3 wichtige Klavier Übe-Tipps

@hasenbein

Ok, ich korrigiere mich: Der Begriff „Flow“ ist vielleicht etwas zu hoch gegriffen. Ich kenne das von dir genannte Buch.

Dann nenne ich es „Erfolgserlebnis“, das ändert an der von mir geschilderten Sichtweise der positiven Bestärkung und intrinsischen Motivation nichts.
 
...führte das dazu, dass die jungen Menschen keinerlei Spaß am Instrument hatten, es war eine lästige Pflicht, die sie ablegten, sobald sie alt genug waren, dass sie selbst eine solche Entscheidung treffen konnten.
Man muss sagen, die Klavierpädagogik dieser Zeit war katastrophal und führt jetzt eine guten Generation später zu dem bekannten Bild.
Ja, natürlich, Du hast Recht.

Die "Klaviergouvernanten-Pädagogik" seinerzeit war schlecht.

Und es stimmt - eine Standarderzählung erwachsener Schüler ist: "Ich hatte in meiner Kindheit / Jugend ein paar Jahre Klavierunterricht und fand es voll langweilig, und kein Lehrer hat mir die guten Tipps gegeben, die ich von Dir jetzt bekomme. Entnervt habe ich damals mit Klavier aufgehört, als meine Eltern merkten, es hat keinen Zweck mehr."

Alles völlig richtig.

Aber immerhin konnten diese Schüler - ja, unmusikalisch; ja, mit völlig unzweckmäßiger Technik; ja, ohne Spaß usw. - RELATIV anspruchsvolle Stücke irgendwie spielen. Aus dieser Zeit stammen z.B. die Literatur-"Rankings" (Schwierigkeitsgrade), die dem Lehrer Hinweise geben, welche Stücke in welchem Ausbildungsjahr sinnvoll sind.

Heute zucken typische Musikschullehrer nur mit den Schultern, wenn sie diese Listen sehen, und legen ihrem Schüler die nächste vereinfachte "Comptine"-Version aufs Pult. Oder lassen die Keyboardgruppe den nächsten unheimlich fetzigen Pophit mit 2 Fingern und Begleitautomatik ("Justus-Maximilian, warte, ich klebe dir da einen bunten Aufkleber auf die Taste") dudeln, damit es beim Abschlussabend so aussieht, als hätten die Kinder irgendwas Nennenswertes gelernt.
 
Ich kann aus @hasenbeins Bemerkungen nicht herauslesen, dass er „schwarze Pädagogik“ lehrt. Ein „Fehlerfreundliches Lernumfeld“ hat meinem Verständnis nach mit der Inneren Haltung des Lehrers zu tun. Dass die Schüler merken: es ist ok, wenn mir der und der Fehler passiert, der Lehrer wird nicht lästern, wird nicht stinkig, bissig, kühl, aggressiv oder was auch immer. Sondern wird weiterhin freundlich und positiv zugewandt mit mir daran arbeiten.
Und in diesem positiven Umfeld kann er auch darauf hinweisen und daran arbeiten, dass beim Üben möglichst wenig Fehler gemacht werden.
 
@hasenbein Meine Frage, was die Alternative ist, war ernst gemeint.
Falls du keine hast - warum nicht? (Auch ernst gemeint... wieso muss man das hier offenbar immer dazuschreiben? )
Falls du eine hast - warum praktizierst du sie nicht?
 
Aber immerhin konnten diese Schüler - ja, unmusikalisch; ja, mit völlig unzweckmäßiger Technik; ja, ohne Spaß usw. - RELATIV anspruchsvolle Stücke irgendwie spielen.
Jetzt kommen wir einander schon näher in der Diskussion. Nur, welchen Sinn hatte es, dass die Schüler über einen kurzen Zeitraum hinweg widerwillig etwas schwerere Stücke spielen konnten, wenn sie bei der erstbesten Gelegenheit froh sind, nicht mehr Klavier spielen zu müssen und es durch die eigene Erfahrung auch nicht ihren Kinder aufdrücken möchten?

Dazu möchte ich mich bei Stilblüte einklinken: Was schließen wir daraus für die nahe Zukunft? Wie entkommen wir dem Dilemma? Wie können wir eine lebendige und niveauvolle Kultur der Hausmusik wiederbeleben?
 
Gar nicht. Heutzutage ist ja auch keiner mehr zu Hause, geschweige denn die ganze Familie.

Der gemeinsame Abendbrottisch wird zur Ausnahme.

Zwischen Ganztagsschule, Hausaufgaben und Smartphone-/Computer-Glotzerei schafft es Mami vielleicht noch gerade so, hineinzurufen: "Marie-Smaragda, denk dran, noch deine 10 Minuten Klavier zu üben!"

