Wie sieht euer Klavierunterricht aus?

Salimbeni

Salimbeni

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6. Feb. 2019
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Ich bin erwachsener Wiedereinsteiger und habe seit einigen Monaten wieder regelmäßig Klavierunterricht (alle 14 Tage eine Stunde, zuhause komme ich täglich 45 bis 60 Minuten zum Üben). In der Regel verläuft eine Stunde so, dass ich zuerst die Stücke vorspiele, die ich seit dem letzten Mal geübt habe. Mein KL hört sie sich an, weist mich hinterher eventuell auf Fehler hin oder auf Stellen die ich anders spielen sollte. Das probiere ich dann ein Paar mal aus.

Danach spiele ich zwei oder drei neue Stücke aus der Klavierschule. Weil ich die dann in der Regel zum ersten Mal spiele geht das sehr langsam voran. Dabei spreche ich mit meinem Klavierlehrer über ein paar Schwierigkeiten. Da ich die Stücke noch nicht behersche, sind das aber eher oberflächliche Anmerkungen.

Manchmal bin ich mir unsicher, wie mich dieses Vorgehen voranbringt. Gerade bei dem Teil der Klavierstunden, in denen ich neue Stücke spiele, frage ich mich, ob das wirklich in den Unterricht gehört. Solange es vor allem grundlegend an der Übung mangelt, ist es doch eigentlich egal, ob ein KL zuhört oder nicht? Üben bis ich ein Stück halbwegs durchspielen kann, könnte ich auch zuhause.

Wenn wir aber nur den ersten Teil der Stunde behalten, in dem ich Stücke, die ich zuhause geübt habe, spiele, wäre der Unterricht schnell vorbei. Die Stücke aus der Klavierschule sind nicht besonders lang, trotzdem reichen Sie für mein Niveau (noch knapp überm kompletten Anfänger) zum Üben für zwei Wochen aus. Das heißt, ich kann die alle viermal durchspielen, mich mit dem KL darüber unterhalten und es sind gerade mal 20 Minuten vergangen.

Ich will hier gar nicht daran zweifeln, dass der Unterricht sinnvoll ist. In den letzten Monaten bin ich viel schneller vorangekommen und fühle mich viel sicherer als ich es jemals alleine gekonnt hätte. Die Anmerkungen und Tipps meines KLs helfen mir wirklich weiter. Ich habe nur manchmal das Gefühl, dass der Unterricht damit noch nicht ausgefüllt ist.

Daher meine eigentliche Frage: Was passiert bei euch im Klavierunterricht (mit Anfängern und auf mittlerem Niveau)? Lasst ihr sie im Unterricht selbst üben? Wie führt ihr neue Stücke ein? Welche Art von Übungen macht ihr über das reine Spielen von Stücken hinaus? Kurz: Wie sieht euer Klavierunterricht aus? (Und wie sollte er Eurer Meinung nach idealerweise aussehen?)
 
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Ich habe nur manchmal das Gefühl, dass der Unterricht damit noch nicht ausgefüllt ist.
Rede doch einfach mit dem Klavierlehrer darüber. Das nicht zu erwähnen hilft weder dir noch kann sicher KL verbessern.

Ich gebe beim Unterrichten eher weniger als 100%,
Man darf sich durchaus über die Klavierdidaktik Sorgen machen, denn wie kann man halb unterrichten??
Etweder man unterrichtet richtig oder man sollte es bleiben lassen.
 
Man darf sich durchaus über die Klavierdidaktik Sorgen machen, denn wie kann man halb unterrichten??
Etweder man unterrichtet richtig oder man sollte es bleiben lassen.
Halb wäre ja 50 %. Das wäre reichlich wenig.
Vielleicht spricht es auch dafür, dass man weiß, dass man nicht immer sein vollstes Können ausschöpft. Gibt auch Menschen, die arbeiten immer gerade so, dass es reicht, ohne überhaupt die Vorstellung oder Idee zu haben, mehr zu geben.
Wer kann überhaupt bei einem Vollzeitjob die ganze Zeit 100 % geben? Nehmen wir ein Bürojob ... Da gibt es Tätigkeiten, die erfordern zum Glück nicht immer vollste Aufmerksamkeit.
Unterrichten ist so, als wenn du im Büro ständig 1:1 Meetings hättest.
Nun hat man das nicht und anstrengende Tätigkeiten wechseln sich mit weniger anstrengenden Arbeiten ab.
Für den Unterricht würde dies bedeuten, Pausen von ca. 10 Minuten zwischen den Schülern zu haben, um alleine für sich diese Stunden zu rekapitulieren und den Plan für die nächste zu schreiben. Und ein 2 Minuten durchatmen.
Nun bezahlt mir aber niemand solche „Pausen“. Dies wäre nur mit einem höheren Honorar pro Unterrichtseinheit möglich.
So kriegt der (Musikschul)Schüler bzw. die Musikschule das, was dem Stundensatz entsprechend ist.
 
