ich heute bei diesen Stücken fühle. Im Grunde habe ich das damals aufgenommen, und war einfach happy, es überhaupt so nahe am Notenmaterial hinbekommen zu haben ... ich habe erst 1991 zum ersten mal vor einem Klavier gesessen. Und ich habe diese Stücke nicht durchgängig im Repertoire gehabt, musste die daher vor ca. 10 Jahren nochmal "neu" lernen ... natürlich habe ich da einiges anders gelernt, als 1999 ... damals hatte ich eine russische Klavierlehrerin im Nacken.
 
Zuletzt bearbeitet:
Lieber Olf,
Danke dass Du meine "Kritik" nicht über genommen hast.
Ich hab auch immer Schwierigkeiten auf Klavieren, die sehr hart sind. Da die ganze Spannbreite zwischen ppp und fff hinzubekommen ist echt ne Kunst.
Aber bitte!! Nimm die Stücke neu auf! Das lohnt sich. So, wie jetzt, ist es ein bisschen eine "Verschwendung" finde ich.
Und das Stücke stimmungsabhängig sind, spricht doch eigentlich für die Stücke. Sie erlauben also Interpretation, geben Freiraum und "funktionieren" auch bei verschiedenen Pianisten. Das macht doch gute Kompositionen aus.
Und wenn die dann mit dem Pianisten reifen... Wie guter Wein... Bingo. Dann kann man sich mit so einem Ding jahr(zehnt)elang beschäftigen. Was will man mehr?
Gibt's eigentlich ne Notation von Deinen Stücken?
 

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