C
chiarina
Guest
Also ich bin ja ein Fan vom Notentext und einer Interpretation mit Herz, Hirn und Seele!!! Das schließt sich doch hoffentlich nicht aus! :p
Die genaue Auseinandersetzung mit dem Notentext bildet die Basis für alles Weitere. Und was man da alles entdecken kann! Wobei man natürlich sagen muss, dass oft schon der Urtext, der in einer Ausgabe steht, eine gewisse Art von Interpretation ist. Denn es gibt ja oft mehrere Ausgangsquellen oder Faksimile, die in Einzelheiten unterschiedlich sind und aus denen der Herausgeber einen "Urtext" kreiert. Neulich hatten wir ja den Fall, wo Badura-Skoda in der Wiener U.E. die Vorschläge des Moments musicauxs f-moll op. 94/3 ganz anders notiert als Gieseking in der Henle-Ausgabe. Man müsste sich, wie es ja auch viele Barockspezialisten machen, wohl mehr mit den Quellen beschäftigen.
Wenn ich jetzt aber mal eine Urtextausgabe als Ausgangspunkt nehme, bemühe ich mich doch, wirklich jede kleinste Kleinigkeit wahrzunehmen, denn sie wirkt sich auf das Klanggeschehen aus und gibt der Interpretation eine größere Tiefe. Bei manchen Stellen/Angaben tue ich mich manchmal schwer - ich würde es lieber anders, mir gefälliger spielen. Doch da ist doch unbedingt meine Aufgabe, verstehen zu wollen, wie der Komponist diese Stelle sieht, in welchem Kontext sie steht, welche Aussage und Bedeutung sie hat. Diese Auseinandersetzung ist ja nicht nur eine mit dem Notentext, sondern auch eine mit mir selbst und das finde ich sehr spannend. Das erweitert den Horizont!
Wenn beim Spielen dann das "Erleben" hinzukommt, wie ich weiter oben schon mal geschrieben habe ( Destenay, dazu gehört m.E. auch der improvisatorische Moment), ergänzen sich architektonische Schönheit und Realisierung des Notentext mit der Liebe zum Stück, mit Herz, Charakter und Gefühl. Ich habe schon mal irgendwo gesagt, dass man m.E. auch bei der Realisierung eines Notentextes viel Freiheiten hat. Schon eine kleine Änderung des Tempos kann viel bewirken, Unterschiede in Gewichtung der Stimmen, Phrasierung, Artikulation, Dynamik ( Lautstärken sind ziemlich relativ) können völlig verschiedene Interpretationen zum Klingen bringen.
Wenn jemand wie Pogorelich sich über Vorgaben rigide hinwegsetzt, kann ich nur sagen 'der darf das, weil er aus einem Kunstwerk eine geniale Aussage macht, die zwar den ursprünglichen Absichten des Komponisten widerspricht, von der wir aber nicht wissen, was der Komponist sagen würde, wenn er sie denn gehört hätte'. Vielleicht wäre er völlig begeistert und wir berauben, wenn wir dies verurteilen, ihn und uns einer ganz neuen Sichtweise. Aber darüber gibt es natürlich geteilte Meinungen. Ich für mich sage ganz klar: was Pogorelich macht, ist für mich nicht erlaubt. Dazu muss man schon ein Genie sein. :p
Liebe Grüße
chiarina
Die genaue Auseinandersetzung mit dem Notentext bildet die Basis für alles Weitere. Und was man da alles entdecken kann! Wobei man natürlich sagen muss, dass oft schon der Urtext, der in einer Ausgabe steht, eine gewisse Art von Interpretation ist. Denn es gibt ja oft mehrere Ausgangsquellen oder Faksimile, die in Einzelheiten unterschiedlich sind und aus denen der Herausgeber einen "Urtext" kreiert. Neulich hatten wir ja den Fall, wo Badura-Skoda in der Wiener U.E. die Vorschläge des Moments musicauxs f-moll op. 94/3 ganz anders notiert als Gieseking in der Henle-Ausgabe. Man müsste sich, wie es ja auch viele Barockspezialisten machen, wohl mehr mit den Quellen beschäftigen.
Wenn ich jetzt aber mal eine Urtextausgabe als Ausgangspunkt nehme, bemühe ich mich doch, wirklich jede kleinste Kleinigkeit wahrzunehmen, denn sie wirkt sich auf das Klanggeschehen aus und gibt der Interpretation eine größere Tiefe. Bei manchen Stellen/Angaben tue ich mich manchmal schwer - ich würde es lieber anders, mir gefälliger spielen. Doch da ist doch unbedingt meine Aufgabe, verstehen zu wollen, wie der Komponist diese Stelle sieht, in welchem Kontext sie steht, welche Aussage und Bedeutung sie hat. Diese Auseinandersetzung ist ja nicht nur eine mit dem Notentext, sondern auch eine mit mir selbst und das finde ich sehr spannend. Das erweitert den Horizont!
Wenn beim Spielen dann das "Erleben" hinzukommt, wie ich weiter oben schon mal geschrieben habe ( Destenay, dazu gehört m.E. auch der improvisatorische Moment), ergänzen sich architektonische Schönheit und Realisierung des Notentext mit der Liebe zum Stück, mit Herz, Charakter und Gefühl. Ich habe schon mal irgendwo gesagt, dass man m.E. auch bei der Realisierung eines Notentextes viel Freiheiten hat. Schon eine kleine Änderung des Tempos kann viel bewirken, Unterschiede in Gewichtung der Stimmen, Phrasierung, Artikulation, Dynamik ( Lautstärken sind ziemlich relativ) können völlig verschiedene Interpretationen zum Klingen bringen.
Wenn jemand wie Pogorelich sich über Vorgaben rigide hinwegsetzt, kann ich nur sagen 'der darf das, weil er aus einem Kunstwerk eine geniale Aussage macht, die zwar den ursprünglichen Absichten des Komponisten widerspricht, von der wir aber nicht wissen, was der Komponist sagen würde, wenn er sie denn gehört hätte'. Vielleicht wäre er völlig begeistert und wir berauben, wenn wir dies verurteilen, ihn und uns einer ganz neuen Sichtweise. Aber darüber gibt es natürlich geteilte Meinungen. Ich für mich sage ganz klar: was Pogorelich macht, ist für mich nicht erlaubt. Dazu muss man schon ein Genie sein. :p
Liebe Grüße
chiarina