Was nützt der Kopf, wenn man das nicht technisch umsetzten kann?
Ich habe es bei erwachsenen Schülern zwar gelegentlich (bei Fortgeschritteneren) erlebt, dass etwas was im Kopf klar war von mangelhaften Fingern boykottiert wurde, ABER : der beim Spiel von Literatur bei weitem häufigere Fall war, dass die Steuerung der Hand und der Finger durch die Zentraleinheit (auch Hirn genannt) fehlerbehaftet war. Und üben in der Folge dann zu besserer geistiger Verarbeitung der jeweiligen Aufgabe führte.
Es ist für für die meisten von uns eben vermutlich doch einfacher zu akzeptieren, dass man noch nicht genug trainiert hat, noch Muskeln aufbauen muss, als hinzunehmen dass die geistige Fitness Nachhilfe braucht, wenn etwas am Klavier nicht klappt.
Stücke, die wirklich im Vergleich zum Nicht-Klavierspieler mehr Muskeln oder deutlich mehr Training erfordern spielt diese Gruppe eher selten. Ich behaupte eine anständige Mozart Sonate oder ein Chopin Nocturne (Ausnahme op. 48,1) erfordern bei normalen Menschen (also solchen, die ohne Unfall beim Essen Messer und Gabel verwenden können, oder sich die Schnürsenkel noch selbsr verknoten können) keinerlei Veränderung der Hände und Finger durch Training. Also auch keinen Hanon! Wenn es aber Spaß macht, ... Es soll ja auch Menschen geben, die stundenlang Gewichte bewegen oder Federn spannen. Vielleicht ist Hanon sogar gesund (Fitnesscenter für Finger, Hand und Unterarm? Bessere Durchblutung des Oberkörpers, mit Ausnahme des Gehirns)!
Entsprechend geübt - mit vielen komplexen Varianten in allen Tonarten, ... - ergibt sich vielleicht sogar eine bescheidene geistige Anregung.
Ob Finger-Übungen (auch so einfache wie Hanon) für das warmspielen der Hände vorm Üben helfen, das sollen die, die es brauchen selbst entscheiden.
Ich selbst pflege beim Üben exakt das umgekehrte Hobby: ich erprobe, was ich ganz ohne Zappelfinger vernüftig spielen kann und stelle mir vor ich sei 95 und die Finger völlig arthrotisch und unbeweglich. Mit dieser Einschränkung kann man noch immer fast mein ganzes Repertoire gut spielen (ich spiele gelegentlich auch schwere Lieder)!