Auch beim Spiel von Tonleitern ist doch der Daumen der Finger, der wegen des Positionswechsels trainiert werden muss.
Ne, der muss nicht trainiert werden. Was man trainieren muss, ist das Weglassen falscher Spannungen. Die können aber überall auftreten - und wenn der Positionswechsel nicht klappt, liegt es in den seltensten Fällen am Daumen.
Das heißt, jeder x-beliebige Klavierschüler kann eine Passage wie diese hier automatisch greifen, wenn er sie vorher theoretisch analysiert hat?
Das nenne ich Voodoo-Pianistik.
Nein. Eine theoretische Analyse reicht nicht. Man braucht neben einer sehr präzisen Klangvorstellung auch eine sehr präzise Bewegungsvorstellung.
Prüfe erstmal deine Klangvorstellung: wenn du zwei aufeinanderfolgende Akkorde der rechten Hand in ihre drei Stimmen zerlegst: kannst du jede der Einzelstimmen auf Anhieb sauber singen? Kannst du die Einzelstimmen am Klavier in jede Tonart transponieren - d.h. mit einem beliebigen Ton anfangen und anschließend die richtigen Intervalle spielen?
Falls nein: Deine Klangvorstellung ist noch weit davon entfernt, konkret genug zu sein.
Falls ja: Kannst du in allen möglichen Kombinationen eine Stimme spielen und jeweils eine andere dazu singen? Falls nein: übe erstmal das!
Falls ja: Dasselbe, aber zwei Stimmen dazu singen (nacheinander, im Wechsel - versteht sich).
Anschließend: zwei Stimmen spielen (ruhig auf beide Hände verteilen, damit keine Griffschwierigkeiten vom Klang ablenken) und die fehlende Stimme dazu singen.
Zuletzt: Beide Akkorde nacheinander singen (Töne jeweils von unten nach oben), ohne Stütze durch das Klavier. Erst wenn das schnell und mühelos klappt, kann man allmählich von echter Klangvorstellung reden.
Nun zur Bewegungsvorstellung: Stelle die jede Einzelstimme der beiden Akkorde genau innerlich vor (das sind jeweils zwei aufeinanderfolgende Töne) - ohne in die Noten zu schauen - wir haben schließlich eine Klangvorstellung, oder? Wenn du dir hinsichtlich der Töne sicher bist, spiele sie im Zieltempo mit genau dem Fingersatz, der auch bei akkordischer Griffweise geboten ist. Wenn das nicht auf Anhieb ziemlich gut klappt, ist das Stück zu schwierig für dich. Such dir ein geeigneteres.
Falls es klappt, mach dasselbe mit jeweils zwei Stimmen, in allen denkbaren Kombinationen: Erst genau den Klang vorstellen (ruhig noch mal singen), dann die Bewegung, dann im Tempo spielen. Wenn das nicht auf Anhieb ziemlich gut klappt, ist das Stück zu schwierig für dich. Such dir ein geeigneteres.
Zuletzt dasselbe mit allen drei Akkordtönen. Du ahnst schon, was kommt: Wenn das nicht auf Anhieb ziemlich gut klappt, ist das Stück zu schwierig für dich. Such dir ein geeigneteres. Immer daran denken: es geht hier nur um zwei simple, aufeinanderfolgende Akkorde!
Und wie kann es sein, dass es Komponisten gibt, die ihre Arrangements selbst nicht spielen können? Wie hier übrigens.
Ein Komponist muss nicht zwangsläufig Pianist sein.