Also ich kann dem bereits Gesagten absolut nur zustimmen. Man wächst tatsächlich mit seinen Aufgaben und sammelt an schwereren Stücken durchaus mehr Erfahrungen als an leichten, die einem mit dem bisherigen Technikrepertoire, über das man verfügt, "relativ schnell flutschen". Das liegt einfach daran, dass einen schwierigere Stücke sowohl motivieren können (wenn man von sich selbst sagen kann, ja, ich hab´s probiert und es klappte am Ende anhörbar, weil man sich bemühen musste und dabei etwas lernen konnte, was "nicht einfach so zugeflogen ist"), als auch der Umstand förderlich ist, dass man sich aufgrund der Komplexität sehr intensiv mit ihnen befassen muss und daher immer Neues entdeckt und dazu lernt.
Hierzu habe ich ein Beispiel: Ich habe seit mittlerweile 2,5 Monaten meine Etüde 10/3 von Chopin geübt. Introduktion und Reprise klappten eigentlich schon nach 2 - 3 Wochen ganz gut, aber mit dem Mittelteil (Doppelgriffe) hatte ich gut zu tun. Mit half eine Erkenntnis, die mir die letzten Tage kam, da ich durch die Etüde gelernt habe, in meine Hände hineinzufühlen. Ich hatte gemerkt, dass ich den "piu animato"-Teil bis zum Beginn der Doppelgriffe offenbar mit zu großer Handspannung spielte, so dass meine Präzision bei den Doppelgriffen zu wünschen übrig ließ.
Jetzt habe ich einfach bewußt diese Muskulaturspannung reduziert und siehe da: Auf einmal kann ich diese Doppelgriffe auch respektabel spielen, sie gelingen mir so gut wie der Übergang in den "piu animato"-Teil aus dem "lento, ma non troppo" zu Beginn.
Das ist eine Erkenntnis, die man nur durch geduldiges Probieren herausbekommen kann (zumal ich ohne Lehrer unterwegs bin), aber das macht nichts. Ich freue mich (über mich selbst), dass ich das an mir entdecken konnte, weil ich absolut bewußt geübt habe. Davon steht erstmal nichts in den Noten, das muss man fühlen und spüren "lernen", indem man es im Rahmen der eigenen Körperlichkeit entdeckt. Es gibt nichts Schöneres, als am Klavier eine solche intime und höchst persönliche Erfahrung machen zu können. Das gelingt natürlich nur, wenn man sich damit intensiv befasst und nicht einfach über die Probleme und Schwierigkeiten "hinwegschludert".
Insoweit stimmt es tatsächlich: Man kann immer Neues entdecken, man muss sich nur darauf einlassen (und immer neugierig bleiben). Und hey - das mit dem Liegenlassen ist auch ein guter Tipp (weiß ich aus eigener Erfahrung), denn "dann setzt sich das erworbene Wissen in unserer menschlichen Festplatte und gewinnt am Ende Kontur und Gestalt".
In diesem Sinne: Keep on training. Der Lohn des Erfolges am Ende macht Mut und Lust auf mehr ...
Gruß
Razo!