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Guter Unterricht weckt Interesse - aber wenn auf der Gegenseite nichts da ist, kann auch nichts geweckt werden.Der Versuch, "Lust" darauf herzustellen durch irgendwelche pädagogischen Winkelzüge, ist zum Scheitern verurteilt.
Ein wichtiger Aspekt ist die Freude am "Besser werden" - und diese kann man sich nicht erkaufen oder auf anderem Wege leistungslos erwerben. Sie stellt sich nur ein, wenn entsprechende Fortschritte tatsächlich stattfinden und die Erfahrung verinnerlicht wird, dass man durch überdurchschnittlichen Einsatz auch überdurchschnittliche Qualität erzielt.Das Einzige, was sinnvoll ist, ist, durch einen musikalisch bildenden und herausfordernden Unterricht immer mehr Lust zu machen auf gute, anspruchsvolle Stücke. Dies wiederum auf der Basis von Erfolgserlebnissen, die dem Schüler klar signalisieren: "Mehr können = Klavierspielen macht mehr Spaß!"
Ersteres ist abstrakt, weil ein bestimmtes Objekt fehlt, auf das man seine Aufmerksamkeit konzentrieren kann. Letzteres stellt ein solches Objekt dar, das mit einer Länge von allenfalls wenigen Minuten noch als Herausforderung überschaubar ist. Deshalb empfiehlt es sich, Herausforderungen so zu dimensionieren, dass man Weg und Ziel miteinander in eine erkennbare Relation setzen kann. Wer sich viel zu viel vornimmt, gibt meistens sehr bald schon wieder auf. Übrigens ist das bei den allermeisten ein stichhaltiges Entscheidungskriterium gegen das Lernen ohne einen Lehrer: Ein Lehrer hilft bei der Definition erreichbarer Ziele, die man sonst erst nach absolvierter Ausbildung zu erkennen imstande wäre. Aber mit eben dieser hat man ja noch gar nicht begonnen... ."Technik" oder "Quintenzirkel beherrschen" besitzt aus sich heraus nicht den allergeringsten Reiz, außer für welche, die ohnehin schon "nerdig" veranlagt sind.
Man sollte also einen konkreten Anlass schaffen - z.B. bestimmte Stücke, bei denen eine Technik erforderlich ist, oder Improvisation (!) -, für den eine bestimmte Technikform notwendig ist, so dass der Schüler unmittelbar einsieht und auch am kurzfristigen Erfolg erkennt, dass das Üben der Technikform gut und notwendig ist.
Genau dieser "soziale" Aspekt ist besonders wichtig und bislang in diesem Faden noch am wenigsten erörtert worden. Solange die Lehrkraft im Musikunterricht allein Leistung einfordert und weitere Kontaktpersonen (Eltern, Aufsichtspersonen, andere Lehrer etc.) dieses Prinzip nicht in ihren Handlungsbereichen anwenden, ist die Wahrscheinlichkeit eher gering, dass die damit verbundene Einstellung und Arbeitshaltung verinnerlicht wird. Der zu geringe "Tiefgang" beim Lernen und Entwickeln ist nämlich nicht nur im Musikunterricht ein Problem. Wissen, das man sich nur im Hinblick auf die demnächst anstehende Klassenarbeit aneignet, gerät zeitnah wieder in Vergessenheit, ohne prägende Spuren zu hinterlassen. Aber gerade diese Prägung ist ja die Voraussetzung dafür, bei variierten Problemstellungen entsprechende Lösungsstrategien zu entwickeln und anzuwenden. "Üben" ist nämlich mehr: Nicht einen Lehrplan abzuarbeiten, sondern Problemlösungskompetenz zu entwickeln.Wenn Kinder zu wenig üben, obwohl sie die zu übenden Stücke eigentlich gut finden und gerne können würden -> mit Schülern und Eltern über das Problem sprechen, und wenn sich nichts ändert, Kündigung vorschlagen, da so keine zweckmäßige Arbeit möglich.
LG von Rheinkultur