Die Situation, in der die ganze Familie im trauten Heim ist und gemeinsam musiziert oder sich das Musizieren des einen Kindes wohlgemut gemeinsam anhört, ist am Aussterben. Keiner hat mehr Zeit bzw. "den Kopf frei" für so was. Es gibt auch keine "Langeweile"-Zeiten mehr, in denen man denkt "och, was könnte ich denn mal tun? Vielleicht am Klavier üben oder Dinge ausprobieren..."
 
Doch, wenn man den IQ als Maßstab der Intelligenz nimmt. Bring aber wahrscheinlich keinen Vorteil beim Musizieren.
Test-Psychologen erklären , daß IQ Veränderungen von 5-8 Punkten durch langfristig sehr effektiv und fokusiert angelegte Lernstrategien ohne Probleme möglich sind. Das trifft auf die Schulsysteme der Spitzenreiter sicherlich zu (Singapur, Korea, Taiwan, Japan, China usw.)
Der Unterschied von ein paar Pünktchen zw. DEU und den Top Ten sollte durchaus im desaströsen Schulbetrieb hierzulande hinreichend begründbar sein.

Liebe Miteltern,
schaut mal , wieviel Seiten in den aktuellen Lehrmaterialien unserer Kinder regulär noch unbearbeitet sind, 1 Monat vor Sommerpause:bomb::teufel::angst:


In Berlin ist man froh , wenn 60% im Kasten sind:puh::schweigen::bye:
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Situation, in der die ganze Familie im trauten Heim ist und gemeinsam musiziert oder sich das Musizieren des einen Kindes wohlgemut gemeinsam anhört, ist am Aussterben.
Einige halten die Fahne dennoch hoch!!

Hier bei uns wird regelmäßig bis 22:00 korrepetiert, kammermusiziert, gesungen usw....

Mehrere Eltern und ich ebenso, werden durch die immer schwierigeren Klavierbegleitungen der Solostücke unserer Kinder gezwungen, intensiv und zügig unser Klavierspiel zu verbessern.

Obgleich ich an manchen zu krassen Stellen gelegentlich auf Improvisation umschalte, aber das war ja vor 300 Jahren normal:lol::drink:
 
Leute,

wer wirklich die Musik liebt und spielen können will der übt!!!! und zwar bis es funktioniert.


Das Lamentieren, warum weshalb wieso nur sehr wenige mehr von den deutschen Schülern ernsthaft üben wollen, ist schlimm traurig, aber wahrscheinlich wird es noch schlimmer, da auch immer mehr Lehrpersonen die Notwendigkeit von mehrstündigem!!! täglichen Üben und weiteren zusätzlichen Musiziermaßnahmen (Orchester, Bigband, Kombo) , Kompositionsunterricht, Malunterricht, Musiktheorie sowie Musikbildung (regelmäßige Konzert, Oper, Gallerie-Besuche,...) nicht mehr überzeugend durchsetzen wollen/können.

Was oft auf der Strecke bleibt, ist die Erziehung zur künstlerisch-ganzheitlichen Kulturpersönlichkeit!
 

Und vielleicht wird do such klarer, warum ich Sätze wie „Spiele so, als wenn jeder Fehler dein Leben kosten würde“ ablehne. Ich meine, es geht auch und viel besser anders.
...sorry, hier wird nur klar, dass du ein oft wiederholtes Bonmot missverstehst und den Zusammenhang nicht kennst. Z.B. Gulda hat auf Fragen zweierlei mitgeteilt: "jeden Ton als ginge es um Leben und Tod" (beim erarbeiten, Präzision, Technik, Klang, Zusamnenhang - also jeder Ton ist relevant, kein Geklimper) und dann "einfach laufen lassen" (nach dem üben und Proben, sich auf das Erlernte verlassen) ---- da steckt eigentlich 0% schwarze Pädagogik drin...
 
Es hat doch nichts mit Diskriminierung zu tun, wenn man auf die Tatsache hinweist, dass sich die Prioritäten in der Politik verschoben haben. Leistungsstarke Schüler werden nur noch in Ausnahmefällen als förderungswürdig angesehen, es wird auch nicht mehr als Kernaufgabe von Musikschulen gesehen, leistungsstarke Schüler zu produzieren. Vielmehr wird alles mehr und mehr auf Inklusion ausgelegt - mit der zwangsläufigen Folge, dass das Niveau weiter und weiter sinkt.

Ich meine, dass man das differenzierter sehen sollte. Und ich frage nach, wie sich denn die Prioritäten in der Politik verschoben haben? Wo und wie wurde die Spitzenförderung aufgrund der Inklusion etc. vernachlässigt, gestrichen ....?