Halb wäre ja 50 %. Das wäre reichlich wenig
Die Zahl 50 habe ich extra gewählt um die Sache entsprechend darzustellen.

Nehmen wir ein Bürojob ... Da gibt es Tätigkeiten, die erfordern zum Glück nicht immer vollste Aufmerksamkeit.
Das ist schon richtig, jedoch wenn es drauf an kommt sollte man auch Büroarbeiten trotzdem so gut wie möglich erledigen – zu 100%.
Ein Chirurg kann auch nicht 80% geben beim Implantieren. Einem Polizisten kann 80% das Leben kosten. Etc. etc. diese Liste ist endlos fortführbar.
Der Schüler spielt vor, du analysierst: Wie kann man nun 80% geben?

Genauso bei Hausaufgaben: du forderst und förderst ihn nur zu 80% -> Schüler kann sich nicht so gut entwickeln wie es möglich wäre. etc.

Für den Unterricht würde dies bedeuten, Pausen von ca. 10 Minuten zwischen den Schülern zu haben, um alleine für sich diese Stunden zu rekapitulieren und den Plan für die nächste zu schreiben. Und ein 2 Minuten durchatmen.
Bin mir sicher du kannst deine Unterrichtsstunde anders gestalten. Du bist dein eigener Zeitmanager.

So kriegt der (Musikschul)Schüler bzw. die Musikschule das, was dem Stundensatz entsprechend ist.
Also ich habe den Eindruck du unterrichtest „halb“ weil das System „halb“ ist …
Weiters habe ich den Eindruck dass dir die meisten Schüler herzlich egal sind (muss natürlich nicht stimmen) und der Frust auf das System geht auf den Schüler über. Dieser merkt das natürlich.
 
Du musst eigentlich nur Chiarinas Beitrag lesen, wo sie mich zitiert hat. Das erklärt es sehr gut.
Und im Allgemeinen glaube ich, dass du dir das gerade krasser vorstellst, als es sich bei mir darstellt.
Ich bin nur eine der wenigen, die sich traut, das zu sagen.
Im übrigen glaube ich, dass sich der durchschnittliche clavio-User als ein sehr ambitionierter Schüler darstellt und sich gar nicht vorstellen kann, mit was für andere Schülern ein Lehrer konfrontiert wird.

Achja, und: beim Analysieren gäbe ich natürlich 100 %. Es geht mehr um die Methodenwahl:
1. Wenn ich einem Schüler etwas mehrmals in unerschiedlichen Varianten gesagt oder mit ihm durchgegangen bin und er dies zu Hause zum wiederholten Male nicht anwendet, wird es irgendwann ignoriert werden müssen.
2. Wenn man sich immer wieder Übungen ausdenkt oder neues Material mitbringt aber feststellt, dass der Schüler maximal ein Mal geübt hat und deswegen kein Stück weitergekommen ist bzw. sogar schlechter geworden ist, macht man sich für die nächste Stunde keinen so ausgeklügelten Plan mehr.
Wir reden hier jetzt wirklich über leichtes Stückmaterial und nicht über lange Sonaten, wo es auch mal Rückschritte geben kann.
 
