Um keine üble Nachrede zu begehen habe ich nachgeschaut, ob dazu etwas in meinem Klaviertagebuch steht.
Aber ich habe auch über meine Aussage wegen der statischen Arm- und Sitzhaltung nachgedacht und mich in den damaligen Unterricht zurück versetzt. Da gab es z.B. erhebliche Probleme mit der rechten Rotatorenmanschette, die vierte Oktave konnte ich damals nicht erreichen oder nur unter Schmerzen. Den Oberkörper kann ich nur eingeschränkt zur Seite neigen um weit in Diskant oder Bass greifen zu können.
Dass mein Ex-KL kompetent ist habe ich mir auch vor Augen gehalten. Und, dass er nichts ohne Grund gemacht hat und es somit einen gegeben haben muss, mich so spielen zu lassen. Ich denke es war Sorgfaltspflicht seinerseits, er wollte mich wahrscheinlich vor Bewegungen bewahren, die meine Schmerzen vielleicht verschlimmert hätten. Denn niemand kann in den Körper eines anderen hineinfühlen und da war er sicherheitshalber vorsichtig.
Er hat mir z.B. in dem ein oder anderen Stück Skrjabins verboten, die Dezimen nicht zu arpeggieren. Heimlich habe ich aber trotzdem geübt sie nicht arpeggiert zu spielen und vorsichtig aber fleißig gedehnt. Es war absolut nicht absehbar, dass diese Dehnübungen meine Probleme mit den Daumengrundgelenken deutlich verringern würden. Das gleiche gilt für die Übungen im Fitness-Center die – entgegen seiner Warnung – die Schmerzen in den Gelenken reduziert haben. Physiologisch logisch ist das nicht.
Heute früh habe ich 5-10 Minuten die C-Dur Tonleiter behutsam über mehrere Oktaven rauf und runter gespielt um etwas über meine reduzierten Armbewegungen herauszufinden. Dabei hatte ich erstaunlicherweise keine Schmerzen in den Daumengrundgelenken, es war nur ein etwas unangenehmes Zwicken. Die Gelenke haben nicht blockiert. Und ich habe dem Arm mit Absicht mehr bewegt. Aber je weiter sich die Arme vom c1 entfernt haben umso größer wurde das Ziehen in den Unterarmen. Das kommt recht häufig vor beim Spielen und je enger die Arme am Oberkörper sind umso weniger schmerzt es in den Unterarmen. Wobei wir wieder bei meinem zweiten Absatz wären.
Und vorgestern habe ich in einem Takt den Fingersatz in Szymanowskis Präludium geändert und siehe da: Die Bewegungen sind für meine Finger grenzwertig und die Ellenbogen müssen raus, damit ich beim Spielen dieser Passage kein Risiko für meine Finger eingehe. Wie bin ich wohl auf die Idee gekommen, die Hände einzudrehen was die Ellenbogen nach außen bewegt hat, habe ich mich gefragt, wenn
er mir so etwas nicht irgendwann gezeigt hat.
Die „Ellipse“ oder „ostslawische Welle“ (beides wurde mir von anderen KL gezeigt) kann ich schmerzfrei spielen. Aber warum spiele ich trotzdem nicht so, habe ich mich gestern gefragt. Die Antwort hat mir ein Stück offenbart in dem häufig beidhändige Arpeggien vorkommen. Zu statische Bewegungen (und ein wenig Verbissenheit, weil es nicht geklappt hat) führen hierbei zu Schmerzen im rechten Unterarm nahe dem Handgelenk (es ist eindeutig eine Verspannung). Also habe ich die Hände und somit Arme mehr bewegt. Die Schmerzen waren dabei fast oder ganz weg. aber ich vermute jetzt den Grund zu kennen, warum ich die Arme so wenig bewege: Ich verliere bei dieser Spielweise das Tastengefühl und das ist wohl auch ein Grund dafür, dass ich keine ausladenen Armbewegungen mache. Der nachlassende Tastenkontakt verunsichert das Spielen. Das hat sich heute im Unterricht gezeigt als ich mit lockeren Händen und Armen gespielt habe (und das Stück vergeigt habe). Aber ich denke, es ist alles Übungssache, ich muss mich halt umgewöhnen.
Ein wenig Schelte hat er verdient, aber vermutlich nicht in Bezug auf meine ungenügend eingesetzten Hände und Arme.