Ich sehe und kenne da keinen Zusammenhang! Ich finde es richtig und wichtig, dass Inklusion auch im musikalischen Bereich gefördert wird, dass versucht wird, Musik als Kulturgut für ALLE zugänglich zu machen! An der Umsetzung kann man viel kritisieren - ich kritisiere vor allem, dass zu wenig Geld in die Hand genommen wird, im Fall JEKI kostete das Programm von 2007 bis 2011 47,23 Millionen €. In fünf Jahren noch nicht einmal 10 Millionen jährlich. Wie soll da qualitativ hochwertige Arbeit geleistet werden? Also beklagen sehr viele Musikpädagogen, dass die Früchte dieser Arbeit nicht der Qualität entsprechen, die sie erwarten und als für unbedingt notwendig erachten.

Nun könnte man einwenden, dass es vielleicht nicht am Geld, sondern am Konzept liegt.

Aus meiner Sicht ein klares Nein. An der Umsetzung der Idee kann vieles (!) verbessert werden, aber ich bin davon überzeugt, dass man grundsätzlich auch musikalische Qualität erreichen kann bei Gruppenarbeit in Grundschulen mit oder ohne Inklusion. Es gibt immer wieder sehr anspruchsvolle Projekte, oft in Kooperation mit Orchestern und Berufsmusikern, mit ausgebildeten Lehrern in Konzertvermittlung etc.. Nur sind auch viele Lehrkräfte dahingehend gar nicht ausgebildet, Unterrichtsräume bieten nicht notwendige Möglichkeiten u.v.a..

Was nun die Eliten angeht, sind die nicht schlechter geworden. Jugend musiziert ist im Landes- und Bundeswettbewerb auf sehr hohem Niveau, "Eckart Rohlfs leitete 33 Jahre lang den Wettbewerb und hat eine deutliche Steigerung des Niveaus der jungen Teilnehmer beobachtet", hier der link zum Zitat. Hier in weiterer link: https://www.mdr.de/kultur/jugend-musiziert-elite-100.html .

Trotzdem ist die Beobachtung von hasenbein und anderen richtig. Aber nicht die Eliten nehmen ab, sondern die Qualität der Breite, die Fähigkeiten der Kinder, die in der Regel instrumentalen Einzelunterricht nehmen.

Das spiegelt sich z.B. wieder in der Qualität von Schülerkonzerten und hat m.E. auch damit zu tun, welchen Stellenwert das Fach Musik in der Gesellschaft genießt. Es ist schon komisch - auf der einen Seite werden Angebote gefördert, die Musik als allgemeines und wichtiges Kulturgut allen näher bringen sollen, auf der anderen Seite wird Musikunterricht so dermaßen aus den Stundenplänen gestrichen, dass eine musikalische Basis nicht mehr aufgebaut werden kann, werden Lehrkräfte an Musikschulen so dermaßen schlecht bezahlt, dass sie kaum davon leben können, werden an Musikschulen vorwiegend 30 oder 25minütige Unterrichtseinheiten oder Gruppenunterricht gegeben, so dass musikalische Arbeit, die das hält, was der Name verspricht, unmöglich gemacht wird.

Die Folge ist nicht nur, dass es kaum mehr deutsche Musikstudenten gibt, das Fach Schulmusik mal ausgenommen. In Kombination mit dem Medienkonsum und der Ganztagsschule haben die Kinder auch noch rein faktisch weniger Zeit zum Üben - das Niveau sinkt und sinkt.

Das macht mich wirklich traurig!

Daraus aber zu schließen, dass die Inklusion dafür verantwortlich wäre, ist aus meiner Sicht verfehlt. Es müsste mehr Geld in die Musikschulen gepumpt werden mit der Verpflichtung, dass im Instrumentalunterricht 30minütige Unterrichtseinheiten und Gruppenunterricht mit mehr als 2 Schülern die absolute Ausnahme darstellen. Jeder Schüler (Kinder) sollte mind. einmal im Jahr an einer Prüfung oder einem Konzert teilnehmen. Die Lehrkräfte sollten anständig bezahlt werden. Zusätzlich sollte in enger Kooperation mit allgemeinbildenden Schulen, Kindergärten, Orchestern, Berufsmusikern möglichst kostenlose Angebote gemacht werden, die alle Kinder erreichen.

Ich fürchte, dafür braucht man Geld und gute Leute, die das Geld effektiv einsetzen.

Liebe Grüße

chiarina
 
Förderungswürdig hingegen ist sog. "Breitenbildung", das heißt, jeder - auch und vor allem Arme, Dumme, Behinderte etc. - sollen Gelegenheit bekommen, mit Musikmachen in Berührung zu kommen
Bitte nicht unterschiedliche Pfade gegeneinander stellen:

Durchschnittliche Schüler haben, wenn sie denn erfolgreich teilnehmen wollen sogar mehr Übepflichten, denn was dem Pfiffikus zufliegt, muß der Mindertalentierte härter erarbeiten, das ist aber normales Leben....