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Achja, und: beim Analysieren gäbe ich natürlich 100 %. Es geht mehr um die Methodenwahl:
1. Wenn ich einem Schüler etwas mehrmals in unerschiedlichen Varianten gesagt oder mit ihm durchgegangen bin und er dies zu Hause zum wiederholten Male nicht anwendet, wird es irgendwann ignoriert werden müssen.
2. Wenn man sich immer wieder Übungen ausdenkt oder neues Material mitbringt aber feststellt, dass der Schüler maximal ein Mal geübt hat und deswegen kein Stück weitergekommen ist bzw. sogar schlechter geworden ist, macht man sich für die nächste Stunde keinen so ausgeklügelten Plan mehr.
Wir reden hier jetzt wirklich über leichtes Stückmaterial und nicht über lange Sonaten, wo es auch mal Rückschritte geben kann.
Ok das verstehe ich.

Im übrigen glaube ich, dass sich der durchschnittliche clavio-User als ein sehr ambitionierter Schüler darstellt und sich gar nicht vorstellen kann, mit was für andere Schülern ein Lehrer konfrontiert wird.
Als Erwachsener kann ich mir das tatsächlich nur bei Kinder vorstellen die von ihren Eltern hingeschoben werden.

Ich bin nur eine der wenigen, die sich traut, das zu sagen.
Auf alle Fälle, das ist sicher mutig.
 
Als Erwachsener kann ich mir das tatsächlich nur bei Kinder vorstellen die von ihren Eltern hingeschoben werden.

Das gibt es tatsächlich auch bei einigen Erwachsenen. Ich finde es fast leichter, wenn es bei einem Kind so ist, weil man da noch eher erzieherisch wirken kann bzw. die Eltern miteinbeziehen kann.
Ein Erwachsener, der sich immer nur sagt, ich werde ja eh kein Profi mehr und diese tausend anderen Dinge (Arbeit, Familie, Freunde, andere Hobbys) haben Vorrang vor dem Üben und dadurch aber in eine Spirale gerät, in der er keinen Spaß am Instrument entwickelt, weil er sich selber nicht weiterentwickelt und deswegen erst recht nicht übt ... schwierige Sache.
Ich habe tatsächlich einige Kandidaten, die aus dem früheren DDR- und Erziehungssystem so sehr "geschädigt" sind, dass sie Angst vor jeglichen Verpflichtungen oder Leistungen haben. Das Instrument soll nur Spaß machen. Wie aber alle hier wissen, klappt das nicht ohne sich auch durch Schwierigkeiten zu kämpfen.
 
aus dem früheren DDR- und Erziehungssystem so sehr "geschädigt" sind, dass sie Angst vor jeglichen Verpflichtungen oder Leistungen haben. Das Instrument soll nur Spaß machen

Ich stimme Dir zu, gestatte aber gleichwohl eine Anmerkung: Ich weiß nicht, warum Du das ausgerechnet am DDR-Erziehungssystem aufhängst. Die Verteufelung von "Verpflichtungen oder Leistungen" ist ein Symptom träger, zielloser und übersättigter Gesellschaften. :konfus:
 
Ich stimme Dir zu, gestatte aber gleichwohl eine Anmerkung: Ich weiß nicht, warum Du das ausgerechnet am DDR-Erziehungssystem aufhängst. Die Verteufelung von "Verpflichtungen oder Leistungen" ist ein Symptom träger, zielloser und übersättigter Gesellschaften. :konfus:

Nach Aussage der Schüler selbst.
Aber andersrum gemeint: Weil sie so viele Verpflichtungen hatten und es um Leistung ging, möchten sie das jetzt vermeiden.
 
Lieber salimbeni,
wenn du dir unsicher bist mit deiner KL-Wahl oder mit dem Unterrichtsinhalt, dann solltest du ein offenes Gespräch mit deinem Lehrer suchen. Du hast ja sehr viel Anregung durch diesen Faden erhalten und vielleicht ist dadurch der ein oder andere Wunsch zustande gekommen.
 
Ich bin auch Wiedereinsteigerin, und als ich gemerkt habe, dass ich an einigen Stellen allein nicht weiterkomme, habe ich angefangen, wieder Unterricht zu nehmen. Es gibt Stücke, die ich unbedingt lernen wollte, und Stücke, die die Lehrerin vorschlug, weil sie fand, dass sie zu mir passten (das taten sie immer). Das Lehrreichste am Unterricht war für mich, zu hören, wie die Stücke klingen können, wenn sie jemand wirklich kann. Und dass man einzelne Stellen ganz gründlich analysieren muss, damit sie funktionieren. Oder anders gesagt: Schlampen ist nicht erlaubt. Schlampen kann man auch allein. Im Unterricht geht kein Patzer durch. Das ist mir wichtig, denn nur dann komme ich auch wirklich weiter.

