Die "Unverkäuflichkeit" hat viele Ursachen
Hallo Rubato,
Klaviere sind m.E. nicht unverkäuflich, es ist jedoch etwas schwieriger, da ein Klavier nun mal kein alltäglicher Gebrauchsgegenstand ist. Wenn ich mir überlege, ob und wann ich ein anderes Klavier brauche dann fallen mir eigentlich nur drei Situationen ein.
1.) Ich kaufe ein Klavier, weil ich oder mein Kind Klavierspielen lernen will.
2.) Ich kaufe ein anderes Klavier, weil ich oder das Kind mit dem Klavierspielen sooo große Fortschritte gemacht habe/hat, daß es den Kauf eines "besseren" Klaviers tatsächlich rechtfertigt, aber dann überlege ich sehr sorgfältig, ob es tatsächlich eines anderen Klavieres bedarf oder das alte nicht doch noch tut.
3.) Ich brauche was zum Protzen für mein Wohnzimmer, egal ob ich gut spiele oder nicht.
Ich glaube der Markt für Klaviere ist ein bißchen wie zur Zeit bei Immobilien. Der Verkäufer will, verständlicherweise, möglichst viel haben, der Käufer möglichst wenig bezahlen. Es ist aber mittlerweile keiner bereit dem anderen entgegenzukommen, sondern man versucht das Ganze "auszusitzen". Und so kommt es zu dem Phänomen, daß manche Häuser über ein ganzes Jahr leer stehen und dem Verkäufer weitere Kosten verursachen, als daß er bereit ist, im Preis runter zu gehen. Das alte Sprichwort mit dem Dummen, der jeden Tag aufsteht, stimmt schon irgendwie, aber die Frage ist, wielange ist es wirtschaftlich noch sinnvoll genau auf diesen Dummen zu warten?
Auch im Bereich Klavier-(ver-)kauf ist das Internet eine Spielwiese. Solange es "Schnäppchenjäger" gibt, werden die großen Instrumenten-Versender ihr Geschäft machen. Ich habe mein Klavier vom Händler um die Ecke, weil ich Wert darauf lege, zu wissen wer mir das Klavier verkauft hat und weil ich jemanden habe, den ich an den Ohren packen kann, wenn was nicht funktioniert. Mein Klavier war deutlich teurer, als vom Internetversender, aber mir war es das wert. Sollte ich das Klavier mal verkaufen, habe ich, schon aufgrund meines höheren Einkaufspreises, eine höhere Preiserwartung. Mir ist aber auch klar, dass es einem potenziellen Käufer völlig Wurscht ist, ob ich das Klavier im Internet oder bei einem Fachhändler gekauft habe. Und deswegen kriegt man Klaviere auch nicht zu einem "vernünftigen" Preis gebraucht wieder verkauft. Die Masse der heutigen Gesellschaft legt lieber ein-, zweihundert Euronen drauf und hat dann je nach Händler bis zu fünf Jahren Garantie bei einem Internet-Versender.
Ein weiterer Aspekt ist die "Öffentlichkeit" und "Nachforschmöglichkeit" im Internet. Bevor ich jetzt persönlich und direkt werde (was ich jetzt eigentlich gar nicht will):
<ANONYMER, ÜBRSPITZTER, FIKTIVER MÖGLICHKEITSMODUS EIN>:
Ein User eines Forums schreibt im Internet seine Geschichte, er hat sich ein Klavier (nennen wir es mal MaiTai X3) bei einem Händler ausgesucht, welches er eigentlich gar nicht will. Ihm ist plötzlich über Nacht eingefallen, er findet ein anderes Klavier ja viel besser. Aber er kommt nicht so einfach aus dem Vertrag raus. Er vereinbart mit dem Händler eine Art "Kuhhandel" und entscheidet sich für ein anderes Modell (MaiTai X7) des von ihm eigentlich nicht (mehr) gewollten Herstellers MaiTai. Es werden hierbei auch Zahlen genannt, sodaß man den Preis zumindest erahnen kann.
Im Verlauf mehrerer folgender Monate schreibt der User mehrfach (sinngemäß), daß er die Klaviere der Firma MaiTai gar nicht so toll findet, er hat schließlich Ahnung davon, er hat ja selber ein MaiTai X7, und legt sich sogar mit einem anderen User an, welcher diesen Hersteller offensichtlich vergöttert (vieleicht arbeitet er sogar bei MaiTai). Da die sonstigen Posts unseres Users aber durchaus vertretbare Meinungen wiederspiegeln, kann man davon ausgehen, unser User hat bezüglich Klavieren und Klavierspielen grundlegende Ahnung. Wir halten also fest: Der User, ein geschätzter (auch von mir) Forumsteilnehmer, findet sein Klavier sowie alle Klaviere der Firma MaiTai im unteren und mittleren Preissegment schrecklich.
Der User schreibt im Verlauf der Zeit weiter, er hat einen Stimmkurs bei der VHS belegt und "froscht" jetzt selber an seinem Klavier rum (vielleicht um den für ihn unerträglichen Klang des sooo gehaßten MaiTais positiv zu ändern?). Bei diversen Einspielungen stellen mehrere User fest, dass sein MaiTai eigentlich gar nicht so schlecht klingt, unser User hält jedoch an seiner Überzeugung fest. Einige Zeit später beginnt der User sich für diverse Flügel zu interessieren und im weiteren Verlauf unserer Geschichte kauft sich unser User tatsächlich einen Flügel. Er ist also nun quasi befreit von den schier unerträglichen Qualen, welche ihm sein MaiTai bereitet (hat). Er entschließt sich somit, sich nun endgültig von seinem gehaßten MaiTai zu trennen und er setzt es im Internet in diverse Anzeigenseiten rein. Zu einem, seiner Meinung nach, vernünftigen Preis. Dieser stellt sich aus Sicht eines potenziellen Käufers so dar: Gewollter Klavierpreis plus ungefähr 300 EUR Transport plus 150 EUR neu stimmen lassen, weil Klavier ja transportiert wurde und unser User ja selbst daran rumgeschraubt hat = fast das, was der User ursprünglich bezahlt hat. Und das für ein Klavier, welches nach Meinung unseres Users ein Sch...eam ist? Auch wenn ICH (der Hustnguzzi) der Überzeugung bin, daß das MaiTai X7, gesehen am Preis-Leistungs-Verhältnis, ein gutes Klavier ist, wäre ich (als potenzieller Käufer gesehen) so abgeschreckt, daß ich dieses Klavier nicht kaufen würde.
<ANONYMER, ÜBRSPITZTER, FIKTIVER MÖGLICHKEITSMODUS AUS>
Und vielleicht ist das auch ein Grund, warum unser User sein (eigentlich gutes) Klavier noch nicht verkauft hat.
Es grüßt ganz nachdenklich
der Hustnguzzi