Weniger als 1h pro Tag zu proben ist aber meistenfalls (durchschnittliche Schüler) sinnlos, weil die Arbeitsergebnisse so notdürftig sind, dass es den Schülern selbst irgendwann zu lächerlich wird, was sie da herzuklimpern.

Andererseits muss die ernsthafte Musikunterrichtspropaganda mit allen geeigneten Kräften und Mitteln forciert werden , um Kinder an die reichhaltigen Kunstfuttertröge heranzuführen.


Die Gefordertengruppenarbeit (Personen mit besonderen Bedürfnissen- z.B. K/G Behinderte, Senioren, Flüchtlinge, werktätige Späteinsteiger usw.)
ist wesentlicher und unverzichtlicher Bestandteil einer aktivierenden Kulturpolitik der integrativen Teilhabe.

 
Ich fürchte, dafür braucht man Geld und gute Leute, die das Geld effektiv einsetzen.

Ja. V.a Leute, die das als wichtig ansehen und den berühmten Funken zünden können.
(Wenn ich sehe, was meine Kinder bei ausgebildeten Schulmusikern für grottenschlechten Unterricht hatten, müsste ich noch heute nahezu auf die Knie fallen aus Dankbarkeit für meinen Musikunterricht.)
 
Übrigens: an dieser ganzen "Spaß versus Anstrengung"-Diskussion stört mich der m.E. ganz falsche Fokus. Wer gerade in eine Sache vertieft ist, den interessiert nicht, ob er Spaß hat, oder ob es anstrengend ist. Er WILL diese Sache tun, nur darum geht es. Er zieht daraus Befriedigung, Freude, Stolz, Glück, das Gefühl von Selbstwirksamkeit ..... Das ist aber alles niemals Selbstzweck, sondern die Folge seines Tuns.

Zu betonen, dass etwas anstrengend sein soll oder ist, ist für mich genauso unsinnig wie zu betonen, dass etwas Spaß machen soll oder Spaß macht. Als hätte Anstrengung einen Wert oder Spaß einen Wert. Ich mache nicht etwas, um Spaß zu haben oder mich anzustrengen, sondern ich mache etwas, weil mir die Tätigkeit selbst etwas bedeutet.
 
(Wenn ich sehe, was meine Kinder bei ausgebildeten Schulmusikern für grottenschlechten Unterricht hatten, müsste ich noch heute nahezu auf die Knie fallen aus Dankbarkeit für meinen Musikunterricht.)

Das kommt von oben genanntem Realismus.


Hat der Lehrer erst mal kapiert, dass seine Aufgabe zwecklos ist, nichts mehr zu retten ist, muss er sich auch keine Mühe mehr geben...
 
Inaki, Unsinn.

Wenn es wirklich so wäre, dass die jungen Leute dauernd outdoor sind und dauernd Sport machen, wäre es ja prima!

Aber das machen die ja auch immer weniger! Sondern hocken herum, glotzen ins Smartphone oder auf andere Bildschirme, wo ihr "Sozialleben" stattfindet, sie Games spielen etc.

"Online" ist Schuld an der "Sofort- und Umsonst-"Mentalität. Plus der bereits geschilderten Entwicklungen in der Pädagogik, dass immer alles "leicht", "Spaß machend" und "inklusiv" sein soll.

Dass alle Leute nur noch mit ihrem Smartphone faul rumhocken, entspricht nicht meiner Erfahrung. Für (zu) viele Leute mag das zutreffen, aber nicht für alle.

Aber darum geht es nicht.

Selbst wenn man unterstellt, dass es tatsächlich so wäre wie von dir beschrieben, dann würde es immer noch darum gehen, WELCHE Erwartungshaltung die Leute heutzutage an sich stellen. (Und an denen sie dann meinetwegen häufig scheitern).

Und dazu gehört heutzutage eben Lifestyle-technisch fast nur noch: Sport, reisen, gesunde Ernährung. Das ist hip, das ist cool.

Ein Instrument gut zu beherrschen wird übrigens zwar (immer noch) positiv anerkannt - der Weg dahin bloß nicht. Zu Hause alleine in der Bude an seinem Instrument zu hocken und zu üben gilt als "uncool" und wird mit Stubenhocker-Verhalten gleichgesetzt. Und das weit über die Schulzeit hinaus. Das wiederum mag an der von dir erwähnten "Umsonst. u. Sofort"-Mentalität liegen.
 

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