Wie seid Ihr zum Klavierspielen gekommen?

  • Ersteller des Themas Romantikfreak98
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Also ich selbst (Bj.68) wurde im Kindergarten "entdeckt". Da suchten welche von der Musikschule nach begabten Kindern.
Meine ältere Schwester (Oboe) und mein noch viel älterer Bruder (Klavier, Fagott) konnten einfach so ihr Instrument lernen, was sie wollten. Auch habe ich nie etwas davon mitbekommen, dass irgendwer nicht angenommen wurde, egal wie alt oder talentfrei der Schüler war.
Mein Nachbar hat auch erst sehr spät mit Klavier angefangen und trotzdem später in Weimar studiert.

Aber ich kann mir gut vorstellen, dass es regional sehr große Unterschiede gab.
 
Unglaublich, dass ich hier noch nichts geschrieben habe (ich war fest davon ausgegangen, ich hätte).

Naja - dann hole ich das mal nach.

Die ersten Tasten, an denen ich versuchte, einfache Melodien zu spielen (Bruder Jakob, Alle meine Entchen, Hänschen klein), waren in einer Bontempi-Heimorgel mit hörbarem Gebläse und es waren nur knapp 40.
Das war natürlich nicht sehr befriedigend ... also habe ich mich eher aufs Skateboardfahren konzentriert.

Mit 14 habe ich mir dann Papas Gitarre geschnappt. Der hatte eine Gitarrenschule (Peter Bursch), und die habe ich dann innerhalb weniger Monate durchgearbeitet (natürlich nicht perfekt). Kurze Zeit später gabs dann eine gebrauchte E-Gitarre und Papas alten Amp (Echolette 30w), ein Wah-Wah sowie einen Phaser ... kurze Zeit später kam der erste Verzerrer dazu ... und ein etwas modernerer Amp (Marshall Master Reverb 30).
Mit 16 hatte ich dann eine erste "Band" (naja ... einer schreit und einer schrammelt sich durch drei Akkorde-Punk).
"Ernsthaft" konnte man das nicht nennen.

Die eine Schule ging vorbei und die nächste begann. Und aus irgendeinem Grund, war mir Musik mittlerweile dann doch so wichtig geworden, dass ich Musik als LK wählte (an der Schule ging das und damals waren die Übezellen mit Klavier auch noch frei zugänglich).
Neben dem Fachcurriculum gab es dazu auch noch Unterricht auf einem Instrument meiner Wahl ... das war damals noch die E-Gitarre.

Der Weg zum Klavier lief dann über die Stücke, die wir im LK durchgenommen hatten.
Ich habe mich z.B. nach der Analyse von Bachs C-Dur Präludium daran gemacht, die Akkorde auf dem Klavier zusammenzufingern, um mir den harmonischen Bauplan bewusst zu machen. Was passiert da eigentlich?
Und plötzlich stand da einer neben mir, und sagte "wenn du die Akkorde schon auswendig spielen kannst, dann versuch doch einfach mal, die Noten so zu spielen, wie sie da stehen".
So ähnlich lief es dann mit dem 1. Satz der Mondscheinsonate ... nur dass ich diesmal selbst auf die Idee kam, das Stück spielen zu wollen.
Schumanns Träumerei hat natürlich ordentlich gedauert, aber auch die habe ich mir nach einer Analyse am Klavier erarbeitet ... fremde Länder - ähnlich ... ein paar lyrische Stücke von Grieg (Elfentanz, Wächterlied und ein Walzer, den ich nicht mehr kann). Ein As-Dur Walzer von Brahms.
Natürlich habe ich auch versucht, Stücke und Übungen aus meinem Gitarrenunterricht auf's Klavier zu übertragen (was meist nicht gut klappt ... als Anfänger am Piano hat mans noch nicht so mit der weiten Lage).
Meine erste feste Freundin kam mit Debussy an (Dr. Gradus ad Parnassum) und später dann mit Chopins Regentropfen.
Eine ganze Weile habe ich mir so gut wie alles, was ich an Noten in die FInger bekam, wenigstens mal angeschaut und angespielt.

Im zweiten Jahr vorm Abitur begann ich dann, eigene Stücke zu komponieren ... erstmal als Nebeneffekt zu einem Kurs in "2-4stimmigem Satz", dann aber auch ohne eine Aufgabe bekommen zu haben.
Zum Abitur gabs dann ein erstes Stück für Klavier ... inklusive Erstaufführung bei einem Schülervorspiel (leider konnte ich das damals noch nicht selbst spielen, also tat das mein LK-Lehrer Georg Krieger).

Unterricht (Klavier) hatte ich bisher nur ein paar Stunden (und die waren einfach nicht harmonisch) ... ich bin mir sicher, dass einiges mit KL leichter gewesen wäre. Vielleicht hätte ich dann sogar das Blattspiel lernen können. Tipps von Bekannten (darunter auch Klavierlehrer) waren mir aber immer willkommen, und haben mich meist auch weiter gebracht.

Ohne KL bleibt mir nur, sehr genau hinzuhören UND hinzusehen, wenn andere Spielen. Ich versuche dann im Grunde diesen Höreindruck zuhause zu reproduzieren ... und das dauert eine ganze Weile und natürlich gibt es immer wieder Stellen, bei denen mir das nicht so recht gelingt.