Irgendwann war mir der wöchentliche Unterricht einfach zu viel und ich habe eine Weile ausgesetzt. Nun nehme ich Einzelstunden, also ohne Vertragsbindung. Schon nach der Probestunde war mir klar, was mir gefehlt hat. Diese Genauigkeit, die detaillierten Hinweise auf einzelne Stellen und wie man die spielt. Zum "Üben" während des Unterrichts ist eigentlich keine Zeit

Eine Klavierschule habe ich bisher nicht vermisst, in jedem Stück sind Klippen, an denen man wächst. Für mich passt das so.
 
Ich würde auch sehr gerne etwas zu meinem Unterricht schreiben.

Seit etwas über einem Jahr nehme ich nun Unterricht (Einzelunterricht). Unterricht hatte ich von Anfang an, war aber die ersten 2 Monate in einer Musikschule.

Unsere Übungseinheiten empfinde ich als sehr gemischt. Wir reden über Musiktheorie (auch schonmal die ganze Einheit), erarbeiten gemeinsam neue Stücke (oder "kontrollieren" was ich selbst erarbeitet habe) und ich spiele die Stücke welche ich geübt habe vor. Eine Musikschule wurde nur die ersten paar Wochen genutzt. Mit am wertvollsten sind für mich außerdem die Korrekturen von unbewusstem "Fehlverhalten" - zum Beispiel konnte das Ablegen des Daumens vor der Klaviatur direkt im Keim erstickt werden.

Ich hätte gerne mehr Unterricht, das ist als Studentin aber leider nicht drin. Momentan habe ich einmal pro Woche Unterricht.
 

... vor allem: nachdem vor der Klaviatur ja in der Regel nichts ist, worauf kann man dann "seinen Daumen ablegen"...? ;-)
 
Was ist das denn? :denken:Kann mich mal jemand aufklären? Dann hat man doch nur noch 4 Finger zur Verfügung?
Wie macht man dann einen Daumenuntersatz?

Naja, immer wenn ich den Daumen nicht brauchte, habe ich ihn halt vor die Klaviatur abgelegt. Das bedeutet ja nicht, dass der Daumen nicht mehr mitspielte. War aber nach ein paar Tagen direkt erledigt. Ohne Leherer wäre mir das nie im Leben aufgefallen.
 
Ich hatte mir in der ersten Zeit ohne KL auch seltsame Bewegungen angewöhnt, die mir selbst gar nicht bewusst waren. Davon abgesehen, dass ich viel zu dicht an der Klaviatur sass und dadurch meine Arme nicht richtig bewegen konnte, bin ich bei jedem Akkord hochgehüpft, der Po hat die Klavierbank komplett verlassen. Manche werden sich vielleicht noch an das erste Treffen in Mainz erinnern, auf dessen Filmaufnahmen mein sportliches Klavierspiel noch deutlich zu erkennen ist.
:005:
 
nachdem vor der Klaviatur ja in der Regel nichts ist, worauf kann man dann "seinen Daumen ablegen"...? ;-)

Wenn das so wäre, dürfte man maximal Forte spielen weil man ansonsten das Klavier zerlegte.
:dizzy: :konfus:

Ich habe mal nachgeschaut, am gemütlichsten läge der Daumen auf dem was das Clavinova vor den Tasten zu bieten hat - satte zwei Zentimeter.
;-)
 
Ich habe mal nachgeschaut, am gemütlichsten läge der Daumen auf dem was das Clavinova vor den Tasten zu bieten hat - satte zwei Zentimeter. ;-)
Okay. Jetzt muss ich mal dumm fragen: jeder hat doch heute Internet und Youtube etc.

Eine google Suche nach "fingerhaltung klavier" liefert mir u.a. gleich drei Videos, von denen gleich das erste gar nicht so schlecht zu sein scheint. Trotzdem werden da noch solche Fehler gemacht? :schweigen:
In der heutigen "Informationsgesellschaft"? ;-)
 

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