In der Familie gibt es nur zwei Vorkommnisse, die ich für erwähnenswert halte:
Mit 14 sagte mein Bruder "du kannst nicht singen - lass das" ... und daran habe ich mich bis heute gehalten.
Kurz vor seinem Tod sprach mein Vater über meine Anfänge am Klavier ... ein größeres Lob hätte ich mir nicht wünschen können ... denn der sagte "... und wie der gespielt hat ... soo schön".
 
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Schuberts Träumerei hat natürlich ordentlich gedauert, aber auch die habe ich mir nach einer Analyse am Klavier erarbeitet ... fremde Länder - ähnlich ...
Es ist doch durch die fremden Länder ersichtlich, dass @DerOlf gedanklich in den Kinderszenen von Schumann ist, das kann beim Verfassen eines langen Textes doch mal passieren. Für Elise von Mozart würde z.B. sicherlich mehr Fragen aufwerfen;-).
 
Meine Eltern hatten das geerbte Klavier meiner Großmutter im Wohnzimmer stehen und von meiner Mutter, die Musik studiert hat, aber nie beruflich damit tätig war, gab es viele Noten zu Hause. Ich habe mir das erste Klavierspielen selber beigebracht und als ich 10 Jahre alt war, konnte ich schon Stücke aus dem Album für die Jugend und andere spielen.

Schließlich habe ich so lange gebettelt, bis ich endlich Klavierunterricht nehmen durfte, und war überglücklich. Man musste mich nie zum Üben drängen, weil ich jede freie Minute am Klavier verbracht habe. Mit 13 durfte ich dazu Geigenunterricht nehmen und habe, seit ich 6 war, immer in in verschiedenen Chören gesungen.

Ich hatte während meiner Schulzeit drei verschiedene Klavierlehrer nacheinander (weil die ersten beiden irgendwann weggingen aus der Stadt) und der letzte hat mich vorbereitet auf die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule. Dort habe ich erst das Klavierstudium mit Nebenfach Gesang absolviert und anschließend noch einen weiteren Studiengang mit Hauptfach Gesang.
 
Ich habe wohl einen eher ungewöhnlichen Weg zum Klavierspiel gehabt. Vielleicht auch einer der Gründe, warum ich als Kind nur wenige Jahre Unterricht hatte und dann erst nach langer Pause nun wieder einsteige:

Bei mir hat eine Physiotherapeutin/Kinderarzt empfohlen, dass ich aufgrund meiner Koordinationsschwäche eine Musiktherapie machen solle. Das gab es damals nicht in der Gegend, sodass die "zweitbeste Alternative" das Erlernen eines Instruments war. Man sagte, dass Schlagzeug oder Klavier die beste Option wären. Schlagzeug wollten weder meine Eltern noch ich, sodass ich auf diesem Wege zum Klavierspielen gekommen bin.
Ich habe aber vorher schon Melodika in der Schule gespielt (dort kam immer jemand von der Musikschule), sodass ich auch Lust drauf hatte. ;-)
 

"Amadeus" kann als "Gottlieb" übersetzt werden.
Gottlieb war einer von Mozarts vielen Taufnamen.
 
Interessant, dass sie ausgerechnet an diese beiden Instrumente gedacht haben. Meistens denkt man nicht daran, aber das Klavier ist ein Schlaginstrument, und daher sind sich Schlagzeug und Klavier gar nicht so unähnlich.
Diese beiden Instrumente waren vor allem im Fokus, weil dabei Unabhängigkeit der Hände (und Füße) trainiert wird. :-)
 
@abschweb @TrenkTausendschlag
Was ist daran traurig? Beim Orgelspiel werden hinsichtlich der Koordination von Händen und Füßen entsprechend hohe Anforderungen gestellt, wie bei kaum einem anderen Instrument.
 
Unabhängigkeit der Hände (und Füße) trainiert wird.
Gut, dass die Füße in Klammern stehen :001:

Bei Schlagzeug und Orgel werden definitiv Hände und Füße von Anfang an auf Unabhängigkeit trainiert ... beim Klavier sind die Füße im Vergleich dazu aber ziemlich unbeteiligt.
Die Aufgabe der Füße am Klavier ist zumindest im Anfängerstadium noch rein binär ... das Pedal wird niedergetrampelt :lol: oder eben nicht.
Meist passiert das in Anfängerstücken auch nur auf ganz schweren Zählzeiten (1 oder 3) ... wenn überhaupt.
Man könnte noch das Metrum "tappen" ... aber so richtig für Unabhängigkeit müsste man beim Spielen wohl schon einen sitting stepdance vollführen (wäre mal eine interessante Showeinlage für jemanden, der beides kann).

Später ist es dann was anderes ... aber die Unabhängigkeit der Füße und Hände ist am Klavier doch eher etwas, das sich mit den Jahren langsam entwickelt. Am Schlagzeug oder an der Orgel ist das eine Grundlage, ohne die man bestimmte Dinge eben nicht hinbekommt (auch am Anfang schon).

Die Unabhängigkeit der Hände wird am Klavier aber wirklich gut geschult.
 
Die Differenziertheit des Anschlags kann die Orgel überhaupt nicht umsetzen.
Jegliche Dynamik kommt aus der Registrierung. Diese ist eine total verkopfte Angelegenheit.

Natürlich lassen sich auf der Orgel bombastische Sachen realisieren.
Und ja, die Füße haben eine weitaus größere Aufgabe.
Aber die spontane Umsetzung von Klanglichkeit mit Körpergefühl geht halt nicht.

Grüße
Manfred
 
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